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|
Urteilskopf
124 II 581
56. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. September 1998 i.S. Y. Bank AG und Y. Gruppe AG gegen Eidgenössische Bankenkommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 6 Abs. 5 BankG
; Art. 25c Abs. 1 Ziff. 3.10.2 BankV;
Art. 663c OR
; Offenlegung der wesentlichen Kapitaleigner von Banken.
Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen der Eidgenössischen Bankenkommission (E. 1).
Art. 6 Abs. 5 BankG
bildet eine hinreichende gesetzliche Grundlage, um Banken gemäss Art. 25c Abs. 1 Ziff. 3.10.2. BankV zu verpflichten, im Anhang ihrer Jahresrechnung alle direkten und indirekten Kapitaleigner und stimmrechtsgebundenen Gruppen von Kapitaleignern, deren Beteiligung am Bilanzstichtag 5% sämtlicher Stimmrechte übersteigt, mit Namen und prozentualer Beteiligung zu nennen, soweit sie bekannt sind oder bekannt sein müssten (E. 2).
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Sachverhalt
ab Seite 582
BGE 124 II 581 S. 582
Die Eidgenössische Bankenkommission verpflichtete die Y. Bank AG, im Anhang ihrer Jahresrechnung alle direkten und indirekten Kapitaleigner, deren Beteiligung am Bilanzstichtag 5% sämtlicher Stimmrechte übersteigt, mit Namen und prozentualer Beteiligung zu nennen. Für das Jahr 1997 habe die Bank die entsprechenden Angaben ihren Kunden und dem Publikum mittels Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt sowie, soweit möglich, direkt mitzuteilen; Geschäftsberichte für das Jahr 1997, welche sich noch im Besitz der Bank befänden, müssten entsprechend ergänzt werden.
Die Y. Bank AG und die Y. Gruppe AG haben hiergegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Antrag, die Verfügung aufzuheben. Sie wenden ein, der in der Bankenverordnung und den entsprechenden Richtlinien vorgesehenen Verpflichtung, die Kapitaleigner bekannt zu geben, fehle die erforderliche gesetzliche Grundlage.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
1.
In Anwendung des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG; SR 952.0) ergangene Verfügungen der Bankenkommission können beim Bundesgericht nach Massgabe des Bundesrechtspflegegesetzes angefochten werden (
Art. 24 BankG
; Art. 97 in Verbindung mit
Art. 98 lit. f OG
und
Art. 5 VwVG
). Die Y. Bank AG (Beschwerdeführerin 1) wurde verpflichtet, im Anhang ihrer Jahresrechnung jeweils jene direkten und indirekten Kapitaleigner zu nennen, deren Beteiligung am Bilanzstichtag 5% übersteigt. Sie ist hierdurch in eigenen schutzwürdigen Interessen betroffen und deshalb zur vorliegenden Beschwerde legitimiert (vgl.
Art. 103 lit. a OG
;
BGE 123 II 115
E. 2a S. 117;
BGE 121 II 176
E. 2 S. 177 f.). Die Y. Gruppe AG (Beschwerdeführerin 2) hält ihrerseits das Gesellschaftskapital der Y. Bank AG. Zwar ist sie nicht bereits deswegen beschwerdeberechtigt (vgl.
BGE 116 Ib 331
E. 1c S. 335 f.), doch wird sie durch die angefochtene Verfügung insofern unmittelbar selber berührt, als gestützt auf die umstrittene Anordnung künftig zumindest ein Teil ihrer Aktionärsstruktur publik gemacht würde. Sie ist deshalb ebenfalls befugt, die umstrittene Verfügung der Bankenkommission anzufechten.
BGE 124 II 581 S. 583
2.
a) Das Bundesgericht kann auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin Verordnungen des Bundesrats vorfrageweise auf ihre Gesetz- und Verfassungsmässigkeit prüfen. Bei unselbständigen Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, untersucht es, ob sich der Bundesrat an die Grenzen der ihm im Gesetz eingeräumten Befugnisse gehalten hat. Soweit das Gesetz den Bundesrat nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnung. Räumt die gesetzliche Delegation dem Bundesrat einen weiten Ermessensspielraum für die Regelung auf Verordnungsstufe ein, ist dieser für das Bundesgericht nach
Art. 113 Abs. 3 und
Art. 114bis Abs. 3 BV
jedoch verbindlich. Es darf in diesem Fall nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle jenes des Bundesrats setzen, sondern kann lediglich prüfen, ob die Verordnung den Rahmen der dem Bundesrat delegierten Kompetenzen offensichtlich sprengt oder sich aus anderen Gründen als gesetz- oder verfassungswidrig erweist (
BGE 122 II 411
E. 3b S. 416 f.;
BGE 121 II 465
E. 2a S. 467, je mit Hinweisen).
b) Nach
Art. 6 Abs. 4 BankG
haben die Banken ihre Jahresrechnungen zu veröffentlichen. Der Bundesrat legt unter anderem fest, wie diese zu gliedern und in welcher Form, in welchem Umfang sowie innert welcher Frist sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind (
Art. 6 Abs. 5 BankG
; französischer Wortlaut: "... détermine les éléments qui doivent figurer dans les comptes annuels"; italienischer Wortlaut: "... stabilisce quali elementi devono figurare nei conti annuali..."). Gestützt hierauf hat der Bundesrat in den Art. 23-28 der Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen (BankV; SR 952.02; Fassung vom 12. Dezember 1994) die Anforderungen detailliert, denen die Jahresrechnung zu genügen hat. Art. 25c Abs. 1 Ziff. 3.10.2 BankV bestimmt dabei, dass die Kapitaleigner und stimmrechtsgebundenen Gruppen, deren Beteiligung am Bilanzstichtag 5% aller Stimmrechte übersteigt, im Anhang mit Namen und prozentualer Beteiligung aufzuführen sind, wobei Privatbankiers hiervon ausgenommen werden. Die Richtlinien der Bankenkommission vom 14. Dezember 1994 zu den Rechnungslegungsvorschriften der Art. 23 bis 27 BankV (veröffentlicht in Thévenoz/Zulauf [Hrsg.], Bank- und Finanzmarktrecht 1998, 31A-10) sehen in Rz. 175 ihrerseits vor, dass die Offenlegung nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sowohl für die direkten wie die indirekten Kapitaleigner gilt.
BGE 124 II 581 S. 584
c) aa) Wieweit die dem Bundesrat in
Art. 6 Abs. 5 BankG
eingeräumte Kompetenzdelegation reicht, braucht vorliegend nicht generell beurteilt zu werden (vgl. die kritischen Ausführungen von Benno Lutz, in: Bodmer/Kleiner/Lutz, Kommentar zum schweizerischen Bankengesetz, Rz. 2 u. 13 ff. zu Art. 6). Zumindest die in Art. 25c Abs. 1 Ziff. 3.10.2 BankV vorgesehene Offenlegungspflicht ist dadurch - entgegen den Einwänden der Beschwerdeführerinnen - gedeckt: Zwar spricht der deutsche Gesetzestext nur davon, dass der Bundesrat die Gliederung der Jahresrechnung festlegen könne; aus dem französischen bzw. italienischen Wortlaut ergibt sich indessen, dass damit nicht nur Bestimmungen über den formellen Aufbau der Jahresrechnung (Struktur), sondern auch Anordnungen über deren Inhalt gemeint sind. Der bankengesetzlich vorgeschriebene Geschäftsbericht, der sich aus der Jahresrechnung und dem Jahresbericht zusammensetzt (
Art. 6 Abs. 1 BankG
), ist - besondere Regeln vorbehalten - nach den Vorschriften des Obligationenrechts über die Aktiengesellschaften zu erstellen (vgl.
Art. 6 Abs. 2 BankG
). Gemäss
Art. 663c Abs. 1 OR
müssen Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, im Anhang zur Bilanz bedeutende Aktionäre und deren Beteiligungen nennen, sofern ihnen diese bekannt sind oder bekannt sein müssten. Als bedeutend gelten dabei Aktionäre und stimmrechtsverbundene Aktionärsgruppen, deren Beteiligung 5% aller Stimmrechte übersteigt (
Art. 663c Abs. 2 OR
). Diese Regelung soll die Beherrschungsverhältnisse bei börsenkotierten Gesellschaften im Interesse der Publikumsaktionäre und einer weiteren Öffentlichkeit allgemein zugänglich machen (PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 2. Aufl., Zürich 1996, S. 502, Rz. 972). Würde die Offenlegungspflicht des Aktienrechts wörtlich auf die Banken übertragen, wären davon zwar nur börsenkotierte Gesellschaften betroffen. Aufgrund der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Banken liegt jedoch auf der Hand, dass das Interesse an der Offenlegung der Beherrschungsverhältnisse an ihnen generell nicht geringer sein kann als bei Publikumsgesellschaften schlechthin. Mit der Pflicht zur Bekanntgabe der Zusammensetzung ihres Gesellschaftskapitals hat der Bundesrat damit im Rahmen von
Art. 6 Abs. 5 BankG
lediglich entschieden, ob bankenrechtlich die strengere Regelung für Publikumsgesellschaften oder die weniger strenge für nicht börsenkotierte Gesellschaften gelten soll. Die von ihm statuierte Lösung war dabei im Lichte der vom Gesetzgeber getroffenen Wertungen und der beabsichtigten Markttransparenz sachlich vorgegeben. Wenn der Bundesrat zwischen zwei verschiedenen
BGE 124 II 581 S. 585
im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten diejenige wählte, die den Banken und ihrer Bedeutung allgemein angemessener erscheint, überschritt er damit den ihm in
Art. 6 Abs. 5 BankG
eingeräumten Delegationsrahmen nicht.
bb) Zu Recht weist die Eidgenössische Bankenkommission darauf hin, dass es im Bank- und Finanzmarktaufsichtsrecht regelmässig nicht nur auf den formellen Aktionär, sondern vielmehr zusätzlich gerade auch auf den wirtschaftlich Berechtigten ankommt. Wird dieser nicht mitberücksichtigt, wäre das gesetzgeberische Ziel oft gar nicht zu erreichen: Zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit setzt das Bankengesetz etwa voraus, dass die natürlichen oder juristischen Personen, welche "direkt oder indirekt" mit mindestens 10% des Kapitals oder der Stimmen an der Bank beteiligt sind, gewährleisten, dass sich ihr Einfluss nicht zum Schaden einer umsichtigen und soliden Geschäftstätigkeit auswirkt (Art. 3 Abs. 2 lit. cbis BankG). Der Erwerb oder die Veräusserung einer solchen Beteiligung ist meldepflichtig, sei diese direkt oder indirekt (
Art. 3 Abs. 5 BankG
). Es knüpft sich daran die Befugnis der Bankenkommission, das Stimmrecht betroffener Aktionäre allenfalls zu suspendieren (
Art. 23ter Abs. 1bis BankG
), was die gegenüber der vorliegend umstrittenen Offenlegungspflicht strengeren Anforderungen rechtfertigt. Für die für eine Publikation im Anhang zum Jahresbericht vorgesehene tiefere Beteiligungsschwelle von 5% muss es damit folgerichtig ebenfalls auch auf die wirtschaftliche Berechtigung ankommen. Nur so werden die Publikumsgläubiger bzw. Kunden in die Lage versetzt, sich mit Blick auf die wesentlichen Kapitaleigner ein Bild über die Sicherheit des Instituts zu machen, dem sie ihr Geld anvertrauen. Die Richtlinien der Eidgenössischen Bankenkommission, die bei der Erstellung und Gliederung der Jahresrechnungen und Zwischenabschlüsse zu befolgen sind (vgl.
Art. 28 BankV
), stellen damit nur klar, was sich von der Sache her bereits aus Sinn und Zweck des Gesetzes und der Verordnung selber ergibt (vgl.
Art. 24 Abs. 2 lit. k BankV
).
cc) Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführerinnen schliesslich auf das Recht des Aktionärs auf Anonymität. Ein solches besteht im Anwendungsbereich von
Art. 663c OR
(FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, S. 456, Rzn. 5-10) und des Bankengesetzes gerade nicht. Der Gesetzgeber hat das Interesse an der Transparenz des Marktes grundsätzlich höher gewichtet als jenes des einzelnen Aktionärs (bzw. im Rahmen von
Art. 663h OR
der Gesellschaft selber) an Geheimhaltung,
BGE 124 II 581 S. 586
weshalb die entsprechenden Angaben zu den offenlegungspflichtigen Informationen des Aktienrechts gehören (BÖCKLI, a.a.O., Rz. 972c). Soweit die Bankengesetzgebung - wie dargelegt kompetenzkonform - strengere Anforderungen stellt (nicht nur börsenkotierte Gesellschaften), gehen diese der aktienrechtlichen Regelung vor (vgl. Art. 16 der Schluss- und Übergangsbestimmungen des OR vom 18. Dezember 1936; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., S. 952, Rz. 58).
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public_law
|
nan
|
de
| 1,998 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f3e6d042-67c4-4d4e-a70e-87bf1a460e9c
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Urteilskopf
139 II 363
26. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Verwaltung des Kantons Schwyz für die direkte Bundessteuer (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
2C_1151/2012 vom 3. Juni 2013
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Regeste
Art. 127 Abs. 2 BV
; Art. 16 Abs. 1 und 3 sowie
Art. 23 lit. d DBG
;
Art. 7 Abs. 1 und
Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG
;
Art. 730 Abs. 1 ZGB
;
Art. 20 Abs. 1 OR
; Steuerfolgen eines gemischten Rechtsgeschäfts, das den entgeltlichen Verzicht auf eine ins Grundbuch eingetragene Bauverbotsdienstbarkeit und den entgeltlichen Rückzug eines Baurechtsmittels zum Gegenstand hat.
Das Reinvermögenszugangsprinzip gemäss
Art. 16 Abs. 1 DBG
und
Art. 7 Abs. 1 StHG
konkretisiert den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ausnahmen davon sind eng auszulegen. Der steuerfreie Kapitalgewinn nach
Art. 16 Abs. 3 DBG
bedingt einerseits die Veräusserung von dinglichen oder obligatorischen Rechten des Privatvermögens, anderseits eine unmittelbar damit verknüpfte Gegenleistung. Keinen Reinvermögenszugang bewirken der blosse Aktiventausch und der Ersatz erlittenen Schadens, weswegen sie einkommenssteuerlich ohne Bedeutung bleiben (
Art. 16 Abs. 1 DBG
e contrario). Veräusserungsfremde Teile des Entgelts, so die Gegenleistung für den Rückzug eines Baurechtsmittels, mit denen kein Vermögensabgang einhergeht, sind demgegenüber grundsätzlich steuerbar (E. 2).
Der dingliche Rechtsbestand wird gleichermassen eingeschränkt durch die Einräumung einer belastenden und den Verzicht auf eine begünstigende Dienstbarkeit. Fälle, in welchen die Gegenleistung für den Rückzug eines Baurechtsmittels entgegen der Regel steuerfrei bleibt. Gebot der vertikalen Steuerharmonisierung (E. 3).
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Sachverhalt
ab Seite 364
BGE 139 II 363 S. 364
Frau A. erwarb im Jahr 2002 zwei in der Gemeinde X./SZ gelegene Grundstücke und übernahm diese in ihr Privatvermögen. Zugunsten der Parzellen lastete auf drei benachbarten Grundstücken seit dem Jahr 1896 ein im Grundbuch eingetragenes Bauverbot. Im Jahr 2006 willigte A. in die Löschung dieser Grunddienstbarkeiten ein,
BGE 139 II 363 S. 365
wofür sie von der Gegenpartei mit einer noch zu erstellenden Stockwerkeinheit und drei Einstellhallenplätzen abgefunden wurde.
Die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer ermittelte einen Wert der Abfindung von Fr. 2'335'000.- und erfasste diesen in der Veranlagungsverfügung 2006 als Einkommen. A. erhob Einsprache, welche die Einsprachebehörde teilweise guthiess. Diese ging nunmehr von einem Wert von noch Fr. 2'135'000.- aus, wovon sie die im Jahr 1896 mutmasslich angefallenen Gestehungskosten des Bauverbots von Fr. 10'000.- abzog. Den Restbetrag unterstellte sie weiterhin der direkten Bundessteuer. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die dagegen gerichtete Beschwerde mit Entscheid vom 25. September 2012 im Sinne der Erwägungen ab.
Mit Eingabe vom 20. November 2012 führt die Steuerpflichtige Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Veranlagungsverfügung 2006 sei dahingehend zu bereinigen, dass der Betrag von Fr. 2'335'000.- nicht mehr einkommenswirksam erfasst werde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zur weiteren Untersuchung an die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer zurück.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
2.1
Art. 16 DBG
(SR 642.11) bringt im Bereich der Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen das Konzept der Reinvermögenszugangstheorie ("théorie de l'accroissement du patrimoine" bzw. "imposition du revenu global net") zum Ausdruck (
BGE 133 II 287
E. 2.1 S. 289;
BGE 131 I 409
E. 4.1 S. 413;
BGE 125 II 113
E. 4a S. 119; Urteile 2C_711/2012 vom 20. Dezember 2012 E. 2.1; 2C_91/2012 vom 17. August 2012 E. 3.2; vgl. auch Urteil 9C_803/2011 vom 23. August 2012 E. 3.3.4 [AHV]). Danach unterliegen aufgrund der Generalklausel von
Art. 16 Abs. 1 DBG
und des nicht abschliessenden Positivkatalogs (
Art. 17-23 DBG
) alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der direkten Bundessteuer. Vorbehalten bleiben die Kapitalgewinne aus der Veräusserung von Privatvermögen (
Art. 16 Abs. 3 DBG
) und die im Negativkatalog von
Art. 24 DBG
abschliessend aufgezählten Fälle (zum gleichartigen früheren Recht
BGE 117 Ib 1
E. 2b S. 2;
BGE 114 Ia 221
E. 4a S. 227;
BGE 108 Ib 227
E. 2a S. 229; 105
BGE 139 II 363 S. 366
Ib 1 E. 1 S. 2; XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, 4. Aufl. 2012, § 7 N. 7; MARKUS REICH, Steuerrecht [nachfolgend: Steuerrecht], 2. Aufl. 2012, § 10 N. 7;
ders.
, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, Zweifel/Athanas [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 26 zu
Art. 16 DBG
; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl. 2009, N. 1 ff. zu
Art. 16 DBG
; YVES NOËL, in: Commentaire romand, Impôt fédéral direct, Yersin/Noël [Hrsg.], 2008, N. 24 zu
Art. 16 DBG
; PETER LOCHER, Kommentar zum DBG (nachfolgend: DBG), 1. Teil, 2001, N. 17 e contrario zu
Art. 16 DBG
; a.M. jedoch HÖHN/WALDBURGER, Steuerrecht, Bd. I, 9. Aufl. 2001, S. 294).
2.2
Der Reinvermögenszugang, wie er
Art. 16 Abs. 1 DBG
zugrunde liegt, besteht in einer Nettogrösse. Er entspricht dem Überschuss aller Vermögenszugänge gegenüber den Vermögensabgängen derselben Steuerperiode (u.a. RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 20 ff. der Vorbemerkungen zu
Art. 16-39 DBG
; REICH, Steuerrecht, a.a.O., § 10 N. 12, unter Bezugnahme auf GEORG SCHANZ, Der Einkommensbegriff und die Einkommenssteuergesetze, Finanz-Archiv 13/1896, Bd. I, S. 1, insb. 7; MARKUS WEIDMANN, Einkommensbegriff und Realisation, 1995, S. 12). Im konkreten Einzelfall ergibt sich ein für steuerliche Zwecke massgeblicher Reinvermögenszugang, sobald der Vermögenszugang den realisierten Vermögensabgang der Höhe nach übersteigt (Urteil 2C_622/2011 vom 29. Februar 2012 E. 4 mit Hinweisen, in: StE 2012 B 21.1 Nr. 21; OBERSON, a.a.O., § 7 N. 242; REICH, Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern [...] [nachfolgend: StHG], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl. 2002, N. 26 zu
Art. 7 StHG
). Im Bereich des Privatvermögens entspricht der Vermögensabgang - mangels Vorliegens eines Buchwertes - den nominalen Gestehungskosten nebst den seitherigen wertvermehrenden Investitionen. Ein industrieller Mehrwert durch Vornahme wertvermehrender Investitionen fällt typischerweise bei Liegenschaften in Betracht, während er im Fall eines Bauverbots kaum denkbar ist. Dementsprechend bleibt in einem Bauverbotsfall als Anlagekosten zu berücksichtigen, was die Eigentümerschaft anlässlich des Erwerbsvorgangs konkret aufzuwenden hatte. Nur im Fall der Universalsukzession ist der ursprüngliche Erwerbspreis des Bauverbots (nebst etwaigen seitherigen wertvermehrenden Investitionen) massgebend.
Im Umfang, in welchem sich Vermögenszugang und Vermögensabgang der Höhe nach entsprechen, bleibt es bei einem steuerfreien
BGE 139 II 363 S. 367
Aktiventausch. Stellt sich darüber hinaus im konkreten Einzelfall tatsächlich ein Reinvermögenszugang ein, bleibt im Privatvermögen zu prüfen, ob der Überschuss - der realisierte konjunkturelle Mehrwert - als steuerbarer Vermögens- bzw. Kapitalertrag (
Art. 16 ff. DBG
) oder aber als steuerfreier Vermögens- bzw. Kapitalgewinn (
Art. 16 Abs. 3 DBG
) zu erfassen sei (PETER LOCHER, Abgrenzung von Kapitalgewinn und Kapitalertrag im Bundessteuerrecht, recht 8/1990 S. 109, insb. 110).
Mit Blick auf den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (
Art. 127 Abs. 2 BV
) und das diesen konkretisierende Reinvermögenszugangsprinzip stellt die Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne allerdings eine systemwidrige Ausnahme dar. Sie ist vom Gesetzgeber gewollt, auch aus Gründen der Veranlagungsökonomie (
BGE 114 Ia 221
E. 5c S. 230 f.), aber zurückhaltend auszulegen (vgl.
BGE 115 Ib 238
E. 4 S. 243 zum gleichartigen früheren Recht; REICH, StHG, a.a.O., N. 47 zu
Art. 7 StHG
). Ausnahmen sind vor dem Hintergrund einer allgemeinen Einkommenssteuer restriktiv zu handhaben (Urteil 2C_711/2012 vom 20. Dezember 2012 E. 2.4 [Leibrentenprivileg]), was auch im Bereich der Mehrwertsteuer gilt, die als allgemeine Verbrauchssteuer konzipiert ist (Urteil 2C_196/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 2.2 [Leistungsaustausch];
BGE 138 II 251
E. 2.3.4 S. 256 [subjektive Steuerpflicht]).
2.3
Gemäss
Art. 16 Abs. 3 DBG
sind lediglich die Kapitalgewinne aus der
Veräusserung
von Privatvermögen steuerfrei. Die Abgrenzung von Kapitalertrag und Kapitalgewinn lässt sich im Regelfall anhand des Substanzverzehrkriteriums vornehmen (LOCHER, DBG, a.a.O., N. 73 ff. zu
Art. 16 DBG
; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 166 zu
Art. 16 DBG
). Mit der Veräusserung geht der Idee nach ein Substanzverzehr einher. Unerlässliche Voraussetzung des steuerfreien Kapitalgewinns ist mithin das Vorliegen einer Gesamt- oder Teilveräusserung von dinglichen oder obligatorischen Rechten. Diese verlassen das Eigentum der veräussernden Person und schmälern vorübergehend, bis zum Eintreffen der Gegenleistung, die Substanz.
2.4
Die Veräusserung im Sinne von
Art. 16 Abs. 3 DBG
bedingt weiter, dass sich der Vermögenszugang nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Erfahrung des Lebens als "natürliche und typische (adäquate)" Folge des Vermögensabgangs darstellt (RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 157 zu
Art. 16
BGE 139 II 363 S. 368
DBG
). Daran fehlt es von vornherein insoweit, als ein gemischtes Rechtsgeschäft vorliegt und dem Vermögenszugang (auch) veräusserungsfremde Teile innewohnen. Zu denken ist im Grundstückbereich etwa an die Verquickung von Kaufpreis und Entschädigung für den Rückzug der Einsprache gegen eine Umzonung oder ein Bauvorhaben. Ein Rechtsgeschäft über die Nichterhebung oder den Rückzug einer Einsprache ist selbständiger Natur.
2.5
Ein privatrechtlicher Vertrag über den Rückzug der Einsprache gegen ein konkretes Bauvorhaben steht in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Veräusserung der durch das Vorhaben tangierten Parzelle und kann deshalb privatrechtlich ohne Weiteres als eigenständiges Geschäft geschlossen werden. Das Entgelt für den Rückzug oder die Nichterhebung einer Einsprache steuerlich zu privilegieren, widerspricht der Konzeption von
Art. 16 Abs. 3 DBG
, der auf Veräusserungen beschränkt ist. Solche Entschädigungen unterliegen der Einkommenssteuer (Art. 16 Abs. 1 i.V.m.
Art. 21 Abs. 1 DBG
; Urteil 2P.55/2002 vom 20. Juni 2002 E. 3.8, in: StE 2002 B 26.27 Nr. 5). Offenbleiben kann die Subsumtion unter
Art. 23 lit. d DBG
(Entschädigung für die Nichtausübung eines Rechts). Das Bundesgericht hat diese Norm etwa herangezogen, soweit es um die Abgeltung des Verzichts auf einen enteignungsrechtlichen, formell- gesetzlichen und überdies von Gesetzes wegen bestehenden Anspruch ging (Rückforderungsrecht gemäss
Art. 102 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1930 über die Enteignung [EntG; SR 711]
; Urteil 2C_622/2011 vom 29. Februar 2012 E. 4 mit Hinweisen, in: StE 2012 B 21.1 Nr. 21). Mit dieser Konstellation ist die vorliegende Sachlage nicht vergleichbar. Namentlich findet die Entschädigung für den Rückzug einer bau- oder planungsrechtlichen Einsprache keine gesetzliche Grundlage.
Der entgeltliche Verzicht auf ein Rechtsmittel oder einen Rechtsbehelf kann ohnehin unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit (
Art. 20 Abs. 1 OR
) problematisch sein. Mit Blick auf die genannte Norm ist zwar die Verabredung einer Vergütung für den Rückzug eines nicht aussichtslosen Baurechtsmittels unbedenklich (Urteile 4A_37/2008 vom 12. Juni 2008 E. 3; 4C.207/1997 vom 9. April 1998 E. 3b;
BGE 115 II 232
E. 4b S. 235 f.). Soweit sich der wirtschaftliche Wert des Verzichts aber bloss aus dem möglichen Schaden wegen der Verlängerung des Baubewilligungsverfahrens und nicht aus den schutzwürdigen Interessen des rechtsmittelführenden Nachbarn ergibt, ist die "Kommerzialisierung des Verzichts" praxisgemäss sittenwidrig
BGE 139 II 363 S. 369
(Urteile 4A_657/2011 vom 8. Februar 2012 E. 3, in: SJ 2012 I S. 433; 4A_21/2009 vom 11. März 2009 E. 5.1, in: ZBGR 91/2010 S. 109;
BGE 123 III 101
E. 2c S. 105 f.).
2.6
Geht mit der Nichterhebung oder dem Rückzug der Einsprache tatsächlich ein Minderwert des Grundstücks einher, kann die grundsätzlich steuerbare Leistung einen (steuerfreien) Ersatz des positiven Schadens bzw. objektiven Wertverlusts darstellen (ERNST KÄNZIG, Wehrsteuer [Direkte Bundessteuer], 1. Teil, 2. Aufl. 1982, N. 91 zu
Art. 21 BdBSt
; LOCHER, DBG, a.a.O., N. 40 zu
Art. 23 DBG
; RICHNER/FREI/KAUFMANN/MEUTER, a.a.O., N. 48 zu
Art. 23 DBG
). Leistungen, die dazu dienen, einen eingetretenen oder künftigen Vermögensschaden zu ersetzen (
damnum emergens
) , sind mit keinem Reinvermögenszugang verbunden (
BGE 132 II 128
E. 3.1 S. 130;
BGE 117 Ib 1
E. 2b S. 2; Urteile 9C_1003/2008 vom 6. August 2009 E. 4.3; 2P.55/2002 vom 20. Juni 2002 E. 3.8, in: StE 2002 B 26.27 Nr. 5; 2A.398/1996 vom 29. Oktober 1997 E. 5a/aa; LOCHER, DBG, a.a.O., N. 15 zu
Art. 16 DBG
; ZIGERLIG/JUD, in: Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, Zweifel/Athanas [Hrsg.], N. 3 zu
Art. 24 DBG
; REICH, StHG, a.a.O., N. 26 zu
Art. 7 StHG
). Auch sie bewirken dann einen steuerfreien Aktiventausch.
Im Zeitpunkt der Realisierung eines zonenkonformen Bauvorhabens wird freilich nur in Ausnahmefällen von einem positiven Schaden bzw. objektiven Wertverlust auszugehen sein. Aufgrund der herrschenden Zonenplanordnung, die eine Bebauung zulässt, besteht schon vor Verwirklichung des Projekts zumindest die Erwartung der baldigen oder gelegentlichen Überbauung. Dieser latente Umstand schlägt sich bereits mit dem Eintritt der Rechtskraft des Zonenplans unmittelbar im Verkehrswert der hinter- oder anliegenden Parzelle nieder. Insoweit lässt sich in der Regel nicht sagen, mit der Inangriffnahme des zonenkonformen Projekts gehe ein zusätzlicher positiver Schaden einher. Anders kann es sich verhalten, falls der Bauherrschaft unerwarteterweise eine Ausnahmebewilligung erteilt wird, aufgrund deren beispielsweise ein zusätzliches Geschoss oder eine andersartige Nutzung gestattet ist. Tritt kein derartiges unvorhersehbares Ereignis ein, unterliegt die Abgeltung regelmässig der Einkommenssteuer (Art. 16 Abs. 1 i.V.m.
Art. 21 Abs. 1 DBG
).
3.
3.1
Die Vorinstanz verwirft das Vorliegen einer Veräusserung. Sie verweist darauf, dass die Bauverbotsdienstbarkeit kein Grundstück
BGE 139 II 363 S. 370
im Sinne von
Art. 655 Abs. 2 ZGB
darstelle. Insbesondere handle es sich nicht um ein in das Grundbuch aufgenommenes selbständiges und dauerndes Recht (
Art. 655 Abs. 2 Ziff. 2 und Abs. 3 ZGB
). Folglich lasse es sich "nicht alleine, sondern nur zusammen mit den berechtigten Grundstücken" übertragen, wie dies die Unterinstanz formuliert hatte. Das Recht sei im vorliegenden Fall ohnehin nicht an einen Dritten weiterveräussert, sondern bloss aufgehoben worden.
3.2
Aufgrund des in den Akten liegenden Einspracheentscheids der kantonalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer vom 6. Juni 2012 ist davon auszugehen, dass das Bauverbot im Jahr 1896 begründet wurde. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (
Art. 105 Abs. 1 BGG
) ist es zudem im Grundbuch zugunsten der beiden Grundstücke der Steuerpflichtigen und zulasten dreier benachbarter Parzellen eingetragen. Zivilrechtlich fällt das Bauverbot unter die unbefristeten, negativen Grunddienstbarkeiten im Sinne von
Art. 730 Abs. 1 ZGB
(Urteil 5A_171/2008 vom 13. Mai 2008 E. 3.1, in: ZBGR 90/2009 S. 174;
BGE 123 III 337
E. 2c S. 341 ff.).
Der Tatbestand von
Art. 16 Abs. 3 DBG
verlangt für den Eintritt des steuerfreien Kapitalgewinns im Privatvermögen, dass es zu einer Veräusserung kommt. Für die Zwecke der Grundstückgewinnsteuer hatte die Vorinstanz im parallelen Verfahren mit Entscheid vom 24. April 2009 erkannt, die Sachumstände vermöchten keine Veräusserung zu begründen, weswegen die Grundstückgewinnsteuer nicht in Betracht falle. Dieser Entscheid ist in Rechtskraft erwachsen. Dessen ungeachtet ist festzuhalten, dass das Harmonisierungsrecht in
Art. 12 Abs. 2 StHG
bestimmte Vorgänge nennt, die den zivilrechtlichen Handänderungen (
Art. 12 Abs. 1 StHG
) gleichgestellt sind. In diesen Katalog fällt namentlich die Belastung eines Grundstücks mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten oder öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen, wenn diese die unbeschränkte Bewirtschaftung oder den Veräusserungswert des Grundstücks dauernd und wesentlich beeinträchtigen und dafür ein Entgelt entrichtet wird (
Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG
).
Diese Norm ist für den vorliegenden Fall von etwelcher Bedeutung: Zum einen lässt die Konzeption erkennen, dass der Steuergesetzgeber hier das zivilrechtliche Eigentum in sachbezogene Teilaspekte unterteilt (BERNHARD ZWAHLEN, in: Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern [...], Kommentar zum schweizerischen
BGE 139 II 363 S. 371
Steuerrecht, Bd. I/1, 2. Aufl. 2002, Zweifel/Athanas [Hrsg.], N. 38 zu
Art. 12 StHG
). Zum andern erfordert das Gebot der vertikalen Steuerharmonisierung ohnehin, bei der Anwendung von
Art. 16 Abs. 3 DBG
die Praxis zu den (sinngemäss) entsprechenden Bestimmungen des Harmonisierungsrechts analog heranzuziehen (zur spiegelbildlichen Konstellation Urteile 2C_407/2012 vom 23. November 2012 E. 1.3, in: StE 2013 B 92.8 Nr. 17; 2C_91/2012 vom 17. August 2012 E. 1.4 und 3.3, in: StR 68/2013 S. 158;
BGE 133 II 114
E. 3.2 S. 116).
3.3
Das Harmonisierungsrecht spricht in
Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG
von der "Belastung" eines Grundstücks. Kennzeichnend für eine derartige Belastungssituation ist, dass das dingliche Vollrecht (Grundeigentum; Art. 641 i.V.m. 655 ff. ZGB) mittels Einräumung eines beschränkten dinglichen Rechts (Dienstbarkeit;
Art. 730 ff. ZGB
) einem andern Grundstück dauernd und in erheblicher Weise dienstbar gemacht wird. Infolgedessen muss sich die Eigentümerschaft des dienenden Grundstücks bestimmte Eingriffe der Eigentümerschaft des herrschenden Grundstücks gefallen lassen (so die Formulierung von
Art. 730 Abs. 1 ZGB
).
Vorliegend geht es um die Löschung einer grundbuchlich stipulierten Berechtigung, die zugunsten der beiden herrschenden Grundstücke bestanden hatte. Anlässlich des Kaufs im Jahr 2002 erwarb die Steuerpflichtige, will man der Theorie der Teilaspekte folgen, zum einen das dingliche Vollrecht an den Grundstücken, zum andern die zugunsten dieser Grundstücke errichtete, vorbestehende Grunddienstbarkeit. Willigte die Steuerpflichtige im Jahr 2006 in die Löschung der Dienstbarkeit ein, gab sie damit ein beschränktes dingliches Recht preis und schränkte sie ihren Rechtsbestand in gleicher Weise ein, wie wenn sie ihre Grundstücke "belastet" hätte (
Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG
).
Der eine wie der andere Vorgang ist mit einer Einschränkung des dinglichen Rechtsbestandes verbunden. Herrscht zivilrechtlich weitgehende Übereinstimmung der Vorgänge, kann es sich steuerrechtlich nicht anders verhalten (vgl. Urteil 2C_20/2012 vom 24. April 2012 E. 3, in: StR 67/2012 S. 517, zur ähnlichen gelagerten Handänderungssteuer). In teleologischer Auslegung von
Art. 12 Abs. 2 lit. c StHG
ergibt sich über den eng gefassten Wortlaut der Bestimmung hinaus, dass die entgeltliche Aufgabe eines beschränkten dinglichen Rechts an einem Grundstück ebenso eine Teilveräusserung
BGE 139 II 363 S. 372
darstellt wie die entgeltliche Belastung mit einem solchen. Die darüber hinaus erforderliche Verknüpfung von Vermögensabgang (Löschung der Grunddienstbarkeit) und Vermögenszugang (Übereignung von Attika-Wohnung und Einstellhallenplätzen) liegt auf der Hand: Das eine wird (nur) durch das andere hervorgerufen und bestimmt.
3.4
Mit Blick auf die (vertikal) harmonisierungsrechtlich gebotene analoge Auslegung gleichartiger Bestimmungen liegt mithin auch unter dem Gesichtspunkt von
Art. 16 Abs. 3 DBG
eine (Teil-)Veräusserung vor. Wird anlässlich der Löschung der Dienstbarkeit überhaupt ein konjunktureller Mehrwert aufgedeckt, fällt dieser im Privatvermögen unter das Privileg des steuerfreien Kapitalgewinns. Ausgangspunkt der Ermittlung des konjunkturell bedingten Wertzuwachses bilden im Regelfall die Gestehungskosten, hier gebildet durch den Erwerbspreis des Bauverbots im Jahr 2002 und die seitherigen wertvermehrenden Investitionen, soweit solche im vorliegenden Zusammenhang überhaupt denkbar und nachgewiesen sind (E. 2.2 hiervor). Nachdem der etwaig realisierte konjunkturelle Wertzuwachsgewinn allerdings einen steuerfreien Kapitalgewinn begründet, erübrigt sich wohl ein Verkehrswertgutachten.
3.5
Ein Vorbehalt ist anzubringen, was die unter Umständen vorliegenden veräusserungsfremden Entgeltsbestandteile betrifft. Die kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer hatte in ihrem Entscheid vom 15. Januar 2009 erkannt, mit Vertrag vom 8. September 2006 habe sich die Steuerpflichtige (auch) zum Rückzug ihrer Einsprache gegen die Bauvorhaben auf den dienenden Grundstücken verpflichtet. Dies lässt auf ein gemischtes Rechtsgeschäft schliessen. Es kann denn auch nicht rundweg ausgeschlossen werden, dass sich die Abfindung aus mehreren Komponenten (Ablösung der Dienstbarkeit, Rückzug der Baueinsprache, allenfalls Abgeltung Ausnahmebewilligung) zusammensetzte. Dies wird die Unterinstanz zu klären haben. Wäre durch den Rückzug der Baueinsprache auf den beiden Grundstücken tatsächlich ein objektiver Wertverlust eingetreten, läge ein Aktiventausch vor und käme es auch hier zu keiner Besteuerung (E. 2.6 hiervor).
|
public_law
|
nan
|
de
| 2,013 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
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CH
|
Federation
|
f3ee9c02-9bcc-4e65-8073-1e02115524b5
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Urteilskopf
86 II 340
53. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Oktober 1960 i.S. Ember gegen Schaffner.
|
Regeste
Anfechtung der Enterbung wegen Unrichtigkeit der Grundangabe (
Art. 479 Abs. 2 ZGB
). Natur der Klage. Passivlegitimation des Willensvollstreckers?
Herabsetzungsklage; Verjährung (
Art. 533 ZGB
). Verjährung oder Verwirkung? (Frage offen gelassen). Die Fristen des
Art. 533 ZGB
können nur durch Einleitung der Klage gewahrt werden. Die Vorschriften von
Art. 137 Abs. 1 und
Art. 139 Abs. 1 OR
, die eine Verjährung während des Prozesses zulassen, sind auf die Herabsetzungsklage nicht anwendbar.
|
Sachverhalt
ab Seite 340
BGE 86 II 340 S. 340
A.-
Hieronymus Georg Schaffner, der seine erste Frau durch den Tod verloren und im Jahre 1940 mit Johanna geb. Probst eine zweite Ehe geschlossen hatte, errichtete am 21. Juni 1951 und 4. Juni 1952 letztwillige Verfügungen,
BGE 86 II 340 S. 341
mit denen er seine Tochter aus erster Ehe, Frieda Ember-Schaffner, zur Alleinerbin einsetzte, seine Ehefrau enterbte und Maximilian Ember, einen Sohn von Frieda Ember, zum Willensvollstrecker ernannte. Am 8. Dezember 1952 starb er. Seine gesetzlichen Erben sind seine Witwe und seine Tochter.
B.-
Am 19. Mai 1953 leitete Frau Johanna Schaffner gegen Frau Frieda Ember beim Bezirksgericht Zürich Klage ein mit dem Begehren, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers seien "gänzlich, eventuell in bezug auf die Enterbung der Klägerin" für rechtsungültig zu erklären und demgemäss sei "die Klägerin als gesetzliche Erbin im Sinne des
Art. 462 ZGB
anzuerkennen". Sie machte geltend, der Erblasser sei bei Errichtung der angefochtenen Verfügungen nicht urteilsfähig gewesen; auf jeden Fall aber sei ihre Enterbung unbegründet. Die Beklagte erhob in erster Linie die Einrede, die Klage müsse schon deshalb abgewiesen werden, weil sie nur gegen sie als die einzige Erbin, nicht auch gegen den Willensvollstrecker gerichtet sei. Im übrigen bestritt sie die Urteilsunfähigkeit des Erblassers und behauptete, die Enterbung der Klägerin sei gerechtfertigt. Das Bezirksgericht erklärte mit Urteil vom 14. Dezember 1956 die letztwilligen Verfügungen des Erblassers für ungültig, "soweit durch sie die Klägerin enterbt wird", und stellte fest, die Klägerin sei gesetzliche Erbin im Sinne von
Art. 462 ZGB
. Im übrigen wies es die Klage ab.
C.-
Vor dem Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer), an das beide Parteien appellierten, fand am 29. Oktober 1957 die Appellationsverhandlung statt. Im Anschluss daran beschloss das Obergericht, die Urteilsberatung zu verschieben. Dann ruhte der vorliegende Prozess, ohne förmlich sistiert worden zu sein, mehr als ein Jahr lang, weil der zwischen den nämlichen Parteien hängige Abrechnungsprozess (vgl.
BGE 86 II 335
hievor), in welchem zum Teil die gleichen Tatsachen und die gleichen Akten eine Rolle spielten wie im vorliegenden
BGE 86 II 340 S. 342
Prozess und den das Obergericht deshalb zusammen mit diesem erledigen wollte, noch nicht spruchreif war.
Mit Eingabe vom 31. Oktober 1958 stellte die Beklagte den Antrag, die Klage sei in Anwendung von
Art. 533 und 521 ZGB
sowie
Art. 137 und
Art. 138 Abs. 1 OR
wegen Verjährung abzuweisen, weil seit der Verhandlung vom 29. Oktober 1957 weder eine gerichtliche Handlung der Parteien noch eine Verfügung oder Entscheidung des Richters erfolgt sei.
Am 28. August 1959 hat das Obergericht die Appellationen beider Parteien abgewiesen und das bezirksgerichtliche Urteil bestätigt.
D.-
Gegen das Urteil des Obergerichtes hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, die Klage sei im vollen Umfang abzuweisen. In der Berufungsschrift steht, mit der vorliegenden Berufung erhebe die Beklagte "lediglich noch Einreden, die sich auf die mangelnde Aktiv- (gemeint: Passiv-) legitimation der Beklagten und die Verjährung stützen." In der heutigen Berufungsverhandlung hat die Beklagte erklärt, sie verzichte auf die Einrede, dass auch der Willensvollstrecker hätte eingeklagt werden müssen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach den vor Bundesgericht gestellten Anträgen streiten die Parteien nur noch darüber, ob die Enterbung der Klägerin wirksam sei oder ob die Klägerin auf den Viertel des Nachlasses Anspruch habe, den sie auf Grund von
Art. 462 Abs. 1 ZGB
als Erbteil verlangt und der nach
Art. 471 Ziff. 4 ZGB
ihren Pflichtteil bildet. Die Klage, mit der ein Enterbter auf den Pflichtteil Anspruch erhebt, ist eine besondere Art der Herabsetzungsklage (
BGE 85 II 600
). In Bezug auf diese Klage ist der Willensvollstrecker nicht passivlegitimiert (
BGE 85 II 601
mit Hinweisen). Die Beklagte hat also mit Recht darauf verzichtet, gegenüber dem heute noch streitigen Klagebegehren einzuwenden, neben ihr hätte auch der Willensvollstrecker belangt
BGE 86 II 340 S. 343
werden müssen. Sie behauptet auch nicht, die Vorinstanz habe das Vorliegen eines Enterbungsgrundes zu Unrecht verneint. Unter Verzicht auf andere Einreden macht sie vielmehr nur noch geltend, die Klage sei wegen Verjährung abzuweisen. Daher hat das Bundesgericht nur die Verjährungsfrage zu prüfen.
2.
Art. 533 ZGB
bestimmt, dass die Herabsetzungsklage mit dem Ablauf bestimmter Frìsten verjähre.
Art. 521 ZGB
stellt für die Ungültigkeitsklage eine entsprechende Bestimmung auf. Weitere Bestimmungen über diese Verjährung enthält das ZGB nicht. Dagegen behandelt das OR die Verjährung in dem die Art. 127 bis 142 umfassenden Unterabschnitt G des dem Erlöschen der Obligationen gewidmeten dritten Titels der Allgemeinen Bestimmungen. Es kann sich daher fragen, ob die Verjährung der Ungültigkeits- und der Herabsetzungsklage insoweit, als das ZGB sie nicht näher ordnet, den Vorschriften von
Art. 127 ff. OR
unterliege. Diese Frage stellt sich im vorliegenden Falle namentlich für die von der Beklagten angerufenen Vorschriften der Art. 135 und 137/38 OR über die Unterbrechung der Verjährung und den Beginn einer neuen Frist.
3.
Nach
Art. 7 ZGB
finden die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts über die Entstehung, Erfüllung und Aufhebung der Verträge auch auf andere zivilrechtliche Verhältnisse Anwendung. Zu diesen Bestimmungen sind auch die Vorschriften von
Art. 127 ff. OR
über die Verjährung zu rechnen. Damit ist aber keineswegs gesagt, dass überall dort, wo das Gesetz von der Verjährung eines zivilrechtlichen Anspruchs spricht, ohne weiteres die eben erwähnten Vorschriften heranzuziehen seien. Diese sind vielmehr auf die Verjährung von Forderungen zugeschnitten und können deshalb nur auf solche unmittelbar angewendet werden. In Fällen, wo das Gesetz die Verjährung anderer Ansprüche vorsieht, kommt dagegen höchstens eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften oder einzelner davon in Betracht.
BGE 86 II 340 S. 344
4.
Für den Entscheid darüber, ob die Art. 135 und 137/38 OR auf die Ungültigkeits- und die Herabsetzungsklage entsprechend anzuwenden seien, ist massgebend, ob und allenfalls wieweit eine solche Anwendung angesichts der Regelung, welche diese Klagen im Gesetz erfahren haben, sachlich gerechtfertigt sei. Diese Frage lässt sich beantworten, ohne dass zu prüfen wäre, ob es dogmatisch richtig sei, die Rechtsfolge, welche die
Art. 521 und 533 ZGB
an den unbenützten Ablauf der hier festgesetzten Fristen knüpfen, als Verjährung (besonderer Art) zu bezeichnen (so namentlich
BGE 45 II 524
,
BGE 46 II 12
,
BGE 78 II 12
,
BGE 83 II 509
/10;
BGE 85 II 603
oben; TUOR, 2. Aufl., N. 1-3, ESCHER, 3. Aufl., N.1 zu
Art. 521 ZGB
; V. TUHR/SIEGWART § 80 II a.E. S. 657; GUHL, Das schweiz. OR, 5. Aufl., S. 246), oder ob hier besser von einer Verwirkung des Klagerechts gesprochen würde, wie die Vorinstanz es getan hat (vgl. ausser dem angefochtenen Urteil auch ZR 56 Nr. 89, 57 Nr. 111).
5.
Der durch eine Verfügung von Todes wegen Benachteiligte kann, falls er die ihm nach seiner Auffassung zukommenden Erbschaftswerte noch nicht besitzt, nach dem klaren Sinne des Gesetzes nur durch gerichtliche Klage geltend machen, die Verfügung sei mit einem Ungültigkeitsgrunde behaftet oder verletze seinen Pflichtteil. Um die Verfügung unwirksam zu machen oder auf das erlaubte Mass herabzusetzen, bedarf es in einem solchen Fall eines auf Ungültigkeits- bezw. Herabsetzungsklage hin ergangenen Urteils (es sei denn, dass die Beteiligten sich auf eine von der streitigen Verfügung abweichende Teilung der Erbschaft einigen). Solange ein solches Urteil nicht ergangen ist, stehen dem Benachteiligten die erbrechtlichen Ansprüche, welche die Verfügung ihm abgesprochen hat, nicht zu, sondern besitzt er nur ein durch Klage auszuübendes Anfechtungsrecht. Darin unterscheidet sich seine Stellung wesentlich von derjenigen des Gläubigers zumal einer Geldforderung, der diese schon vor dem Richterspruch innehat und sie z.B. zur Verrechnung verwenden
BGE 86 II 340 S. 345
oder unter Umständen (wenn sie auf einer Schuldanerkennung im Sinne von -
Art. 82 SchKG
beruht oder wenn der Schuldner den Rechtsvorschlag unterlässt) auch eintreiben kann, ohne vorher ein gerichtliches Urteil erstreiten zu müssen. Wenn das Gesetz vorschreibt, dass die Ungültigkeits- und die Herabsetzungklage mit dem Ablauf bestimmter Fristen verjähren, so kann dies also nur heissen, der nicht besitzende Benachteiligte müsse bei Gefahr des Verlustes des Klagerechts innert dieser Fristen die gerichtliche Klage einleiten. Durch eine andere Vorkehr kann er den in
Art. 521 und 533 ZGB
vorgesehenen Rechtsnachteil nicht abwenden, weil er eben vorderhand nur über ein Anfechtungsrecht verfügt und die gerichtliche Klage für ihn (anders als für den Erbschaftsbesitzer, der sich auf die Erhebung einer Einrede beschränken kann) das einzige Mittel ist, um das Vorliegen eines Ungültigkeits- oder Herabsetzungsgrundes geltend zu machen. Hieraus folgt, dass
Art. 135 OR
auf die Ungültigkeits- und die Herabsetzungsklage jedenfalls insoweit nicht angewendet werden kann, als er eine Unterbrechnung der Verjährung durch andere Mittel als durch gerichtliche Klage (oder Einrede vor Gericht) vorsieht. Die Ladung zu einem amtlichen Sühnversuch (
Art. 135 Ziff. 2 OR
) kann zur Wahrung der Fristen von
Art. 521 und 533 ZGB
nur genügen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, unter denen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes (vgl.
BGE 85 II 537
mit Hinweisen) die Anrufung des Sühnbeamten als Klageanhebung gilt.
Ist Gegenstand der Verjährung im Sinne von
Art. 521 und 533 ZGB
ein Anfechtungsrecht, das durch Klage ausgeübt werden muss, so ist auf der andern Seite aber auch anzunehmen, dass die innert Frist erfolgte Klageeinleitung genüge, um den Kläger gegen einen durch Zeitablauf bewirkten Verlust der Befugnis zu schützen, die Ungültigerklärung oder Herabsetzung der ihn benachteiligenden Verfügung zu verlangen; dies jedenfalls dann, wenn die Klage zuständigenorts und in gehöriger Form eingeleitet worden
BGE 86 II 340 S. 346
ist. Nach vorschriftsmässiger Ausübung des Klagerechts kann von einer Verjährung der Klage, womit hier eben nur dieses durch den einmaligen Akt der Klageeinleitung auszuübende Recht, nicht wie in andern Fällen (vgl. z.B.
Art. 454 ZGB
: Verjährung der Verantwortlichkeitsklage gegen die vormundschaftlichen Organe) eine dem Kläger zustehende Forderung gemeint sein kann, nicht mehr die Rede sein. Der Kläger darf in den Fällen von
Art. 521 und 533 ZGB
, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, vernünftigerweise annehmen, dass er mit der Klageeinleitung das zur Wahrung seines Klagerechts Erforderliche getan habe. Die Vorschriften von Art. 137 Abs. 1 und 138 Abs 1 OR, wonach die Verjährung mit der Unterbrechung und im Falle der Unterbrechung durch Klage oder Einrede mit jeder gerichtlichen Handlung der Parteien und mit jeder Verfügung oder Entscheidung des Richters von neuem beginnt und daher unter Umständen während der Hängigkeit des Prozesses eintritt, können somit für die Verjährung der Ungültigkeits- und der Herabsetzungsklage im Sinne von Art. 521 bezw. 533 ZGB nicht gelten. Die entsprechende Anwendung der fraglichen Vorschriften auf diese Fälle lässt sich sachlich um so weniger rechtfertigen, als jene Vorschriften, soweit sie den Eintritt der Verjährung während der Hängigkeit eines ordnungsgemäss eingeleiteten Prozesses zulassen, ohnehin problematisch geworden sind, seitdem sich im Prozessrecht weitgehend der Grundsatz durchgesetzt hat, dass es Sache des Gerichtes ist, für eine beförderliche Durchführung und Erledigung der Prozesse zu sorgen.
Die Verjährungseinrede der Beklagten ist daher von der Vorinstanz zu Recht verworfen worden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der II. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 28. August 1959 bestätigt.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,960 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
|
CH
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Federation
|
f3ef654e-99a2-47e3-a0b2-8cdb36877882
|
Urteilskopf
106 II 333
64. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. Oktober 1980 i.S. F. AG gegen D. AG (Berufung)
|
Regeste
Bauhandwerkerpfandrecht; Bestandteilscharakter einer Tankanlage.
Eine der Zwischenlagerung von Rohmaterialien dienende Tankanlage, die eigens für den Betrieb angefertigt worden ist, deren Stahltanks auf Betonsockeln stehen und durch zwei unterirdisch verlegte Leitungssysteme mit der Fabrikanlage fest verbunden sind, ist Bestandteil der Fabrikliegenschaft.
|
Sachverhalt
ab Seite 333
BGE 106 II 333 S. 333
A.-
Die D. AG betreibt eine Mühle zur Fabrikation von pflanzlichen und tierischen Ölen und Fetten. Am 4. April 1977 bestellte sie bei der Firma B. drei zylindrische Stehtanks mit
BGE 106 II 333 S. 334
eingebauten Heizschlangen zur Lagerung von Rohfetten und Rohölen mit einem Fassungsvermögen von je 52000 bzw. 31000 l. Die Firma B. erstellte entsprechende Pläne und übergab diese der Stahl- und Kesselbaufirma F. AG zur Ausführung. Die Stahltanks wurden in der Folge auf dem Fabrikareal der D. AG auf vorbereitete Betonsockel gestellt und durch zwei unterirdisch verlegte feste Röhrensysteme mit der Fabrik verbunden. Durch das eine Röhrensystem wird überschüssiges Warmwasser aus der Fabrik mit Druck in die Heizschlangen der Tanks geleitet, um die dort gelagerten Fette und Öle zu erwärmen; nachher fliesst das Wasser in die Kanalisation. Durch das zweite Röhrensystem wird das in den Tanks eingelagerte Material in die Fabrik geleitet. Die ganze Tankanlage dient der Zwischenlagerung der Öle und Fette. Diese werden durch Eisenbahnwagen zur Tankanlage gebracht, von den Eisenbahnwagen in die Tanks gepumpt, hier zwischengelagert und dann je nach Bedarf zur weiteren Verarbeitung in die Fabrik geleitet.
Für die Erstellung der Tanks stellte die Firma F. AG der Firma B. am 19. Juli 1977 eine Rechnung in der Höhe von Fr. 57'790.--. Diese Rechnung blieb unbezahlt. Am 19. September 1977 ersuchte die Firma F. AG den Gerichtspräsidenten von Arlesheim um die Bewilligung der Vormerkung eines provisorischen Bauhandwerkerpfandrechts auf der Parzelle Nr. 3076 der Firma D. AG für eine Forderung von Fr. 57'790.-- nebst 5% Zins seit 19. August 1977, welchem Gesuch der Gerichtspräsident mit einer superprovisorischen Verfügung vom 20. September 1977 entsprach, die in der Verhandlung vom 21. Oktober 1977 bestätigt wurde.
B.-
Am 4. November 1977 leitete die Firma F. AG beim Bezirksgericht Arlesheim gegen die Firma D. AG Klage ein mit dem Rechtsbegehren, es sei festzustellen, dass die mit der Verfügung des Gerichtspräsidenten von Arlesheim bewilligte Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts zugunsten der Klägerin zu Recht bestehe, und das Grundbuchamt Arlesheim sei anzuweisen, zugunsten der Klägerin auf der Parzelle Nr. 3076 der Beklagten ein definitives Bauhandwerkerpfandrecht für den Betrag von Fr. 57'790.-- nebst 5% Zins seit 19. August 1977 einzutragen. Das Bezirksgericht hiess die Klage mit Urteil vom 29. März 1979 gut, bewilligte die Verzugszinsen jedoch erst vom 5. September 1977 an.
BGE 106 II 333 S. 335
Die Beklagte erhob gegen diesen Entscheid Berufung. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft hiess diese am 11. August 1980 gut, wies die Klage ab und ordnete an, dass das Grundbuchamt Arlesheim die Vormerkung der vorläufigen Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts auf der Parzelle Nr. 3076 der Beklagten zu löschen habe.
C.-
Gegen dieses Urteil erhebt die Klägerin Berufung an das Bundesgericht, mit der sie sinngemäss beantragt, das Urteil des Bezirksgerichts Arlesheim sei zu bestätigen. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Berufung.
Das Bundesgericht heisst die Berufung gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
a) Nach
Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB
besteht ein Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfands für Forderungen der Handwerker oder Unternehmer, die zu Bauten oder anderen Werken auf einem Grundstück Material und Arbeit oder Arbeit allein geliefert haben.
b) Die Höhe des Forderungsbetrags und die Tatsache, dass die Firma B., welche die Tanks bei der Klägerin bestellt hatte, den Forderungsbetrag nicht bezahlt hat, sind nicht bestritten. Unbestritten ist auch, dass die Tankanlage ein "anderes Werk" im Sinne von
Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB
darstellt.
Die Vorinstanz führte aus, die Tanks seien nicht beliebig weiterverwertbare Lagerware, sondern aufgrund von Plänen nach den Wünschen der Beklagten eigens angefertigt und auf deren besondere Bedürfnisse zugeschnitten worden; es liege deshalb eine Lieferung von Material und Arbeit im Sinne von
Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB
vor. Ihr Urteil wird auch insofern nicht angefochten, sondern im Gegenteil von beiden Parteien ausdrücklich anerkannt.
Streitig ist lediglich die Frage, ob die Tanks als Bestandteil des Grundstücks der Beklagten zu betrachten seien.
2.
Bestandteil einer Sache ist alles, was nach der am Ort üblichen Auffassung zu ihrem Bestand gehört und ohne ihre Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung nicht abgetrennt werden kann (
Art. 642 ZGB
). Nach der Lehre ist die Bestandteilseigenschaft nur gegeben, wenn ein körperlicher Teil eine äussere und innere dauernde Verbindung zur Hauptsache aufweist und ohne Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung
BGE 106 II 333 S. 336
der Hauptsache nicht von dieser getrennt werden kann (MEIER-HAYOZ, N. 9 zu
Art. 642 ZGB
). Ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall für die Tankanlage zutreffen, ist im folgenden zu prüfen.
3.
Die äussere Verbindung besteht in der physischen Verbundenheit, im körperlichen Zusammenhang zwischen Hauptsache und Bestandteil. Eine durch die blosse Schwerkraft begründete Verbundenheit kann unter Umständen genügen (MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 11).
Die Tanks stehen auf vorbereiteten Betonsockeln. Wohl sind sie weder mit diesen verschraubt noch in diese einzementiert, doch genügt angesichts ihrer Grösse und ihres Gewichts allein schon die Schwerkraft, um eine feste und solide Verbindung mit dem Grundstück herzustellen. Überdies sind sie durch ein unterirdisches Leitungssystem mit der Liegenschaft und der Fabrikanlage verbunden. Dass damit eine hinreichende äussere Verbindung zum Grundstück hergestellt ist, kann im Ernste nicht bezweifelt werden.
4.
a) Die innere Verbindung der Tankanlage mit dem Grundstück wurde von der Vorinstanz im wesentlichen mit folgender Begründung verneint: Für die Frage, ob die Hauptsache durch die Abtrennung der Nebensache eine Veränderung erleide, sei nicht auf die Zweckbestimmung der fraglichen Vorrichtung abzustellen; es sei vielmehr zu prüfen, ob das Grundstück nach dem Entfernen der Tanks seiner ökonomischen Zweckbestimmung nicht mehr gerecht werden könne; bei der Beantwortung dieser Frage lasse sich das Gericht von den durch Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätzen über die Bestandteilsqualität von Maschinen leiten, welche in der Regel nicht als Bestandteile gälten, ausgenommen wenn das Gebäude, in dem eine Maschine untergebracht sei, nur in Verbindung mit dieser bestimmungsgemäss verwendet werden könne (z.B. Transformator - Transformatorenhaus); ob durch die Entfernung der Maschinen die höhere wirtschaftliche Einheit, im vorliegenden Fall der Fabrikationsbetrieb der Beklagten, beeinträchtigt werde, spiele keine Rolle; dass durch die Entfernung der Tanks die Betonfundamente sinnlos würden, sei rechtlich ohne Bedeutung; dass der Fabrikationsbetrieb der Beklagten ohne Tanks erschwert werde, sei unerheblich, weil dies nur die höhere wirtschaftliche Einheit betreffe; die Tanks seien deshalb nicht Bestandteil des Grundstücks der Beklagten.
BGE 106 II 333 S. 337
Dieser Argumentation kann indessen nicht gefolgt werden. Bestandteil ist eine Sache dann, wenn sie mit der Hauptsache in wirtschaftlicher und körperlich-stofflicher Hinsicht in einem solchen Grade ein Ganzes und eine Einheit bildet, dass die Hauptsache ohne den betreffenden Teil unfertig oder unvollständig wäre (MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 14). Die Beklagte betreibt ein Fabrikationsunternehmen zur Herstellung von Ölen und Fetten. Ein wesentlicher Teil der benötigten Materialien wird ihr durch Bahnwagen angeliefert. Da diese Bahnanlieferungen erfahrungsgemäss mit Unterbrüchen erfolgen und nicht jedes Mal die gesamte Lieferung sofort verarbeitet werden kann, gehört zum Betrieb der Beklagten eine Tankanlage, in welcher die Bahnanlieferungen vorübergehend gelagert werden können, bis ihre Verarbeitung möglich ist. Ohne eine solche Lagermöglichkeit wäre der Betrieb der Beklagten unvollständig. Die Tankanlage ist deshalb für den Betrieb der Beklagten eine notwendige Einrichtung und bildet mit diesem eine wirtschaftliche Einheit im umschriebenen Sinne.
b) Die innere Verbindung fehlt, wenn der Teil nur zu vorübergehenden Zwecken der Hauptsache eingefügt wurde. Die Bestandteilsqualität setzt eine als dauernd gewollte Verbindung voraus. Für den dauernden Charakter fällt vor allem der Wille dessen ins Gewicht, der den Teil der Hauptsache beigefügt hat (MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 18, HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, N. 14 zu
Art. 642 ZGB
).
Die Vorinstanz hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Beklagte die Tankanlage für dauernd mit ihrem Betrieb habe verbinden wollen oder nicht. Die Klägerin hat dies jedoch in der Berufungsschrift behauptet, und die Beklagte bestreitet es nicht. Sie macht lediglich geltend, dass es an sich möglich wäre, die Tanks wegzutransportieren und an einem andern Orte aufzustellen. Dass sie aber so etwas im Ernste beabsichtige oder plane, behauptet sie selbst nicht. Dass die Tankanlage und ihre Verbindung mit dem Fabrikationsbetrieb und einem Industriegeleise auf die Dauer angelegt sind, erscheint als offensichtlich.
5.
Bestandteil ist nur, was nicht ohne Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung der Hauptsache von dieser gelöst werden kann. Die Veränderung braucht für die Hauptsache nicht von wesentlicher Bedeutung zu sein. Der Verlust oder die Verringerung der bisherigen wirtschaftlichen Bedeutung bzw.
BGE 106 II 333 S. 338
die Minderung des aktuellen Gebrauchs- und Tauschwertes genügen (MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 16, HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, a.a.O. N. 13).
Der Wegfall der Tanks hätte zur Folge, dass die Möglichkeit der Zwischenlagerung zwischen Anlieferung und Verwendung der Ware entfallen würde. Dieser Ausfall könnte zwar dadurch behoben werden, dass die Eisenbahnwagen nicht nur zur Entladung, sondern gleichzeitig auch als Zwischenlager, also wesentlich länger als bisher auf dem Industriegeleise abgestellt würden. Dies würde jedoch eine wesentlich längere Beanspruchung des Eisenbahnmaterials und dadurch erhöhte Kosten mit sich bringen, was die Wirtschaftlichkeit des Betriebs beeinträchtigte. Würde auf die Zwischenlagerung verzichtet und versucht, die angelieferte Ware jeweils sofort zu verarbeiten, wäre mit unregelmässigen Arbeitszeiten zu rechnen, was sich ebenfalls negativ auf die Wirtschaftlichkeit auswirken müsste. Nach dem Entfernen der Tankanlage wäre überdies das Leitungssystem, das Warmwasser in die Tanks führt, in seinem aktuellen Gebrauchswert überflüssig. In diesem Sinne würde die Entfernung der Tankanlage eine Veränderung der Hauptsache nach sich ziehen.
6.
a) Aufgrund dieser Ausführungen drängt sich der Schluss auf, dass die Tankanlage als Bestandteil des Grundstücks und des Fabrikationsbetriebs der Beklagten zu betrachten sei. Dieses Ergebnis steht auch in Übereinstimmung mit den von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit
Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB
aufgestellten Grundsätzen. In
BGE 105 II 266
hatte das Bundesgericht die Frage zu beurteilen, ob an einer vorfabrizierten Garage ein Bauhandwerkerpfandrecht begründet werden könne. Es führte aus, dass eine solche Garage, ohne zerstört zu werden, an einen andern Ort verbracht werden könne. Doch sei die Umstellung schon allein wegen des Gewichts delikat und könnte nur durch spezialisierte Arbeitskräfte mit besonderer Ausrüstung vorgenommen werden. Das Bundesgericht gelangte daher zum Schluss, dass eine vorfabrizierte Garage keine Fahrnisbaute sei und ein Bauhandwerkerpfandrecht an ihr begründet werden könne. In
BGE 103 II 35
hielt das Bundesgericht fest, wo es um die Lieferung von Sachen gehe, die für einen bestimmten Bau besonders angefertigt worden seien, dürfe der Lieferant ein Pfandrecht zu Lasten des überbauten Grundstücks eintragen lassen. Es handelte sich
BGE 106 II 333 S. 339
in diesem Fall um Armierungseisen, die eigens für einen bestimmten Bau hergestellt worden waren.
Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragen, so sprechen sie deutlich für die Bejahung des Bestandteilscharakters der Tankanlage, welche für den Betrieb der Beklagten besonders angefertigt worden ist. Sie wurde zwar nicht wie die Armierungseisen eingebaut, aber doch in der geschilderten Art mit dem Grundstück äusserlich und innerlich dauerhaft fest verbunden. Auch hätte die Wegnahme der Tankanlage wie die einer vorfabrizierten Garage erhebliche Schwierigkeiten zur Folge.
b) Die Praxis hat die Bestandteilsqualität dem auf einem Grundstück deponierten Baumaterial oder gefällten Bäumen abgesprochen, ferner einer nur auf beschränkte Zeit installierten Benzintankanlage, einem in einer Schreinerei aufgeschraubten Elektromotor, einer mit wenigen Schrauben am Boden befestigten Futterschneidemaschine, den zu einer elektrischen Anlage gehörenden Akkumulatorenbatterien, verschiedenen Holzbearbeitungsmaschinen, einer für das betreffende Gebäude nicht besonders hergestellten Kelterpresse sowie einer nur mit vier Schrauben befestigten und an die Kühlrohrleitung angeschlossenen Kühlmaschine in einem Hotel (vgl. dazu die Zusammenstellung bei MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 28, mit den entsprechenden Hinweisen). Bei den angeführten Gegenständen handelt es sich begrifflich um etwas ganz anderes als bei der relativ grossen und umfangreichen, mit erdverlegten Leitungssystemen verbundenen Tankanlage der Beklagten. Soweit in den fraglichen Entscheiden von Maschinen die Rede ist, drehte sich der Streit in der Regel um handelsübliche Maschinen, die in jedem geeigneten Raum aufgestellt, leicht demontiert und in einem andern Betrieb ohne besondere Schwierigkeiten weiterverwendet werden konnten. Im vorliegenden Fall hingegen handelt es sich um eine grosse technische Anlage, die für einen bestimmten Betrieb besonders angefertigt worden ist und die nur mittels besonderer Ausrüstung und durch spezialisierte Arbeitskräfte anderswohin verbracht und an einem andern Ort nicht ohne weiteres wieder verwendet werden kann. Die Tankanlage der Beklagten unterscheidet sich somit deutlich von den Gegenständen, denen von der Praxis die Bestandteilseigenschaft abgesprochen worden ist.
c) Die angestellten Erwägungen sowie die zitierte Rechtsprechung
BGE 106 II 333 S. 340
führen dazu, dass die Tankanlage als Bestandteil des Grundstücks und des Fabrikationsbetriebs der Beklagten zu betrachten ist. Ob etwas Bestandteil sei, entscheidet sich letztlich nicht nach begrifflich spekulativen, sondern nach wirtschaftlich praktischen Gesichtspunkten (MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 3 in fine). Auch diese Überlegung spricht dafür, dass der ganzen grossen, eigens für den Betrieb der Beklagten angefertigten und mit diesem durch ein unterirdisches Leitungssystem fest verbundenen Tankanlage der Charakter eines Bestandteils zuzubilligen ist. Ein Zweifelsfall liegt nicht vor. Die Frage, ob bezüglich der Bestandteilsqualität solcher Anlagen ein Ortsgebrauch bestehe, kann unter diesen Umständen offen gelassen werden, weil ein allfälliger Ortsgebrauch nur in Zweifelsfällen entscheidend ist. Der Begriff des Bestandteils ist ein solcher des Bundesrechts, welches die wesentlichen Merkmale selbst umschreibt (MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 21). Sind diese wie hier gegeben, ist die Bestandteilsqualität zu bejahen. Wenn die Vorinstanz anders entschieden hat, ist sie von einem falschen Begriff des Bestandteils ausgegangen und hat sie damit das Bundesrecht verletzt.
Dieses Ergebnis bedeutet nun aber nicht, dass jeder Öltank, der frei auf einer Liegenschaft steht und mit einem Gebäude irgendwie verbunden ist, als Bestandteil der fraglichen Liegenschaft betrachtet werden müsste. Es ist stets auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles abzustellen, wobei vor allem die Grösse und der Zweck der Anlage sowie die Art ihrer Befestigung auf dem Grundstück und ihrer Verbindung mit diesem in Betracht zu ziehen sind (vgl. dazu
BGE 76 II 29
f.). Freistehenden kleineren oder auch grösseren handelsüblichen Tanks wird in der Regel nicht die Eigenschaft eines Bestandteils zuerkannt werden können. Sind aber mehrere grössere und für einen bestimmten Betrieb besonders angefertigte Stahltanks - wie im vorliegenden Fall - zu einem ganzen System zusammengefasst und durch starre erdverlegte Leitungen mit einer Werkanlage verbunden, so wird die Bestandteilseigenschaft zu bejahen sein.
Kommt der Tankanlage der Beklagten die Eigenschaft eines Bestandteils zu, hat die Klägerin als Erstellerin dieses Werks einen Anspruch auf Errichtung eines gesetzlichen Grundpfandrechts. Ihre Berufung ist deshalb gutzuheissen.
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public_law
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nan
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de
| 1,980 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
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CH
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Federation
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f3f07a9c-d673-4c53-ad25-861c3a9a66d6
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Urteilskopf
113 Ia 271
43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Juli 1987 i.S. I. gegen Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich und Direktion der Justiz des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
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Regeste
Art. 87 OG
; persönliche Freiheit;
Art. 4 BV
; Zustimmung der Eltern zur Adoption.
1. Wird von der Zustimmung eines Elternteils zur Adoption abgesehen, weil er unbekannt, mit unbekanntem Aufenthalt länger abwesend oder dauernd urteilsunfähig ist (
Art. 265c Ziff. 1 ZGB
), so ist gegen den letztinstanzlichen kantonalen Entscheid die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von
Art. 4 BV
gegeben (E. 1).
2. Im vorliegenden Fall ist nicht zu prüfen, ob die persönliche Freiheit verletzt sei; denn die Vater und Mutter im Zusammenhang mit einer Adoption zustehenden Rechte werden von der Bundesgesetzgebung konkret umschrieben, und diese trägt dem Gedanken der persönlichen Freiheit bereits Rechnung (E. 4).
3. Der in
Art. 265a ZGB
festgelegte Grundsatz, wonach die Adoption der Zustimmung des Vaters und der Mutter des Kindes bedarf, ist Ausfluss ihres Persönlichkeitsrechts. Im vorliegenden Fall hätte die Vormundschaftsbehörde, welcher die Existenz des leiblichen Vaters und dessen Bemühen um sein Kind nicht unbekannt bleiben konnten, Kontakt zum Vater suchen und ihn darüber aufklären sollen, dass seine Zustimmung zur Adoption erst nach der Herstellung des Kindesverhältnisses zwischen ihm und dem Kind einzuholen ist. Indem die kantonale Rechtsmittelinstanz das gegen Treu und Glauben verstossende Vorgehen der Vormundschaftsbehörde und den Beschluss der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde, welcher den besonderen Umständen des Falles nicht Rechnung trägt, geschützt hat, ist sie in Willkür verfallen (E. 6, 7, 8).
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Sachverhalt
ab Seite 272
BGE 113 Ia 271 S. 272
Am 4. April 1984 gebar T., eine in Zürich wohnhafte türkische Staatsangehörige, das Mädchen S. Nachdem die Mutter am 18. Mai 1984 ihre Zustimmung zur Adoption des Kindes erteilt hatte und diese Zustimmung rechtskräftig geworden war, beschloss die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich am 5. Juli 1984, von der Zustimmung des Vaters zur Adoption nach Massgabe von
Art. 265c Ziff. 1 ZGB
abzusehen, da kein Kindesverhältnis zum Vater bestehe.
Die Vormundschaftsbehörde wurde am 26. März 1985 vom Zivilstandsamt der Stadt Zürich davon in Kenntnis gesetzt, dass der in Zürich wohnhafte I., mit ebenfalls türkischer Staatsangehörigkeit,
BGE 113 Ia 271 S. 273
die Tochter S. am 21. März 1985 als sein Kind anerkannt hatte.
Am 25. Oktober 1985 liess I. beim Bezirksrat Zürich Beschwerde gegen den Beschluss der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich vom 5. Juli 1984 erheben. Der Beschwerdeführer verlangte die Feststellung, dass er gesetzlicher Vater von S. sei und eine Adoption ohne seine Zustimmung nicht erfolgen könne. Ferner beantragte er, dass das pendente Adoptionsverfahren im Sinne einer verfahrensleitenden Anordnung zu sistieren und dafür zu sorgen sei, dass keinerlei Schritte zur Begründung eines Adoptionsverhältnisses mehr unternommen würden.
Der Bezirksrat Zürich wies die Beschwerde mit Beschluss vom 5. Juni 1986 ab. Ebenso wies die Direktion der Justiz des Kantons Zürich die in der Folge von I. gegen den Beschluss des Bezirksrats erhobene Beschwerde am 16. Februar 1987 ab.
I. reichte rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der persönlichen Freiheit und von
Art. 4 BV
ein. Er beantragte dem Bundesgericht die Aufhebung der Verfügung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich vom 16. Februar 1987.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Nach
Art. 84 Abs. 2 OG
ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht gerügt werden kann. Im vorliegenden Fall ist eine Verfügung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich angefochten, womit ein Beschluss unterer kantonaler Instanzen, von der Zustimmung des leiblichen Vaters zur Adoption des Kindes S. abzusehen, geschützt worden ist. Während nach dem ausdrücklichen Wortlaut von
Art. 44 lit. c OG
die Berufung an das Bundesgericht in den Fällen des
Art. 265c Ziff. 2 ZGB
(Absehen von der Zustimmung zur Adoption, wenn ein Elternteil sich um das Kind nicht ernstlich gekümmert hat) gegeben ist, sieht das Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege die Berufung nicht vor, wenn - wie in der hier zu beurteilenden Streitsache - gestützt auf
Art. 265c Ziff. 1 ZGB
(in Verbindung mit
Art. 265d ZGB
) von der Zustimmung eines Elternteils abgesehen worden ist (Kommentar HEGNAUER, N 30 ff. zu
Art. 265d ZGB
). Auch die
BGE 113 Ia 271 S. 274
Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht fällt ausser Betracht, da keine der in
Art. 68 lit. a und b OG
genannten Rechtsverletzungen gerügt wird.
Der angefochtene Rechtsmittelentscheid der Direktion der Justiz des Kantons Zürich, der nicht an eine weitere kantonale Instanz weitergezogen werden kann, ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid im Sinne von
Art. 86 Abs. 1 und
Art. 87 OG
. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist somit einzutreten.
4.
Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung der persönlichen Freiheit geltend. Diese ist nach der Rechtsprechung ein ungeschriebenes Grundrecht der Bundesverfassung, das nicht nur die Bewegungsfreiheit und die körperliche Integrität, sondern darüber hinaus alle Freiheiten schützt, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen (
BGE 112 Ia 100
E. 5b, 162 E. 3a, mit Hinweisen). In diesem Sinne liesse sich auch das hier im Vordergrund stehende Verlangen des Beschwerdeführers, es sei von der Vormundschaftsbehörde seine Zustimmung zur Adoption seiner leiblichen Tochter einzuholen, unter dem Blickwinkel der persönlichen Freiheit betrachten. Indessen werden die Vater und Mutter im Zusammenhang mit einer Adoption zustehenden Rechte - wie im folgenden zu zeigen sein wird - von der Bundesgesetzgebung konkret umschrieben, und diese trägt dem Gedanken der persönlichen Freiheit bereits Rechnung. Das Bundesgericht kann sich deshalb im vorliegenden Fall darauf beschränken, den mit der staatsrechtlichen Beschwerde erhobenen Vorwurf der Verletzung von
Art. 4 BV
(bei Anwendung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches durch die kantonalen Behörden) zu prüfen.
5.
Der hier zu beurteilende Rechtsstreit hat - wie sowohl aus der angefochtenen Verfügung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich als auch aus der Darstellung des Sachverhalts durch den Beschwerdeführer hervorgeht - damit begonnen, dass I. sein Kind zu sehen wünschte und, nach verschiedenen offenbar unfruchtbaren Vorsprachen auf Amtsstellen, am 31. Mai 1985 bei der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich ein Gesuch um Gewährung des Besuchsrechts stellen liess. Die Vormundschaftsbehörde teilte dem Rechtsvertreter von I. mit Schreiben vom 11. Juni 1985 mit, ihr Beschluss vom 5. Juli 1984 sei rechtskräftig geworden. Dadurch erfuhr der Vater des Mädchens S. von der Absicht der Vormundschaftsbehörde, ohne Einholung seiner Zustimmung die Adoption einzuleiten. Den Beschluss vom 5. Juli 1984 focht I. beim Bezirksrat Zürich an; und er zog die Sache, nachdem der Bezirksrat
BGE 113 Ia 271 S. 275
seine Beschwerde abgewiesen hatte, an die Direktion der Justiz des Kantons Zürich weiter.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens vor Bundesgericht ist somit nur der Beschluss der kantonalen Behörden, von der Zustimmung des Vaters zur Adoption abzusehen; das heisst, es geht ausschliesslich um die Anwendung des Adoptionsrechts - des näheren der
Art. 265a ff. ZGB
, welche die Zustimmung der Eltern zur Adoption regeln - durch die kantonalen Behörden. Im Hinblick auf diese bundesrechtlichen Vorschriften ist zu prüfen, ob die angefochtene Verfügung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich vom 16. Februar 1987 den Anforderungen, die
Art. 4 BV
an einen kantonalen Entscheid stellt, genügt.
6.
a) Gemäss
Art. 265c Ziff. 1 ZGB
kann von der Zustimmung eines Elternteils zur Adoption abgesehen werden, wenn er unbekannt, mit unbekanntem Aufenthalt länger abwesend oder dauernd urteilsunfähig ist. Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich hat in Ziffer 2 ihres Beschlusses vom 5. Juli 1984 angeordnet:
"Von der Zustimmung des Vaters zur Adoption von S. wird gestützt auf
Art. 265c Ziff. 1 ZGB
abgesehen, da zu ihm kein Kindesverhältnis besteht."
Der Umstand, dass der Vater des zur Adoption vorgesehenen Kindes im Zeitpunkt ihres Beschlusses noch nicht im Zivilstandsregister eingetragen war, genügte also der Vormundschaftsbehörde für die Feststellung, er sei unbekannt. Diesen Standpunkt haben sich auch die kantonalen Rechtsmittelinstanzen zu eigen gemacht.
b) In den Akten findet sich indessen ein von Frau A., Sozialarbeiterin beim Kirchlichen Sozialdienst Zürich (Sozialdienst für Türken), unter dem Datum des 12. Januar 1984 an die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich gerichteter Brief, worin um vormundschaftliche Massnahmen für die junge schwangere T. ersucht wurde. Anlass für dieses Schreiben war die Befürchtung der Sozialarbeiterin, der Vater von T. könnte gegen die Tochter tätlich werden, weil er sie bereits einem anderen Mann versprochen hatte. Nach den Ausführungen der Sozialarbeiterin hatten T. und ihr Freund sexuellen Verkehr mit der Absicht aufgenommen, die Heiratspläne des Vaters zu durchkreuzen; denn nach heimatlichem Brauch der Beteiligten kommt ein defloriertes Mädchen für die Heirat mit einem anderen Mann nicht mehr in Frage. Damit, dass ein Kind gezeugt würde, hatten T. und I. jedoch nach der Darstellung
BGE 113 Ia 271 S. 276
der Sozialarbeiterin noch nicht gerechnet. Wörtlich steht sodann in dem Schreiben: "In verschiedenen Gesprächen mit dem jungen Paar haben wir die in Frage kommenden Möglichkeiten erörtert. Die Entscheidung von T. und ihrem Freund ist, sie möchten das Kind behalten und so bald als möglich heiraten."
Das Bezirksgericht Zürich hat I. von der Anklage der Unzucht mit einem Kind, die wegen des Geschlechtsverkehrs mit T. gegen ihn erhoben worden war, freigesprochen. In jenem Strafverfahren hatte die Sozialarbeiterin A. als Zeugin ausgesagt. Der Bezirksrat Zürich hätte, als er seinen Beschluss vom 5. Juni 1986 fasste, dem Strafurteil entnehmen können, dass auf die Aussagen der Sozialarbeiterin abgestellt werden kann; denn es wird dort ausgeführt, dass Frau A. beim Kirchlichen Sozialdienst für die Türken zuständig sei, anderthalb Jahre in der Türkei gelebt habe und zehn Jahre mit einem Türken verheiratet gewesen sei.
Aus den Akten ergibt sich ferner, dass die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich noch vor ihrem am 5. Juli 1984 gefassten Beschluss, nämlich am 3. Mai 1984, V. zum Vormund des Kindes ernannte. Die Vormundschaftsbehörde beauftragte den Vormund ausdrücklich, "die Interessen des Kindes gegenüber seinem Vater zu wahren, nötigenfalls Klage auf Feststellung des Kindesverhältnisses und auf Unterhaltsleistungen einzuleiten". Durch Rückfrage bei V. hätte somit die Vormundschaftsbehörde erfahren können, dass ein leiblicher Vater vorhanden war, der sich nach dem Kind erkundigt hatte. Das blieb schon dem Bezirksrat Zürich nicht verborgen, zitiert er doch in seinem Entscheid vom 5. Juni 1986 die Darstellung in der Beschwerdeschrift, wonach I. alles unternommen habe, um seine Tochter wiederzusehen. Wörtlich heisst es im Entscheid des Bezirksrats, I. "habe sich bei den verschiedensten Behörden erkundigt, wohin er sich denn wenden müsse, um seine Vaterrechte wahrnehmen zu können, und sei schliesslich an die Vormundschaftsbehörde, d.h. an die Selnaustrasse, verwiesen worden. Er habe in der Folge Herrn V. förmlich bestürmt, ihm zu helfen, was jedoch nichts gefruchtet habe."
Die Behauptung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich im angefochtenen Entscheid, die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich habe "keine Kenntnis von einer rechtlichen, geschweige denn einer biologischen Vaterschaft" gehabt, ist demnach unhaltbar. Selbst wenn die Vormundschaftsbehörde die Personalien des Vaters von S. noch nicht in ihren Akten festgehalten haben mochte, als der Beschluss vom 5. Juli 1984 erging, konnte
BGE 113 Ia 271 S. 277
ihr nicht verborgen bleiben, dass die Identität des Vaters feststand und dass ohne besonderen Aufwand Kontakt mit ihm aufgenommen werden könnte. Die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Entscheid erweist sich insofern als willkürlich.
c) Immerhin ist den kantonalen Behörden zugute zu halten, dass sich ihre Auffassung, im vorliegenden Fall sei von der Einholung der Zustimmung des Vaters zur Adoption abzusehen, weil er unbekannt sei, auf den ersten Blick von der Lehre gedeckt erscheint. Die Lehre vertritt nämlich die Auffassung, dass das Zustimmungsrecht der Eltern erst mit dem Kindesverhältnis entstehe. Insbesondere wird gesagt, der genetische Vater, der zum Kind nicht in einem Kindesverhältnis steht - gleichgültig, ob er tatsächlich bekannt oder unbekannt ist -, habe kein Zustimmungsrecht; er habe keinen Anspruch auf Benachrichtigung, wenn Mutter oder Beistand das Kindesverhältnis zu ihm nicht herstellen und das Kind zur späteren Adoption plazieren wollen (Kommentar HEGNAUER, N 6 und 9 zu
Art. 265c ZGB
; N 9 zu
Art. 265a ZGB
).
Aber auch HEGNAUER räumt ein, dass es Fälle geben mag, wo der Vater oder die Mutter aus rechtlichen Gründen das Kindesverhältnis nicht herzustellen vermochte, und dass sie dennoch zur geplanten Adoption anzuhören sind (N 12 zu
Art. 265a ZGB
).
7.
a) Die im vorliegenden Fall zu entscheidende Frage, ob der Vater des Kindes S. zur Adoption, welche die Vormundschaftsbehörde ins Auge gefasst hat, anzuhören sei, lässt sich nicht nur nach der Vorschrift von
Art. 265c ZGB
beantworten. Auszugehen ist vielmehr von dem in
Art. 265a ZGB
festgelegten Grundsatz, wonach die Adoption der Zustimmung des Vaters und der Mutter des Kindes bedarf. Dieses Zustimmungsrecht ist im Hinblick darauf, dass die Adoption die Bande zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern praktisch endgültig zerschneidet, Ausfluss ihres Persönlichkeitsrechts. Nur unter Rücksichtnahme auf alle Besonderheiten eines konkreten Falles kann dem bei der Revision des Adoptionsrechts zum Ausdruck gebrachten Grundgedanken hinreichend Rechnung getragen werden, dass die Zustimmung dem freien Willen der leiblichen Eltern entspringen soll (
BGE 111 II 322
f. E. 3b; BBl 1971 I, S. 1225; Kommentar HEGNAUER, N 3 zu
Art. 265a ZGB
; N 3 zu
Art. 265c ZGB
).
b) Der die ganze Rechtsordnung durchdringende Grundsatz von Treu und Glauben hätte es in dem hier zu beurteilenden Fall der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich geboten, Kontakt zum leiblichen Vater von S., dessen Existenz und dessen Bemühen
BGE 113 Ia 271 S. 278
um seine Tochter der Behörde nicht unbekannt bleiben konnten, zu suchen. Die Vormundschaftsbehörde hätte I. darüber aufklären sollen, dass seine Zustimmung zur Adoption des Mädchens S. erst nach der Herstellung des Kindesverhältnisses zwischen ihm und S. eingeholt werden müsse, und sie hätte ihn auf die mit der Anerkennung im Sinne von
Art. 260 ZGB
verbundenen Rechte und Pflichten - insbesondere auf die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind - hinweisen sollen. Hernach hätte die Vormundschaftsbehörde dem leiblichen Vater eine kurz bemessene Frist zur allfälligen Anerkennung der Vaterschaft ansetzen sollen. Erst wenn I. diese Frist unbenützt hätte verstreichen lassen, hätte die Vormundschaftsbehörde annehmen dürfen, der leibliche Vater sei unbekannt im Sinne von
Art. 265c Ziff. 1 ZGB
, so dass von seiner Zustimmung zur Adoption abgesehen werden könne.
Der Bezirksrat Zürich schliesslich, der seinen Entscheid am 5. Juni 1986 fällte, als I. das Kind S. bereits anerkannt hatte, hätte allen Grund gehabt, dieser neuen Tatsache Rechnung zu tragen, war ihm doch auch bekannt, dass der leibliche Vater sich bei den Behörden lange Zeit vergeblich um die Herstellung der Verbindung zu seiner Tochter bemüht hatte.
8.
Nach dem Gesagten erweist sich die angefochtene Verfügung der Direktion der Justiz des Kantons Zürich, mit welcher das gegen Treu und Glauben verstossende Vorgehen der Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich und der den besonderen Umständen nicht gerecht werdende Beschluss des Bezirksrats Zürich geschützt werden, im Ergebnis als unhaltbar und ist somit wegen Verletzung von
Art. 4 BV
aufzuheben. Das führt zur Gutheissung der staatsrechtlichen Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden konnte.
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public_law
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nan
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de
| 1,987 |
CH_BGE
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CH_BGE_002
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CH
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Federation
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f3f438e0-3ea1-4d7a-a6ec-e9462c8f82c3
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Urteilskopf
83 II 443
60. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 15 octobre 1957 dans la cause de Gottrau contre Renevey.
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Regeste
Schadenersatz für Körperverletzung,
Art. 46 OR
.
Ein dem Verletzten ausgerichteter Ruhegehalt ist auf den vom Haftpflichtigen zu ersetzenden Schaden nicht anzurechnen.
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Erwägungen
ab Seite 443
BGE 83 II 443 S. 443
Les recourants se plaignent de ce que la Cour d'appel a refusé de déduire du dommage la pension de retraite servie à l'intimé.
Certes, le lésé doit imputer sur le préjudice dont il demande réparation les avantages découlant de l'événement dommageable. Mais, en matière d'assurances de personnes, il est de jurisprudence constante que la victime peut exercer cumulativement ses actions contre l'auteur du dommage et contre l'assureur (voir notamment RO 49 II 370 et les arrêts cités, 59 II 464, 63 II 149, 70 II 230, 73 II 40). En effet, l'indemnité payée par une compagnie d'assurances a sa source dans un contrat passé par la
BGE 83 II 443 S. 444
victime ou un tiers. Elle n'est pas en relation de causalité adéquate avec l'accident. Son fondement juridique est donc distinct de celui de l'indemnité due par l'auteur du dommage, ce qui justifie le cumul des prétentions. En outre, le preneur d'assurance a contracté et payé des primes en faveur de l'assuré et non dans l'intérêt de l'auteur du préjudice. Il n'y a aucune raison pour que celui-ci bénéficie de ces mesures de prévoyance, auxquelles il n'a eu aucune part.
Les mêmes principes s'appliquent, ainsi que l'a jugé maintes fois le Tribunal fédéral (RO 53 II 500, 56 II 270, 64 II 429) lorsque le lésé reçoit des prestations statutaires ou légales d'un établissement public de prévoyance. En effet, celui-ci est destiné à protéger le fonctionnaire et sa famille contre les suites économiques d'une cessation de l'emploi. Il serait contraire au but de l'institution de considérer que ces prestations remplacent la réparation due par l'auteur du préjudice, d'autant plus que la victime contribue ordinairement par des versements importants à l'acquisition des droits à la pension. Il n'y a donc aucune raison valable de soumettre de telles prestations à un régime différent selon qu'elles émanent d'une compagnie d'assurances de droit privé ou d'un établissement public de prévoyance. Une distinction de ce genre entraînerait du reste des inégalités inadmissibles selon que les pensions dues aux fonctionnaires et à leurs familles seraient prévues par une loi ou les statuts d'une caisse publique autonome ou seraient fondées sur un contrat passé par la corporation de droit public avec une compagnie d'assurances privée. On ne doit déroger à ces principes que dans les cas où la loi le prévoit expressément (cf. art. 100 LAMA, art. 49 de la loi fédérale sur l'assurance militaire); mais ce n'est pas l'auteur du dommage qui bénéficie alors de l'absence de cumul; c'est au contraire l'établissement d'assurance qui est subrogé jusqu'à due concurrence dans les droits du lésé.
Cette jurisprudence, qui est approuvée en général par la doctrine (cf. OSER/SCHÖNENBERGER, CO, ad art. 45,
BGE 83 II 443 S. 445
rem. 21; BECKER, CO, ad art. 45, rem. 10; OFTINGER, Haftpflichtrecht, I, p. 332; STREBEL, Komm. zum MFG, ad art. 41, rem. 31; contra, en ce qui concerne les pensions versées par des établissements de droit public: VON TUHR/SIEGWART, Allg. Teil des schweiz. OR, p. 94/95), doit être maintenue et appliquée en l'espèce. Il est vrai que les arrêts cités ne concernent pas des pensions de retraite versées à la victime de l'accident. Mais il n'y a aucun motif de faire une distinction entre une telle pension et les prestations dont bénéficient la veuve et les enfants d'un fonctionnaire décédé. Ces deux catégories de prestations sont prévues par les statuts des caisses de prévoyance publiques et ont dès lors la même cause juridique.
C'est donc avec raison que la Cour d'appel n'a point imputé sur le dommage la pension de retraite qui a été servie à Renevey.
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public_law
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nan
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fr
| 1,957 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
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CH
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Federation
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f3fcf324-e44e-4bee-a0a0-474beffd08e7
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Urteilskopf
92 I 21
6. Arrêt du 23 février 1966 dans la cause Baatard contre Conseil d'Etat du canton de Genève.
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Regeste
Art. 45 Abs. 2 und 3 BV
.
Begriff der Niederlassung; Verlust des Anspruchs auf Niederlassung und vorübergehender Aufenthalt.
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Sachverhalt
ab Seite 22
BGE 92 I 21 S. 22
Gilbert Baatard est originaire du canton de Vaud. Il est domicilié à Nyon (Vaud) depuis le mois d'août 1964. Dès cette époque, il travaille à Genève. Il n'est pas au bénéfice d'un permis d'établissement ou de séjour à Genève. Il a été condamné le 2 mai 1962 par le Tribunal de police correctionnelle du district de Lausanne à trois ans d'emprisonnement et cinq ans de privation des droits civiques pour incendies intentionnels et escroqueries, et le 20 mais 1965 par la Cour correctionnelle de Genève a trois mois d'emprisonnement pour vol.
Le 15 septembre 1965, le Département de justice et police du canton de Genève, se fondant sur les faits ci-dessus, a expulsé Baatard du territoire genevois. Le 10 décembre 1965, le Conseil d'Etat dudit canton a rejeté un recours dont Baatard l'avait saisi. Le 28 décembre 1965, ce dernier a sollicité la délivrance d'un sauf-conduit qui devrait lui permettre de continuer à travailler à Genève. Le 3 janvier 1966, le Département a écarté sa requête, qu'il a considérée comme prématurée.
Baatard a formé un recours de droit public contre la décision du Conseil d'Etat du 10 décembre 1965. Il en demande l'annulation. Il se plaint d'une violation de l'art. 45 Cst.
Le Conseil d'Etat conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
L'art. 45 al. 2 Cst. permet de refuser ou de retirer l'établissement à celui qui, par suite d'un jugement pénal, ne jouit pas de ses droits civiques. L'art. 45 al. 3 Cst. autorise le retrait d'établissement à l'égard du citoyen qui a été puni à réitérées fois pour des délits graves. Une personne est établie en un certain lieu non seulement lorsqu'elle y demeure au bénéfice d'un permis d'établissement ou de séjour régulièrement délivré, mais déjà quand elle y réside en fait sans posséder un tel permis (arrêts non publiés Fehr, du 12 décembre 1964, et Andreotti, du 12 mai 1954). Du point de vue des règles de l'art. 45 Cst., un citoyen doit être considéré comme résidant à un endroit déterminé non seulement lorsqu'il y travaille et y loge, mais déjà quand il n'y vient que la journée pour y travailler et qu'il habite ailleurs. Le but de l'art. 45 al. 2 et 3 Cst. impose cette manière de voir, du moins en ce qui concerne les citoyens frappés d'une condamnation pénale. Cette disposition vise en effet à donner aux cantons le moyen de se débarrasser de ceux que leurs antécédents permettent de considérer comme indésirables. Elle serait
BGE 92 I 21 S. 23
illusoire si elle était inapplicable aux personnes qui, tout en demeurant hors du canton, y viennent chaque jour pour leur travail.
Selon une jurisprudence constante, celui qui a perdu le droit à l'établissement ne saurait non plus invoquer l'art. 45 Cst. pour prétendre résider de manière passagère sur le territoire cantonal (RO 42 I 304; arrêts non publiés Chevalier du 31 mars 1954, Widmer du 12 mai 1954, Baur du 10 juin 1963). Il n'est protégé que par l'art. 4 Cst., en ce sens qu'il peut attaquer une décision qui lui refuse arbitrairement un séjour purement temporaire dans le canton (RO 42 I 305; arrêt Baur précité).
2.
En l'espèce, depuis l'été 1964, le recourant a son domicile à Nyon, mais travaille à Genève où, de toute évidence et bien que cela ne résulte pas expressément du dossier, il se rend au moins chaque jour ouvrable. Dès cette époque, il est donc établi à Genève au sens de l'art. 45 Cst. Il est privé de ses droits civiques pour cinq ans par le jugement du 2 mai 1962, de sorte qu'il pouvait se voir refuser ou retirer l'établissement en vertu de l'art. 45 al. 2 Cst. De plus, il a été condamné à deux reprises (la seconde fois alors qu'il était déjà établi à Genève, RO 83 I 13) pour des délits graves (vol, c'est-à-dire infraction contre le patrimoine punie par une peine de trois mois d'emprisonnement, donc largement supérieure à trois ou quatre semaines, RO 80 I 237 ss., ainsi qu'incendies et escroqueries réprimés par trois ans d'emprisonnement). Les autorités genevoises étaient donc aussi fondées à lui retirer l'établissement en vertu de l'art. 45 al. 3 Cst. Comme il a perdu le droit à l'établissement, il ne peut prétendre non plus résider temporairement à Genève. Avec raison, il n'allègue pas que le refus d'un sauf-conduit soit arbitraire.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Rejette le recours.
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public_law
|
nan
|
fr
| 1,966 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
|
CH
|
Federation
|
f3fcffc7-74c6-4b1e-a8a4-befe28d70b09
|
Urteilskopf
115 II 306
56. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 23 août 1989 dans la cause E. (recours en réforme)
|
Regeste
Art. 30 Abs. 1 ZGB
.
Selbst bei Anwendung grosszügiger Kriterien, wie sich dies im Falle eines Kindes aufdrängt, gebieten gesellschaftliche, psychologische und gefühlsmässige Gründe nicht, dem Kind die Annahme des Namens seines verstorbenen Vaters zu bewilligen, der mit der Mutter nicht verheiratet gewesen ist.
|
Sachverhalt
ab Seite 306
BGE 115 II 306 S. 306
A.-
J., domicilié à Carouge, né en 1962, est décédé à Genève le 15 mars 1988 à la suite d'un accident de la circulation.
J. vivait en concubinage avec dame E. De cette union est né l'enfant François E. que son père a reconnu par acte du 18 février 1987.
B.-
Le 25 octobre 1988, dame E. a adressé au Conseil d'Etat du canton de Genève une requête tendant à obtenir l'autorisation, pour elle et pour son fils François, de porter le nom de famille de J. à la place du nom E.
A l'appui de sa requête, dame E. faisait valoir, pour l'essentiel, qu'elle avait vécu en concubinage pendant plus de cinq ans avec J. et que de cette union était né l'enfant François, reconnu par son
BGE 115 II 306 S. 307
père; elle relevait qu'avant l'accident de circulation à la suite duquel J. avait perdu la vie, les deux concubins envisageaient sérieusement le mariage et que J. allait entreprendre incessamment les démarches nécessaires; elle faisait valoir qu'elle éprouvait le profond besoin de porter le nom de son futur époux décédé et que le changement de nom était indispensable aussi pour l'équilibre de l'enfant et était de nature à créer une attache psychologique avec son père. Dame E. précisait enfin que tel était également le voeu du grand-père paternel.
Le 23 janvier 1989, le Service cantonal de l'Etat civil a communiqué à la requérante sa décision négative. Par arrêté du 22 mars 1989, le Conseil d'Etat du canton de Genève a rejeté aussi la requête en changement de nom.
C.-
Dame E., en son nom et au nom de son fils François, recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle reprend ses conclusions tendant à obtenir l'autorisation de porter le nom de famille de J.
Le Département cantonal de justice et police conclut au rejet du recours.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
(Le Tribunal fédéral laisse sans réponse la question de savoir si une promesse de mariage - qui n'est pas établie en l'espèce -, rendue irréalisable par le décès d'un des futurs époux, pourrait justifier, le cas échéant, le changement de nom requis par le fiancé survivant.)
3.
En l'espèce, l'appréciation de l'intérêt de l'enfant s'avère plus difficile. Les recourants font valoir des arguments d'ordre psychologique (la possibilité pour l'enfant de se rattacher, par le changement de nom, à l'image du père et de se dire qu'il est le fruit d'une volonté commune de créer une famille et que son père ne l'a pas délaissé; la prise de conscience du lien profond qui existait entre ses parents).
Ces arguments sont cependant peu convaincants et, en partie, à double tranchant, car l'enfant pourrait aussi, le moment venu, se demander pour quelles raisons ses parents, tous les deux célibataires et nullement empêchés de se marier, ont choisi délibérément l'union libre et pour quel motif son père n'a entrepris aucune démarche, en dépit d'un concubinage qui durait depuis plus de cinq ans, pour obtenir le changement de nom de son fils,
BGE 115 II 306 S. 308
la requête étant due à l'initiative exclusive de sa mère après le décès du père. Si dame E. affirme (sans toutefois le prouver ou le rendre vraisemblable) que J. avait entrepris des démarches en vue du mariage, elle ne prétend pas que, indépendamment des projets de mariage, le père avait exprimé le désir de voir son fils porter son nom de famille.
Restent les arguments d'ordre social. La jurisprudence ne les a pas ignorés. Aussi a-t-elle admis que l'enfant élevé dans le ménage de ses parents vivant en union libre est fondé à demander de porter le nom de son père lorsque les liens du concubinage ont un caractère stable et durable (
ATF 105 II 241
et 247;
107 II 289
;
ATF 108 II 249
consid. 4b;
ATF 109 II 177
; sur le critère de la durée aussi 110 II 433). Cette jurisprudence tient compte des inconvénients d'ordre social qui s'attachent à la condition d'enfant de parents non mariés, en dépit du fait que le législateur a supprimé, à partir du 1er janvier 1978, la distinction entre enfants légitimes et enfants naturels. Elle part de l'idée, déjà exprimée dans les arrêts
ATF 96 I 429
et
ATF 70 I 220
consid. 3, que l'enfant naturel doit être autorisé à prendre le nom de son père qui vit en concubinage stable avec la mère et contribue de façon durable, dans la mesure de ses moyens, à l'entretien du ménage où se trouve son fils. Sous l'angle de l'intérêt de l'enfant au changement de nom, elle considère comme non pertinente toute objection tirée du comportement des parents, et notamment de leur refus de se marier, ce qui leur permettrait d'attribuer à l'enfant le statut d'enfant de parents mariés et par conséquent aussi le nom du père.
Si l'
art. 270 al. 2 CC
dispose que l'enfant né de parents non mariés acquiert le nom de famille de sa mère, c'est parce que l'enfant en question vit généralement auprès de sa mère avec laquelle il a des liens plus étroits qu'avec le père. Si tel n'est pas le cas, la procédure en changement de nom lui est précisément ouverte pour tenir compte des circonstances (
ATF 105 II 246
consid. 2 in fine et les références et
ATF 105 II 252
). Du reste, lors de la modification de l'
art. 30 CC
, le projet du Conseil fédéral énumérait des cas de justes motifs pour le changement de nom et parmi ces motifs figurait celui où "le requérant mineur porte un autre nom de famille que le père ou la mère sous l'autorité parentale ou sous la garde duquel il est élevé" (
ATF 108 II 249
consid. 4a;
ATF 109 II 178
consid. 2).
En l'espèce, la situation est différente et le choix du législateur, tel qu'il résulte de l'
art. 270 al. 2 CC
, conserve toute sa portée.
BGE 115 II 306 S. 309
L'enfant vit uniquement avec sa mère, qui subvient à son entretien et s'occupe de son éducation et à côté de laquelle il va grandir. Il n'y a plus, à défaut d'union conjugale, de cohabitation ou de ménage commun entre les deux parents. Si, dans ces conditions, l'autorité cantonale a estimé que l'enfant avait, en tout cas dans la situation actuelle, intérêt à porter le nom de famille de sa mère, elle n'a pas fait de la notion de justes motifs une application incompatible avec l'esprit et le but de la norme légale, et n'en a pas méconnu un élément essentiel (
ATF 108 II 2
consid. 2). La solution préconisée par les recourants aurait pratiquement pour effet de vider de son contenu la règle de l'
art. 270 al. 2 CC
. Indépendamment de la question de savoir si l'intérêt de l'enfant au changement de nom l'emporte, en l'espèce, sur l'intérêt public à l'immutabilité du nom (
ATF 105 II 243
consid. I 3, 249 consid. 3;
ATF 108 II 249
consid. 4b;
ATF 109 II 178
consid. 1), les motifs d'ordre psychologique et affectif invoqués par les recourants n'exigent pas, même en adoptant les critères très larges qui s'imposent dans le cas d'un enfant (
ATF 105 II 243
I 3, 249 consid. 3;
ATF 109 II 178
consid. 1), que celui-ci soit autorisé à porter le nom de son père décédé qui n'a pas été marié avec sa mère, à la place du nom de la mère avec laquelle il vit. L'
art. 270 al. 2 CC
tend précisément à éviter qu'en cas de rupture de concubinage l'enfant vivant avec sa mère ne porte un autre nom qu'elle, alors qu'il n'aura plus de relations avec son père (
ATF 107 II 290
consid. 3b bb;
ATF 105 II 246
consid. II 3, 252 consid. 6).
|
public_law
|
nan
|
fr
| 1,989 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f404bb24-e045-4da9-b0c5-fa57c1048a71
|
Urteilskopf
106 IV 31
10. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 12. März 1980 i.S. Strafkommission Obwalden gegen Generalprokurator des Kantons Bern
|
Regeste
Gerichtsstandsbestimmung.
Konkursdelikte gelten als am Ort der Konkurseröffnung begangen und sind deshalb grundsätzlich an diesem Ort zu verfolgen.
|
Sachverhalt
ab Seite 32
BGE 106 IV 31 S. 32
A.-
Am 27. Juli 1972 wurde die FIWOBA AG mit Sitz in Zug gegründet. Sie bezweckte die Finanzierung von Bauvorhaben im In- und Ausland. Am 16. Oktober 1972 schloss sie mit dem in Deutschland wohnenden B. einen "Repräsentanzvertrag" ab, nach dem B. für alle Geschäfte in der Bundesrepublik Deutschland zuständig war. B. soll in der Folge die treibende Kraft in der FIWOBA AG gewesen sein, und er soll diese Firma beherrscht und in ihr die Stellung eines Direktors innegehabt haben.
Am 29. Dezember 1972 verlegte die FIWOBA AG ihren Sitz nach Sarnen und am 8. März 1977 nach Biel, wo am 24. Januar 1978 über sie der Konkurs eröffnet wurde.
Am 27. November 1979 erstattete ein Gläubiger beim Verhörrichteramt des Kantons Obwalden gegen B. Strafanzeige wegen Unterlassung der Buchführung im Sinne von
Art. 166 StGB
, betrügerischen Konkurses im Sinne von
Art. 163 StGB
und ungetreuer Geschäftsführung im Sinne von
Art. 159 StGB
. Die Strafkommission Obwalden und der Generalprokurator des Kantons Bern führten einen Schriftenwechsel über die Frage der interkantonalen Zuständigkeit. Eine Einigung kam nicht zustande.
B.-
Mit Eingabe an die Anklagekammer des Bundesgerichts vom 25. Februar 1980 beantragt die Strafkommission Obwalden, die Behörden des Kantons Bern seien für berechtigt und verpflichtet zu erklären, alle B. zur Last gelegten Verfehlungen zu verfolgen und zu beurteilen.
Die Anklagekammer heisst das Gesuch gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Dem Beschuldigten wird in der Strafanzeige unter dem Titel des betrügerischen Konkurses vorgeworfen:
BGE 106 IV 31 S. 33
- er habe vom 1. Januar 1976 bis zur Konkurseröffnung vom 24. Januar 1978 einen Verlust von 1,5 Mio. Franken "erwirtschaftet"; wie dieser Verlust entstanden sei, lasse sich nicht feststellen; Belege oder Geschäftsbücher seien nicht vorhanden; offenbar seien diese entweder nie erstellt oder nachträglich beseitigt worden, um den Geschäftsgang der Gesellschaft zu verschleiern; es werde Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden sein, nach allfälligen Unterlagen zu suchen und diese sicherzustellen oder zu ermitteln, wohin das Gesellschaftsvermögen transferiert worden sei.
- er habe nach der Konkurseröffnung und nachdem er vom Konkursamt aufgefordert worden sei, allfällige Aktiven der FIWOBA AG anzugeben, zwei Forderungen verheimlicht, welche der FIWOBA AG gegenüber einem ausländischen Schuldner und einer ausländischen Tochtergesellschaft zugestanden seien.
b) Nach der Strafanzeige hat der Beschuldigte im Konkursverfahren die angeblichen Forderungen der FIWOBA AG von Deutschland aus verheimlicht. Der Erfolg seiner Verheimlichung trat am Orte ein, an dem der Konkurs durchgeführt wird, also in Biel. Dieser Ort ist demnach für die Bestimmung des interkantonalen Gerichtsstandes von Bedeutung (Art. 346 Abs. 1, 2. Satz StGB).
Soweit dem Beschuldigten vorgeworfen wird, er habe in der Zeit vom 1. Januar 1976 bis zur Konkurseröffnung am 24. Januar 1978 betrügerische Handlungen im Sinne von
Art. 163 Ziff. 1 StGB
verübt, handelte er entweder am Sitz der Firma (vom 1. Januar 1976 bis 7. März 1977 in Sarnen, vom 8. März 1977 bis 24. Januar 1978 in Biel) oder wiederum von Deutschland aus, wobei dann der Erfolg ebenfalls am Sitz der Firma, also in den Kantonen Obwalden und Bern eingetreten wäre.
c) Sind strafbare Handlungen, die mit derselben Strafe bedroht sind, an verschiedenen Orten verübt worden, so sind zu deren Verfolgung die Behörden jenes Ortes zuständig, wo die Untersuchung zuerst angehoben wurde (
Art. 350 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
). Dieser Grundsatz muss analog gelten, wo verschiedene Straftaten im Ausland verübt und deshalb für die Beurteilung der Gerichtsstandsfrage nicht der Ort der Begehung, sondern gemäss Art. 346 Abs. 1, 2. Satz StGB derjenige des Erfolgseintritts massgebend ist. Wo der Täter im Ausland handelte und
BGE 106 IV 31 S. 34
der Erfolg seiner Handlungen an verschiedenen Orten der Schweiz eintrat, müssen demnach zur Verfolgung die Behörden jenes Ortes zuständig sein, an dem ein Erfolg eintrat und die Untersuchung zuerst angehoben wurde.
Die Strafanzeige wurde dem Verhörrichteramt des Kantons Obwalden eingereicht. Sie war nicht zum vornherein offensichtlich haltlos, so dass ihr Folge zu geben war. Mit dem Eingang der Strafanzeige beim Verhörrichteramt Obwalden hatte demnach die Untersuchung als angehoben zu gelten (
BGE 98 IV 63
,
BGE 86 IV 63
E. 2,
BGE 75 IV 140
/41). Für die Verfolgung und Beurteilung des Beschuldigten wären deshalb grundsätzlich die Behörden des Kantons Obwalden zuständig.
Nach der bisherigen Praxis des Bundesgerichts sind Konkursdelikte von den Behörden jenes Ortes zu verfolgen, an dem der Schuldner zur Zeit der Begehung seinen Wohnsitz oder Geschäftssitz hatte, auch wenn der Konkurs an einem andern Orte eröffnet worden ist (
BGE 81 IV 64
). Fällt eine Gesellschaft in Konkurs und handelte der Täter im Ausland, wird in der Regel anzunehmen sein, der Erfolg sei am Geschäftssitz der Gesellschaft eingetreten, so dass dieser in analoger Anwendung der erwähnten Praxis für die Bestimmung des Gerichtsstands massgebend ist. Diese Überlegungen führen im vorliegenden Fall an sich ebenfalls zur Zuständigkeit der Behörden des Kantons Obwalden.
4.
a) An dieser Rechtsprechung kann indessen nicht festgehalten werden. Die
Art. 163-172 StGB
schützen einerseits die Gläubiger und wahren anderseits die Interessen der Zwangsvollstreckung als eines Bestandteils der Rechtspflege im weitesten Sinn (THORMANN-OVERBECK, N. 1, und LOGOZ, N. 2 zu den Vorbemerkungen zu
Art. 163- 172 StGB
). Bei mehreren Verfehlungen muss der Täter an einem Orte verfolgt und beurteilt werden, weil nur auf diese Weise eine Gesamtbeurteilung möglich ist (HAFTER, Besonderer Teil, 1. Hälfte, S. 343/44; CASPAR, Betrügerischer Konkurs, Pfändungsbetrug, leichtsinniger Konkurs und Vermögensverfall gemäss
Art. 163-165 StGB
, in ZStR 87/1971, S. 43). Zu prüfen ist, welches dieser Ort sein soll.
b) Soweit die genannten Bestimmungen das normale Funktionieren der Zwangsvollstreckung schützen, drängt sich eine Verfolgung an jenem Orte auf, an dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird, vor deren Einleitung
BGE 106 IV 31 S. 35
die fraglichen Delikte gar nicht verfolgt werden können. Soweit sie die Gläubigerinteressen schützen, ist zu beachten, dass eine strafbare Bankrotthandlung nur vorliegt, wenn die Verminderung des Schuldnervermögens den Gläubigern "im Hinblick auf ihre Befriedigung in der Zwangsvollstreckung" objektiv zum Nachteil gereicht (
BGE 97 IV 22
).
Art. 163 StGB
dient nicht dem Schutz der Forderung des Gläubigers als solcher, sondern nur dem Schutz seines Anspruchs, sich für seine Forderung aus dem vorhandenen Vermögen des Schuldners auf dem Wege der Zwangsvollstreckung zu befriedigen. Der Nachteil des Gläubigers besteht darin, dass sein Zugriffsrecht im Konkurs verletzt wird (CASPAR, a.a.O., S. 12, 13 und 29). Es liegt deshalb für die Durchführung der Strafverfolgung auch diesbezüglich eine enge Bindung zum Konkursort vor, an dem der Gläubiger sein Zugriffsrecht ausüben muss.
Schon in der früheren Literatur und Rechtsprechung wurde die Meinung vertreten, Konkursdelikte seien als am Ort der Konkurseröffnung begangen zu betrachten. HAFTER schrieb, man könne dies als eine zwar für die Praxis zurechtgemachte, aber doch zweckmässige Fiktion gelten lassen (Besonderer Teil, 1. Hälfte, S. 343/44). In der Tat erscheint es als zweckmässiger, die Konkursdelikte jedenfalls dann, wenn der Sitz der Firma und der Ort der Konkurseröffnung zusammenfallen, was die Regel ist, allgemein an diesem Orte verfolgen und beurteilen zu lassen, es sei denn, der Konkurs sei an einem Ort eröffnet worden, wo die Gesellschaft nur einen rein fiktiven Sitz hatte. An diesem Ort (Sitz der Firma) befinden sich in der Regel alle Akten, auf welche in der Untersuchung zurückgegriffen werden muss. An diesem Ort oder in dessen Nähe wohnen in der Regel auch die Zeugen, die in der Untersuchung zu befragen sind. Und an diesem Ort ist schliesslich die Konkursverwaltung, von der in der Strafuntersuchung unter Umständen ebenfalls wichtige Aufschlüsse zu erhalten sind.
Art. 163 StGB
ist zudem ein Offizialdelikt. Aus Verfehlungen in diesem Sinne wird nicht ein einzelner Gläubiger, der eine Strafanzeige gestellt hat, sondern die Gesamtheit der Gläubiger geschädigt, die unter Umständen in verschiedenen Kantonen wohnen. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es gerechtfertigt, den Ort des Konkursverfahrens als gemeinsamen Erfolgsort anzusehen und die Behörden dieses Kantons mit der Durchführung der Strafverfolgung zu beauftragen. Das führt im vorliegenden Fall zur Zuständigkeit
BGE 106 IV 31 S. 36
des Kantons Bern, wo der Konkurs über die FIWOBA AG eröffnet worden ist.
| null |
nan
|
de
| 1,980 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
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Federation
|
f40b9f0d-0ac4-4f72-afc2-580c8223430d
|
Urteilskopf
82 I 251
36. Urteil vom 30. November 1956 i.S. Steiner Mineralöl & Chemikalien AG gegen Oberzolldirektion.
|
Regeste
Zollnachlass gemäss Art.127 Abs. 1 Ziff. 3 Z G.
Begriff der Nachforderung (
Art. 126 ZG
).
Verweigerung des Erlasses mangels einer in besonderen Verhältnissen begründeten Unbilligkeit der Belastung.
|
Sachverhalt
ab Seite 252
BGE 82 I 251 S. 252
A.-
Am 17. Mai 1955 meldete die Güterabfertigung Waldshut der Deutschen Bundesbahnen, gestützt auf die Verzollungsinstruktion der Speditionsfirma Jacky, Maeder & Co. in Zürich, dem schweizerischen Zollamt Waldshut eine aus Ostdeutschland kommende, für die Firma Steiner Mineralöl & Chemikalien AG in Zürich bestimmte Sendung wie folgt zur Einfuhrverzollung an:
"1 Kesselwagen Isooktan tech. = Lösungsmittel aus organischen Stoffen, ohne Alkohol, Tarif-Nr. 1059 zu Fr. 3.- per 100 kg brutto, netto 40'000 kg + 20 % Tara = brutto 48'000 kg."
Mit der Deklaration wurde ein vom Lieferanten ausgestellter "Qualitätspass" vorgelegt, der eine Analyse des Produkts mit dessen Siedekurve wiedergibt.
Die Firma Steiner mischt dieses Erzeugnis ihrem aus "freien" italienischen Raffinerien bezogenen Benzin im Gewichtsverhältnis 5: 95 bei, um ungefähr die gleiche Klopffestigkeit (Oktanzahl) zu erreichen, die das Benzin ihrer Hauptkonkurrenten (Esso, Shell, BP, Gulf usw.) aufweist.
Das Zollamt entnahm der Sendung ein Muster und fertigte sie mit Zollquittung vom 17. Mai 1955 auf Grund des eingereichten Abfertigungsantrages nach Tarif-Nr. 1059 ab, wobei es an Zoll und Gebühren Fr. 1547.55 erhob.
Nach Prüfung jenes Musters stellte die Oberzolldirektion fest, dass das eingeführte "Isooktan" Benzin im Sinne der Tarif-Nr. 1065 b darstelle und deshalb zum Ansatz von Fr. 26.50 je 100 kg brutto zu verzollen sei. Die Zollkreisdirektion Schaffhausen forderte den danach sich ergebenden Differenzbetrag von Fr. 10'688.45 gestützt auf
Art. 126 ZG
bei der Firma Steiner nach. Diese beschwerte sich bei der Oberzolldirektion, indem sie in erster Linie Aufhebung der Nachforderung wegen Unrichtigkeit der zugrunde liegenden zollrechtlichen Zuteilung und eventuell Nachlass des nachgeforderten Betrages gemäss
Art. 127 Abs. 1 Ziff. 3 ZG
beantragte. Die Oberzolldirektion wies die Beschwerde am 20. August 1955 ab. Die Beschwerdeführerin zog diesen Entscheid, soweit er das
BGE 82 I 251 S. 253
Hauptbegehren betrifft, an die Zollrekurskommission weiter, doch wurde sie von dieser am 3. Mai 1956 ebenfalls abgewiesen.
B.-
Ausserdem hat die Firma Steiner gegen den Entscheid der Oberzolldirektion, soweit er das Eventualbegehren um Zollnachlass abweist, Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht erhoben, welches sein Verfahren bis zum Entscheid der Zollrekurskommission ausgesetzt hat. Zur Begründung dieser Beschwerde wird ausgeführt, die Voraussetzungen eines Nachlasses nach
Art. 127 Abs. 1 Ziff. 3 ZG
seien erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe anfangs Mai 1955 von der Oberzolldirektion telephonisch die Auskunft erhalten, dass technisches Isooktan unter die Tarif-Nr. 1059 falle. Gestützt auf diesen verbindlichen Bescheid habe sie die Ware bestellt. Sie hätte die Einfuhr unterlassen, wenn man ihr mitgeteilt hätte, dass die Tarifposition 1065 b massgebend sei. Sie könne das Produkt nicht oder nur mit Verlust verkaufen, wenn die Nachforderung anfrecht erhalten werde. Unter diesen besonderen Umständen werde sie durch die Nachforderung unbillig belastet, zumal den Importeuren von Dieselöl "auf Zusehen hin" gestattet werde, diesem Treibstoff niedrig verzolltes Spindelöl beizumischen. Es sei nicht getan mit dem Hinweis der Oberzolldirektion darauf, dass auf die Einleitung eines Zollstrafverfahrens wegen Abgabe einer unrichtigen Deklaration verzichtet worden sei. Das Importgut sei richtig deklariert worden, übrigens nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von der Güterabfertigung Waldshut.
C.-
Die Oberzolldirektion beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die vorliegende Beschwerde, die wegen Verweigerung eines Zollnachlasses gemäss
Art. 127 Abs. 1 Ziff. 3 ZG
erhoben wird, fällt in den Kompetenzbereich des
BGE 82 I 251 S. 254
Bundesgerichts (
BGE 78 I 283
). Es ist darauf einzutreten.
2.
Art. 127 Abs. 1 Ziff. 3 ZG
ermöglicht einen Zollerlass, wenn eine Nachforderung mit Rücksicht auf besondere Verhältnisse den Zollpflichtigen unbillig belasten würde. Nachforderungen (
Art. 126 ZG
) werden gestellt, wenn infolge Irrtums der Zollverwaltung bei der Zollabfertigung ein nach Gesetz geschuldeter Zoll oder eine andere durch die Zollverwaltung zu erhebende Abgabe nicht oder zu niedrig oder eine Rückvergütung zu hoch festgesetzt wurde. Sie dienen der nachträglichen Berichtigung von Irrtümern, die bei der Zollabfertigung vorgekommen sind.
Hier hat das Zollamt am 17. Mai 1955 auf Grund der Deklaration eine endgültige Zollabfertigung (
Art. 38, 39 ZG
) vorgenommen. Gestützt auf die in der Deklaration gemachten Angaben hat es die Ware in die Tarifposition 1059 eingereiht, die entsprechenden Abgabebeträge erhoben und darauf den zur Überführung der importierten Ware in den freien Verkehr berechtigenden Zollausweis (
Art. 37 ZG
) ausgestellt. In der Annahme, auf die Deklaration abstellen zu dürfen, hat es sich nicht veranlasst gesehen, eine blosse Zwischenabfertigung (provisorische Verzollung,
Art. 40 ZG
) vorzunehmen. Die amtliche Nachprüfung des der Warensendung bei der Zollabfertigung entnommenen Musters durch den chemisch-technischen Dienst der Oberzolldirektion hat indes ergeben, dass die Tarifposition 1065 b massgebend ist, und dieser Befund ist durch den für das Bundesgericht verbindlichen Entscheid der Zollrekurskommission bestätigt worden. Damit hat sich die vom Zollamt bei der Abfertigung vom 17. Mai 1955 vorgenommene zollrechtliche Zuteilung als irrtümlich und die darauf beruhende Abgabeforderung als zu niedrig erwiesen. Im Umfange der Differenz wird eine Nachforderung im Sinne des
Art. 126 ZG
gestellt. Zu Unrecht bestreitet dies die Oberzolldirektion mit der Begründung, es liege kein Irrtum der Zollverwaltung vor, da die Nachforderung im Zusammenhang stehe mit einer
BGE 82 I 251 S. 255
von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Falschdeklaration, die zumindest objektiv den Tatbestand einer Zollübertretung im Sinne von
Art. 74 Ziff. 6 ZG
erfülle. Es ist offensichtlich, dass das Zollamt bei der Abfertigung die Ware infolge Irrtums über ihren wahren Charakter einer unzutreffenden Tarifposition zugewiesen hat. Aus welchem Grunde es sich geirrt hat, ist in diesem Zusammenhang unwesentlich. Selbst wenn der Irrtum durch eine Zollübertretung herbeigeführt worden wäre, hätte man es mit einer Nachforderung im Sinne des
Art. 126 ZG
zu tun.
3.
Nach
Art. 127 Abs. 1 Ziff. 3 ZG
genügt es für den Zollerlass nicht, dass eine Nachforderung den Zollpflichtigen unbillig belasten würde. Erforderlich ist ausserdem, dass die Unbilligkeit in besonderen Verhältnissen begründet ist. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, so dass offen gelassen werden kann, ob überhaupt von einer unbilligen Belastung die Rede sein könnte.
a) Die Beschwerdeführerin macht vor allem geltend, sie habe sich in guten Treuen auf die vor der Bestellung der Ware eingeholte telephonische Auskunft der Oberzolldirektion verlassen, dass technisches Isooktan unter die Tarifposition 1059 falle. Die Oberzolldirektion bestreitet, einen solchen telephonischen Bescheid gegeben zu haben. Indessen erübrigt es sich, hierüber Beweis zu erheben. Die Tarifauskunft wäre nach der Darstellung der Beschwerde im Laufe eines Telephongesprächs, gestützt auf blosse mündliche Angaben der Fragestellerin, erteilt worden. Wenn sie wirklich gegeben worden ist, so war sie an den selbstverständlichen Vorbehalt geknüpft, dass jene Angaben zutrafen. Ob die angebliche Auskunft - unter jenem Vorbehalt - richtig war oder nicht, kann dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall war es zum mindesten missverständlich, wenn die Beschwerdeführerin bei der Anfrage die Ware als "technisches Isooktan" bezeichnet hat; ist doch durch den Entscheid der Zollrekurskommission verbindlich festgestellt, dass man es in Wirklichkeit mit Benzin
BGE 82 I 251 S. 256
zu tun hat. Die Beschwerdeführerin hätte eine verlässliche Tarifauskunft nur dann erwarten können, wenn sie der Oberzolldirektion ein Warenmuster oder wenigstens eine genügend genaue Beschreibung der Ware eingereicht hätte, zumal "Isooktan" im Zolltarif nicht genannt ist und auch nicht durch eine Zuteilungsverfügung des Bundesrates klassiert worden war (
Art. 22 ZG
, Art. 8 VVZ). Darüber hätte sich die Beschwerdefuhrerin vernünftigerweise, bei Anwendung einiger Sorgfalt, Rechenschaft geben müssen, auch wenn ihr die Vorschriften über die Erteilung von Tarifauskünften (Art. 8 VVZ) nicht von vornherein bekannt waren. Selbst wenn der Auffassung der Oberzolldirektion, dass nach Art. 8 VVZ Tarifauskünfte für die Zollverwaltung unter allen Umständen nur dann verbindlich seien, wenn sie schriftlich erteilt werden, nicht gefolgt werden könnte und wenn die angebliche Auskunft an keinerlei ausdrücklichen Vorbehalt geknüpft worden wäre, hätte die Beschwerdeführerin ausserordentlich unvorsichtig und damit fahrlässig gehandelt, falls sie sich, wie nach ihrer Darstellung anzunehmen wäre, auf einen bloss telephonisch nachgesuchten und gegebenen Bescheid verlassen hätte, ohne der Oberzolldirektion Unterlagen zur Prüfung vorgelegt und ohne auch nur die erhaltene Auskunft durch schriftliche Bestätigung festgehalten zu haben. Ein Sachverhalt, den der Zollpflichtige selber verschuldet hat, kann aber nicht als besonderer Umstand im Sinne von
Art. 127 Abs. 1 Ziff. 3 ZG
anerkannt werden.
b) Aus demselben Grunde ist kein solcher Umstand die Tatsache, dass das Zollamt die Ware bei der Zollabfertigung irrtümlich unter die Tarif-Nr. 1059 statt unter Nr. 1065 b eingereiht hat. Der Irrtum ist auf eine unrichtige oder zum mindesten ungenaue und missverständliche Deklaration zurückzuführen, wofür die Beschwerdeführerin einzustehen hat, da die Ware gemäss ihren Anweisungen deklariert worden ist. Irreführend war insbesondere, dass die Ware als "Lösungsmittel" deklariert wurde, obwohl sie gewöhnlichem Benzin zur Verwendung für motorische
BGE 82 I 251 S. 257
Zwecke beigemischt werden sollte. Auch die Bezeichnung "technisches Isooktan" war missverständlich; denn es handelt sich weder um chemisch reines noch um technisches Isooktan (Kohlenwasserstoff mit bestimmter Siedetemperatur), sondern um Benzin im Sinne der Tarifposition 1065 b (Gemisch von Kohlenwasserstoffen, die auch nach der Mischung bei verschiedenen Temperaturen sieden), wie die Prüfung des bei der Zollabfertigung erhobenen Musters durch den chemisch-technischen Dienst der Oberzolldirektion ergeben hat. Das hätte sich freilich schon auf Grund der Analysedaten feststellen lassen, die in dem bei der Deklaration vorgelegten "Qualitätspass" aufgezeichnet waren. Indessen war der zwischen der Deklaration und diesen Daten bestehende Widerspruch für das abfertigende Zollamt nicht ohne weiteres erkennbar. Das Zollamt hat auf Grund der Deklaration, irregeführt durch die darin gemachten missverständlichen Angaben, eine endgültige Zollabfertigung mit unrichtiger Tarifierung vorgenommen. Die Irreführung ist von der Beschwerdeführerin verschuldet; es liegt zum mindesten Fahrlässigkeit vor.
c) Es mag zutreffen, dass die Beschwerdeführerin auf dem schweizerischen Benzinmarkt im Konkurrenzkampf mit den grossen Erdölkonzernen einen schweren Stand hat, wenn sie das Produkt, das sie dem von ihr aus Italien eingeführten gewöhnlichen Benzin zur Erhöhung der Oktanzahl beimischen will, zum Ansatz der Tarifposition 1065 b verzollen muss. Aber das ist kein mit der Zollnachforderung zusammenhängender besonderer Umstand im Sinne von
Art. 127 Abs. 1 Ziff. 3 ZG
; sehen sich doch die anderen "freien" Benzinimporteure der gleichen Schwierigkeit gegenüber, auch wenn die Zollverwaltung nichts nachzufordern hat. Dass die Beschwerdeführerin durch die Nachforderung in ihrer wirtschaftlichen Existenz ernsthaft gefährdet werde, ist nicht anzunehmen und wird auch nicht behauptet.
Aus der zollrechtlichen Behandlung des dem Dieselöl zur "Oberschmierung" beigemischten Spindelöls kann die
BGE 82 I 251 S. 258
Beschwerdeführerin schon deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil dafür, wie im Entscheid der Zollrekurskommission dargelegt ist, andere Grundsätze massgebend sind als für die Verzollung eines Benzins, das einem anderen Benzin zur Erhöhung der Oktanzahl beigefügt wird.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
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public_law
|
nan
|
de
| 1,956 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
|
CH
|
Federation
|
f40e49db-12a0-44ba-a958-0b8124ae5450
|
Urteilskopf
95 IV 107
27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. Mai 1969 i.S. Bundesanwaltschaft gegen Rey.
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Regeste
Art. 74 Ziff. 11 und 100 Abs. 1 ZG
.
Der auf einer Ware entstandene Zollrückerstattungsanspruch hebt die mit einer andern Ware begangene Zollhinterziehung nicht auf.
|
Sachverhalt
ab Seite 107
BGE 95 IV 107 S. 107
A.-
Für Mineralöl (Heizöl, Dieselöl) sieht der Zolltarif je nach der Verwendung verschiedene Ansätze vor:
- zu motorischen Zwecken Fr. 16.- je q.
(nebst Zuschlägen von Fr. 7.35 bzw.
Fr. 12.65)
- zu Feuerungszwecken Fr. -.30 je q.
Gemäss
Art. 18 ZG
und
Art. 40 ZV
können Waren, die je nach Verwendungszweck verschiedenen Zollansätzen unterliegen, auf Ansuchen und gegen Verwendungsnachweis oder Verwendungsverpflichtung (sog. Revers) zum niedrigern Ansatz verzollt werden. Sie dürfen nachträglich aber nicht ohne Bewilligung und Nachentrichtung der Zoll- bzw. Warenumsatzsteuerdifferenz für den andern, zum höheren Ansatz zu verzollenden Zweck verwendet werden.
Vinzenz Rey, Prokurist der Firma Voegtlin-Meyer AG, Brennmaterialien, Brugg, lieferte in der Zeit vom 12. Juni 1964 bis 27. Januar 1966 im Einverständnis mit der Geschäftsleitung, die für die Verwendung des Heizöls einen Revers unterzeichnet hatte, an verschiedene Kunden insgesamt 249'586 kg Öl für
BGE 95 IV 107 S. 108
motorische Zwecke, das zum vergünstigten Zollansatz eingeführt worden war. Die dadurch entstandene Zoll- bzw. Warenumsatzsteuerdifferenz betrug Fr. 29'228.70 bzw. Fr. 4'320.21. Umgekehrt setzte Rey in derselben Zeit gleiche Mengen Öles, das als Dieselöl verzollt worden war, zu Feuerungszwecken ab.
B.-
Durch Strafverfügung vom 4. Oktober 1966 fällte das Eidgenössische Finanz- und Zolldepartement gegen Rey gestützt auf Art. 74 Ziff. 11, 75, 82 Ziff. 2 und 91 ZG sowie Art. 52/53 WUB eine Busse von Fr. 5'281.90 (was 1/15 des umgangenen Zolles entspricht) aus und überband ihm die Verfahrenskosten. Für beide Beträge wurde die Firma Voegtlin-Meyer AG solidarisch haftbar erklärt.
Nachdem Rey gerichtliche Beurteilung verlangt hatte, wurde er am 12. Januar 1968 vom Bezirksgericht Brugg von der Anschuldigung der Zollübertretung bzw. Steuerhinterziehung freigesprochen.
Das Obergericht des Kantons Aargau wies am 11. Juli 1968 die von der Bundesanwaltschaft eingereichte Berufung ab. Es ging mit dem Bezirksgericht davon aus, dass nach
Art. 74 Ziff. 11 ZG
nur bestraft werden könne, wer Waren, für die eine Zollermässigung zugestanden worden sei, nachträglich ohne Bewilligung und ohne Nachentrichtung des Zollbetreffnisses zu einem der Zollermässigung nicht entsprechenden Zwecke verwende. Die beiden Voraussetzungen müssten kumulativ gegeben sein. Der Angeklagte habe die Bewilligung nicht eingeholt. Die geschuldeten Zolldifferenzen aber habe er dadurch, dass er zum höheren Ansatz von Dieselöl verzolltes Öl zu Feuerungszwecken verkaufte, jeweils laufend und kurzfristig ausgeglichen. Von einer Hinterziehung oder auch nur Gefährdung eines Zollbetreffnisses könne infolgedessen nicht die Rede sein. Wohl habe der Angeklagte durch seine Machenschaften den von der Oberzolldirektion am 1. April 1961 erlassenen Vorschriften für den Handel mit Heizöl und Dieselöl zuwidergehandelt. Der in
Art. 74 Ziff. 11 ZG
umschriebene Tatbestand könne jedoch nicht durch Verfahrensvorschriften der Oberzolldirektion dahin verschärft werden, dass die im Gesetz vorgesehene Befreiung von einer Kriminalstrafe einfach gestrichen werde. Über die Ahndung der begangenen Ordnungsverletzung sei im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
BGE 95 IV 107 S. 109
C.-
Gegen dieses Urteil führt die Bundesanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, die Sache sei an das Obergericht zurückzuweisen, damit es den Angeklagten der Widerhandlung gegen das Zollgesetz und den Bundesratsbeschluss über die Warenumsatzsteuer schuldig erkläre, angemessen bestrafe und die Firma Voegtlin-Meyer AG für Busse und Verfahrenskosten haftbar erkläre.
D.-
Der Angeklagte beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.
Nach
Art. 74 Ziff. 11 ZG
begeht eine Zollübertretung, wer Waren, für die auf Grund richtiger Angaben Zollfreiheit oder Zollermässigung zugestanden worden ist, nachträglich ohne Bewilligung und ohne Nachentrichtung des Zollbetreffnisses zu einem der Zollfreiheit oder Zollermässigung nicht entsprechenden Zweck verwendet.
Es ist unbestritten, dass bei Zollbehandlung von Waren nach ihrem Verwendungszweck die in
Art. 18 ZG
und
Art. 40 ZV
vorgesehene Abfertigung zu den niedrigeren Ansätzen eine Zollermässigung im Sinne von
Art. 74 Ziff. 11 ZG
darstellt. Der Beschwerdegegner hat 249'586 kg Mineralöl, für das die Zollermässigung erlangt worden war, zweckwidrig und entgegen der durch Revers eingegangenen Verpflichtung als Dieselöl verkauft. Er hat sich daher nach
Art. 74 Ziff. 11 ZG
strafbar gemacht, wenn er es ohne Bewilligung und ohne Nachentrichtung der Zolldifferenz tat.
Der Beschwerdegegner bestreitet nicht, eine Bewilligung weder eingeholt noch erhalten zu haben. Nach Art. 2 Abs. 4 der Zollvorschriften für den Handel mit Heizöl und Dieselöl vom 1. April 1961 kann eine Nachverzollung von Heizöl als Dieselöl ohnehin grundsätzlich nicht bewilligt werden. Ausnahmen davon sollen nur in unverschuldeten Fällen gemacht werden. Wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben.
Werden Waren, die gemäss dem angegebenen Verwendungszweck zu einem höhern Ansatz verzollt worden sind, nachträglich zu einem Zweck verwendet, für den im Zolltarif eine niedrigere Position vorgesehen ist, so kann der Zollpflichtige innert 60 Tagen oder einer von der Oberzolldirektion festgesetzten längern Frist die Rückerstattung der Zolldifferenz
BGE 95 IV 107 S. 110
verlangen (
Art. 18 Abs. 3 ZG
,
Art. 40 Abs. 3 ZV
). Wird umgekehrt eine nach dem angegebenen Verwendungszweck niedriger verzollte Ware nachträglich ohne Bewilligung einem Zwecke zugeführt, der eine höhere Verzollung erfordert, hat sich der Zollpflichtige in gleicher Weise der ZOIlübertretung nach
Art. 74 Ziff. 11 ZG
schuldig gemacht wie derjenige, der den Straftatbestand des
Art. 74 Ziff. 3 ZG
erfüllt, indem er zollpflichtige Waren beim Grenzübertritt zur Zollbehandlung anzumelden unterlässt. Dass er aus einem andern Rechtsgrunde umgekehrt eine Forderung an die Zollverwaltung geltend zu machen hat, hilft weder im einen noch im andern Fall über die Straffälligkeit hinweg. Untauglich ist auch der Einwand des Beschwerdegegners, er habe die Zolldifferenz laufend und vollumfänglich durch den Verkauf von Dieselöl zu Feuerungszwecken intern "kompensiert". Wie die Vorinstanz unter Hinweis auf IMBODEN (Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 124, S. 32 ff., insbesondere S. 34) zu Recht ausführt, steht dem Pflichtigen im öffentlichen Recht - und damit auch im Zollrecht - keine Verrechnung einer Forderung mit derjenigen des Gemeinwesens zu; nur die das Gemeinwesen vertretende Behörde kann verrechnen. Abgesehen davon, dass der Beschwerdegegner die Verrechnung jeweils gar nicht erklärte, sondern nur intern "kompensierte", hebt der auf einer Ware entstandene Zollrückerstattungsanspruch die mit einer andern Ware begangene Zollhinterziehung nicht auf. Durch "Kompensationen", wie sie Rey vornahm, würde zudem die Kontrolle über die Sicherungen, welche die Oberzolldirektion mit ihren Vorschriften vom 1. April 1961 für die bestimmungsgemässe Verwendung des zollbegünstigten Heizöls aufgestellt hat, insbesondere über die getrennte Lagerung von Heizöl und Dieselöl, weitgehend gefährdet, wenn nicht verunmöglicht.
2.
...
3.
...
4.
Die Firma Voegtlin-Meyer AG, deren Leitung mit dem Vorgehen des Beschwerdegegners einverstanden war, haftet gemäss
Art. 100 Abs. 1 ZG
in Verbindung mit
Art. 9 Abs. 1, 2 und 4 ZG
für die auszusprechende Busse sowie für die Kosten solidarisch.
BGE 95 IV 107 S. 111
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 11. Juli 1968 aufgehoben und die Sache zur Bestrafung des Beschwerdegegners an die Vorinstanz zurückgewiesen.
| null |
nan
|
de
| 1,969 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4118005-fd8b-4a33-a234-97c35a7d6d9f
|
Urteilskopf
118 Ib 76
10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. März 1992 i.S. Erben O. gegen Gemeinderat Freienbach, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
|
Regeste
Art. 8 USG
; Strassenbauvorhaben.
Umweltschutzrechtliche Beurteilung eines Strassenprojekts, wenn weitere Strassen geplant sind, deren Realisierung ungewiss ist (E. 2b).
|
Sachverhalt
ab Seite 77
BGE 118 Ib 76 S. 77
Im Amtsblatt des Kantons Schwyz vom 14. Januar 1983 publizierte der Gemeinderat Freienbach folgende öffentliche Planauflagen: "Verlegung der Etzelstrasse bis zur Churerstrasse inkl. Anschlussbauwerk" sowie "Verlängerung der Poststrasse bis Churerstrasse inkl. Anschlussbauwerk". Die beiden Strassenbauvorhaben sollen u.a. auf den Parzellen Kat. Nr. 748 (unmittelbar nördlich der Churerstrasse) und Kat. Nr. 747 (unmittelbar südlich der Churerstrasse) realisiert werden. Die beiden Projekte bezwecken hauptsächlich die Entlastung der Strassenknoten im Ortszentrum von Pfäffikon, insbesondere der Löwenkreuzung, und überdies die Erschliessung der noch unüberbauten Gebiete südlich und nördlich der Churerstrasse.
Am 18. Januar 1983 erhoben die Erben O. gegen die beiden genannten Projekte Einsprache, welche vom Gemeinderat Freienbach am 14. Januar 1984 abgewiesen wurde. Im anschliessenden Verwaltungsbeschwerdeverfahren hiess der Regierungsrat des Kantons Schwyz die Beschwerde der Erben O. mit Beschluss vom 5. März 1985 teilweise gut und hob den Einspracheentscheid des Gemeinderats Freienbach vom 14. Januar 1984 in bezug auf das Projekt "Verlegung der Etzelstrasse bis zur Churerstrasse inkl. Anschlussbauwerk" auf. Im übrigen wies er die Beschwerde ab und bestätigte den Einspracheentscheid des Gemeinderats hinsichtlich des Projekts "Verlängerung der Poststrasse bis zur Churerstrasse inkl. Anschlussbauwerk". Der Regierungsrat vertrat die Auffassung, das Auflageprojekt für die Verlegung der Etzelstrasse, welches vom Gemeinderat als Detailprojekt im Sinne der kantonalen Verordnung über den Bau und Unterhalt der Strassen vom 2. April 1964 (StrV) ausgeschrieben worden war, genüge höchstens den Anforderungen eines generellen Projekts oder eines Überbauungsplans, nicht aber denjenigen eines detaillierten Bauprojekts.
Gegen diesen Entscheid des Regierungsrats erhoben die Erben O. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz. Während der Pendenz dieses Verfahrens liess der Gemeinderat Freienbach die öffentliche Planauflage für das Detailprojekt "Umlegung Etzelstrasse, inkl. Anschlussbauwerke und Personenunterführung Churerstrasse" im kantonalen Amtsblatt vom 20. November 1987 publizieren. Mit Einsprache vom 9. Dezember
BGE 118 Ib 76 S. 78
1987 beantragten die Erben O., auf das Projekt sei zu verzichten und vom Bau der geplanten Erschliessungsstrasse sei Umgang zu nehmen. Der Gemeinderat wies die Einsprache mit Beschluss vom 14. Juli 1989 im Sinne der Erwägungen ab. Die Erben O. zogen diesen Beschluss mit Verwaltungsbeschwerde vom 4. November 1989 an den Regierungsrat weiter. Am 10. Oktober 1989 überwies der Regierungsrat diese Beschwerde als Sprungbeschwerde an das Verwaltungsgericht. Mit Entscheid vom 20. November 1990 wies dieses die Beschwerde gegen den Einspracheentscheid des Gemeinderats vom 14. Juli 1989 betreffend Ausbau/Verlegung der Etzelstrasse ab. Gleichzeitig hiess es die gegen den Regierungsratsentscheid vom 5. März 1985 gerichtete Beschwerde der Erben O. insoweit teilweise gut, als es das im Amtsblatt vom 14. Januar 1983 publizierte Projekt "Verlängerung der Poststrasse bis Churerstrasse inkl. Anschlussbauwerk" im Sinne der Erwägungen an den Gemeinderat Freienbach zurückwies. Im übrigen wies es die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 12. April 1985 ab. Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 20. November 1990 führen die Erben O. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht und beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, soweit damit die geplante Verlegung der Etzelstrasse zugelassen wird. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne der Erwägungen ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Von der heute durch den motorisierten Privatverkehr überlasteten Löwenkreuzung im Zentrum von Pfäffikon führt in östlicher Richtung die Churerstrasse zum Anschluss des Seedamms. Die heutige Etzelstrasse führt vom Zentrum von Pfäffikon in südöstlicher Richtung u.a. zur Schützenstrasse und von dort zu den Grossverteilzentren des Seedamm-Centers, zu einem grossen Schwimmbad und zu den kantonalen Schulen. Aus dem Verkehrsrichtplan der Gemeinde Freienbach, Stand 1988, geht hervor, dass das Zentrum von Pfäffikon über den nördlich gelegenen Bahnhof mit zwei "Spangen", einer Spange Ost und einer Spange West, umfahren werden soll. Überdies soll die Etzelstrasse nicht mehr direkt das Ortszentrum erschliessen, sondern vor dem Ortszentrum in nördlicher Richtung über das Land der Beschwerdeführer zunächst zur Churerstrasse und dann weiter in die Gegend von Post und Bahnhof geführt werden und
BGE 118 Ib 76 S. 79
in diesem Bereich an die Spange Ost angeschlossen werden, welche ihre Fortsetzung in der Spange West finden soll. Nach dem ursprünglichen Verkehrskonzept sollte die Etzelstrasse über die Grundstücke der Erben O. eine direkte Verbindung zur Churerstrasse erhalten (Umlegung Etzelstrasse), und von dort hätte eine Fortsetzung lediglich zur Post (Poststrasse) erfolgen sollen. Doch soll nach dem kommunalen Verkehrsrichtplan die Poststrasse nun zur "Spange Ost" ausgebaut werden.
a) Die Beschwerdeführer bringen vor, es sei unklar, ob die Spange Ost und die Verbindung zur bestehenden Poststrasse (PTT) oder nur die Spange Ost verwirklicht werden solle. Diese Frage werde auch vom Verwaltungsgericht offengelassen. Die Gemeinde beabsichtige, mit der Umfahrung Etzelstrasse die Löwenkreuzung und damit das Ortszentrum von Pfäffikon zu entlasten. Der Verkehr auf der Etzelstrasse und auf ihren Zubringern (insbesondere der zum Teil sehr stark befahrenen Schützenstrasse) solle nicht mehr ins Ortszentrum, sondern über das Grundstück der Beschwerdeführer (Kat. Nr. 747) direkt in die Churerstrasse geleitet werden. Werde auch die Poststrasse und zusätzlich die Spange Ost erstellt, so entstünde eine direkte Verkehrsverbindung über die ebenfalls den Beschwerdeführern gehörende Parzelle Kat. Nr. 748 zur Post und zum Bahnhof. Falls zudem die Gesamtplanung ausgeführt werde, also die Spangen Ost und West, welche als Einheit zu betrachten seien, so sei in jedem Fall mit einem bedeutsamen Mehrverkehr auch auf der Umfahrung Etzelstrasse zu rechnen.
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, das Verwaltungsgericht habe es zu Unrecht abgelehnt, die zwei bzw. drei Strassen (Umlegung Etzelstrasse südlich der Churerstrasse, Poststrasse/Spange Ost Richtung Norden mit Spange West) aus der Sicht des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) gesamtheitlich zu beurteilen. Dies sei umso unverständlicher, als im angefochtenen Entscheid die Errichtung der neuen Strassenverbindungen im Norden (Spange Ost, Poststrasse) als praktisch sicher bezeichnet worden sei.
b) Gemäss
Art. 8 USG
werden Einwirkungen sowohl einzeln als auch gesamthaft und nach ihrem Zusammenwirken beurteilt. Der Vorwurf der Beschwerdeführer, das Verwaltungsgericht habe diesen Grundsatz verletzt, ist unbegründet. Die zur Diskussion stehenden Einwirkungen durch das Strassenprojekt "Umlegung Etzelstrasse" wurden im angefochtenen Entscheid sowohl für sich als auch gesamthaft und nach ihrem Zusammenwirken beurteilt. Das
BGE 118 Ib 76 S. 80
Verwaltungsgericht hat lediglich darauf verzichtet, weiteren geplanten Strassenbauvorhaben Rechnung zu tragen. Wann und ob diese weiteren Projekte verwirklicht werden, ist ungewiss. Das zeigt sich schon daran, dass für keines dieser Vorhaben mit Einschluss der hier umstrittenen Umlegung der Etzelstrasse ein Baukredit bewilligt worden ist. Ist die Umlegung der Etzelstrasse für sich betrachtet umweltschutzrechtlich zulässig und hat ihre isolierte Verwirklichung auch einen Sinn, so kann die Strasse nicht mit umweltschutzrechtlichen Argumenten verhindert werden. Will die Gemeinde jedoch später weitere Bauvorhaben ausführen, so sind für die Bewilligung dieser weiteren Projekte die umweltschutzrechtlichen Fragen unter Einschluss der Einwirkungen der bewilligten Umlegung der Etzelstrasse zu beurteilen. Das kann dazu führen, dass die Verwirklichung weiterer in Aussicht stehender Strassenprojekte aus umweltschutzrechtlichen Gründen erschwert oder mitunter gar verunmöglicht wird. Baut die Gemeinde die für sich betrachtet umweltschutzrechtlich zulässige Umlegung der Etzelstrasse, ohne sich um die Probleme weiterer von ihr geplanter Strassenbauvorhaben zu kümmern, so geht sie in bezug auf spätere Strassenprojekte ein gewisses Risiko ein. Ein etappenweises Verwirklichen von Strassenprojekten ist jedoch aus umweltschutzrechtlicher Sicht nicht absolut unzulässig; nur darf dies nicht dazu führen, dass dadurch die Rechtsstellung der davon betroffenen Bürger beeinträchtigt wird.
|
public_law
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|
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CH_BGE
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CH
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Federation
|
f411e1db-7008-466f-8340-8f30abf4e508
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Urteilskopf
96 IV 1
1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. April 1970 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Gertrud und Klara Burkhalter.
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Regeste
Art. 238 Abs. 2, 237 Ziff. 2, 117, 18 Abs. 3 StGB.
Unfall auf Bahnübergang. Dienstpflichten des Barrierenwärters.
|
Sachverhalt
ab Seite 1
BGE 96 IV 1 S. 1
A.-
Am 23. Dezember 1966, um 15.54 Uhr, ereignete sich bei trübem, nebligem Wetter und schlechter Sicht auf dem bewachten Bahnübergang Ils bei Lyssach, dessen Barrieren nicht geschlossen waren, ein schwerer Unfall, indem der Schnellzug Zürich-Bern Nr. 128 mit einem von Otto Lehmann gesteuerten Kastenwagen zusammenstiess, als dieser im Begriffe war, auf der Strasse den besagten Übergang zu überqueren. Lehmann wurde aus dem Fahrzeug geschleudert und getötet. Am Zug und an festen Bahnanlagen entstand für insgesamt ca. Fr. 18'000.-- Schaden. Auch gingen Fenster von mit Passagieren besetzten Wagenabteilen in Brüche.
Das Unglück ereignete sich, als die beiden Barrierenwärterinnen Frau Gertrud Burkhalter-Schürch und Frau Klara Burkhalter-Rütti im Begriffe waren, sich abzulösen. Die erstere hatte Dienst von 06.00-10.45 Uhr und von 12.30-15.55 Uhr. Die letztere erschien auf dem Wärterposten um 15.50 Uhr. Der Schnellzug Zürich-Bern Nr. 128, der gemäss Fahrplan im Bahnhof Burgdorf um 15.46 Uhr und im Bahnhof Lyssach zwei Minuten später, also um 15.48 Uhr hätte durchfahren sollen, hatte Verspätung.
Nach der Bedienungsvorschrift für den Wärterposten Ils hat der jeweils diensttuende Wärter auf ein ihm vom Bahnhof
BGE 96 IV 1 S. 2
Burgdorf aus durchgegebenes Glockensignal hin unverzüglich die Barrieren zu schliessen. Die Barrieren sind von einem kleinen Wärterhäuschen aus zu bedienen, das nach den beiden Fahrrichtungen und gegen die vor ihm durchführenden Geleise hin Fenster aufweist. Das Läutewerk steht neben dem Wärterhäuschen und muss gemäss Ziff. 8.2 des von der Generaldirektion der SBB erlassenen Reglementes R 319.1 über die Bewachung der Niveauübergänge und die Bedienung der Barrieren vom 1. April 1963 (im folgenden Reglement R 319.1 genannt) bei jedem Dienstantritt vom Wärter aufgezogen werden. Dementsprechend betätigte Frau Klara Burkhalter nach ihrer Ankunft auf dem Posten und nachdem ihre Kollegin ihr mitgeteilt hatte, dass der Schnellzug Nr. 128 noch ausstehe, die Kurbel des besagten Läutewerks. Daraufhin begab sie sich in das Wärterhäuschen zurück, wo Frau Gertrud Burkhalter noch am Arbeitstisch sass. Während eines Gesprächs der beiden Frauen nahte der Schnellzug Nr. 128, worauf Frau Gertrud Burkhalter aufsprang, um die Barrieren zu senken. Dazu war es indessen zu spät. Das Läutewerk hatte das erwartete Signal nicht gegeben. Beide Wärterinnen wussten indessen, dass das Glockensignal gelegentlich ausbleibt, wenn die Vorstation "abläutet", während das Läutewerk aufgezogen wird.
B.-
Am 27. September 1968 verurteilte der Gerichtspräsident I von Burgdorf Frau Gertrud Burkhalter wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Störung des Eisenbahnverkehrs zu einer bedingt aufgeschobenen Strafe von zehn Tagen Gefängnis, sprach dagegen Frau Klara Burkhalter von der Anklage der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen Störung des öffentlichen Verkehrs und der fahrlässigen Störung des Eisenbahnverkehrs frei.
Mit Urteil vom 23. September 1969 sprach das Obergericht des Kantons Bern beide Angeklagten von Schuld und Strafe frei.
C.-
Der Generalprokurator des Kantons Bern führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung der beiden Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Störung des Eisenbahnverkehrs an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerinnen haben sich mit dem Antrag auf Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde vernehmen lassen.
BGE 96 IV 1 S. 3
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Verhalten der Beschwerdegegnerin Gertrud Burkhalter. 1. - Nach Ziff. 4.1 und 2 des Dienstreglementes R 319.1 hat der Wärter den Dienst persönlich zu leisten und darf er während der Arbeitszeit den Posten nicht verlassen. Gemäss Ziff. 7.1 des genannten Reglementes wird seine Arbeitszeit für jede Fahrplanperiode im Dienstplan festgesetzt. Sind demnach jedem Barrierenwärter genaue Dienstzeiten zugewiesen, so hat er - was im Bahnverkehr eine Notwendigkeit ist - bis zur letzten Minute seinen Dienst zu versehen; die Sicherheit des Bahnverkehrs verlangt eine pünktliche und lückenlose Folge der einzelnen Dienste. Es steht daher ausser Frage, dass Frau Gertrud Burkhalter im Zeitpunkt, als der Schnellzug Nr. 128 den Bahnübergang Ils durchfuhr, noch im Dienst stand und deshalb für ein der Bedienungsvorschrift entsprechendes rechtzeitiges Senken der Barrieren verantwortlich war. Die Vorinstanz stellt nämlich in für den Kassationshof verbindlicher Weise fest, dass die Arbeitszeit der genannten Beschwerdegegnerin bis 15.55 Uhr dauerte, der Unfall jedoch sich um 15.54 Uhr ereignet hat. Der Umstand, dass ihre Dienstkollegin einige Minuten vor Beginn ihrer Arbeitszeit eine zu ihrem Pflichtenheft gehörende Verrichtung vornahm, indem sie gemäss Ziff. 8.2 des Reglementes R 319.1 das Läutewerk aufzog, enthob jene nicht ihrer Verantwortung für die richtige Erfüllung der eigenen Dienstpflicht. Abgesehen davon, dass ihr bekannt war, dass das Glockensignal bisweilen ausbleibt, wenn die Vorstation "abläutet", während das Läutewerk beim Wärterhäuschen aufgezogen wird, war sie zugegen, als ihre Kollegin die Kurbel der Signalglocke betätigte.
Musste sie demnach mit der Möglichkeit rechnen, dass das Glockensignal ausbleiben könnte, so stellt sich vorerst die Frage, ob es nicht ihrer Vorsichtspflicht entsprochen hätte, Frau Klara Burkhalter davon abzuhalten, unmittelbar vor der erwarteten, jedoch noch nicht signalisierten Durchfahrt des Schnellzuges das Läutewerk aufzuziehen. Diese Frage ist zu verneinen. Einmal konnte Frau Gertrud Burkhalter nicht wissen, ob der Schnellzug noch in der letzten Minute ihrer Dienstzeit oder in der ersten ihrer Kollegin durchfahren werde. Zum andern verpflichtet Ziff. 8.2 des Reglementes R 319.1 den Wärter, das Läutewerk bei Dienstantritt aufzuziehen, was nur heissen kann, dass ansonst Gefahr besteht, dass kein Glockensignal ertönt,
BGE 96 IV 1 S. 4
weil das Werk abgelaufen ist. War aber so oder anders mit der Möglichkeit des Ausbleibens des Signals zu rechnen, so kann es Frau Gertrud Burkhalter nicht zum Verschulden gereichen, wenn sie der Dienstvorschrift folgend ihre Kollegin das Läutewerk hat aufziehen lassen.
Dagegen muss ihr als Verletzung ihrer Vorsichtspflicht angerechnet werden, dass sie vom Wärterhäuschen aus die Anfahrtsstrecke des Schnellzuges nicht überwacht hat. Schreibt das Dienstreglement dem Wärter vor, dass er fünf Minuten vor der fahrplanmässigen Durchfahrtszeit eines Zuges beim Posten dienstbereit an der Bedienungsstelle der Barrieren zu stehen und namentlich auf das Herannahen von Zügen sowie auf den Strassenverkehr zu achten habe (Ziff. 11.2 und 12.1 des genannten Dienstreglementes), so muss er letzteres erst recht tun, wenn der Zug Verspätung hat, er dessen Herannahen wegen der geschlossenen Fenster und Türen des Wärterhäuschens nicht rechtzeitig hören kann und - wie im vorliegenden Fall - überdies mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass der Zug nicht durch ein Läutesignal angezeigt werde. Die Auffassung der Vorinstanz, wonach Ziff. 11.2 des Reglementes 319.1 nur für den Fall der fahrplanmässigen Durchfahrt von Zügen, nicht aber bei Verspätungen Geltung habe, trifft nicht zu. Der Umstand, dass die genannte Dienstvorschrift den Wärter verpflichtet, 5 Minuten vor der fahrplanmässigen Durchfahrt des Zuges auf dem Posten zu stehen und auf den Schienenverkehr zu achten, hat nur einen Sinn, wenn mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass im Fahrplan vorgesehene Züge vorzeitig durchfahren. Davon geht auch Ziff. 20.9 aus, wo bestimmt wird, dass Züge, die mehr als 3 Minuten vorzeitig verkehren, dem Wärter zu melden sind. Züge mit 3 Minuten und weniger Vorsprung werden nicht gemeldet. Wegen solcher Unregelmässigkeiten hat der Wärter 5 Minuten vor der im Fahrplan vorgesehenen Zeit seinen Posten zu beziehen. Ziff. 11.2 schliesst demnach Abweichungen vom Fahrplan sinngemäss ein. Hat aber der Wärter, wenn er einmal pflichtgemäss auf dem Posten steht, auf vorzeitige Züge zu achten, so muss er dasselbe selbstverständlich auch bezüglich verspäteter Züge tun, deren Verspätung weniger als 10 Minuten beträgt und deshalb dem Wärter nicht gemeldet wird. Es besteht kein Anlass, die genannte Vorschrift nur auf vorzeitige, nicht aber auch auf verspätete Züge anzuwenden, deren Verspätung sich im Rahmen der Ziff. 20.10 hält. Dass dadurch
BGE 96 IV 1 S. 5
aber der Barrierenwärter überfordert würde, kann im Ernste nicht angenommen werden. Indem die Beschwerdegegnerin Gertrud Burkhalter an ihrem Arbeitstisch sitzend sich mit ihrer Kollegin unterhalten hat, statt die Anfahrtsstrecke des erwarteten Zuges zu überwachen, hat sie ihre Dienstpflicht verletzt, und es trifft sie daher der Vorwurf der Fahrlässigkeit im Sinne des
Art. 18 Abs. 3 StGB
.
| null |
nan
|
de
| 1,970 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4148a4a-01a1-4725-b131-e2d4e531a238
|
Urteilskopf
141 III 80
12. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A. SA contre B. (recours en matière civile)
4A_415/2014 du 12 janvier 2015
|
Regeste
Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
, Art. 59 Abs. 2 lit. c,
Art. 159 und 169 ff. ZPO
,
Art. 718 OR
; Bezeichnung des Vertreters der Gesellschaft im Prozess, Postulationsfähigkeit der Aktiengesellschaft, nicht wieder gutzumachender Nachteil.
Personen, die zur Vertretung der Aktiengesellschaft im Prozess befugt sind, und Auswirkungen, insbesondere auf ihre Befragung im Prozess (E. 1.3).
Die Verfügung, mit der eine vertretungsbefugte Person nicht als Vertreter zugelassen wird, bewirkt einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil (E. 1.2-1.4).
|
Erwägungen
ab Seite 80
BGE 141 III 80 S. 80
Extrait des considérants:
1.
1.2
Conformément à l'
art. 93 al. 1 let. a LTF
, une décision incidente ne peut faire séparément l'objet d'un recours au Tribunal fédéral que si elle peut causer un préjudice irréparable. Cela suppose que la partie recourante soit exposée à un préjudice de nature juridique, qui ne puisse pas être ultérieurement réparé ou entièrement réparé par une décision finale qui lui serait favorable; un dommage économique ou de pur fait n'est pas considéré comme un dommage irréparable de ce point de vue (
ATF 138 III 333
consid. 1.3.1;
ATF 134 III 188
consid. 2.1 p. 190 et consid. 2.2). Cette condition s'apprécie par rapport à la décision de première instance, et non par rapport à la
BGE 141 III 80 S. 81
décision d'irrecevabilité du recours rendue par le tribunal supérieur. En particulier, si la question qui a fait l'objet de la décision incidente de première instance peut être soulevée à l'appui d'un recours contre la décision finale (
art. 93 al. 3 LTF
), il n'y a pas de préjudice irréparable (arrêts 4A_248/2014 du 27 juin 2014 consid. 1.2.3; 5A_435/2010 du 28 juillet 2010 consid. 1.1.1; 5D_72/2009 du 9 juillet 2009 consid. 1.1). Tel est en principe le cas des décisions sur l'administration des preuves dans le procès principal, puisqu'il est normalement possible, en recourant contre la décision finale, d'obtenir l'administration de la preuve refusée à tort ou d'obtenir que la preuve administrée à tort soit écartée du dossier (arrêt 5A_435/2010 précité consid. 1.1.1; pour des exceptions, cf. notamment les arrêts 5A_315/2012 du 28 août 2012 consid. 1.2.1; 4A_64/2011 du 1
er
septembre 2011 consid. 3, in sic! 1/2012 p. 52; 4A_195/2010 du 8 juin 2010 consid. 1.1.1; 5A_603/2009 du 26 octobre 2009 consid. 3.1). Cette réglementation est fondée sur des motifs d'économie de procédure, le Tribunal fédéral ne devant en principe s'occuper d'une affaire qu'une seule fois, lorsqu'il est certain que la partie recourante subit effectivement un dommage définitif (
ATF 134 III 188
consid. 2.2). Il incombe au recourant de démontrer l'existence d'un tel préjudice lorsque celui-ci n'est pas d'emblée évident (
ATF 137 III 522
consid. 1.3).
1.3
La première décision à l'origine de l'arrêt attaqué, bien qu'elle soit intitulée "ordonnance sur preuves", est en réalité matériellement une décision portant sur la capacité d'ester en justice de la société anonyme.
La capacité d'ester en justice est le corollaire en procédure de l'exercice des droits civils (
art. 67 al. 1 CPC
). La personne morale a l'exercice des droits civils, à condition qu'elle possède les organes que la loi et les statuts exigent à cet effet (
art. 54 CC
). Elle exerce ses droits civils par l'intermédiaire de ses organes, qui expriment sa volonté à l'égard des tiers (
art. 55 al. 1 CC
). Il y a lieu d'entendre par là les organes exécutifs, et non l'organe législatif ou l'organe de contrôle (LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, n. 9.127; BOHNET, in La personne morale et l'entreprise en procédure, 2014, p. 15 n. 35, p. 18 n. 44 et p. 42 n. 122; BRÖNNIMANN, in Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, n
os
3, 4 et 9 ad
art. 159 CPC
; HASENBÖHLER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2
e
éd. 2013, n° 3 ad
art. 159 CPC
).
BGE 141 III 80 S. 82
Les organes exécutifs, mais aussi toutes les personnes qui peuvent valablement représenter la société anonyme dans les actes juridiques avec des tiers en vertu des règles du droit civil, peuvent accomplir des actes judiciaires en son nom, comme signer des écritures, donner procuration à un avocat et comparaître aux audiences. Sont en premier lieu légitimés à représenter la société en justice les membres du conseil d'administration et, à moins que les statuts ou le règlement d'organisation ne l'exclue, un seul des membres de celui-ci (
art. 718 al. 1 CO
). En second lieu, la société peut être représentée en justice par un ou plusieurs des membres du conseil d'administration (délégués) ou par des tiers (directeurs), auxquels le conseil d'administration a délégué son pouvoir de représentation (
art. 718 al. 2 CO
; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, loc. cit.; BOHNET, loc. cit.; LEU, in Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner/Gasser/Schwander [éd.], 2011, n° 6 ad
art. 159 CPC
). Toutes ces personnes sont organes, expriment directement la volonté de la société et sont inscrites au registre du commerce (
art. 720 CO
). En troisième lieu, sans avoir la qualité d'organes, en vertu de leurs pouvoirs de représentation, peuvent représenter la société en justice les fondés de procuration (
art. 458 CO
), qui sont inscrits au registre du commerce et n'ont pas besoin de pouvoir spécial pour plaider, à moins que leur procuration n'ait été restreinte (
art. 460 al. 3 CO
), ainsi que les mandataires commerciaux (
art. 462 CO
), qui ne sont pas inscrits au registre du commerce, à condition qu'ils aient reçu le pouvoir exprès de plaider (
art. 462 al. 2 CO
; dans ce sens déjà, pour la comparution à l'audience de conciliation:
ATF 140 III 70
consid. 4.3 p. 72; cf. LEUCH/MARBACH/KELLERHALS/STERCHI, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 5
e
éd. 2000, n° 1a ad
art. 83 CPC
/BE). Chacune des personnes habilitée à représenter la société en justice doit justifier de sa qualité et de son pouvoir en produisant soit un extrait du registre du commerce, soit l'autorisation qui lui a été délivrée pour plaider et transiger dans l'affaire concrète dont le tribunal est saisi (cf.
art. 68 al. 3 CPC
).
Savoir quelle(s) personne(s) est (sont) habilitée(s) à représenter la société anonyme en procédure ressortit ainsi à la capacité d'ester en justice de celle-ci. Il s'agit d'une condition de recevabilité de la demande (
art. 59 al. 2 let
. c CPC). Le fait que cette ou ces personnes ne doivent ensuite être interrogées que comme partie (
art. 159 CPC
en relation avec les art. 163-164 et 191-192 CPC), et non comme témoin (art. 169 ss en relation avec les
art. 165-167 CC
), qu'elles
BGE 141 III 80 S. 83
peuvent donc avoir des contacts avec l'avocat de la société anonyme, peuvent assister aux audiences au cours desquelles sont notamment interrogés les témoins, n'en est qu'une conséquence.
1.4
En l'espèce, la cour cantonale n'a pas dénié à la société défenderesse la capacité d'ester en justice, ayant choisi qu'elle serait représentée au procès par C., de sorte que la question de la recevabilité du recours sous l'angle de l'
art. 93 al. 1 let. b LTF
n'entre pas en considération.
En n'admettant comme représentant de la société défenderesse qu'une seule personne, C. - qui, au demeurant, n'a que la signature collective à deux -, la cour cantonale a privé la société de son droit de désigner le membre du conseil d'administration, le directeur, le fondé de procuration ou le mandataire commercial, ce dernier avec pouvoir exprès pour plaider, qui ont personnellement connaissance des faits de la cause pour la représenter en justice. Une telle décision est susceptible de causer un préjudice irréparable au sens de l'
art. 93 al. 1 let. a LTF
, dès lors que la question de savoir si une autre personne ou d'autres personnes auraient pu également représenter la société ne pourra pratiquement pas être soulevée avec la décision finale.
Les mêmes considérations valent pour la décision prise en audience du 6 janvier 2014, laquelle n'est que la conséquence de la décision du 23 décembre 2014.
| null |
nan
|
fr
| 2,015 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f4182690-5de7-49dd-b5b5-418708867c45
|
Urteilskopf
110 III 17
5. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 20. Januar 1984 i.S. X. (Rekurs)
|
Regeste
Lohnpfändung.
Der Gebrauch eines Automobils für die Fahrt zur Arbeit ist bei einer alleinstehenden Mutter eines kleinen Kindes als notwendig zu betrachten, wenn die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel mit einer Verlängerung der Fahrzeit verbunden wäre, die das Zusammensein mit dem Kind zeitlich über Gebühr einschränken würde.
|
Erwägungen
ab Seite 17
BGE 110 III 17 S. 17
Aus den Erwägungen:
1.
Auf Grund der für die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (vgl. Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit
Art. 81 OG
) ist davon auszugehen, dass die Rekurrentin mit ihrem siebenjährigen
BGE 110 III 17 S. 18
Sohn A. zusammenlebt, der in schulpsychologischer Behandlung steht. Da die Rekurrentin berufstätig ist, hält sich das Kind tagsüber (nach den Angaben der Rekurrentin von morgens 07.35 Uhr bis abends 17.20 Uhr) bei einer Tagesmutter auf, wo es das Mittagessen und zwei Zwischenverpflegungen einnimmt. Die Rekurrentin hat hiefür Fr. 500.- im Monat zu bezahlen. Zur Arbeit fährt sie mit ihrem eigenen Personenwagen. Während ihr das Betreibungsamt die Benützung dieses Fahrzeuges zugestanden und bei der Ermittlung des Notbedarfs unter diesem Titel Fr. 500.- im Monat eingesetzt hatte (Fr. 200.- als Abzahlungsrate und Fr. 300.- als Betriebskosten), hielten die kantonalen Aufsichtsbehörden dafür, es sei ihr zuzumuten, die Fahrt zum Arbeitsplatz mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Personalbus ihrer Arbeitgeberin zurückzulegen. Im angefochtenen Entscheid wurden deshalb anstelle der Autokosten die Kosten für Post- und Bahnabonnement eingesetzt.
2.
Ob einem Pfändungsschuldner zugestanden werden kann, für die Fahrt zum Arbeitsplatz ein eigenes Fahrzeug zu benützen, ist eine Frage des Ermessens (vgl.
BGE 104 III 75
E. 2b). Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer darf in einem solchen Fall deshalb nur eingreifen, wenn die kantonale Aufsichtsbehörde das ihr zustehende Ermessen überschritten oder missbraucht, d.h. sachfremde Kriterien mitberücksichtigt oder rechtserhebliche Umstände ausser acht gelassen hat (vgl.
BGE 106 III 78
mit Hinweis;
BGE 105 III 76
E. 3b).
a) Mit dem Rekursgegner nimmt die Vorinstanz an, das Automobil sei für die Rekurrentin nicht unentbehrlich, weil sie ohne weiteres mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren könne; wenn sie morgens an ihrem Wohnort ... um 06.38 Uhr das Postauto nach R. besteige und anschliessend mit dem Zug nach S. weiterfahre, treffe sie dort um 07.06 Uhr ein; mit dem Personalbus ihrer Arbeitgeberin könne sie alsdann den Arbeitsort pünktlich um 07.30 Uhr erreichen. Für die Rückfahrt am Abend könne sie um 17.18 Uhr in S. den Zug besteigen und treffe um 17.40 Uhr mit dem Postauto an ihrem Wohnort ein. Nach den Feststellungen der Vorinstanz verlängert sich die Zeit für die Fahrt zur Arbeit um ungefähr eine Stunde (Hin- und Rückfahrt), wenn die Rekurrentin statt ihres eigenen Personenwagens Bus und Bahn benützt.
b) Eine Unannehmlichkeit der erwähnten Art ist einem Betreibungsschuldner grundsätzlich ohne weiteres zuzumuten, was auch die Rekurrentin im Grunde genommen nicht in Abrede stellt. Sie
BGE 110 III 17 S. 19
weist jedoch darauf hin, dass die Verlängerung der Fahrzeit zur Folge hätte, dass sie ihr Kind morgens früher zur Tagesmutter bringen und abends länger dort lassen müsste. Die sich so ergebende längere Trennung würde nach Ansicht des Schulpsychologen dem Kind schaden. Im übrigen sei die gegenwärtige Tagesmutter nicht bereit, A. am Morgen früher zu sich zu nehmen, so dass ein Wechsel des Pflegeplatzes notwendig würde.
c) Gemäss
Art. 93 SchKG
können Lohnguthaben nur soweit gepfändet werden, als sie nicht nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und für seine Familie unumgänglich notwendig sind. Nach der Rechtsprechung ist eine Pfändung als nichtig aufzuheben, wenn sie den Schuldner oder seine Angehörigen geradezu in eine unhaltbare Notlage brächte (vgl.
BGE 105 III 49
;
BGE 97 III 11
mit Hinweisen). Der Gesichtspunkt der Menschenwürde, der darin zum Ausdruck kommt (vgl. auch
BGE 80 III 24
f., worin ausdrücklich auf die Menschenwürde des Schuldners hingewiesen wird), verlangt, dass in einem Fall wie dem vorliegenden auch das Wohl des Kindes in Betracht gezogen wird.
d) Wird der Rekurrentin zugemutet, für die Fahrt zur Arbeit auf ihr eigenes Automobil zu verzichten, muss sie ihren Wohnort mit dem Postauto um 06.38 Uhr verlassen, wobei sie zuvor noch ihr Kind zur Tagesmutter zu begleiten hat. ... Die Vorinstanz führt freilich aus, A. wäre in der Lage, den Weg zur Tagesmutter allein zu finden. Es ist einzuräumen, dass er sich unbegleitet dorthin begeben könnte. Indessen geht es nicht an, einem erst siebenjährigen Kind die Verantwortung zu übertragen, die Wohnung abzuschliessen, die seine Mutter eine Stunde früher verlassen hat. Diese Frage ist jedoch letztlich ebenso unerheblich wie die Frage, ob die gegenwärtige Tagesmutter von A. überhaupt bereit wäre, ihn früher als bisher bei sich aufzunehmen und abends länger zu betreuen. Entscheidend ist vielmehr, dass das zeitlich ohnehin schon recht beschränkte Zusammensein von A. mit seiner Mutter noch mehr verkürzt würde, falls diese für die Fahrt zur Arbeit auf ihr eigenes Automobil verzichten müsste, abgesehen davon, dass das erst siebenjährige Kind - ungeachtet der Jahreszeit - gezwungen wäre, sehr früh aufzustehen. Im Interesse der Entwicklung eines Kindes im erwähnten Alter darf der Kontakt mit der Mutter nicht über Gebühr eingeschränkt werden. Dies gilt erst recht für A., der in schulpsychologischer Behandlung steht. Die Entbehrung, die ihm auferlegt würde, wenn die Rekurrentin auf die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel verwiesen würde, wäre nach dem
BGE 110 III 17 S. 20
Gesagten mit dem Sinn von
Art. 93 SchKG
nicht vereinbar. Indem die Vorinstanz den persönlichen Bedürfnissen von A. keine Rechnung trug, hat sie demnach Bundesrecht verletzt.
...
| null |
nan
|
de
| 1,984 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f42714c1-46bf-4161-88a4-4668089d6548
|
Urteilskopf
105 IV 1
1. Urteil des Kassationshofes vom 19. März 1979 i.S. F. und S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
|
Regeste
1.
Art. 2 Abs. 2 StGB
. Ein Zeitgesetz ist auf die unter seiner Herrschaft begangenen Verfehlungen auch dann anzuwenden, wenn es ausser Kraft getreten ist. Späteres milderes Recht wirkt nicht auf die Beurteilung der während der Geltungsdauer des Zeitgesetzes begangenen Handlungen zurück (E. 1).
2. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Verordnung über die Bekanntgabe von Detailpreisen. Waren, die dem Letztverbraucher angeboten werden, sind mit dem tatsächlich zu bezahlenden Preis anzugeben. Diese die Klarheit und Vergleichbarkeit von Preisen fördernde Regelung gilt sinngemäss auch für die Werbung, sofern darin Preisangaben gemacht werden (E. 3).
|
Sachverhalt
ab Seite 2
BGE 105 IV 1 S. 2
A.-
Die Firma X. mit Sitz in der Schweiz vertreibt durch eine Anzahl Filialen verbilligte elektrische Haushaltapparate wie Waschmaschinen, Geschirrwaschautomaten, Kochherde, Kühlschränke und Kleinapparate (Toaster, Dampfbügeleisen, Kaffeemaschinen, usw.) der Marken Bauknecht, Braun, Miele, Turmix, usw. Von November 1976 bis Frühjahr 1977 stellte sie in verschiedenen aargauischen Zeitungsinseraten für einzelne Gegenstände sogenannte Stattpreise, Rabatte oder ziffernmässig umschriebene Preisabschläge im Vergleich zu Katalogpreisen in Aussicht.
B.-
Das Bezirksamt Baden büsste am 20. Mai 1977 F. und S. als verantwortliche Organe der genannten Firma mit Fr. 600.-- bzw. Fr. 300.-- gemäss Art. 8 des Bundesbeschlusses über die Preisüberwachung vom 19. Dezember 1975 (BB; SR 942.20) in Verbindung mit Art. 7, 11 und 17 der bundesrätlichen Verordnung über die Bekanntgabe von Detailpreisen vom 31. März 1976 (VADP; SR 942.211.3).
Das Bezirksgericht Baden sprach die Gebüssten am 22. Dezember 1977 von Schuld und Strafe frei.
Am 16. November 1978 verurteilte das Obergericht des Kantons Aargau F. und S. in Anwendung von Art. 2 Abs. 1 VADP und verfällte sie gemäss Art. 8 des erwähnten Bundesbeschlusses in bedingt vorzeitig löschbare Bussen von Fr. 600.-- bzw. Fr. 400.--.
C.-
F. und S. führen eidg. Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragen Freisprechung von Schuld und Strafe.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragt Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Am 31. Dezember 1978 ist der Bundesbeschluss über die Preisüberwachung vom 19. Dezember 1975 ausser Kraft getreten (Art. 16 Abs. 3 des BB; SR 942.20) und mit ihm auch die bundesrätliche Verordnung vom 31. März 1976 über die Bekanntgabe von Detailpreisen.
Dieser Umstand ist jedoch für die Beurteilung der während der Geltung dieser Erlasse begangenen Verfehlungen ohne Belang; denn der Bundesbeschluss und die bundesrätliche Verordnung waren sogenannte Zeitgesetze, d.h. Erlasse mit von vornherein zeitlich beschränkter Geltungsdauer. Ein Zeitgesetz ist auf die unter seiner Herrschaft begangenen Verfehlungen
BGE 105 IV 1 S. 3
auch dann anzuwenden, wenn es ausser Kraft getreten ist. Späteres milderes Recht wirkt nicht auf die Beurteilung der während der Geltungsdauer des Zeitgesetzes begangenen Handlungen zurück (
BGE 102 IV 202
E. b).
2.
Die Vorinstanz büsste die beiden Beschwerdeführer mit der Begründung, diese seien in der inkriminierten Zeit verantwortlich gewesen für verschiedene Inserate, die sie in der aargauischen Tagespresse erscheinen liessen. Die Anzeigen enthielten einerseits Detailpreise ohne präzise Bezeichnung der Ware und anderseits bei genannten Gegenständen keine genaue Angabe des Detailpreises.
Insoweit die Inserate sogenannte Statt-Preise, d.h. neben dem Detailpreis auch andere, höhere Preise enthielten, wurden die Beschwerdeführer von der Vorinstanz nicht zur Rechenschaft gezogen mit der Begründung, die betreffenden Preisangaben bezögen sich auf je ein zu verkaufendes Gerät, was keine Verletzung von Art. 6 VADP darstelle.
Die Beschwerdeführer bestreiten einen Verstoss gegen den Bundesbeschluss und die Verordnungsbestimmungen. Sie machen geltend, Ausdrücke wie "Tiefstpreise, Discount, etc." seien ebensowenig Preisangaben wie "10-30% Rabatt" oder "Fr. 500.-- billiger". Sinn und Zweck der Bestimmungen sei, dass der Kunde über den tatsächlichen Preis einer bestimmten Ware nicht irregeführt werden dürfe; insbesondere sei die Angabe irreführender Preise untersagt. Die von den Beschwerdeführern veröffentlichten Inserate mit dem Hinweis auf die Verbilligung einer Ware stelle aber keine Täuschung des Publikums dar. In der Werbung könnten nicht derart detaillierte Preise angegeben werden, wie es Art. 5 der VADP für ein Warenlager oder für Kataloge verlange. Deshalb könnten die betreffenden Vorschriften nur sinngemäss in der Werbung angewendet werden. Preisangaben vom Ausdruck "günstig" bis zur Bezeichnung "Schleuderpreise" liessen sich nicht genau abgrenzen; andernfalls hätte der Gesetzgeber eine Liste unerlaubter Preishinweise aufführen müssen.
3.
a) Waren, die dem Letztverbraucher angeboten werden, sind mit dem Detailpreis, d.h. mit dem Preis, der tatsächlich zu bezahlen ist, anzugeben (Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VADP). Diese wie die übrigen Bestimmungen über die Anschrift der Preise finden auf die Werbung für alle Waren und Dienstleistungen sinngemäss Anwendung, sofern darin Preisangaben gemacht werden (Art. 12 VADP). Das besagt einerseits,
BGE 105 IV 1 S. 4
dass Werbung für Waren ohne Preisangabe betrieben werden darf, anderseits dass dann, wenn in der Werbung Preisangaben gemacht werden, die Vorschriften der Verordnung über die Preisangabe grundsätzlich anwendbar sind, aber nur soweit sie "sinngemäss" auf die anders gelagerten Verhältnisse der Werbung übertragbar sind. Die Verordnung bezweckt die Förderung der Klarheit und Vergleichbarkeit von Preisen (Art. 1 VADP).
b) Die Wegleitung vom 31. März 1976 des Büros des Beauftragten für die Preisüberwachung stellt zu Art. 12 der Verordnung fest, dass weiterhin Werbung ohne Preisangabe betrieben werden darf, dass aber im Falle von Preisangaben die Verordnung sinngemäss anzuwenden ist. Das bedeutet, dass der vom Letztverbraucher tatsächlich zu bezahlende Preis in der Reklame angegeben werden muss. Ferner hat aus der Preisangabe hervorzugehen, auf welche Waren und Dienstleistungen sich der Preis bezieht. Sodann gilt auch das Verbot der Angabe mehrerer Preise. Als Werbung zu betrachten sind insbesondere Inserate in Zeitungen, Plakate, Flugblätter, Prospekte, Reklame im Fernsehen, etc.
Diese Wegleitung gibt die Ansicht eines Staatsorganes über die Anwendung der Verordnung wieder und enthält daher keine allgemeingültige Auslegung. Sie entspricht aber der Verordnung zumindest insoweit, als sie grundsätzlich die Hauptregeln der Verordnung als anwendbar erklärt, nämlich die Bestimmung, dass der Detailpreis einer Ware anzugeben ist (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 VADP), falls überhaupt Preisangaben gemacht werden, sodann zu sagen, auf welche Ware sich der Detailpreis bezieht (Art. 6 VADP) und endlich das Verbot, neben dem massgebenden Detailpreis weitere Preise für dieselbe Ware aufzuführen (Art. 7, vorbehältlich Abs. 2 VADP). Wäre eine dieser Regeln nicht wenigstens grundsätzlich anwendbar, so hätte in Art. 12 VADP ein Vorbehalt gemacht werden müssen. Von der Sache her drängt sich aber keine solche Einschränkung auf. Gegenteils folgt aus Art. 1 VADP, dass Klarheit und Vergleichbarkeit von Preisen zu fördern sind, d.h. dass das, was die Pflicht zur Bekanntgabe des Detailpreises anstrebt, nicht durch andersartige Preisangaben in der Werbung wieder verdunkelt und verwirrt werden soll. In diesem Sinne wurde die Werbung insoweit in die Verordnung einbezogen, als jene Preisangaben enthält. Wohl kann man von der Werbung, insbesondere von Zeitungsinseraten, nicht verlangen
BGE 105 IV 1 S. 5
jede Ware einzeln mit dem massgebenden Detailpreis aufzuführen. Wird aber eine bestimmte Ware angeboten und werden zu ihr Preisangaben gemacht, dann ist es für den Werbenden zumutbar, dass er den massgebenden Detailpreis statt anderer preislicher Angaben bekanntgibt. Wird umgekehrt ein bestimmter Detailpreis für eine Ware genannt, so ist dem Werbenden zuzumuten, die Ware so genau zu bezeichnen, dass darüber beim Letztverbraucher keine Irrtümer entstehen. Insoweit sind also die Vorschriften über die Bekanntgabe von Detailpreisen sinngemäss auf die Werbung anzuwenden.
4.
a) Die Beschwerdeführer haben nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz in mehreren Inseraten für bestimmt genannte Waren geworben und dafür Preisangaben gemacht, ohne aber den massgebenden Detailpreis zu nennen. So inserierten sie beispielsweise wie folgt: "Waschautomaten: Miele 4,5 kg Fr. 500.-- billiger; AEG 4,5 kg Fr. 540.-- billiger; Bauknecht Fr. 380.-- billiger; Novomatic 4,5 kg Fr. 690.-- billiger/Geschirrspüler: Miele Fr. 600.-- billiger.../Tumbler: Miele Fr. 400.-- billiger..." (Badener Tagblatt vom 7. April 1977). Ähnliche Inserate machten die Beschwerdeführer im Aargauer Tagblatt vom 5. November 1976, im Aargauer Kurier vom 4. November 1976, im Landanzeiger vom 4. November 1976 sowie im Aargauer Volksblatt vom 21. März 1977. Diesen Inseraten konnte der Leser nicht entnehmen, welches der massgebende Detailpreis sei. Überdies bestand Ungewissheit über den höheren Ausgangspreis.
b) Andere von den Beschwerdeführern publizierte Inserate enthalten Detailpreise für Waren, die nur der Gattung nach, also ohne Markenbezeichnung genannt werden, so dass der Leser im Unklaren bleibt, welche Gegenstände für den ausgeschriebenen Preis angeboten werden. Der Interessent kann auch geneigt sein, den Preis mit einer anderen Ware der gleichen Gattung in Verbindung zu bringen, was irreführend ist. Das gilt beispielsweise für Inserate, die am 26. Januar 1977 im Badener Tagblatt und im März 1977 in zahlreichen andern aargauischen Zeitungen erschienen sind und in denen Haushaltapparate wie folgt empfohlen wurden: "Waschautomat 4 kg 220/230 V... Fr. 499.--/Gefriertruhe 250 l... Fr. 400.--/Kühlschrank 140 l Fr. 249.--, 250 l Fr. 398.--/ Staubsauger, Höchstleistungsmodell... absolute Spitzenmarke... Fr. 269.--/ Tumbler 4,5 kg... SIH-empfohlenes Spitzenfabrikat Fr. 1'290.--".
BGE 105 IV 1 S. 6
5.
a) Der Einwand der Beschwerdeführer, sie hätten in ihren Inseraten keine Preisangaben gemacht, geht somit fehl. Die Beschwerdeführer verwechseln den Anwendungsbereich der Verordnung - der Preisangaben für Waren und Leistungen im direkten Verkauf und nach Art. 12 VADP auch in der Werbung umfasst, die sich an Letztverbraucher richten - mit dem materiellen Inhalt (Gebote, Verbote, usw.) der Verordnung, welcher die Bekanntgabe des massgebenden Detailpreises vorschreibt. Beschränkte sich der Anwendungsbereich der Verordnungsbestimmungen auf die Modalitäten des erlaubten "Detailpreises", so blieben die Regeln wirkungslos gegenüber ungenauen, unklaren und irreführenden Preisangaben; sie wären damit ungeeignet, jene Preisangaben zu verhindern, die sie bekämpfen sollen. Daran ändert Art. 2 Abs. 1 VADP nichts, wenn er systematisch ungenau bereits unter "Anwendungsbereich" die an sich erst unter Art. 3 gehörende Vorschrift enthält, den Detailpreis anzuschreiben.
b) Die übrigen Ausführungen der Beschwerde gehen an der Sache vorbei. Sie befassen sich mit allgemeineren Preisangaben, die entweder überhaupt keine Zahlen nennen ("Tiefstpreise", "Schleuderpreise") oder aber nur in allgemeiner Form Preisreduktionen ("10-30% Rabatt", "Fr. 500.-- billiger") in Aussicht stellen, ohne auf näher bestimmte Warengattungen Bezug zu nehmen. Die Preisangaben der Beschwerdeführer waren nach den Feststellungen der Vorinstanz konkreter. Sie verleiteten den Leser, zwischen genauen Preisen und nur ungenügend klar bezeichneten Waren oder zwischen genau oder annähernd genau bezeichneten Waren und nur ungenügend eindeutig bezeichneten Preisen eine Beziehung herzustellen, was geeignet war, Letztverbraucher irrezuführen.
6.
Waren die Preisangaben der Beschwerdeführer in den betreffenden Inseraten irreführend, dann halten sich Art. 12 VADP sowie der angefochtene Entscheid im Rahmen des Bundesbeschlusses über die Preisüberwachung vom 19. Dezember 1975. Von einer Bundesrechtsverletzung kann demnach keine Rede sein.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
| null |
nan
|
de
| 1,979 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f428e8d9-3faf-474a-89c2-f328fe4bee2c
|
Urteilskopf
102 V 87
21. Auszug aus dem Urteil vom 27. April 1976 i.S. Camenzind gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Kantonsgericht des Kantons Zug
|
Regeste
Ende der Versicherung.
Arbeitszeitguthaben aus gleitender Arbeitszeit beinhalten keinen Lohnanspruch im Sinne des
Art. 62 Abs. 2 KUVG
.
|
Sachverhalt
ab Seite 87
BGE 102 V 87 S. 87
Aus dem Tatbestand:
A.-
Der 1950 geborene, ledige Markus Camenzind verunfallte am 8. September 1973 abends beim Abstieg vom Piz Badile tödlich. Er hatte als Bauzeichner in einem Architekturbüro in Zug gearbeitet und zuletzt einen monatlichen Bruttolohn von Fr. 2'000.-- verdient, bei einer - im Rahmen der gleitenden Arbeitszeit - wöchentlichen Sollzeit von 42 1/2 Stunden; sein jährlicher Ferienanspruch hatte 3 Wochen betragen. Markus Camenzind hatte vor Antritt seiner 3wöchigen Ferien, die am 16. Juli 1973 begannen, um einen zusätzlichen, unbezahlten Urlaub von 2 Wochen gebeten; am 17. August 1973 hatte er seinen Arbeitgeber ersucht, ihm den Urlaub um weitere 3 Wochen zu verlängern; er hätte die Arbeit am 10. September 1973 wieder aufnehmen müssen. Der Arbeitgeber richtete ihm den Lohn für den Monat Juli von Fr. 1'890.-- aus; im September 1973 bezahlte er für das aus gleitender Arbeitszeit noch vorhandene Arbeitszeitguthaben einen Betrag
BGE 102 V 87 S. 88
von Fr. 945.-- sowie eine Todesfallentschädigung von Fr. 2'000.--.
Mit Verfügung vom 7. November 1973 lehnte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gestützt auf
Art. 62 Abs. 2 KUVG
die Ausrichtung von Versicherungsleistungen, namentlich der Hinterlassenenrenten für die Eltern ab.
B.-
Das Kantonsgericht des Kantons Zug wies durch Entscheid vom 2. Juli 1975 eine von den Eltern Camenzind erhobene Beschwerde ab. Das Gericht stellte im wesentlichen fest, der Lohnanspruch des verunfallten Markus Camenzind sei am letzten Tag der bezahlten Ferien, d.h. am 4. August 1973, zu Ende gegangen. Die 30tägige Frist des
Art. 62 Abs. 2 KUVG
habe am 5. August 1973 begonnen und sei demnach am 3. September 1973 abgelaufen. Zur Zeit des Unfalles sei Markus Camenzind somit nicht mehr versichert gewesen.
C.-
Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lassen die Eltern des Verstorbenen beantragen, die SUVA sei zu verpflichten, ihnen die gesetzlichen Leistungen aus dem tödlichen Unfall ihres Sohnes vom 8. September 1973 auszurichten.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Gemäss dem bis zum 31. Dezember 1973 gültig gewesenen
Art. 62 Abs. 2 KUVG
, der auf den vorliegenden Fall noch Anwendung findet, endet die Versicherung mit dem Ablauf des dreissigsten Tages nach dem Tage, an dem der Lohnanspruch aufhört. Die Anstalt ist befugt, für die Fortführung der Versicherung über diesen Zeitpunkt hinaus besondere Abreden zu treffen.
2.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass Markus Camenzind am 13. oder 14. Juli 1973 zum letzten Mal gearbeitet und die ordentlichen 3wöchigen Ferien angetreten hat, welche am 4. oder 5. August 1973 beendet waren. Anschliessend bezog er einen 5wöchigen unbezahlten Urlaub und hätte die Arbeit am 10. September 1973 wieder aufnehmen müssen; am 8. September 1973 verunfallte er tödlich.
Es ist ferner erwiesen, dass für die Zeit des unbezahlten Urlaubs eine Verlängerung der Nichtbetriebsunfallversicherung
BGE 102 V 87 S. 89
durch Abrede unterlassen worden ist; der Arbeitgeber hatte dazu als Zeuge glaubhaft erklärt, dass eine schriftliche Belehrung über die Möglichkeit einer solchen Verlängerung in Anschlagsform an einem allgemein zugänglichen Ort des Betriebes angebracht war. Im übrigen kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht gesagt werden, die Globalorientierung der SUVA sei ungenügend gewesen.
Unbestritten ist endlich, dass Markus Camenzind den letzten Lohn im Betrage von Fr. 1'890.-- Ende Juli 1973 bezogen hatte und dass der Arbeitgeber seinen Eltern ein "halbes Monatssalär" von Fr. 945.-- sowie eine Todesfallentschädigung von Fr. 2'000.-- ausrichtete.
3.
Die Beschwerdeführer machen geltend, die 30tägige Frist des
Art. 62 Abs. 2 KUVG
sei - entgegen der vorinstanzlichen Feststellung - nicht am 3. September, sondern erst nach dem 8. September 1973 abgelaufen; die Vorinstanz habe es zu Unrecht unterlassen, Markus Camenzind ein Arbeitszeitguthaben von mindestens 5 Tagen im Anschluss an die 3wöchige Ferienperiode im August anzurechnen. Es fragt sich somit, ob Arbeitszeitguthaben aus gleitender Arbeitszeit Lohnansprüche gemäss
Art. 62 Abs. 2 KUVG
beinhalten.
Der kantonale Richter hat zutreffend entschieden, dass die Bildung eines Arbeitszeitguthabens auf den Lohnanspruch keinen Einfluss hat, weil der Lohn auf der Basis der Sollzeit ausbezahlt wird. Mit der gleitenden Arbeitszeit sollen nämlich grundsätzlich nicht Arbeitszeitguthaben geschaffen werden, die später durch Lohnzahlung abgegolten oder durch bezahlte Freizeit ausgeglichen werden können. Vielmehr ist das "Gleitzeitpolster" durch Verkürzung der Arbeitszeit - und nur im Rahmen der Gleitzeit - wieder abzubauen.
Selbst unter der Annahme, dass in einem Fall wie dem vorliegenden bei gleitender Arbeitszeit ein Arbeitszeitguthaben durch bezahlte Freizeit kompensiert werden könnte, führt ein solches Guthaben nach einem Beschluss des Gesamtgerichts vom 9. Januar 1976 nicht zu einer entsprechenden Verlängerung des in
Art. 62 Abs. 2 KUVG
erwähnten Lohnanspruchs; diese Kompensation durch bezahlte Freizeit stellt auch keine Ferien dar. Mit der Bestimmung über das Ende der Versicherung sollen Deckungslücken zwar soweit als möglich verhindert werden. Dies kann aber nicht dazu führen, dass durch Bildung von Arbeitszeitguthaben Lohnansprüche hinausgeschoben
BGE 102 V 87 S. 90
werden.
Art. 62 Abs. 2 KUVG
bezweckt nämlich auch, beweismässig klare Verhältnisse zu schaffen (vgl. MAURER, Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl., S. 70).
4.
Nach dem Gesagten braucht nicht geprüft zu werden, wie hoch das Arbeitszeitguthaben aus gleitender Arbeitszeit tatsächlich war. Unerheblich ist auch, dass der Arbeitgeber den Beschwerdeführern Fr. 945.-- als "halbes Monatssalär" ausgerichtet hat. Vielmehr steht fest, dass Markus Camenzind im Zeitpunkt seines Todes am 8. September 1973 nicht mehr versichert war; denn die 30tägige Frist des
Art. 62 Abs. 2 KUVG
begann nach Ende der 3wöchigen Ferien entweder am 5. oder 6. August 1973 und endete somit spätestens am 4. September 1973 ...
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
| null |
nan
|
de
| 1,976 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f4304f0c-ac35-4510-aa2d-050ec2fae649
|
Urteilskopf
124 III 79
16. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 9. Januar 1998 i.S. T. G.-D. (Beschwerde)
|
Regeste
Art. 154 Abs. 1 SchKG
; Frist für die Stellung des Verwertungsbegehrens.
Die Bestimmung über den Fristenstillstand während eines hängigen gerichtlichen Verfahrens bezieht sich nur auf die Maximalfrist - im vorliegenden Fall einer Betreibung auf Grundpfandverwertung auf die Maximalfrist von zwei Jahren -, nicht aber auf die Minimalfrist.
|
Sachverhalt
ab Seite 79
BGE 124 III 79 S. 79
A.-
Am 7. Oktober 1997 teilte das Betreibungsamt S. in den von der Basellandschaftlichen Kantonalbank gegen T. G.-D. eingeleiteten Betreibungen der Schuldnerin den Eingang der Verwertungsbegehren der Gläubigerin mit. Das veranlasste die Schuldnerin, vom Betreibungsamt zu verlangen, dass es die erwähnten Verwertungsbegehren zurückweise; denn diese seien verfrüht gestellt worden.
Das Betreibungsamt wies den Antrag der Schuldnerin mit Verfügung vom 20. Oktober 1997 ab. Es hielt fest, dass die Gläubigerin die Mindestfrist von sechs Monaten, welche
Art. 154 Abs. 1 SchKG
für das Begehren um Verwertung eines Grundpfandes setzt, eingehalten habe.
BGE 124 III 79 S. 80
B.-
T. G.-D. beschwerte sich über die Verfügung des Betreibungsamtes bei der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft. Sie machte im wesentlichen geltend, die Minimalfrist von sechs Monaten für die Einreichung des Verwertungsbegehrens verlängere sich um die Zeit zwischen der Stellung des Rechtsöffnungsgesuches und der Rechtskraft des Rechtsöffnungsentscheides. Im vorliegenden Fall seien das Rechtsöffnungsgesuch am 3. März 1997 gestellt und die gerichtlichen Verfahren aufgrund des Appellationsrückzugs vom 4. August 1997 vom Obergericht mit Beschluss vom 5. August 1997 abgeschrieben worden. Die Minimalfrist für die Stellung des Verwertungsbegehrens, die mit der Zustellung des Zahlungsbefehls am 11. Februar 1997 zu laufen begangen habe, sei demzufolge vom 3. März bis 5. August 1997, also fünf Monate und zwei Tage, stillgestanden. Die Gläubigerin könne somit das Verwertungsbegehren frühestens am 16. Januar 1998 stellen.
Die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft wies die Beschwerde am 1. Dezember 1997 ab. Denselben Entscheid fällte am 9. Januar 1998 die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Im Beschwerdeverfahren vor der erkennenden Kammer ist nach wie vor die Anwendung von
Art. 154 Abs. 1 SchKG
(in der Fassung vom 16. Dezember 1994, in Kraft seit 1. Januar 1997) strittig, welcher lautet:
"Der Gläubiger kann die Verwertung eines Faustpfandes frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr, die Verwertung eines Grundpfandes frühestens sechs Monate und spätestens zwei Jahre nach der Zustellung des Zahlungsbefehls verlangen. Ist Rechtsvorschlag erhoben worden, so stehen diese Fristen zwischen der Einleitung und der Erledigung eines dadurch veranlassten gerichtlichen Verfahrens still."
a) Im angefochtenen Entscheid ist die Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft davon ausgegangen, dass nach Rechtsprechung und Lehre zum alten
Art. 154 SchKG
das Gerichtsverfahren nur die Maximalfrist, nicht aber die Minimalfrist unterbreche. Die Änderung von
Art. 154 Abs. 1 SchKG
begründe die Botschaft zur Revision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs damit, dass die Regelung betreffend den Fristenstillstand an die neue Fassung von
Art. 88 Abs. 2
BGE 124 III 79 S. 81
SchKG
angepasst werde. Dieser betreffe klar die Verlängerung der Maximalfrist für das Fortsetzungsbegehren. Der Revisionsvorschlag habe weder an der Struktur von
Art. 88 SchKG
noch an derjenigen von
Art. 154 SchKG
etwas geändert; es sei dabei geblieben, dass Minimalfrist und Maximalfrist in
Art. 88 SchKG
in zwei Absätzen geregelt, in
Art. 154 SchKG
aber in einem Satz zusammengefasst wurden. Die Frage der Geltung des Fristenstillstandes auch für die Minimalfrist habe in der parlamentarischen Beratung nicht zur Diskussion gestanden.
Die Verschiebung der Minimalfrist für die Stellung des Verwertungsbegehrens um fünf Monate und zwei Tage, welche die Schuldnerin im vorliegenden Fall anstrebt, hält die kantonale Aufsichtsbehörde als für die Gläubigerin unzumutbar.
b) Die Beschwerdeführerin beharrt mit ihrer der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts eingereichten Rechtsschrift auf dem Standpunkt, dass das Verwertungsbegehren frühestens nach Ablauf der gesetzlichen Frist von sechs Monaten, verlängert um die Zeit zwischen der Stellung des Rechtsöffnungsgesuchs und der Rechtskraft des Rechtsöffnungsentscheides, gestellt werden könne. Sie betont, dass der revidierte
Art. 154 SchKG
die Schutzwirkung der Minimalfrist von sechs Monaten zugunsten des Schuldners ausdehne, und kommt aus dieser Sicht zum Schluss, dass die Gläubigerin das Verwertungsbegehren nicht schon am 6. Oktober 1997 hätte stellen können, sondern damit bis zum 16. Januar 1998 zuwarten müsse.
2.
Art. 154 Abs. 1 SchKG
hat in der Fassung vom 16. Dezember 1994 lediglich eine redaktionelle Änderung erfahren, indem er an die neue Fassung von
Art. 88 SchKG
angepasst worden ist. Diese beiden Bestimmungen - wie auch
Art. 166 SchKG
- unterliegen daher derselben Betrachtungsweise; und weil sich inhaltlich gegenüber dem früheren Recht nur insofern etwas geändert hat, als die Frist des
Art. 166 Abs. 2 SchKG
von einem Jahr auf 15 Monate verlängert wurde, kann auf die drei erwähnten Bestimmungen die bisher entwickelte Rechtsprechung zum Fristenstillstand unbedenklich übertragen werden (vgl. BBl 1991 III, S. 72, 107, 109; FRIDOLIN M.R. WALTHER, Neue und angepasste Fristen im revidierten Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG), in: AJP/PJA 11/96, S. 1389; SIEGEN/BUSCHOR, Vom alten zum neuen SchKG, Zürich 1997, S. 103).
Art. 154 Abs. 1 SchKG
lässt nicht minder als
Art. 88 Abs. 2 und
Art. 166 Abs. 2 SchKG
erkennen, dass es um einen Fristenstillstand geht
BGE 124 III 79 S. 82
und dass dieser nur so verstanden werden kann, dass - bei der Verwertung eines Faustpfandes oder eines Grundpfandes - die Frist für die Stellung des Verwertungsbegehrens sich um die Dauer des Rechtsöffnungsverfahrens (oder um die Dauer eines Anerkennungs- oder Aberkennungsprozesses oder eines Verfahrens über die Feststellung neuen Vermögens wie auch um die Dauer einer gerichtlich verfügten Einstellung der Betreibung; AMONN/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Auflage Bern 1997, § 22 N. 12; siehe auch die Änderung der Rechtsprechung in
BGE 79 III 58
E. 1, S. 60 ff.) verlängert. Allerdings lassen die beiden letzteren Bestimmungen wegen der Gliederung in zwei Absätze besser erkennen, dass der Fristenstillstand sich nur auf die Maximalfrist bezieht. Das ändert indessen nichts daran, dass genau dasselbe auch bezüglich
Art. 154 Abs. 1 SchKG
gilt; denn nur wenn man davon ausgeht, dass das Rechtsöffnungs- oder ein anderes der genannten Verfahren den Lauf der Frist - nicht aber deren Beginn - für die Stellung des Verwertungsbegehrens hemmt, gelangt man zu einem richtigen Verständnis der Rahmenfrist, für welche es kein Wiederherstellungsrecht gibt (siehe dazu DOMINIK GASSER, Revidiertes SchKG - Hinweise auf kritische Punkte, in: ZbJV 132/1996, S. 636). So hat denn auch die Rechtsprechung bei der Anwendung von
Art. 154 SchKG
entschieden, dass nur der Lauf der Maximalfrist von zwei Jahren nach der Zustellung des Zahlungsbefehls, nicht aber auch der Lauf der Minimalfrist für die Stellung des Begehrens um Verwertung eines Grundpfandes gehemmt werde (
BGE 90 III 84
;
BGE 50 III 186
).
In der Rechtsprechung ist Sinn und Zweck der Maximalfrist erläutert worden: Der Gläubiger soll gezwungen werden, innert einer bestimmten Frist zu handeln - im Falle des
Art. 154 Abs. 1 SchKG
das Verwertungsbegehren zu stellen. Anderseits soll er keinen Nachteil dadurch erleiden, dass der Schuldner Rechtsvorschlag erhebt oder eines der genannten Verfahren einleitet; und aus diesem Grund fällt die Dauer eines solchen Prozesses bei der Berechnung der Maximalfrist nicht in Berechnung (
BGE 113 III 120
E. 3, S. 122f.;
BGE 106 III 51
E. 3, S. 55;
BGE 105 III 63
E. 2, S. 65f.). Für eine Auslegung im Sinne der Beschwerdeführerin, welche glaubt, der Fristenstillstand müsse sich zugunsten des Schuldners auswirken, besteht kein Raum.
| null |
nan
|
de
| 1,998 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f431632f-cb2f-49ce-a3a6-43aecafc6582
|
Urteilskopf
106 Ib 57
11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. März 1980 i.S. Eidgenössisches Departement des Innern gegen von Castelberg, Regierung des Kantons Graubünden sowie politische Gemeinde und Bürgergemeinde Disentis/Mustér (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 33 und 35 FPolG
; Teilung oder Veräusserung öffentlichen Waldes?
1. Derogatorische Kraft des Bundesrechts; Verhältnis zwischen Bundesrecht und kantonalem Recht auf dem Gebiete der Forstpolizei (E. 2).
2. Abgrenzung zwischen "Teilung" und "Veräusserung" öffentlichen Waldes (
Art. 33 und 35 FPolG
; E. 3 und 4).
|
Erwägungen
ab Seite 58
BGE 106 Ib 57 S. 58
Aus den Erwägungen:
2.
Das FPolG ist gestützt auf
Art. 24 BV
ergangen, der dem Bund das Recht der Oberaufsicht über die Forstpolizei verliehen und ihn beauftragt hat, die nötigen schützenden Bestimmungen zur Erhaltung der schon vorhandenen Waldungen aufzustellen. Dem Bund steht somit die Kompetenz zur Grundsatzgesetzgebung auf diesem Gebiet zu (vgl. BLOETZER, Die Oberaufsicht über die Forstpolizei nach schweizerischem Recht, Zürich 1978, S. 114 ff.). Nach dem Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts sind die Kantone in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur Rechtssetzung befugt (
BGE 102 Ia 375
E. 2;
BGE 101 Ia 506
E. 2b;
BGE 97 I 503
E. 3a). Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - die kantonalen Rechtssätze dem Bundesrecht inhaltlich nicht widersprechen (FLEINER/GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich 1949, S. 95). Die in den
Art. 33 ff. FPolG
enthaltene Regelung über Teilung und Veräusserung öffentlicher Waldungen ist abschliessend, soweit dies im vorliegenden Fall von Belang ist. Art. 41 Abs. 2 des bündnerischen Forstgesetzes ist somit nicht anwendbar, und es ist im folgenden einzig zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid vor den einschlägigen Bestimmungen des FPolG standhält. Ob der Bundesgesetzgeber mit dem Erlass der
Art. 33 ff. FPolG
noch im Rahmen seiner auf Grundsatzbestimmungen beschränkten Gesetzgebungskompetenz geblieben ist, hat das Bundesgericht gemäss
Art. 113 Abs. 3 BV
nicht zu untersuchen.
3.
a) Nach
Art. 33 FPolG
darf eine Teilung öffentlicher Waldungen zu Eigentum oder Nutzniessung nur mit Bewilligung der Kantonsregierung und nur zu öffentlicher Hand
BGE 106 Ib 57 S. 59
(
Art. 2 Abs. 1 lit. a FPolG
) erfolgen.
Art. 35 FPolG
schreibt vor, dass Gemeinde- und Korporationswaldungen, auch wenn die Veräusserung statutarisch statthaft ist, in keinem Falle ohne vorherige Bewilligung der betreffenden Kantonsregierung veräussert werden dürfen. Diese Bestimmung wird durch Art. 31 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 1. Oktober 1965 (FPolV) in dem Sinne näher ausgeführt, dass die vollständige oder teilweise Veräusserung von öffentlichen Wäldern nur mit Bewilligung der Kantonsregierung und in der Regel nur an die öffentliche Hand erfolgen darf.
b) Die Auffassung des beschwerdeführenden Departementes, die streitige Waldabtretung stelle eine Teilung öffentlichen Waldes im Sinne von
Art. 33 FPolG
dar, stützt sich auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 25. Oktober 1974 i.S. Leuthold (ZBl 76/1975 S. 294 ff.). Darnach ist unter "Teilung" im Sinne von
Art. 33 FPolG
jede Abtrennung einer Parzelle von einer öffentlichen Waldung, die bisher als ganzes bewirtschaftet wurde, zu verstehen. Das Gericht führte aus,
Art. 33 FPolG
solle verhindern, dass der Wald in unwirtschaftlicher Weise zerstückelt werde. Die weniger strenge Regelung des
Art. 35 FPolG
für Veräusserungen könne daher lediglich auf gänzlich isolierte Waldparzellen, die mit dem restlichen Wald des Gemeinwesens nicht zusammenhängen, Anwendung finden. Hingegen müsse
Art. 33 FPolG
sinngemäss jederzeit Platz greifen, wenn eine bisher zusammen mit angrenzendem Wald des gleichen Gemeinwesens bewirtschaftete Parzelle abgetrennt und veräussert werden solle (ZBl 76/1975 S. 295 f. E. 3a).
Diese Praxis schränkt den Anwendungsbereich des
Art. 35 FPolG
stark ein. Zwar scheint sie natürlicher Lesart der
Art. 33 und 35 FPolG
zu entsprechen. Sie orientiert sich indessen lediglich am Wortlaut dieser Bestimmungen und lässt weitere Auslegungselemente, namentlich die Entstehungsgeschichte der
Art. 33 und 35 FPolG
, ausser acht. Da Teilung und Veräusserung öffentlicher Waldungen unterschiedlichen Voraussetzungen unterliegen, kommt dem Verhältnis dieser Bestimmungen zueinander erhebliche praktische Bedeutung zu. Diese Frage ist daher vorweg abzuklären.
4.
Die Unterscheidung zwischen "Teilung" und "Veräusserung" öffentlichen Waldes taucht schon in den frühesten Materialien zur eidgenössischen Forstpolizeigesetzgebung auf.
BGE 106 Ib 57 S. 60
Der Begriff der "Veräusserung" war nie streitig; er wurde offenbar als selbstverständlich angesehen. Dagegen finden sich im Zusammenhang mit dem Ausdruck "Teilung" verschiedene Anhaltspunkte, welche zum besseren Verständnis der
Art. 33 und 35 FPolG
beitragen.
a) Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gewann unter dem Einfluss neuer wirtschaftlicher und politischer Theorien die Auffassung an Bedeutung, dass der Bauer Privateigentum besser und sorgfältiger bewirtschafte als Gemeinland. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden daher vielerorts Wald und Flur, welche bisher Allmend waren oder Korporationen gehört hatten, unter die Genossen aufgeteilt. Dies führte namentlich beim Wald rasch zu Übernutzung und grobem Raubbau (vgl. dazu GROSSMANN, Forstgesetzgebung und Forstwirtschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, Beiheft Nr. 25 zur Zeitschrift des Schweizerischen Forstvereins 1949, S. 60 ff. 63).
b) Bundesrat und Bundesversammlung erkannten diese Gefahr offensichtlich und veranschlagten sie höher als diejenige, welche von anderen Arten der Veräusserung öffentlicher Waldungen an Private ausging. Art. 9 Abs. 2 des Entwurfes des Bundesrates vom 3. Dezember 1875 zu einem Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hochgebirge (aFPolG) lautete folgendermassen:
"Eine Waldtheilung ist mit Ausnahme ausserordentlicher Verhältnisse nur zwischen mehreren Gemeinden, Korporationen, Stiften und Genossenschaften, nicht aber unter Gliedern derselben statthaft (BBl 1875 IV 1104)."
Dagegen machte Art. 10 desselben Entwurfes die blosse "Veräusserung" von "Gemeinds-, Korporations-, Stifts- und Genossenschaftswaldungen" lediglich von einer Bewilligung der Kantonsregierung abhängig.
Im Gesetz (aFPolG vom 24. März 1876) wurde folgende Fassung aufgenommen:
"Art. 12. Eine Realtheilung der Staats-, Gemeinde- und Korporationswaldungen ist weder zur Nuzniessung noch zum Eigenthum statthaft, mit Ausnahme ausserordentlicher Verhältnisse, worüber die kantonale Regierung zu entscheiden hat.
Art. 13. Gemeinde- und Korporationswaldungen dürfen ohne Bewilligung der Kantonsregierung nicht veräussert werden. (AS 1876 S. 353 ff., 356.)."
BGE 106 Ib 57 S. 61
c) In seiner Botschaft vom 1. Juni 1898 zu einem Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (BBl 1898 III 545 f.) wies der Bundesrat darauf hin, dass die Kantone die im zitierten Art. 12 aFPolG vorgesehene Möglichkeit zu Ausnahmebewilligungen derart large gehandhabt hätten, dass die gesetzliche Regel illusorisch gemacht worden sei. Diese Teilungen hätten fast überall den Ruin der Waldungen mit sich gebracht und verunmöglichten eine geregelte Forstwirtschaft. Er beantragte daher ein gänzliches Verbot solcher Realteilungen öffentlicher Waldungen (Art. 25 des Entwurfes).
Nach den Beratungen der nationalrätlichen Kommission über diesen Entwurf legte der Bundesrat einen zweiten Entwurf samt Botschaft vor (BBl 1899 III 101 ff., 115 ff.). Darin nahm er erstmals Bezug auf Verhältnisse, in welchen sich mehrere Gemeinwesen oder öffentliche Korporationen in gemeinsamen Besitz von Wald befinden. Er stellte fest, dass solche Wälder meist übernutzt würden, so dass deren Aufteilung im öffentlichen Interesse liege. Er beantragte daher den Räten die Aufnahme einer Bestimmung, welche sinngemäss dem heutigen
Art. 34 FPolG
entspricht (Art. 29 des II. Entwurfes). Zugleich modifizierte er die Bestimmung des I. Entwurfes über das generelle Verbot der Realteilung öffentlicher Waldungen. Er beantragte neu, solche Realteilungen "zu Privathanden" gänzlich zu verbieten und sie in den übrigen Fällen von einer Bewilligung der Kantonsregierung abhängig zu machen (Art. 28 des II. Entwurfes). In bezug auf Art. 13 aFPolG schlug er lediglich vor, die Bewilligungspflicht auch auf solche Gemeinde- und Korporationswaldungen zu erstrecken, deren Veräusserung statutarisch statthaft ist.
Die Bundesversammlung folgte den Anträgen des Bundesrates im wesentlichen. Das Ergebnis ihrer Beratungen bildeten die heute noch in Kraft stehenden
Art. 33-35 FPolG
. Gleichzeitig wurde der Begriff des "öffentlichen Waldes" erweitert. Er umfasst heute nicht nur die Staats- und Gemeindewaldungen, sondern auch die "Korporationswaldungen sowie solche Waldungen, welche von einer öffentlichen Behörde verwaltet werden" (
Art. 2 lit. a FPolG
).
d) Diese Materialien zeigen, dass der Gesetzgeber die Begriffe "Teilung" und "Veräusserung" bewusst unterschieden hat. Unter "Teilung" verstand er die Aufteilung unter bisher
BGE 106 Ib 57 S. 62
Berechtigte. Der Ausdruck "Realteilung" gibt diesen Sinn anschaulicher wieder: es ist damit die reale Ausscheidung bisher ideell bestehender Anteile, namentlich die Aufteilung unter die Mitglieder einer Korporation oder eines Miteigentums- oder Gesamthandsverhältnisses gemeint. Diese Realteilung sollte weiterhin zulässig sein, soweit Gemeinwesen oder Korporationen in Frage standen (vgl.
Art. 2 lit. a FPolG
);
Art. 34 FPolG
ordnet für diesen Fall Zuständigkeit und Verfahren. Dagegen sollte die Aufteilung unter private Einzelmitglieder ausgeschlossen werden, da man mit der zumeist daraus folgenden Übernutzung des Waldes ausgesprochen schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Unter "Veräusserung" - so lässt sich folgern - ist demgegenüber die Übertragung von Wald an aussenstehende Dritte zu verstehen. In dieser Hinsicht erschien dem Gesetzgeber eine Bewilligungspflicht als genügend.
Dieses Verständnis der Begriffe "Teilung" und "Veräusserung" entspricht auch dem Wortsinn. "Teilung" (und noch mehr der frühere Ausdruck "Realteilung") deutet auf einen internen Vorgang unter bisher Berechtigten hin, "Veräusserung" dagegen auf ein nach aussen gerichtetes Geschehen. Die historische Auslegung führt somit zu einer hinreichend deutlichen Sinngebung. Andere Interpretationsmethoden scheiden mangels genügend sicherer Ansatzpunkte aus, so dass die gefundene Auslegung als massgebend zu erachten ist. An den Erwägungen im zitierten Urteil i.S. Leuthold (ZBl 76/1975 S. 294 ff.) zur Abgrenzung von "Teilung" und "Veräusserung" kann deshalb nicht festgehalten werden.
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public_law
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nan
|
de
| 1,980 |
CH_BGE
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CH_BGE_003
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CH
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Federation
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f4340c6c-4f3c-407c-ac2a-a118487fd771
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Urteilskopf
95 I 43
7. Estratto della sentenza 2 aprile 1969 nella causa Consorzio raggruppamento terreni di Bedano contro Testuri e Conti.
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Regeste
Art. 88 OG
. Legitimation der öffentlich-rechtlichen Körperschaften zur staatsrechtlichen Beschwerde.
1. Die Güterzusammenlegungskorporation des Tessiner Rechts ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, welche im öffentlichen Interesse liegende Zwecke verfolgt und ihr vom Staat übertragene Aufgaben erfüllt. Sie ist daher grundsätzlich nicht legitimiert, einen ihr gegenüber ergangenen Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten. Ausnahmen von diesem Grundsatz (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 4 und 5).
2. Solange das Zusammenlegungsverfahren dauert, gehören die sogenannten freien Parzellen, die der Korporation zugeschrieben sind, nicht zu ihrem Finanzvermögen (Erw. 6).
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Sachverhalt
ab Seite 43
BGE 95 I 43 S. 43
Riassunto della fattispecie:
A.-
Per attuare il raggruppamento dei terreni nel comune di Bedano fu costituito un consorzio ai sensi degli art. 35 e
BGE 95 I 43 S. 44
segg. della legge ticinese sul raggruppamento e la permuta dei terreni, del 13 dicembre 1949 (LRPT). Ad esso furono chiamati a far parte le persone fisiche e giuridiche nonchè gli enti di diritto pubblico aventi proprietà o interessi nel comprensorio, in quanto derivasse loro un utile dalle opere di raggruppamento (art. 6 cpv. 1 LRPT).
Tra i consorziati figurano anche Carletto Testuri e Domenico Conti.
Il primo possedeva nel comprensorio, prima del raggruppamento, terreni per una superficie complessiva di mq 5142, stimati (ai fini del raggruppamento) fr. 19 388.50. Dedotta la percentuale d'espropriazione collettiva dell'8,5% fissata ai sensi dell'art. 6 § 1 LRPT, la sua interessenza si riduceva a fr. 17 740.50. Con il progetto di nuovo riparto Testuri ottenne fondi per una superficie complessiva di mq 5669, con una stima di raggruppamento di fr. 17 763.50. Testuri chiese, mediante ricorso alla Commissione cantonale di prima istanza, l'assegnazione di ulteriore terreno, ma la sua domanda venne respinta. La Commissione cantonale di seconda istanza, successivamente adita dal consorziato, ne accolse tuttavia il gravame, nel senso che gli attribuì la "particella libera" n. 391, di mq 2865 e stimata fr. 7 162.50, intestata al consorzio. La Commissione spiegò che Testuri era uno dei pochi consorziati ancora dediti all'agricoltura, ed osservò che la LRPT è soprattutto destinata a favorire lo sviluppo di tale attività.
Domenico Conti, a sua volta, possedeva nel comprensorio, prima del raggruppamento, terreni per una superficie complessiva di mq 8165, stimati (ai fini del raggruppamento) fr. 25 145.80. Dedotta la percentuale d'espropriazione collettiva dell'8,5% fissata ai sensi della citata norma, la sua interessenza si riduceva a fr. 23 003.--. Con il progetto di nuovo riparto Conti ottenne fondi per una superficie complessiva di mq 6629, con una stima di raggruppamento di fr. 22 415.--. Anche Conti chiese, mediante ricorso alla Commissione cantonale di prima istanza, l'assegnazione di ulteriore terreno, ma pure la sua domanda venne respinta. La Commissione cantonale di seconda istanza, successivamente adita dal consorziato, ne accolse tuttavia il gravame, nel senso che gli attribuì la "particella libera" n. 491, di mq 1000 e stimata fr. 4.-, rispettivamente fr. 4,50.- il mq, intestata al consorzio. La Commissione ha dato le stesse spiegazioni come nel caso Testuri.
BGE 95 I 43 S. 45
B.-
Il Consorzio per il raggruppamento dei terreni di Bedano impugna le accennate decisioni della Commissione di II. istanza mediante due ricorsi di diritto pubblico, in cui fa valere una violazione dell'art. 4 CF e della garanzia costituzionale della proprietà.
Esso rimprovera in sostanza alla Commissione di aver sovvertito i principi che stanno alla base della LRPT, in particolare il principio dell'equivalenza. Secondo il Consorzio è arbitrario operare a vantaggio di un consorziato assegnazioni che esorbitino in misura tanto notevole dai limiti della sua interessenza.
Erwägungen
Estratto dei considerandi:
4.
Giusta l'
art. 88 OG
hanno veste per interporre un ricorso di diritto pubblico i privati o gli enti collettivi che si trovano lesi nei loro diritti da decreti o da decisioni che li riguardano personalmente o che rivestono carattere obbligatorio generale. Il ricorso di diritto pubblico è un rimedio destinato a proteggere i titolari dei diritti costituzionali dagli abusi di potere di cui possono essere vittima. Solo il titolare di un diritto di questa natura può quindi interporlo. Lo Stato come tale, vale a dire nella sua qualità di detentore del potere pubblico, non può essere soggetto di diritti costituzionali: questi esistono precisamente contro di lui, destinati come sono a tutelare i privati dagli abusi di potere. Ne consegue che l'ente pubblico, quando interviene in questa sua veste, non è legittimato ad impugnare con un ricorso di diritto pubblico una decisione resa contro di lui (RU 83 I 121/22 e rif. anteriori
;
88 I 108
;
93 I 66
).
Questo principio non vale solo per i cantoni o i comuni come tali, ma anche per le loro autorità quando agiscono come titolari del pubblico potere, e per le corporazioni di diritto pubblico che perseguono scopi di interesse generale ed adempiono compiti pubblici di cui lo Stato ha affidato loro l'esecuzione (RU 41 I 29
;
83 I 269
/70
;
88 I 108
).
La giurisprudenza del Tribunale federale ha sin qui considerato le corporazioni di diritto pubblico incaricate di eseguire le operazioni di raggruppamento dei terreni come enti di tale natura, non legittimati ad interporre un ricorso di diritto pubblico per violazione di diritti costituzionali (RU 83 I 269). Tra queste corporazioni rientra anche il consorzio per il raggruppamento dei terreni del diritto ticinese. Esso ha il compito di
BGE 95 I 43 S. 46
attuare il raggruppamento, che ha per fine "la migliore utilizzazione del suolo con la sistemazione fondiaria, la formazione di aziende agricole razionali e l'organizzazione della produzione agraria e dell'economia forestale e pastorizia"; inoltre, l'attuazione del raggruppamento è destinata "a facilitare l'introduzione del registro fondiario ed a ridurne le spese" (art. 1 LRPT; cfr. inoltre gli art. 15 e segg., 62 e 63 e segg. LRPT; cfr. inoltre gli art. 15 e segg., 62 e 63 e segg. LRPT). Il consorzio adempie quindi compiti di interesse generale che lo Stato, cui propriamente incombe di eseguirli, gli delega. Assegnatario di tali mansioni, il consorzio per il raggruppamento dei terreni del diritto ticinese non possiede quindi, in linea di massima, la veste per interporre un ricorso di diritto pubblico avverso un giudizio pronunciato contro di lui (cfr. la sentenza inedita del 15 febbraio 1967 nella causa Consorzio RT Aquila-Largario c. de Giorgi, consid. 1a, cpv. 1).
Il principio dianzi enunciato soffre tuttavia eccezioni.
La prima si verifica quando l'ente pubblico si pone sul terreno del diritto privato, ed entra in rapporto con altri soggetti giuridici in condizione di parità: in tale caso, la giurisprudenza gli riconosce la veste per interporre ricorso di diritto pubblico in difesa dei propri interessi alla stregua di un privato qualsiasi (RU 83 I 268/69
;
88 I 108
;
89 I 111
e 206
;
90 I 337
;
93 I 66
).
A simile caso è assimilato quello in cui l'autorità, senza che l'ente si sia necessariamente posto su di un piano di parità con altri soggetti giuridici nel campo del diritto privato, colpisce la corporazione pubblica nella sua qualità di proprietaria del patrimonio amministrativo o fiscale, o mette comunque in discussione tali diritti di proprietà (RU 88 I 109; cfr. inoltre le sentenze inedite del 26 settembre 1946 nella causa Ortsbürgergemeinde St. Gallen c. Eglin, del 3 luglio 1947 nella causa Stadt Luzern c. Steuerrekurskommission, del 13 novembre 1947 nella causa Einwohnergemeinde Liestal c. Regierungsrat Basel-Landschaft, e del 29 giugno 1960 nella causa Gemeinde Küblis c. Graubünden).
Infine, la giurisprudenza stabilisce una ulteriore eccezione al principio in favore del comune che, nella sua veste di titolare del pubblico potere, insorge a difesa della propria autonomia, o contro decisioni che mettono in causa la sua esistenza o la consistenza del suo territorio (RU 83 I 122 e 269
;
87 I 214
consid. 2
;
88 I 108
;
89 I 111
e 206
;
93 I 66
).
BGE 95 I 43 S. 47
5.
Non c'è alcun motivo di scostarsi da questa giurisprudenza. In particolare, non si può operare, nei riguardi del consorzio, con criteri analoghi a quelli che la giurisprudenza del Tribunale federale ha elaborato in materia di autonomia comunale. Innanzitutto, ostano a ciò ragioni giuridico-politiche. Il consorzio non ha affatto una esistenza ed una intrinseca giustificazione paragonabili a quelle del comune politico, che forma il sostrato peculiare delle istituzioni democratiche dello Stato. Inoltre, quand'anche gli si volessero riconoscere una certa analogia strutturale con il comune ed un certo potere di autodeterminazione (art. 35 e segg. LRPT), codesta struttura e codesto potere non sono per nulla paragonabili a quelli che sono propri del comune politico. Del resto, nè la costituzione del Cantone Ticino nè la sua legislazione equiparano il consorzio al comune: ora, solo in caso affermativo si sarebbe tutt'al più potuto esaminare se l'autonomia dell'ente fosse stata eventualmente violata. A ragione pertanto, nella fattispecie, il consorzio non pretende di essere stato leso nella sua autonomia dalle impugnate decisioni.
Ci si può chiedere invece se, come sostiene il consorzio, quest'ultimo non sia anche chiamato a tutelare, oltre gli interessi pubblici, anche quelli privati dei singoli consorziati (che sovente ne sono anche i promotori). A questa domanda si deve rispondere per la negativa. In effetti, non rientra, di massima, nei compiti assegnati al consorzio la difesa degli interessi dei consorziati. Contrariamente a quanto sostengono il ricorrente e la stessa Commissione, il consorzio per il raggruppamento dei terreni non è affatto la personificazione degli interessi di tutti i consorziati. Questi ultimi, d'altra parte, hanno già a loro disposizione gli usuali rimedi giuridici, compreso il ricorso di diritto pubblico, per far valere le loro ragioni. Il quesito di sapere se, allo stadio iniziale del raggruppamento, quando la procedura attraversa una fase di incertezza giuridica, il consorzio sia legittimato ad interporre nell'interesse dei suoi membri e quale loro fiduciario un ricorso di diritto pubblico, non concerne la presente fattispecie, e può quindi rimanere indeciso.
6.
Il ricorrente rimprovera alla precedente istanza di averlo spogliato delle particelle n. 391 e 491 di Bedano. In virtù di quanto esposto, la legittimazione del consorzio dev'essere riconosciuta se le relative decisioni lo colpiscono nella sua
BGE 95 I 43 S. 48
qualità di proprietario del patrimonio amministrativo o finanziario. Ciò, tuttavia, non si avvera.
I fondi in discussione non sono che delle cosiddette "parcelle libere". Essi si differenziano nettamente dai fondi adibiti alle opere consortili. Questi ultimi, che il consorzio si procaccia in virtù dell'art. 6 § 1 LRPT mediante una deduzione proporzionale al valore delle particelle dei singoli consorziati, servono direttamente al conseguimento delle finalità che la legge attribuisce al consorzio, e cioè al riordino particellare: essi costituiscono pertanto beni pubblici di uso comune, e rientrano nel patrimonio amministrativo dell'ente. Non così si può dire per le particelle libere. Certo, almeno in parte, esse pure sono il risultato della deduzione percentuale di terreno operata a carico dei consorziati: è infatti noto che questa deduzione va calcolata con un certo leggero eccesso, al fine di consentire, in sede di decisione dei ricorsi contro il nuovo riparto particellare, l'indispensabile latitudine di manovra alle Commissioni di ricorso (cfr. sentenza inedita del 16 ottobre 1968 nella causa Probst-Passauer c. Wiget e cons.). All'origine di siffatte particelle libere, tuttavia, possono pure contribuire altre cause, quali l'impossibilità tecnica di assegnare ad ogni consorziato la giusta spettanza, o l'eventuale rinuncia di singoli consorziati ad una piena assegnazione nei limiti dell'interessenza. Queste particelle, benchè menzionate sui catastrini di nuovo riparto come beni del consorzio, non danno a quest'ultimo il diritto di pretenderne l'assegnazione. Esse non costituiscono, del resto, proprietà del consorzio, cui non vengono definitivamente attribuite che una volta completamente esaurita la procedura di nuovo riparto (art. 26 LRPT). Soltanto a partire da quel momento, le particelle libere che dovessero ancora rimanere diventano sostanzialmente proprietà del consorzio, entrando a far parte del suo patrimonio finanziario. Poichè, prima di quel momento, il consorzio non ha alcun diritto all'attribuzione di fondi non destinati alle opere consortili, il ricorrente non può essere leso nella sua qualità di proprietario del patrimonio finanziario od amministrativo da decisioni che attribuiscono a singoli consorziati particelle libere.
I ricorsi devono di conseguenza essere dichiarati irricevibili.
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public_law
|
nan
|
it
| 1,969 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
|
CH
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Federation
|
f434f1b7-080b-498e-9e27-efab60163ed7
|
Urteilskopf
137 III 580
87. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. et Y. contre Z. (recours en matière civile)
4A_314/2011 du 3 novembre 2011
|
Regeste
Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG
,
Art. 269b und 270c OR
; Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, Mietzinserhöhung, indexierte Mietzinse.
Begriff der Streitigkeit, die eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (Zusammenfassung der Rechtsprechung; E. 1).
Wenn ein Mietvertrag, der eine Indexklausel enthält, stillschweigend für eine Mindestdauer von fünf Jahren verlängert wird, ist die nächste Mietzinserhöhung ausgehend vom Stand des offiziellen schweizerischen Landesindexes der Konsumentenpreise im Zeitpunkt der letzten Mietzinsfestsetzung zu berechnen, ohne Rücksicht auf die seither erfolgte stillschweigende Verlängerung (E. 2).
|
Sachverhalt
ab Seite 581
BGE 137 III 580 S. 581
A.
Par contrat du 11 février 2004, la Z. (ci-après: la bailleresse) a cédé à X. et Y. (ci-après: les locataires) l'usage d'un appartement de cinq pièces à Genève, moyennant le paiement d'un loyer mensuel de 1'720 fr., charges en sus. Le contrat a été conclu pour une durée initiale de cinq ans (du 1
er
mars 2004 au 28 février 2009). Il contient une clause de tacite reconduction, indiquant qu'il se renouvelle ensuite, sauf résiliation donnée par l'une des parties, de cinq ans en cinq ans. Il a été convenu que le loyer pouvait être adapté en cours de bail en fonction de l'évolution de l'indice officiel suisse des prix à la consommation, moyennant un préavis écrit d'un mois au moins et à raison d'une fois tous les douze mois au maximum. Il est précisé que l'indice de référence est celui du 31 janvier 2004.
Par avis du 17 septembre 2007, la bailleresse a notifié une hausse de loyer prenant effet au 1
er
novembre 2007 et portant le loyer à 1'783 fr. sans les charges. Cette hausse est fondée sur l'évolution de l'indice entre le 31 janvier 2004 et le 31 août 2007.
Le contrat n'ayant pas été résilié pour son échéance, il s'est renouvelé, conformément à la clause de tacite reconduction, pour la période du 1
er
mars 2009 au 28 février 2014.
Le 16 septembre 2009, la bailleresse a notifié un second avis de hausse, avec effet dès le 1
er
novembre 2009, portant le loyer mensuel à 1'820 fr., charges non comprises. Il était invoqué la variation de l'indice entre le 31 août 2007 et le 31 août 2009. Les locataires se sont opposés à cette hausse de loyer.
B.
A la suite de l'échec de la tentative de conciliation, le Tribunal des baux et loyers du canton de Genève, saisi par la bailleresse, a fixé, par jugement du 15 septembre 2010, à 1'790 fr., charges non comprises, le loyer mensuel dû dès le 1
er
novembre 2009. Les premiers juges ont considéré que la bailleresse, en ne notifiant pas de hausse lors de la reconduction du bail, avait montré que le loyer fixé à cette date lui convenait et que l'indexation devait en conséquence être calculée à partir de la date de la reconduction. L'augmentation a donc été calculée sur la base de l'indice de février 2009.
Saisie d'un appel formé par la bailleresse, la Chambre d'appel en matière de baux et loyers du canton de Genève, par arrêt du 11 avril
BGE 137 III 580 S. 582
2011, a annulé le jugement attaqué et validé la hausse notifiée par la bailleresse, fixant le loyer à 21'840 fr. par an, charges non comprises, dès le 1
er
novembre 2009. La cour cantonale a considéré que, par la tacite reconduction, les parties étaient restées liées, de manière continue, par la même clause d'indexation, de sorte que la hausse devait être déterminée en fonction de l'évolution de l'indice à compter de la précédente fixation du loyer.
Les locataires, qui soutiennent l'opinion des juges de première instance, exercent un recours en matière civile au Tribunal fédéral, ainsi qu'un recours constitutionnel subsidiaire, contre l'arrêt cantonal du 11 avril 2011.
C.
Par arrêt du 3 novembre 2011, le Tribunal fédéral a rejeté le recours.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
1.
1.1
Le recours en matière civile n'est en principe ouvert, dans le domaine du droit du bail, que si la valeur litigieuse atteint au moins 15'000 fr. (
art. 74 al. 1 let. a LTF
).
En l'espèce, la bailleresse a conclu, devant l'autorité précédente, à ce que le loyer soit fixé à 21'840 fr. par an, tandis que les locataires ont conclu à un loyer de 21'480 fr. La différence entre ces deux conclusions - qui constituait l'objet du litige - n'est donc que de 360 fr. par an (21'840 fr. - 21'480 fr.). Si l'on multiplie ce chiffre par vingt (
art. 51 al. 4 LTF
;
ATF 121 III 397
consid. 1 p. 399;
ATF 118 II 422
consid. 1 p. 424), on obtient un total de 7'200 fr., de sorte que la valeur litigieuse est insuffisante. Ce point n'est pas litigieux.
Le recours en matière civile est néanmoins recevable si la contestation soulève une question juridique de principe (
art. 74 al. 2 let. a LTF
). Les recourants se prévalent de cette disposition et, conformément aux exigences de l'art. 42 al. 2 deuxième phrase LTF, ils ont expliqué de manière précise en quoi la contestation soulève une question juridique de principe (cf. arrêt 4A_546/2010 du 17 mars 2011 consid. 1.1, non publié in
ATF 137 I 135
).
La jurisprudence a souligné qu'il fallait se montrer restrictif dans l'admission d'une dérogation à l'exigence de la valeur litigieuse sur la base de l'
art. 74 al. 2 let. a LTF
. Elle s'est efforcée de cerner la notion de contestation soulevant une question juridique de principe (
ATF 135 III 1
consid. 1.3 p. 4 s.,
ATF 135 III 397
consid. 1.2 p. 399;
BGE 137 III 580 S. 583
ATF 134 III 267
consid. 1.2 p. 269,
ATF 134 III 354
consid. 1.3 p. 357). En résumé, il faut qu'il soit nécessaire, pour résoudre le cas d'espèce, de trancher une question juridique qui donne lieu à une incertitude caractérisée, laquelle appelle de manière pressante un éclaircissement de la part du Tribunal fédéral, en tant qu'autorité judiciaire suprême chargée de dégager une interprétation uniforme du droit fédéral (
ATF 135 III 397
consid. 1.2 p. 399).
Le Tribunal fédéral n'a jamais tranché la question, telle qu'elle est maintenant posée. Dans l'
ATF 123 III 76
, il s'est concentré sur l'hypothèse d'une clause d'indexation qui arrive à expiration; examinant la validité d'une majoration de loyer notifiée pour l'échéance contractuelle, il a admis que les deux parties pouvaient demander un calcul selon la méthode absolue. Il a précisé que si les parties optent pour la méthode relative, il faut garder à l'esprit que les facteurs ordinaires de variation du loyer ne peuvent pas être pris en compte pendant la durée de validité de la clause d'indexation. En conséquence, il est possible de remonter au-delà de la dernière fixation du loyer jusqu'au début de la période de validité de la clause d'indexation, mais pas au-delà de la dernière reconduction tacite (
ATF 123 III 76
consid. 4 p. 27 ss). Cette jurisprudence a été confirmée plusieurs fois par la suite (
ATF 125 III 358
consid. 1b/bb p. 362; arrêts 4A_489/2010 du 6 janvier 2011 consid. 4.2; 4C.157/2001 du 1
er
octobre 2001 consid. 1a et b). Elle ne traite cependant pas la question posée en l'espèce, qui porte exclusivement sur l'application d'une clause d'indexation qui a été valablement reconduite tacitement pour une nouvelle période de cinq ans (cf.
art. 269b et 270c CO
;
art. 17 et 18 OBLF
[RS 221.213.11];
ATF 124 III 57
consid. 3b p. 60;
ATF 123 III 76
consid. 4a p. 77).
L'autorité précédente explique elle-même que la jurisprudence cantonale a varié sur cette question, de sorte qu'il faut admettre l'existence d'une incertitude caractérisée.
Les parties n'ayant pu citer aucun auteur qui s'exprime sur la question, on ne saurait parler d'une doctrine bien établie.
La question pourrait à nouveau se poser en tout temps et peut-être sans qu'une valeur litigieuse suffisante ne soit jamais atteinte. Il faut donc admettre que la contestation soulève une question juridique de principe, de sorte que le recours en matière civile est ouvert, ce que l'intimée ne conteste d'ailleurs pas. Il en résulte que le recours constitutionnel, qui a été interjeté par précaution, est irrecevable, puisqu'il revêt un caractère subsidiaire (
art. 113 LTF
).
BGE 137 III 580 S. 584
1.2
Interjeté par les parties qui ont succombé dans leurs conclusions sur le montant du loyer de leur habitation et qui ont donc qualité pour recourir (
art. 76 al. 1 LTF
), dirigé contre un arrêt final (
art. 90 LTF
) rendu en matière civile (
art. 72 al. 1 LTF
) par une autorité cantonale de dernière instance statuant sur recours (
art. 75 LTF
), le recours en matière civile est en principe recevable, puisqu'il a été déposé dans le délai (art. 46 al. 1 let. a, 48 al. 1 et 100 al. 1 LTF) et la forme (
art. 42 LTF
) prévus par la loi.
1.3
Le recours peut être interjeté pour violation du droit, tel qu'il est délimité par les
art. 95 et 96 LTF
.
En l'espèce, les recourants soulèvent exclusivement une question de droit matériel fédéral. Le grief est donc recevable (
art. 95 let. a LTF
) et le Tribunal fédéral peut même appliquer ce droit d'office (
art. 106 al. 1 LTF
). Toutefois, compte tenu de l'exigence de motivation contenu à l'
art. 42 al. 1 et 2 LTF
, sous peine d'irrecevabilité (
art. 108 al. 1 let. b LTF
), le Tribunal fédéral n'examine en principe que les griefs invoqués; il n'est pas tenu de traiter, comme le ferait une autorité de première instance, toutes les questions juridiques qui se posent, lorsque celles-ci ne sont plus discutées devant lui (
ATF 135 II 384
consid. 2.2.1 p. 389;
ATF 135 III 397
consid. 1.4).
1.4
Le Tribunal fédéral conduit en principe son raisonnement juridique sur la base des faits établis par l'autorité précédente (
art. 105 al. 1 LTF
). En l'espèce, les faits ne sont pas contestés et l'on ne voit aucun motif prévu par la loi pour y revenir d'office (
art. 105 al. 2 LTF
). Il faut donc s'en tenir aux constatations cantonales.
1.5
Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties (
art. 107 al. 1 LTF
). Toute conclusion nouvelle est irrecevable (
art. 99 al. 2 LTF
).
2.
Lorsque des cocontractants conviennent d'une clause de tacite reconduction, ils acceptent qu'une absence de résiliation de leur part soit interprétée comme une volonté de poursuivre la relation contractuelle. La tacite reconduction signifie donc que les parties, en ne résiliant pas, sont convenues de maintenir leur contrat. Il est symptomatique d'observer que lorsqu'une hausse de loyer est notifiée pour l'échéance alors que le contrat se renouvelle tacitement, la jurisprudence parle volontiers d'une augmentation de loyer "en cours de bail" (cf. par exemple:
ATF 123 III 76
consid. 4c p. 81). La reconduction tacite marque donc davantage la continuité dans la relation contractuelle plutôt qu'une césure.
BGE 137 III 580 S. 585
Si l'on devait suivre l'opinion des recourants, il en résulterait qu'aucune des parties ne pourrait invoquer la variation de l'indice intervenue entre la dernière fixation du loyer et la fin de la précédente période de cinq ans. Il y aurait donc une brèche dans l'indexation. Or, on doit garder à l'esprit que les parties, expressément au moment de la conclusion du contrat puis tacitement au moment de la reconduction, ont exprimé la volonté de soumettre le loyer à la clause d'indexation, sans que l'on puisse discerner dans leur intention la moindre rupture pour toute la période allant du 1
er
mars 2004 au 28 février 2014.
Il faut relever que la bailleresse n'était tenue, ni en vertu d'une disposition légale, ni sur la base d'une clause contractuelle, de procéder à une indexation à l'expiration de la première période de cinq ans. On observe que la bailleresse n'a augmenté le loyer qu'une seule fois pendant la première période de cinq ans et on en déduit qu'elle ne voulait le faire que lorsque l'augmentation de l'indice était suffisamment significative. Cette manière de procéder est raisonnable et on ne voit pas pourquoi on devrait l'entraver en exigeant une indexation à la fin de chaque période de cinq ans alors que les parties conviennent tacitement de maintenir la clause d'indexation. Sous l'angle de la bonne foi, les locataires devaient déduire de l'attitude de la bailleresse qu'elle renonçait à notifier une augmentation de loyer aussi longtemps que la variation de l'indice n'était pas suffisamment importante. Ils ne pouvaient en revanche pas sérieusement s'imaginer que la bailleresse leur faisait cadeau de l'indexation entre la dernière fixation de loyer et la fin de la première période de cinq ans.
Lorsque les baux ne contiennent ni clause d'indexation, ni clause d'échelonnement, le loyer ne peut être modifié que pour l'échéance, c'est-à-dire le moment où s'opère, sauf résiliation, la tacite reconduction. On applique alors d'ordinaire la méthode relative et on recherche l'évolution des paramètres par rapport aux circonstances qui étaient connues au moment de la dernière fixation du loyer (
ATF 118 II 422
consid. 3 p. 425 ss). De jurisprudence constante, le moment déterminant pour la comparaison des situations est celui de la dernière fixation du loyer (
ATF 126 III 124
consid. 2a p. 126;
ATF 124 III 67
consid. 3 p. 69;
ATF 121 III 163
consid. 2c p. 164), peu importe si, dans l'intervalle, il y a eu une reconduction tacite ne comportant aucune modification du loyer. La jurisprudence a même expressément retenu qu'une modification du bail qui ne remet pas en cause le montant du loyer, autrement dit qui ne constitue pas une nouvelle fixation du loyer en fonction de bases de calcul modifiées, ne saurait
BGE 137 III 580 S. 586
constituer un point de référence pour juger de l'admissibilité d'une adaptation postérieure (
ATF 126 III 124
consid. 2a p. 126; arrêt 4A_489/2010 déjà cité, consid. 4.1). Il n'y a pas de raison de trancher différemment la question qui est maintenant posée. Lors de la reconduction tacite, le contrat n'a été modifié que sur un point, à savoir l'échéance qui a été reportée du 28 février 2009 au 28 février 2014. Qu'il n'y ait pas d'autre changement est manifestement le sens de la clause contractuelle prévoyant qu'en l'absence de résiliation, le bail se poursuit aux conditions en vigueur à l'échéance. Le montant du loyer n'a pas été modifié, ni d'ailleurs la clause d'indexation qui en régit la fixation. Il n'y a dès lors pas eu une nouvelle fixation du loyer, qui puisse servir de référence pour le calcul de l'indexation.
En conclusion, lorsqu'un bail assorti valablement d'une clause d'indexation se renouvelle tacitement pour une durée de cinq ans au minimum, la prochaine indexation doit être calculée en se référant à l'indice connu au moment de la dernière fixation du loyer, sans égard à la reconduction tacite survenue dans l'intervalle.
Ainsi, la cour cantonale n'a pas transgressé le droit fédéral (...).
| null |
nan
|
fr
| 2,011 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f43ddc8b-0075-41fa-ac98-c42d9e93a235
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Urteilskopf
119 II 227
46. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. Mai 1993 i.S. E. AG gegen C. AG (Berufung)
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Regeste
Kaufvertrag; Vereinbarung, wonach der Kaufpreis in "100% WIR" zu erbringen ist.
1. Ist zwischen den Vertragsparteien ohne weitere Angaben "WIR-Zahlung" vereinbart worden, werden die Buchungsaufträge aber von der WIR-Genossenschaft nicht ausgeführt, so gilt die Vermutung, dass die Buchungsaufträge dem Verkäufer zahlungshalber und nicht an Zahlungsstatt übergeben worden sind (E. 1 u. 2).
2. In einem solchen Fall ist der Verkäufer berechtigt, vom Käufer Barzahlung zu verlangen, wenn ihm keine mangelnde Sorgfalt hinsichtlich der Erfüllung des auftragsähnlichen Rechtsverhältnisses vorzuwerfen ist, das mit der Hingabe der Leistung erfüllungshalber zwischen ihm und dem Käufer entstanden ist (E. 3).
|
Sachverhalt
ab Seite 228
BGE 119 II 227 S. 228
Die C. AG kaufte im September 1988 von der E. AG einen Computer samt Zubehör zum Preis von Fr. 19'542.--, zahlbar in "100% WIR". In jenem Zeitpunkt waren beide Vertragspartner nicht Mitglieder der Wirtschaftsring-Genossenschaft WIR; die Verkäuferin war es nie gewesen, und die Käuferin war ein Jahr vorher aus der Genossenschaft ausgetreten.
Die Käuferin liess der Verkäuferin noch vor der Lieferung des Kaufgegenstandes 13 WIR-Buchungsaufträge von Dritten im Gesamtbetrag von Fr. 19'425.25 zukommen. Als die Genossenschaft die Buchung dieser Aufträge verweigerte, verlangte die Verkäuferin die Zahlung des Kaufpreises in Schweizerfranken. Dazu glaubte sie sich deswegen berechtigt, weil ihre Mahnung erfolglos geblieben und als Folge davon nach den Geschäftsbedingungen der Genossenschaft die WIR-Schuld zu einer Schuld in Bargeld geworden sei. Die Käuferin verweigerte indessen eine Zahlung in Schweizerfranken.
Auf Klage der E. AG wurde die C. AG mit Urteil des Kantonsgerichts Nidwalden vom 4. Dezember 1991 zur Zahlung von Fr. 19'542.-- nebst 5% Zins seit 1. Februar 1989 verpflichtet.
Die Beklagte appellierte an das Obergericht des Kantons Nidwalden, das den Entscheid der Vorinstanz mit Urteil vom 12. Juni 1992 aufhob und die Klage nur noch insoweit guthiess, als es die Beklagte dazu verpflichtete, der Klägerin "Fr. 116.75 mittels WIR-Buchungsauftrag zu begleichen".
Die Klägerin hat das Urteil des Obergerichts mit Berufung angefochten, die vom Bundesgericht zur Hauptsache gutgeheissen wird.
BGE 119 II 227 S. 229
Erwägungen
Erwägungen:
1.
Im schriftlichen Kaufangebot vom 22. September 1988, das von der Beklagten mit Brief vom 26. September 1988 angenommen wurde, ist die Zahlungsart für den Kaufpreis ohne weitere Angaben mit "100% WIR" umschrieben. Über die Folgen möglicher Störungen des Verrechnungsablaufes und darüber, ob die mit "WIR" gemeinten Buchungsaufträge im Rahmen des von der Wirtschaftsring-Genossenschaft organisierten Verrechnungsverkehrs zahlungshalber oder an Zahlungsstatt beigebracht würden, bestanden im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unstreitig keine ausdrücklichen Abmachungen zwischen den Parteien (vgl. allgemein zur WIR-Genossenschaft und zum Verrechnungsverkehr:
BGE 95 II 178
ff. E. 3; GRAF in ZBJV 114, 1978, S. 31 ff.; WEBER, N. 129 f. zu
Art. 84 OR
; OTT in SJZ 54, 1958, S. 145). Die Klägerin will indessen aus dem Umstand, dass Zahlung in "100% WIR" vereinbart war, durch Auslegung nach dem Vertrauensprinzip ableiten, die Geschäftsbedingungen der Genossenschaft seien Vertragsbestandteil geworden. Sie hält dabei sowohl die Geschäftsbedingungen für "offizielle WIR-Teilnehmer" wie auch jene für "stille WIR-Teilnehmer" für anwendbar (vgl. zu dieser Unterscheidung: MARCEL LAUTNER, Der "WIR"-Verrechnungsverkehr, Diss. Zürich 1962, S. 76 ff.). Dem Obergericht wirft die Klägerin vor, es habe die Anwendbarkeit der Bedingungen für "offizielle WIR-Teilnehmer" zu Unrecht verneint und in Verletzung von
Art. 8 ZGB
nicht abgeklärt, ob nicht auch jene für "stille WIR-Teilnehmer" Vertragsbestandteil geworden seien.
Auch nach Auffassung der Klägerin ist jedoch die vom Obergericht verneinte Frage der Anwendbarkeit der erwähnten Geschäftsbedingungen nur insoweit entscheiderheblich, als beide Ausgaben eine gleichlautende Regelung darüber enthalten, wie der WIR-Gläubiger vorgehen muss, wenn die WIR-Forderungen vom Schuldner nicht rechtzeitig beglichen werden. Danach sind solche Forderungen spätestens innerhalb von dreissig Tagen nach Rechnungsstellung zu begleichen, anderslautende Abmachungen vorbehalten. Der WIR-Gläubiger hat sodann bei Fälligkeit seiner Forderung dem Schuldner schriftlich eine einwöchige Mahnfrist anzusetzen, worauf die Forderung bei Nichtbezahlung sofort ganz in Bargeld fällig wird (Ziff. II.9 der Geschäftsbedingungen für offizielle WIR-Teilnehmer und Ziff. II.3 der Geschäftsbedingungen für stille WIR-Teilnehmer). Da sich zeigen wird, dass die im Fall fehlender vertraglicher Abmachungen anwendbare gesetzliche Regelung zum gleichen Ergebnis
BGE 119 II 227 S. 230
führt, kann offenbleiben, ob die Erwägungen des Obergerichts, die sich mit der Frage der Anwendbarkeit der Geschäftsbedingungen befassen, gegen Bundesrecht verstossen. Nicht zu prüfen sind deshalb auch die von der Klägerin mit der Berufung gegen diese Erwägungen erhobenen Rügen.
2.
a) Ist zwischen Schuldner und Gläubiger nicht vereinbart worden oder ist streitig, ob eine Leistung als zahlungshalber oder als an Zahlungsstatt erfolgt zu gelten habe, so wird nach Lehre und Rechtsprechung eine Leistung zahlungshalber vermutet (
BGE 89 II 341
E. 3; von TUHR/ESCHER, Allg. Teil des schweiz. Obligationenrechts, Bd. II, S. 14 BUCHER, Schweiz. Obligationenrecht Allg. Teil, 2. Aufl., S. 312; SCHRANER, N. 118 der Vorbemerkungen zu
Art. 68-96 OR
; WEBER, N. 144 der Vorbemerkungen zu
Art. 68-96 OR
). Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass der Gläubiger, der vom Schuldner eine andere als eine Geldleistung anzunehmen bereit ist, nicht auch noch die Gefahr tragen soll, dadurch schlechter gestellt zu werden. Dieser Grundgedanke ist zwar im Obligationenrecht nicht in allgemeiner Form festgehalten worden. Er hat aber in verschiedenen Einzelbestimmungen seinen Niederschlag gefunden (vgl.
Art. 116 Abs. 2,
Art. 172,
Art. 467 Abs. 1 und
Art. 1103 OR
).
b) Wie es sich verhält, wenn die Vertragsparteien ohne weitere Angaben "WIR-Zahlung" vereinbart haben, die Buchungsaufträge aber von der Genossenschaft nicht ausgeführt werden und eine Umbuchung durch die WIR-Zentrale nicht erfolgt, hatte das Bundesgericht in seinen früheren veröffentlichten Urteilen nicht zu entscheiden. In einem Fall, der den Verkauf von WIR-Guthaben betraf, hat das Bundesgericht zwar angenommen, die Abtretung dieser Guthaben sei zahlungshalber erfolgt und es fehle an der Erfüllung, wenn der Empfänger die Buchungsaufträge erfolglos zur Umbuchung vorweise (
BGE 102 II 342
). Auf den vorliegenden Fall, in dem es ausschliesslich um die Frage geht, welche Rechtsfolge eintritt, wenn das vertraglich vereinbarte Zahlungsmittel der WIR-Buchungen nicht zur Tilgung der Schuld führt, lässt sich die damalige Betrachtungsweise nicht ohne weiteres übertragen. Im Ergebnis rechtfertigt es sich aber auch hier, auf die Vermutung abzustellen, dass die Übergabe der Buchungsaufträge an die Klägerin als Leistung erfüllungshalber erfolgt ist. Die sich gegenüberstehenden Interessen der Parteien sind nämlich nicht wesentlich anders zu gewichten als in jenen Fällen, in denen die bereits erwähnte allgemeine Regel zur Anwendung kommt. Es leuchtet deshalb ebenfalls ein, dass die Klägerin, welche der Beklagten ermöglichen wollte, die Kaufpreisschuld
BGE 119 II 227 S. 231
in anderer Form als mit Geld zu begleichen, nicht auch noch vermutungsweise das Risiko tragen soll, dadurch einen Verlust zu erleiden.
Die Vermutung einer Leistung zahlungshalber käme somit nur dann nicht zum Zuge, wenn die Beklagte aus einer insoweit eindeutigen Willensäusserung der Klägerin auf die Vereinbarung einer Leistung an Zahlungsstatt hätte schliessen dürfen. Eine solche Äusserung fehlt jedoch. Sie lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht daraus ableiten, dass ein Vorauszahlungsverkauf vereinbart war und die Klägerin nach dem Vertragsschluss die ihr von der Beklagten zugestellten WIR-Buchungsaufträge widerspruchslos entgegengenommen hat. Der Umstand, dass die Beklagte in den Begleitbriefen von "Anzahlungen" sprach, musste die Klägerin nicht zum Widerspruch veranlassen, da dieser Begriff unter den gegebenen Umständen mehrdeutig war. Aus dem Schweigen der Klägerin lässt sich deshalb nichts zu Gunsten der Beklagten ableiten. Entsprechendes gilt sodann für den Brief vom 12. Dezember 1988, in dem die Klägerin auf den noch "ausstehenden Saldo" hingewiesen hat. Auch diese Äusserung war nicht eindeutig; sie durfte jedenfalls von der Beklagten nicht als Einverständnis mit der Hingabe der WIR-Buchungsaufträge an Zahlungsstatt verstanden werden. Schliesslich ist ein solches Einverständnis auch nicht darin zu sehen, dass die Klägerin den Kaufgegenstand geliefert hat, ohne zuvor abzuwarten, ob die WIR-Buchungsaufträge ausgeführt würden.
3.
a) Mit der Hingabe der Leistung erfüllungshalber entsteht zwischen Gläubiger und Schuldner ein auftragsähnliches Rechtsverhältnis, das den Gläubiger verpflichtet, sich mit der gebotenen Sorgfalt um die Verwertung der Ersatzleistung zu bemühen (SCHRANER, N. 109 f. der Vorbemerkungen zu
Art. 68-96 OR
; WEBER, N. 130 ff. der Einleitung und Vorbemerkungen zu
Art. 68-96 OR
). Dieser Verpflichtung ist die Klägerin denn auch nachgekommen. Dass ihre Bemühungen nicht erfolgreich waren, kann ihr nicht angelastet werden. Die Weigerung der WIR-Genossenschaft, den Buchungsaufträgen Folge zu geben, ist unstreitig auf das Verhalten der Beklagten zurückzuführen, welche diese Aufträge unter Verletzung der Geschäftsbedingungen der WIR-Genossenschaft an die Klägerin weitergegeben hat. Der Klägerin ist somit keine mangelnde Sorgfalt hinsichtlich der Erfüllung des zur Beklagten bestehenden auftragsähnlichen Verhältnisses vorzuwerfen. Sie war deshalb nach der mit Brief vom 27. Dezember 1988 mitgeteilten Zurückweisung der Buchungsaufträge durch die WIR-Genossenschaft berechtigt, von
BGE 119 II 227 S. 232
der Beklagten die Zahlung des Kaufpreises in Bargeld zu verlangen. Das hat sie mehrmals, zuletzt mit Brief vom 30. Januar 1989, ohne Erfolg getan. Ihre vorher und auch nachher in der gerichtlichen Auseinandersetzung erklärte Bereitschaft, eventuell eine Tilgung des Kaufpreises durch WIR-Umbuchungen anzunehmen, kann ihr die Beklagte nicht entgegenhalten, da sie selbst diesen Vorschlag stets abgelehnt hat. Das gilt, wie aus der Berufungsantwort hervorgeht, auch hinsichtlich des Buchungsauftrages "Steiner" über Fr. 5'000.--. Ob die von der Klägerin erhobene Rüge, die Vorinstanz habe in diesem Zusammenhang mit der Abweisung ihres gesamten Rechtsbegehrens die Dispositionsmaxime verletzt, im Berufungsverfahren überhaupt zu hören wäre, kann deshalb offenbleiben.
b) Aus diesen Gründen ist die Berufung gutzuheissen, soweit damit die Aufhebung des angefochtenen Urteils verlangt wird. Der materielle Hauptantrag der Klägerin, mit dem sie die Zahlung von Fr. 19'542.-- nebst 5% Zins seit 30. Januar 1989 und von Fr. 60.-- Betreibungskosten verlangt, kann dagegen vom Bundesgericht nur teilweise gutgeheissen werden. Gegen das Zinsbegehren und jenes um Ersatz der Betreibungskosten erhebt die Beklagte zwar keine Einwendungen. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich indessen, dass die Klägerin vor dem Obergericht lediglich die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils verlangt hatte, mit dem der Beginn des Zinsenlaufes auf den 1. Februar 1989 festgelegt war und keine Betreibungskosten zugesprochen waren. Der etwas weiter gehende materielle Hauptantrag ist insoweit neu und daher unzulässig (
Art. 55 Abs. 1 lit. c OG
).
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public_law
|
nan
|
de
| 1,993 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f43e8251-a81b-4ca3-8b28-45785717dbc4
|
Urteilskopf
117 IV 441
76. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1991 i.S. C. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 144 StGB
; Hehlerei.
Verheimlichen durch Erschweren des Auffindens gestohlener Bilder (Vortäuschen blosser Vermittlungsmöglichkeit trotz Besitz) (E. 2).
|
Sachverhalt
ab Seite 441
BGE 117 IV 441 S. 441
A.-
Am 5. September 1987 wurden aus der Galerie R. in Zürich unter anderem ein Gemälde von Chagall im Werte von ca. Fr. 500'000.-- sowie ein Gemälde von Rouault im Wert von
BGE 117 IV 441 S. 442
ca. Fr. 200'000.-- gestohlen. Die Täterschaft konnte nicht ermittelt werden. Als Folge dieses Diebstahls zahlte die Versicherung dem Geschädigten R. einen Betrag von Fr. 700'000.-- aus.
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach diesem 5. September übernahm C. von einem Unbekannten die beiden Gemälde. Am 29. Dezember 1987 erklärte er Direktor G. von der Versicherung, im November 1987 seien ihm die beiden Bilder zum Preise von Fr. 300'000.-- offeriert worden. Direktor G. meinte darauf, dieser Preis erscheine ihm zu hoch, ein Rückkauf könnte allenfalls zu einem Preis in der Höhe von 10% der Schadenssumme, also für ca. Fr. 70'000.--, erfolgen. Ausserdem müssten die Behörden zur ordnungsgemässen Rückgabe der gestohlenen Bilder eingesetzt werden. C. lehnte ein Einschalten der Behörden ab. In der Folge kam es zu verschiedenen Verhandlungen, zu welchen auch Rechtsanwalt W. als Berater von C. beigezogen wurde. Am 14. Januar 1988 unterschrieb Direktor G. ein Schriftstück mit dem folgenden Wortlaut:
AUFTRAG
Auf der Basis von Hinweisen, die ein Vermittler von ihm unbekannten
Personen erhalten hat, vereinbaren die Parteien was folgt:
1. Die Versicherung übergibt an W. Fr. 300'000.-- zwecks Verwahrung in
seinem Safe bei der Zürcher Kantonalbank.
2. Die Versicherung beauftragt W., die Bilder von Marc Chagall ("Le
village au soleil") und von Georges Rouault ("Nu à la longue chevelure")
vom Vermittler entgegenzunehmen und am Montag, 18.1.1988, 14-16 Uhr zur
fachmännischen Prüfung durch die Versicherung in seiner Kanzlei
bereitzuhalten.
3. Unmittelbar nach der Prüfung der Bilder gemäss Ziff. 2 erklärt die
Versicherung gegenüber W., ob sie die Bilder entgegennimmt oder nicht. Die
Versicherung ist bei ihrem Entscheid vollständig frei.
4. Übernimmt die Versicherung die Bilder nicht, ist ihr von W. der
Betrag von Fr. 300'000.-- innert 24 Stunden zurückzuerstatten.
5. Die Versicherung ermächtigt W. unwiderruflich, im Falle der freien
Übernahme der Bilder durch entsprechende Erklärung der Versicherung,
zugunsten des Vermittlers über den Betrag von Fr. 300'000.-- frei verfügen
zu können.
6. Werden die Bilder vom Vermittler nicht bis spätestens Montag,
18.1.1988, 16.00 Uhr, zur Prüfung bei W. zur Verfügung gestellt und nicht
von der Versicherung oder der Kriminalpolizei übernommen, so hat W. Fr.
300'000.-- bis Dienstag, 19.1.1988, 16.00 Uhr an die Versicherung
zurückzuerstatten.
7. Die Versicherung verpflichtet sich im Falle des Erfolgs der
Abwicklung gemäss Ziff. 1-6, W. nach Zeitaufwand, maximal mit Fr. 1'000.--
zu entschädigen; im Falle eines Misserfolges, der weitere Bemühungen
veranlasst, nach Zeitaufwand."
BGE 117 IV 441 S. 443
Danach wurden W. die verlangten Fr. 300'000.-- übergeben, der den Betrag umgehend in dem auf seinen Namen lautenden Safe bei der Zürcher Kantonalbank deponierte. Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, spätestens am 15. Januar 1988, übergab C. die gestohlenen Bilder W. in dessen Anwaltskanzlei. Dieser erteilte in der Folge Rechtsanwalt X. den Auftrag, den im Safe deponierten Betrag von Fr. 300'000.-- (entgegen der Vereinbarung) vor Übernahme der Bilder durch die Versicherung abzuholen, was X. auch tat. Damit verhinderte er, dass die Polizei diesen Betrag nach Übergabe der Bilder behändigen konnte. Danach zeigte W. in seiner Anwaltskanzlei Direktor G. und einem Bilderexperten die beiden gestohlenen Bilder, die von diesem sofort als echt erkannt wurden. Direktor G. erklärte W., damit sei die Abmachung erfüllt, er könne über das Geld verfügen, worauf dieser durch X. den Betrag bei der Bank H. auf ein Konto von C. einzahlen liess.
B.-
Am 16. November 1990 verurteilte das Geschworenengericht des Kantons Zürich C. wegen Hehlerei zu 18 Monaten Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug. Von der Anklage der Nötigung sprach es ihn frei.
W. sprach es sowohl von der Anklage der Hehlerei wie auch der Nötigung frei. Überdies beschloss es die definitive Einziehung eines beschlagnahmten Bargeldbetrages in Höhe von Fr. 18'000.--. Der bei der Bank H. beschlagnahmte Betrag von Fr. 300'000.-- wurde einstweilen weiter beschlagnahmt bis zur rechtskräftigen gerichtlichen oder endgültigen aussergerichtlichen Erledigung der Schadenersatzforderung der Versicherung gegen C.
C.-
Das Kassationsgericht des Kantons Zürich ist auf eine von C. gegen dieses Urteil eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am 4. Juli 1991 nicht eingetreten.
D.-
C. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung sowie zur Neuregelung der Nebenfolgen an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
a) Die Vorinstanz geht beweismässig davon aus, dass der Beschwerdeführer die gestohlenen Bilder im Einverständnis mit der berechtigten Versicherung erworben habe. Deshalb liege darin keine tatbestandsmässige Hehlereihandlung. Auch in der Übergabe
BGE 117 IV 441 S. 444
der Bilder an den Angeklagten W., damit dieser die Bilder im Sinne der Vereinbarung der Berechtigten zurückerstatten könne, liege keine Hehlerei.
Die Vorinstanz bejaht jedoch die Erfüllung des Hehlereitatbestandes, weil der Beschwerdeführer durch Täuschungsmanöver gegenüber der Polizei den Besitz der gestohlenen Bilder verheimlichte. Er habe nämlich am 14. Januar realisiert, dass er von der Polizei observiert wurde. Zu diesem Zeitpunkt habe er die Bilder schon übernommen gehabt und in seinem Keller aufbewahrt. Er habe aber nicht gewollt, dass die Polizei sie beschlagnahme. Deshalb habe er verschiedene Täuschungsmanöver unternommen. So habe er von einem Bekannten Fr. 50'000.-- beschafft, die er dann innerhalb ungefähr einer Stunde bei sieben Bankinstituten abwechslungsweise in Fünfhunderter- und Tausendernoten umwechselte. Damit habe er bei der Polizei den Eindruck erwecken wollen, er bereite die Bilderübernahme vor, sei also noch gar nicht im Besitze der Bilder. Zu diesem Zweck habe er auch eine Kartonrolle gekauft. In der Folge musste er die Bilder unbemerkt von der Polizei aus seinem Keller ins Büro von W. schaffen. Deshalb verbarg er sie im Auto seiner damaligen Freundin, das sich in der Tiefgarage des Gebäudekomplexes K. befand. Dabei ging er davon aus, dass die Polizei dieses mit Basler Kontrollschildern versehene Fahrzeug nicht mit ihm in Zusammenhang bringen würde und er so ungehindert die Tiefgarage verlassen könne. Weil er bemerkt hatte, dass die Polizei aus mehreren Fahrzeugen die Strasse im Bereich seiner Wohnung beobachtete, stellte er bei seiner Rückkehr das Fahrzeug mit den Bildern nicht mehr in die Tiefgarage, sondern parkierte es andernorts, von wo er von der Polizei unbemerkt in den Gebäudekomplex und zu seiner Wohnung gelangen konnte. So gelang es ihm, am folgenden Tag die Bilder unbemerkt ins Büro von W. zu bringen.
Zusammenfassend nimmt die Vorinstanz an, dass das Verheimlichen des Besitzes der Bilder gegenüber der Versicherung strafrechtlich nicht relevant sei, weil im passiven Verhalten gemäss Rechtsprechung keine Hehlerei liege. Demgegenüber habe der Beschwerdeführer die Bilder durch die Täuschungsmanöver gegenüber der Polizei verheimlicht.
b) Der Beschwerdeführer macht im wesentlichen geltend, er habe sich so verhalten, wie es die Versicherung als die Berechtigte verlangt habe. Mit Rücksicht auf die Perpetuierungstheorie könne er deshalb den Tatbestand der Hehlerei nicht erfüllt haben. Zusätzlich
BGE 117 IV 441 S. 445
macht er dafür sachenrechtliche Gründe geltend. Bei dieser Sachlage sei sein Verhalten gegenüber der Polizei irrelevant.
2.
Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Hehlerei ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist zutreffend, dass die Hehlerei ein Vermögensdelikt darstellt, weshalb Handlungen, die ausschliesslich eine Benachteiligung der polizeilichen Aktivitäten darstellen, den Hehlereitatbestand nicht erfüllen. Der Beschwerdeführer hat jedoch durch sein Verhalten das Auffinden der Sache erschwert und damit Hehlerei in der Form des Verheimlichens begangen, wie die Vorinstanz zutreffend annimmt. Er hat dabei nicht nur passiv den Besitz an den Bildern verschwiegen, sondern diesen aktiv verheimlicht. Er kann sich nicht darauf berufen, dass die Versicherung damit einverstanden gewesen wäre. Diese ging nämlich davon aus, der Beschwerdeführer sei noch gar nicht im Besitze der Bilder. Ihr Hauptziel musste sein, die Bilder unentgeltlich wiederzuerlangen und den Schaden so praktisch auf Null reduzieren zu können. Hätte sie gewusst, wo sich die Bilder befanden, hätte sie diese unter Einschaltung der Polizei auch ohne jede Zahlung zurückerhalten können. Nur für den Fall, dass dieses Hauptziel nicht realisierbar schien, konnte ihr der vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Weg attraktiv erscheinen. Durch seine Täuschungsmanöver, insbesondere das Vorspiegeln einer blossen Vermittlungsmöglichkeit, obwohl er bereits im Besitze der Bilder war, hat der Beschwerdeführer erreicht, dass die Bilder nicht aufgefunden werden konnten, was die Durchsetzung des Anspruchs des Opfers der Vortat (bzw. der letztlich geschädigten Versicherung) auf Wiedererlangung der gesamten entfremdeten Sache (bzw. der gesamten dafür entrichteten Versicherungssumme) ebenfalls verunmöglichte.
| null |
nan
|
de
| 1,991 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4436e94-7c0c-4704-b3e8-6926619b790a
|
Urteilskopf
140 V 136
21. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Q. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) und B. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_789/2013 vom 10. März 2014
|
Regeste a
Art. 97 Abs. 1 und 2,
Art. 105 Abs. 2 und 3 BGG
; Kognition.
Das Bundesgericht urteilt mit eingeschränkter Kognition, wenn lediglich die Auszahlungsmodalität einer unbestrittenen Geldleistung (Waisenrente) streitig ist (E. 1.2).
Regeste b
Art. 30 UVG
; Art. 297 Abs. 3, Art. 311 f. und
Art. 318 Abs. 1 ZGB
;
Art. 27 Abs. 1 und
Art. 85 Abs. 1 IPRG
; Art. 9 Abs. 1 lit. a und Art. 10 Abs. 1 lit. a des Europäischen Übereinkommens vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts.
Die SUVA hat zu Recht die Auszahlung einer (unbestrittenen) Waisenrente ins Ausland verweigert und die weitere Ausrichtung an die in der Schweiz lebende Mutter angeordnet, da der ausländische "Entscheid" über die Bestellung eines Vormunds für die Halbwaise in casu den schweizerischen ordre public verletzt (E. 4 und 5).
|
Sachverhalt
ab Seite 137
BGE 140 V 136 S. 137
A.
J., geboren 1976, war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er am 5. Dezember 2001 auf dem Weg zur Arbeit bei einem Selbstunfall tödlich verunglückte. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2002 sprach die SUVA der Witwe, L., sowie den beiden Halbwaisen E., geboren 1999, und F., geboren 2000, ab 1. Januar 2002 Hinterlassenenleistungen zu. Am 17. Dezember 2003 hob die SUVA infolge Wiederverheiratung von L. (nunmehr B.) deren Hinterlassenenrente per 1. Mai 2003 auf, richtete die beiden Halbwaisenrenten aber nach wie vor der Mutter aus.
Am 27. Dezember 2006 machte Q., die im Kosovo lebende Mutter des J., geltend, die Halbwaisenrenten seien ihr - auch rückwirkend - zu überweisen, da sie die Vormundschaft über E. und F. innehabe. Nach längerer Korrespondenz in dieser Sache, während welcher die SUVA die Direktauszahlung stets verweigerte, verlangte Q. eine beschwerdefähige Verfügung, welche die SUVA am 18. Juli 2012 erliess und mit Einspracheentscheid vom 7. November 2012 bestätigte.
B.
Das Kantonsgericht des Kantons Luzern wies die dagegen erhobene Beschwerde nach Beiladung von B. mit Entscheid vom 17. September 2013 ab.
C.
Q. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben; evenualiter sei für den Leistungsanspruch der Kinder ein Sperrkonto einzurichten.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eingetreten ist.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss
Art. 95 und 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (
Art. 106 Abs. 1 BGG
). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
BGE 140 V 136 S. 138
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl.
BGE 130 III 136
E. 1.4 S. 140). Gemäss
Art. 42 Abs. 1 BGG
ist die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht eingetreten (
Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG
). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (
Art. 106 Abs. 2 BGG
).
1.2
1.2.1
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG
beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (
Art. 97 Abs. 1 BGG
). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (
Art. 105 Abs. 1 BGG
), und es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (
Art. 105 Abs. 2 BGG
).
Diese Einschränkungen der Rüge- und Überprüfungsbefugnis gelten nicht bei Beschwerden, welche sich gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung richten. Hier kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (
Art. 97 Abs. 2 BGG
) und das Bundesgericht ist nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden (
Art. 105 Abs. 3 BGG
).
1.2.2
Es fragt sich, ob die Regelung über die freie Kognition des Bundesgerichts gemäss Art. 105 Abs. 3 in Verbindung mit
Art. 97 Abs. 2 BGG
zur Anwendung gelangt. Das trifft nicht zu. Gegenstand des angefochtenen Entscheids bildet einzig die Frage der Auszahlungsmodalität der den Kindern unbestrittenermassen zustehenden Waisenrenten. Damit ist auch der letztinstanzliche Prüfungsgegenstand umschrieben. Angesichts des Ausnahmecharakters des
Art. 105 Abs. 3 BGG
und der damit zusammenhängenden restriktiven Interpretation (
BGE 135 V 412
E. 1.2.2 S. 414 mit Hinweisen auf die
BGE 140 V 136 S. 139
Literatur) ist nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Geldleistungen der Militär- und Unfallversicherung kognitionsmässig auch bei dieser nicht den Anspruch als solchen, sondern einzig die Auszahlungsmodalität beschlagenden Streitigkeit anders als die übrigen vom Bundesgericht zu beurteilenden Versicherungsmaterien behandeln wollte. Daher gilt die eingeschränkte Kognition.
2.
Die Beschwerdeführerin verlangt die Auszahlung der Halbwaisenrenten ihrer beiden Enkel E. und F. an sich selber. Zur Begründung führte sie vor Vorinstanz aus, gemäss Verfügung der Sozialbehörde X. (Kosovo) vom 5. Februar 2002 sei sie Vormund und damit gesetzliche Vertreterin der Halbwaisen.
Die Vorinstanz hat festgehalten, die entsprechende Verfügung beziehe sich einzig auf das Kind F., nicht aber auf E. Da die Beschwerdeführerin für E. somit auch nach eigener Darstellung nicht Vormund sei, komme eine Auszahlung der Halbwaisenrente für E. zum Vornherein nicht in Frage. Mit dieser Erwägung setzt sich die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde ans Bundesgericht nicht auseinander, weshalb es an einer sachbezogenen Begründung im Sinne von
Art. 42 Abs. 2 BGG
fehlt und insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann.
3.
Streitig und zu prüfen bleibt, wer - als gesetzlicher Vertreter von F. - Anspruch auf Auszahlung der Hinterlassenenleistung hat.
4.
4.1
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf Hinterlassenenrenten von (Halb-)Waisen (
Art. 30 UVG
), die elterliche Sorge (Art. 252 Abs. 1 und 2, Art. 296 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 297 Abs. 3 ZGB
) sowie die damit verbundene Vermögensverwaltung (
Art. 318 Abs. 1 ZGB
), die gesetzliche Vertretung (
Art. 304 Abs. 1 ZGB
) und die Voraussetzungen des Entzugs der elterlichen Sorge (Art. 311 f. ZGB) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.
4.2
4.2.1
Bezüglich des anwendbaren internationalen Rechts ist hingegen zu differenzieren: Gemäss dem Grundsatz, wonach jenes Recht zur Anwendung gelangt, welches bei Verwirklichung des zu Rechtsfolgen führenden Sachverhaltes in Kraft stand (
BGE 139 V 335
E. 6.2 S. 338;
BGE 132 V 215
E. 3.1.1 S. 220), ist angesichts der auch rückwirkend geltend gemachten Auszahlung der Halbwaisenrenten das anwendbare Recht zu bestimmen.
BGE 140 V 136 S. 140
Das Europäische Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts (Europäisches Sorgerechtsübereinkommen [SR 0.211.230.01]; nachfolgend: ESÜ) ist für die Schweiz am 1. Januar 1984 und für Serbien am 1. Mai 2002 in Kraft getreten. Da der Kosovo von der Schweiz am 27. Februar 2008 als selbstständiger Staat anerkannt wurde, ist vom 1. Mai 2002 bis zu dieser Sezession das ESÜ massgebend (Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht [IPRG; SR 291]). Ob es auch für den Nachfolgestaat Kosovo anwendbar bleibt, ist fraglich (vgl. dazu
BGE 139 V 263
), so dass mangels anderer beidseitig unterzeichneter völkerrechtlicher Verträge im Übrigen die Bestimmungen des IPRG massgebend sind.
Art. 85 Abs. 1 IPRG
in der bis 30. Juni 2009 geltenden Fassung verweist auf das Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen (SR 0.211. 231.01; nachfolgend: MSA) und in der ab 1. Juli 2009 geltenden Fassung auf das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Massnahmen zum Schutz von Kindern (Haager Kindesschutzübereinkommen, HKsÜ; SR 0.211.231.011).
4.2.2
Nach
Art. 27 Abs. 1 IPRG
wird eine im Ausland ergangene Entscheidung von Amtes wegen (vgl. DÄPPEN/MABILLARD, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 2013, N. 1 zu
Art. 27 IPRG
) nicht anerkannt, wenn die Anerkennung mit dem schweizerischen ordre public nicht vereinbar wäre; eine im Ausland ergangene Entscheidung wird auf entsprechenden Einwand hin (vgl. DÄPPEN/MABILLARD, a.a.O., N. 1 zu
Art. 27 IPRG
) nach
Art. 27 Abs. 2 lit. b IPRG
ebenfalls nicht anerkannt, wenn sie unter Verletzung wesentlicher Grundsätze des schweizerischen Verfahrensrechts zustande gekommen ist, insbesondere bei Verletzung des rechtlichen Gehörs. Nach
Art. 16 MSA
darf von den Bestimmungen dieses Übereinkommens nur abgewichen werden, wenn ihre Anwendung mit der öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar ist.
Art. 23 Abs. 2 HKsÜ
sieht verschiedene Gründe vor, bei deren Vorliegen die Anerkennung eines behördlichen Entscheids versagt werden kann, etwa auf Antrag jeder Person, die geltend macht, dass die Massnahme ihre elterliche Sorge beeinträchtigt und sie ohne ihre Anhörung getroffen
BGE 140 V 136 S. 141
wurde (lit. c), oder wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Staates offensichtlich widerspricht (lit. d) oder wenn das Verfahren nach
Art. 33 HKsÜ
nicht eingehalten wurde (lit. f). Das MSA und das HKsÜ gelangen infolge Verweis in
Art. 85 IPRG
auch gegenüber Nichtvertragsstaaten zur Anwendung (vgl. SCHNYDER/GROLIMUND, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 17 zu
Art. 1 IPRG
). Gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. a ESÜ kann die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden, wenn bei einer Entscheidung, die in Abwesenheit des Beklagten oder seines gesetzlichen Vertreters ergangen ist, dem Beklagten das das Verfahren einleitende oder gleichwertige Schriftstück weder ordnungsgemäss noch rechtzeitig zugestellt worden ist, so dass er sich verteidigen konnte; nach Art. 10 Abs. 1 lit. a ESÜ kann die Anerkennung und Vollstreckung auch verweigert werden, wenn die Wirkungen der Entscheidungen mit den Grundwerten des Familien- und Kindschaftsrechts im ersuchten Staat offensichtlich unvereinbar sind.
5.
5.1
Es ist unbestritten, dass die Halbwaisenrente grundsätzlich an den Inhaber der elterlichen Sorge auszuzahlen ist. Nach dem hier massgebenden schweizerischen Recht geht die elterliche Sorge beim Tod des einen Ehegatten auf den überlebenden über (
Art. 297 Abs. 3 ZGB
). Demnach stand B. nach dem Tod von J. die alleinige elterliche Sorge für ihre Söhne zu.
Die Beschwerdeführerin macht vor Bundesgericht geltend, durch die Verfügung der Sozialbehörde X. (Kosovo) vom 5. Februar 2002 sei der Mutter die elterliche Sorge entzogen und sie selber als Vormund ihrer beiden Enkel eingesetzt worden. Die Kinder lebten seit mehr als zehn Jahren bei ihr und würden von ihr betreut. Die leibliche Mutter kümmere sich nicht um ihre Kinder und die Halbwaisenrente sei daher direkt an sie auszubezahlen.
5.2
Abgesehen davon, dass sich in den Akten gewichtige Hinweise finden, welche gegen die Sachverhaltsdarlegung der Beschwerdeführerin bezüglich des Verhaltens der Mutter sprechen und die Beschwerdeführerin auch kein Verfahren um Anerkennung des Entscheids der Sozialbehörde X. (Kosovo) bei der zuständigen Schweizer Behörde eingeleitet hat, erfüllt die von ihr beigebrachte Verfügung vom 5. Februar 2002 die Voraussetzungen der Anerkennung dieses ausländischen Entscheids nicht; dies gilt ungeachtet dessen, ob nach IPRG das MSA resp. das HKsÜ oder das ESÜ anwendbar ist (vgl. dazu oben E. 4.2). Bei all diesen Übereinkommen wie auch nach
BGE 140 V 136 S. 142
Art. 27 IPRG
steht die Anerkennung unter dem Vorbehalt des ordre public. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, widerspricht die Verfügung der Sozialbehörde X. (Kosovo) vom 5. Februar 2002 den in der Schweiz geltenden Grundsätzen diametral. Die Verfügung geht davon aus, die Mutter habe F. nach dem Tod ihres ersten Ehegatten im Stich gelassen ("abgeworfen"). Eine entsprechende Erklärung der Mutter, wonach sie auf die Ausübung der elterlichen Sorge verzichtet, liegt indessen nicht vor; vielmehr bestehen glaubwürdige Anhaltspunkte, dass die Mutter ihre Söhne unfreiwillig bei deren Grosseltern zurückgelassen hat. Daran ändert auch die von der Beschwerdeführerin aufgelegte und von der Mutter unterzeichnete Vollmacht vom 18. Januar 2002 nichts, da diese nur die Vertretung durch den Schwiegervater vor Behörden zwecks Regelung der Ehescheidung beinhaltete und zwischenzeitlich auch widerrufen wurde. Die Annahme in der Verfügung vom 5. Februar 2002, für F. habe keine elterliche Sorge bestanden, ist daher offensichtlich unzutreffend, da diese beim Tod seines Vaters von Gesetzes wegen weiterhin bei der Mutter - nunmehr als alleiniger Inhaberin - verblieb. Es kommt hinzu, dass die Mutter in das Verfahren vor der Sozialbehörde X. (Kosovo) nicht einbezogen worden ist (vgl. dazu den Einwand der Mutter im Schreiben vom 14. März 2007 und in der Stellungnahme vor Vorinstanz vom 5. März 2013), obwohl sie durch den Entzug der elterlichen Sorge direkt und in schwerwiegender Weise betroffen ist. Die entsprechende Verfügung war ihr denn auch nicht einmal zugestellt worden, so dass sie keine Möglichkeit hatte, dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen. Unter diesen Umständen liegt ein offensichtlicher und schwerer Verstoss gegen fundamentale Grundsätze der Schweizer Rechtsordnung vor, weshalb der Verfügung vom 5. Februar 2002 gestützt auf
Art. 85 Abs. 1 IPRG
in Verbindung mit
Art. 16 MSA
resp.
Art. 23 Abs. 2 lit. d und f HKsÜ
und auf Art. 10 Abs. 1 lit. a ESÜ (materieller ordre public) sowie gestützt auf
Art. 85 Abs. 1 IPRG
in Verbindung mit
Art. 16 MSA
resp.
Art. 23 Abs. 2 lit. c HKsÜ
und auf Art. 9 Abs. 1 lit. a ESÜ (formeller ordre public; Verletzung des rechtlichen Gehörs) die Anerkennung zu versagen ist. Auch aus der Bescheinigung der Sozialbehörde X. (Kosovo) vom 22. Oktober 2008 kann die Beschwerdeführerin nichts zu ihren Gunsten ableiten, basiert diese doch auf der Verfügung vom 5. Februar 2002. Da die Mutter demnach weiterhin Inhaberin der elterlichen Sorge ist, ist die Rente für F. - wie jene für E. - weiterhin ihr auszurichten.
BGE 140 V 136 S. 143
5.3
Auch die übrigen Einwände der Beschwerdeführerin vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern: Abgesehen davon, dass die für die Drittauszahlung nach
Art. 20 Abs. 1 ATSG
(SR 830.1) notwendige Zweckentfremdung der Waisenrenten nicht nachgewiesen ist, handelt es sich dabei auch um eine Kann-Vorschrift, die dem Sozialversicherungsträger ein Ermessen einräumt (vgl. UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 10 zu
Art. 20 ATSG
). Unter den gegebenen Umständen liegt jedenfalls keine rechtsfehlerhafte Ausübung des Ermessens durch die SUVA vor, indem sie sich gegen eine Drittauszahlung aussprach. Schliesslich kann die Beschwerdeführerin auch aus dem Verweis auf die familienrechtliche Regelung von Pflegekinderverhältnissen (
Art. 300 Abs. 1 und
Art. 316 Abs. 1 ZGB
) nichts zu ihren Gunsten ableiten, da es auch hier an einer rechtsgenüglichen behördlichen Bewilligung fehlt.
| null |
nan
|
de
| 2,014 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f44464cf-4b7d-4b3f-b603-a69f49fc32da
|
Urteilskopf
137 III 97
16. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Z. gegen Departement Inneres und Kultur des Kantons Appenzell Ausserrhoden (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_477/2010 vom 27. Januar 2011
|
Regeste
Art. 30 Abs. 1 und
Art. 267 Abs. 1 ZGB
; Namensänderung bei einem adoptierten Erwachsenen.
Der Wunsch einer 56-jährigen Person, nach der Adoption den bisherigen Familiennamen weiterzuführen, bringt die enge Verbindung zwischen dem Namen und der Persönlichkeit zum Ausdruck und genügt als wichtiger Grund im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
, um die Namensänderung zu bewilligen (Änderung der Rechtsprechung; E. 3).
|
Sachverhalt
ab Seite 97
BGE 137 III 97 S. 97
A.
Am 21. Juni 2008 stellte A.Z. (geb. 1927) das Gesuch um Adoption von E.H. (geb. 1953). Gleichzeitig ersuchte E.H. um
BGE 137 III 97 S. 98
Bewilligung, nach der Adoption ihren bisherigen Familiennamen weiterführen zu dürfen. Mit Beschluss des Regierungsrates des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 20. Januar 2009 wurde die Erwachsenenadoption gemäss
Art. 266 ZGB
ausgesprochen und erhielt E.H. den Familiennamen Z. Das Gesuch von E.Z. um Änderung ihres Namens gemäss
Art. 30 Abs. 1 ZGB
in "H." wurde mit Verfügung des Departementes für Inneres und Kultur des Kantons Appenzell Ausserrhoden vom 6. Februar 2009 abgewiesen.
B.
E.Z. gelangte betreffend die Verweigerung der Namensänderung an den Regierungsrat Appenzell Ausserrhoden, welcher die Beschwerde am 7. Juli 2009 abwies. Hiergegen erhob E.Z. Beschwerde an das Verwaltungsgericht Appenzell Ausserrhoden, welche mit Urteil vom 24. Februar 2010 abgewiesen wurde.
C.
Mit Eingabe vom 28. Juni 2010 führt E.Z. Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, das Urteil des Verwaltungsgerichts Appenzell Ausserrhoden vom 24. Februar 2010 aufzuheben und die Änderung ihres Namens von "Z." in "H." zu bewilligen. (...)
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut.
(Auszug)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das Gesuch der (mittlerweile) 57-jährigen Beschwerdeführerin, welche den durch die Adoption erworbenen Namen "Z." in ihren früheren Namen "H." ändern will, welchen sie zeitlebens getragen hat. Sie macht geltend, die Verweigerung der Bewilligung zur Führung ihres früheren Namens verletze die massgebenden Bestimmungen des ZGB sowie ihre u.a. durch die EMRK geschützte Persönlichkeit, zumal aus der Beibehaltung ihres früheren Namens trotz Adoption die Rechtssicherheit bzw. das öffentliche Interesse nicht beeinträchtigt werde.
3.1
Die Beschwerdeführerin wurde von A.Z. im Alter von 56 Jahren nach
Art. 266 ZGB
adoptiert. Nach
Art. 267 Abs. 1 ZGB
erhält das Adoptivkind die Rechtsstellung eines Kindes der Adoptiveltern bzw. des Einzeladoptierenden. Die Adoption hatte demnach von Gesetzes wegen zur Folge, dass die Beschwerdeführerin den Namen ihrer Adoptivmutter erwarb (
Art. 270 Abs. 2 ZGB
). Der gesetzliche Namenswechsel kann nur durch eine Namensänderung nach
Art. 30 Abs. 1 ZGB
rückgängig gemacht werden. Nach dieser Bestimmung
BGE 137 III 97 S. 99
kann die Regierung des Wohnsitzkantons einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn wichtige Gründe vorliegen. Ob im einzelnen Fall ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist (
Art. 4 ZGB
;
BGE 136 III 161
E. 3.1 S. 162).
3.2
Die Namensänderung bei einem adoptierten Erwachsenen hat nach der Rechtsprechung den Zweck, ernstliche Nachteile zu beseitigen, die mit dem durch die Adoption erworbenen Namen verbunden sind, wobei vor allem moralische, geistige und seelische, aber auch wirtschaftliche oder administrative Interessen im Spiel stehen können (
BGE 108 II 1
E. 5a S. 4; allgemein betreffend
Art. 30 Abs. 1 ZGB
:
BGE 136 III 161
E. 3.1.1 S. 163). Dies ist nach der Rechtsprechung z.B. der Fall, wenn der bisherige Name für seinen Träger eine religiöse Bedeutung hat (
BGE 108 II 1
E. 5b S. 5: Beibehaltung des Namens "Lévy" bei Adoption durch eine nichtjüdische Person), nicht aber im Falle blosser Unannehmlichkeiten, welche durch die Erwachsenenadoption entstehen (
BGE 105 II 65
E. 3 S. 67
)
.
3.3
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf die zeitlebens bzw. 57 Jahre dauernde Namensführung und die Beeinträchtigung, welche durch den Namenswechsel in der sozialen und psychischen Sphäre ihrer Persönlichkeit verursacht werde.
3.3.1
Der Name gehört zur Persönlichkeit (
BGE 126 III 1
E. 3c S. 2), und der Namenswechsel durch eine Statusänderung berührt das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen um so mehr, je länger dieser den bisherigen Namen getragen hat (vgl. HEGNAUER, Berner Kommentar, 1997, N. 43 zu
Art. 270 ZGB
). Die Beschwerdeführerin hält an sich richtig (unter Hinweis auf einen kantonalen Entscheid aus dem Jahre 2007; vgl. FamPra.ch 2008 S. 364 ff.) fest, dass mit Blick auf die Dauer der Namensführung auch eine 33-jährige Person sich nach einer Erwachsenenadoption wünschen könnte, den bisherigen Namen weiterführen zu wollen. In der Tat kann eine Abgrenzung nach der Anzahl Jahre der Namensführung sachlich nicht begründet werden. Das Argument der Dauer für den Wunsch, den bisherigen Namen weiterzuführen, läuft vielmehr auf die allgemeine Forderung hinaus, den durch die Erwachsenenadoption erworbenen Namen ablehnen zu dürfen.
3.3.2
Zu dieser Frage hat das Bundesgericht in
BGE 105 II 65
ff. Stellung bezogen. Der Gesetzgeber habe mit der Revision des
BGE 137 III 97 S. 100
Adoptionsrechts das Adoptivverhältnis dem ehelichen Kindesverhältnis gleichstellen wollen. Mit diesem Zweck sei es nicht vereinbar, wenn das Adoptivkind seinen bisherigen Namen beibehielte. Dabei sei dem Gesetzgeber die Problematik der Adoption Erwachsener durchaus bewusst gewesen. Dennoch sei bezüglich der Übernahme des Namens der Adoptiveltern keine Wahlfreiheit oder sonstwie Erleichterung vorgesehen worden. Die Rechtsprechung schloss daraus, dass eine Person, welche sich adoptieren lassen will, auch die gesetzlichen Folgen der Adoption auf sich nehmen müsse (
BGE 105 II 65
E. 3 S. 67; bestätigt in
BGE 108 II 1
E. 3 S. 3).
3.3.3
Die geltende Rechtslage wird in der Lehre als unbefriedigend bezeichnet (HEGNAUER, a.a.O., N. 45 zu
Art. 270 ZGB
, mit Hinweis
de lege ferenda
). In ihren Vorbringen übernimmt die Beschwerdeführerin die Kritik, dass ein hinreichendes öffentliches Interesse an der Namenseinheit von Eltern und mündigen Kindern fehle (vgl. HEGNAUER, a.a.O., N. 65 zu
Art. 270 ZGB
). Die Beschwerdeführerin stützt sich einzig auf das Argument der Zeitspanne der Namensführung und den persönlichen Wunsch, den bisherigen Familiennamen nach der Adoption führen zu wollen. Sie beruft sich nicht auf weitere insbesondere moralische, geistige oder seelische Interessen, welche von der Vorinstanz übergangen worden seien. Anhaltspunkte, welche den Schluss zulassen würden, dass die Beschwerdeführerin durch den Namenswechsel besonders belastet wäre, gehen aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Sie ist nach dem angefochtenen Urteil nicht etwa Künstlerin, Politikerin, Schriftstellerin, Inhaberin eines unter ihrem Namen geführten Geschäfts oder dergleichen. Nach der erwähnten Rechtsprechung gilt sie daher - anders als diese Personen - nicht in besonderem Masse an der Beibehaltung des Namens, unter dem sie bekannt ist, interessiert (
BGE 105 II 65
E. 4 S. 69).
3.4
Zu prüfen ist, ob an der dargelegten und vom Verwaltungsgericht als massgeblich erachteten Praxis zu
Art. 30 Abs. 1 ZGB
festgehalten werden kann.
3.4.1
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil Nr. 664/06
Losonci Rose und Rose gegen Schweiz
vom 9. November 2010, nach welchem die gesetzliche Verpflichtung der Ehegatten zu einem gemeinsamen Familiennamen diskriminierend ist, mit Bezug auf
Art. 8 EMRK
die Bedeutung des eigenen Namens als zentrales Element der Individualisierung und Identität der Person betont (§ 51; Urteil Nr. 44378/05
Daróczy gegen Ungarn
vom 1. Juli
BGE 137 III 97 S. 101
2008 § 32). Ob der angefochtene Entscheid (wie die Beschwerdeführerin meint) gegen
Art. 8 EMRK
verstösst, braucht - wie sich aus dem Folgenden ergibt - nicht näher erörtert zu werden.
3.4.2
Die beiden angerufenen Bundesgerichtsentscheide sind in den Jahren 1979 und 1982 ergangen und stützen sich auf die Revision des Adoptionsrechts durch das Bundesgesetz vom 30. Juni 1972 (AS 1972 II 2819). Das Bundesgericht hat dabei der Entstehungsgeschichte entscheidendes Gewicht zukommen lassen (vgl. E. 3.3.2), weil es sich damals um nicht vor langer Zeit erlassene Vorschriften handelte. Seither hat die Funktion des Familiennamens zur Kennzeichnung der Familienzugehörigkeit (
BGE 126 III 1
E. 3a S. 3;
BGE 119 II 307
E. 2 S. 308) an Bedeutung eingebüsst. Durch die spätere Revision von Bestimmungen des ZGB sind die gesetzlichen Wirkungen von Statusänderungen auf den Namen von Erwachsenen begrenzt worden, indem der individuellen Namenswahl mehr Gewicht eingeräumt wird (vgl.
Art. 30 Abs. 2 ZGB
: Wahl des Familiennamens der Ehefrau als Familiennamen;
Art. 119 Abs. 1 ZGB
: Wiederannahme des früheren Namens durch den geschiedenen Ehegatten;
Art. 160 Abs. 2 ZGB
: Voranstellung des bisherigen Namens eines der Brautleute vor den ehelichen Familiennamen). Diese Wandlung der gesetzlichen Namensregeln sind heute bei der Beurteilung der wichtigen Gründe nach
Art. 30 Abs. 1 ZGB
zu berücksichtigen. Im Weiteren hat das Bundesgericht in der neueren Rechtsprechung zur kindesrechtlichen Namensänderung den Grundsatz der Namenseinheit relativiert. So stellt der allgemeine Hinweis des Kindes, es diene seinem Wohl, in Namenseinheit mit Mutter und Stiefvater zu leben, mit Blick auf die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse keinen wichtigen Grund für die Änderung des Familiennamens dar (
BGE 121 III 401
E. 2b/bb S. 403;
BGE 121 III 145
E. 2c S. 148).
3.4.3
Vorliegend hat die Beschwerdeführerin in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang (bzw. gleichzeitig) mit der Erwachsenenadoption die Beibehaltung des Familiennamens verlangt. Im Licht der dargelegten Entwicklung in Gesetzgebung und Rechtsprechung kann an der bisherigen Praxis (
BGE 105 II 65
ff.) nicht länger festgehalten werden, soweit damit weitere Gründe zur Ablehnung des mit der Adoption erworbenen Namens verlangt werden. Es ist kein hinreichendes öffentliches Interesse ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin den Namen der Adoptivmutter erhält; sie weist zu Recht auf die lange Zeitspanne der bisherigen Namensführung hin. Allein
BGE 137 III 97 S. 102
der Wunsch, den bisherigen Familiennamen nach der Adoption weiterführen zu wollen, bringt die enge Verbindung zwischen dem Namen und der Persönlichkeit der Beschwerdeführerin zum Ausdruck. Dies genügt als wichtiger Grund im Sinne von
Art. 30 Abs. 1 ZGB
, um die Namensänderung zu bewilligen.
3.5
Die Rüge der Beschwerdeführerin, der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei mit Bundesrecht nicht vereinbar, ist demnach begründet und die Beschwerde in Zivilsachen ist gutzuheissen.
| null |
nan
|
de
| 2,011 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f447c79f-a12c-4958-af48-41f355f392de
|
Urteilskopf
138 III 378
55. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. et B. contre C. et D. (recours constitutionnel subsidiaire)
5D_211/2011 du 30 mars 2012
|
Regeste
Art. 315 Abs. 5 ZPO
; Gewährung der aufschiebenden Wirkung im Rahmen einer Berufung gegen einen Entscheid über vorsorgliche Massnahmen.
Wenn der Entscheid über vorsorgliche Massnahmen, für welche der Vollstreckungsaufschub während des Berufungsverfahrens verlangt wird, eine Leistungsmassnahme darstellt, die endgültige Wirkung haben kann, darf der Aufschub nur verweigert werden, wenn die Berufung von vornherein offensichtlich unbegründet oder unzulässig erscheint (E. 6).
|
Sachverhalt
ab Seite 378
BGE 138 III 378 S. 378
A.
A., exploitant viticole, et B., vinificateur et commerçant, sont copropriétaires de la parcelle n° 909 du registre foncier de la commune de X. Ce bien-fonds est principalement cultivé en vigne. Une ancienne habitation avec rural, n° ECA x, occupant 59 m
2
au sol y est
BGE 138 III 378 S. 379
implantée. Les propriétaires ont vainement tenté de réhabiliter cette bâtisse mais aucun des projets mis à l'enquête n'a pu être autorisé à ce jour.
C. et D. sont copropriétaires de la parcelle voisine n° 908 du registre foncier de la commune de X. Le bâtiment n° ECA x est situé en limite de cette parcelle.
B.
Par demande du 19 octobre 2010, C. et D. ont requis qu'ordre soit donné à A. et B. de démolir le bâtiment n° ECA x, subsidiairement, de prendre toutes les mesures propres à exclure tout risque d'éboulement, d'effondrement et de chute de tuiles ou d'autres matériaux provenant dudit bâtiment sur la parcelle n° 908, dans un délai de trois mois dès jugement définitif et exécutoire.
Le 26 mai 2011, les demandeurs ont requis, à titre de mesures provisionnelles, qu'ordre soit donné à A. et B. de démonter la toiture du bâtiment n° ECA x, de démolir la moitié ouest du dernier niveau dudit bâtiment, de stabiliser l'ouvrage et de le protéger des intempéries dans un délai à dire de justice. Par ordonnance du 5 septembre 2011, la présidente du Tribunal civil de l'Est vaudois a partiellement admis la requête en ce sens qu'elle a ordonné à A. et B., sous la menace de la peine d'amende prévue par l'
art. 292 CP
, de démonter la toiture du bâtiment en cause d'ici le 15 décembre 2011 et de stabiliser celui-ci et de le protéger des intempéries dans le même délai.
Par acte du 11 octobre 2011, A. et B. ont appelé de cette décision auprès du Tribunal cantonal du canton de Vaud. Ils ont requis que l'effet suspensif soit octroyé au recours. Le 13 octobre 2011, le Juge délégué de la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud a rejeté cette requête.
C.
Par arrêt du 30 mars 2012, le Tribunal fédéral a admis le recours formé par A. et B. contre cette décision et a accordé l'effet suspensif à l'appel du 11 octobre 2011 devant le Tribunal cantonal du canton de Vaud.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
6.
Les recourants invoquent une application arbitraire de l'
art. 315 al. 5 CPC
(RS 272).
6.1
Selon la jurisprudence, une décision est arbitraire lorsqu'elle est manifestement insoutenable, méconnaît gravement une norme ou un principe juridique clair et indiscuté, ou heurte de manière choquante
BGE 138 III 378 S. 380
le sentiment de la justice et de l'équité; il ne suffit pas qu'une autre solution paraisse concevable, voire préférable; pour que cette décision soit annulée, encore faut-il qu'elle se révèle arbitraire non seulement dans ses motifs, mais aussi dans son résultat (
ATF 137 I 1
consid. 2.4;
ATF 136 I 316
consid. 2.2.2 et les références citées).
6.2
L'appel n'a pas d'effet suspensif lorsqu'il a pour objet des décisions portant sur des mesures provisionnelles (
art. 315 al. 4 let. b CPC
). A teneur de l'
art. 315 al. 5 CPC
, l'exécution des mesures provisionnelles peut exceptionnellement être suspendue si la partie concernée risque de subir un préjudice difficilement réparable. En tant que les mesures prononcées en l'espèce ordonnent, à titre provisoire, la démolition de la toiture d'un bâtiment, la stabilisation de celui-ci et sa protection contre les intempéries, elles constituent des mesures provisionnelles au sens des art. 262 let. b et 315 al. 4 let. b et al. 5 CPC.
6.3
Le dommage difficilement réparable de l'
art. 261 al. 1 let. b CPC
est principalement de nature factuelle; il concerne tout préjudice, patrimonial ou immatériel, et peut même résulter du seul écoulement du temps pendant le procès (HOHL, Procédure civile, tome II, 2
e
éd. 2010, n. 1763). Il en va de même pour le dommage difficilement réparable de l'
art. 315 al. 5 CPC
. Il s'agit pour l'un comme pour l'autre d'une condition matérielle, respectivement de la protection juridique provisoire dans la première disposition et de la suspension de l'exécution de la mesure ordonnée dans la seconde. Le dommage est constitué, pour celui qui requiert les mesures provisionnelles, par le fait que, sans celles-ci, il serait lésé dans sa position juridique de fond et, pour celui qui recourt contre le prononcé de telles mesures, par les conséquences matérielles qu'elles engendrent (REETZ/HILBER, in Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [éd.], 2010, n° 69 ad
art. 315 CPC
; DONZALLAZ, La notion de "préjudice difficilement réparable" dans le CPC, in Il Codice di diritto processuale civile svizzero, Bernasconi et al. [éd.],2011, p. 191). Ces deux notions doivent en revanche être distinguées de celle de préjudice difficilement réparable, condition de recevabilité contre une décision ou une ordonnance d'instruction (
art. 319 let. b ch. 2 CPC
). Elles ne doivent pas être confondues non plus avec la notion de préjudice irréparable de l'
art. 93 al. 1 let. a LTF
, condition de recevabilité des recours au Tribunal fédéral contre les décisions préjudicielles ou incidentes (HOHL, op. cit., n. 1764; DONZALLAZ, op. cit., p. 191 s.; cf. également: arrêt 4P.155/1994 du
BGE 138 III 378 S. 381
4 novembre 1994 consid. 2, in RSPI 1996 p. 241; concernant le manque de coordination terminologique entre les art. 92 s. LTF et l'
art. 237 CPC
, cf. TAPPY, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 5 ad
art. 237 CPC
).
Saisie d'une demande d'effet suspensif au sens de l'
art. 315 al. 5 CPC
, l'autorité cantonale d'appel doit ainsi procéder à une nouvelle pesée des intérêts entre les deux préjudices difficilement réparables, celui du demandeur à l'action si la mesure n'était pas exécutée immédiatement et celui qu'entraînerait pour le défendeur l'exécution de cette mesure (REETZ/HILBER, ibidem; DONZALLAZ, op. cit., p. 191; TREZZINI, in Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], 2011, p. 1385 s.).
6.4
Lorsque la décision de mesures provisionnelles, dont la suspension de l'exécution est requise, constitue une mesure d'exécution anticipée provisoire susceptible d'avoir un effet définitif - à savoir lorsque le litige n'a plus d'intérêt au-delà du prononcé de la mesure requise -, il y a lieu de tenir compte du fait que de telles mesures portent une atteinte particulièrement grave à la situation juridique de la partie citée (
ATF 131 III 473
consid. 2.3). Celles-ci ne sont en effet admises que de façon restrictive et sont soumises à des exigences beaucoup plus élevées. Ces exigences portent aussi bien sur l'existence des faits pertinents que sur l'ensemble des conditions d'octroi des mesures en cause, en particulier sur l'appréciation de l'issue du litige sur le fond et des inconvénients respectifs pour le requérant et pour le requis, selon que la mesure soit ordonnée ou refusée. Dans de tels cas, la protection juridique provisoire ne doit ainsi être accordée que lorsque la demande apparaît fondée de manière relativement claire, au vu de l'état de fait rendu vraisemblable (ATF cité, consid. 3.2; HOHL, op. cit, n
os
1844 ss; BOHNET, in CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, n° 18 ad
art. 261 CPC
; TREZZINI, op. cit., p. 1159 s.).
Si l'on entend offrir une véritable voie de droit à la partie, contre qui une mesure d'exécution anticipée provisoire susceptible d'avoir un effet définitif a été prononcée, il convient alors de ne pas se montrer trop exigeant quant aux conditions d'octroi de la suspension de l'exécution de la mesure ordonnée durant la procédure d'appel. C'est à cette condition seulement que l'instance cantonale de recours poura vérifier la mise en balance des intérêts contradictoires des parties effectuée par le premier juge et examiner, à son tour, si les conditions matérielles du prononcé de la mesure provisionnelle requise
BGE 138 III 378 S. 382
sont réunies. A défaut de suspension, l'intimé court en effet le risque d'être définitivement privé du contrôle de la décision sur mesures provisionnelles et, par suite, de tout intérêt à la procédure sur le fond. Aussi, la requête ne devrait être refusée que lorsque l'appel paraît d'emblée manifestement infondé ou irrecevable.
6.5
En l'espèce, la mesure ordonnée est une mesure d'exécution anticipée provisoire susceptible d'avoir un effet définitif puisque, une fois la toiture démontée et le bâtiment stabilisé et protégé contre les intempéries, le litige sur le fond ne conserve que peu, voire plus du tout d'intérêt pour les parties. Par conséquent, la cour cantonale aurait dû procéder à l'examen des chances de succès de l'appel et ne refuser la requête d'effet suspensif que si celles-ci devaient être manifestement niées. En l'occurrence, il ne ressort pas de la décision entreprise que l'autorité précédente aurait procédé à un tel examen et serait arrivée à cette conclusion.
Il s'ensuit que le Juge cantonal a manifestement violé l'
art. 315 al. 5 CPC
en refusant l'effet suspensif sans constater le défaut manifeste de chances de succès de l'appel. Le résultat, auquel il parvient et qui prive les recourants d'un véritable contrôle des mesures provisionnelles ordonnées, se révèle en outre arbitraire en l'espèce.
| null |
nan
|
fr
| 2,012 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f447db24-b6cc-45b6-8884-7490e3e233c2
|
Urteilskopf
80 IV 6
2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. März 1954 i. S. Rieben gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
|
Regeste
Art. 29 StGB
.
Wann erlischt das Recht, wegen Vernachlässigung von Unterstützungspflichten Strafantrag zu stellen?
|
Sachverhalt
ab Seite 6
BGE 80 IV 6 S. 6
A.-
Otto Rieben wurde durch das am 9. Januar 1948 rechtskräftig gewordene Scheidungsurteil des Amtsgerichtes Luzern-Stadt vom 20. November 1947 verpflichtet, monatlich Fr. 120.-- an den Unterhalt der geschiedenen Ehefrau Katharina Kost und, bis zur Mündigkeit des Berechtigten, monatlich Fr. 50.- an den Unterhalt des Kindes Marie Luise, geb. 1. Juli 1932, zu bezahlen. Er hatte von Anfang an die Absicht, diese Unterhaltspflichten nicht zu erfüllen. Tatsächlich leistete er nichts. Vom 9. Januar 1948 bis 31. Juli 1949 und vom 29. November 1951 bis 31. Januar 1952 hatte er ein festgestelltes Einkommen. Vom 1. August 1949 bis 28. November 1951 floss sein Einkommen dagegen nicht regelmässig; wie hoch es war, konnte nicht ermittelt werden.
B.-
Am 5. März 1952 stellte Katharina Kost gegen Rieben Strafantrag wegen Vernachlässigung der Unterhaltspflicht.
Das Obergericht des Kantons Luzern als zweite Instanz erklärte Rieben am 15. April 1953 dieses Vergehens für die Zeit vom 9. Januar 1948 bis 31. Juli 1949 und vom 29. November 1951 bis 31. Januar 1952 schuldig und verurteilte ihn zu drei Monaten Gefängnis. Für die Zeit vom 1. August 1949 bis 28. November 1951 erachtete es den Schuldbeweis nicht als erbracht.
C.-
Rieben führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung zurückzuweisen.
Er macht unter anderem geltend, er dürfe nur für die
BGE 80 IV 6 S. 7
letzten drei Monate vor dem 5. März 1952 verfolgt werden. Der an diesem Tage gestellte Strafantrag erfasse die früheren Handlungen nicht, und zwar selbst dann nicht, wenn man in ihnen ein fortgesetztes Vergehen sehen dürfte.
D.-
Die Staatsanwaltschaft vertritt die Auffassung, der Beschwerdeführer dürfe nur wegen des Verhaltens in der Zeit vom 29. November bis 31. Januar 1952 bestraft werden. Ein rechtzeitig gestellter Strafantrag gelte zwar für die ganze Dauer eines fortgesetzten Deliktes. Im vorliegenden Falle sei aber der Fortsetzungszusammenhang unterbrochen worden, da das Obergericht feststelle, dass der Schuldbeweis für die Zeit vom 1. August 1949 bis 28. November 1951 nicht erbracht sei. Das Urteil sei daher aufzuheben und die Sache zu milderer Bestrafung zurückzuweisen.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
Vernachlässigung von Unterhaltspflichten wird gemäss
Art. 217 StGB
in der Fassung des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1950 nur auf Antrag verfolgt. Dieser kann binnen einer Frist von drei Monaten gestellt werden, die mit dem Tage beginnt, an welchem dem Antragsberechtigten der Täter und die Tat bekannt werden (
Art. 29 StGB
;
BGE 75 IV 20
).
Ein dauernd strafbares Verhalten, wie es in der Nichterfüllung einer geschuldeten Unterhaltsrate liegt, gilt als ein einheitliches, einziges Vergehen. Deshalb lässt
Art. 71 Abs. 4 StGB
die Verjährungsfrist erst mit dem Tage laufen, an dem es aufhört, und deshalb kann auch die Frist zur Stellung des Strafantrages nicht schon zu laufen beginnen, solange das strafbare Verhalten andauert; erst wenn es beendet ist, kann es dem Antragsberechtigten in seinem vollen Ausmass bekannt werden. Dass der Verletzte schon für Teile des einheitlichen Vergehens Strafantrag stelle und diesen bei andauernd strafbarem Verhalten des Täters spätestens alle drei Monate erneuere, verlangt
Art. 29 StGB
nicht. Daher hat der Kassationshof
BGE 80 IV 6 S. 8
in
BGE 78 IV 168
entschieden, der Schuldner von Unterhaltsbeiträgen dürfe nicht nur wegen Nichterfüllung der in den letzten drei Monaten vor Stellung des Strafantrages fällig gewordenen Raten verfolgt werden, sondern
Art. 29 StGB
verlange bloss, dass die strafbare Säumnis weniger als drei Monate vor der Stellung des Strafantrages noch angedauert habe. Dabei ist offen gelassen worden, ob das strafbare Verhalten sich grundsätzlich mit der Dauer der Säumnis decke oder ob die nicht erfüllte Rate durch den Zeitablauf schliesslich die Natur eines Unterhaltsbeitrages verliere und daher der Schuldner sich durch die weitere Säumnis hinsichtlich der seit langem verfallenen Rate nicht mehr strafbar mache.
Diese Frage kann auch im vorliegenden Falle offen bleiben. Angenommen, die geschuldete Rate verliere nach langer Zeit die Natur eines Unterhaltsbeitrages, so würde das doch nicht bedeuten, dass der Schuldner auch für die Säumnis in der Zeit, da sie noch Unterhaltsbeitrag war, nicht strafbar sei. Es bliebe also im vorliegenden Falle dabei, dass der Beschwerdeführer, bösen Willen vorausgesetzt, sich hinsichtlich jeder Rate zum mindesten während einiger Zeit (solange sie als Unterhaltsbeitrag geschuldet war) strafbar machte. Da die Raten nach und nach fällig wurden und daher auch ihre Natur als Unterhaltsbeiträge nur nach und nach verloren haben könnten und jedenfalls zum Teil sie im Zeitpunkt des Strafantrages noch hatten, befände der Beschwerdeführer sich nichtsdestoweniger in der Lage eines Täters, der bis in die letzten drei Monate vor der Stellung des Strafantrages ein und dasselbe Rechtsgut in gleicher Form stets von neuem verletzt hat. Solche Verletzungen bilden, wenn sie auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhen, ein fortgesetztes Vergehen (vgl.
BGE 68 IV 99
;
BGE 72 IV 165
, 184;
BGE 78 IV 154
). Wegen eines solchen kann der Strafantrag, wie sich aus der sinngemässen Anwendung des für die Verjährung geltenden
Art. 71 Abs. 3 StGB
ergibt und der Kassationshof schon in einem Falle fortgesetzter Ehrverletzung
BGE 80 IV 6 S. 9
entschieden hat (nichtveröffentlichtes Urteil vom 15. Juni 1945 i.S. Sterchi), noch binnen drei Monaten gestellt werden, nachdem der Verletzte von der letzten strafbaren Tätigkeit des Beschuldigten, die zusammen mit der vorausgegangenen ein einheitliches Vergehen bildet, Kenntnis erhalten hat. Dass aber der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Nichterfüllung von Unterhaltsbeiträgen auf Grund eines einheitlichen Willensentschlusses, also fortgesetzt begangen hat, ist im angefochtenen Urteil verbindlich festgestellt, führt doch das Obergericht aus, er habe die Absicht, die Unterhaltspflicht nicht zu erfüllen, von Anfang an gehabt, und er sei nie gewillt gewesen, seiner Verpflichtung nachzukommen. Unerheblich ist, dass für die Zeit vom 1. August 1949 bis 28. November 1951 seine Leistungsfähigkeit nicht bewiesen werden konnte. Das hat lediglich zur Folge, dass der Richter annehmen muss, während dieser Zeit sei es dem Beschwerdeführer aus einem objektiven Grunde (mangelnde Leistungsfähigkeit) nicht möglich gewesen, sich strafbar zu machen. Dass er während dieser Zeit auch den früher gefassten Entschluss, die Unterhaltspflicht gegenüber Katharina Kost und ihrem Kinde überhaupt nicht zu erfüllen, aufgegeben habe, steht damit nicht fest. Es liegt übrigens auf der Hand, dass er an diesem Willen auch während der erwähnten Periode festhielt; hätte er ihn aufgegeben, so hätte er die Unterhaltspflicht erfüllt, sobald er dazu objektiv wieder in der Lage war. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft ist daher der "Fortsetzungszusammenhang" nicht unterbrochen worden. Ein fortgesetztes Vergehen erfordert nicht, dass der Täter ununterbrochen in der Lage sei, es zu verüben, ja nicht einmal, dass er es zu jeder Zeit, da ihm dies möglich ist, tatsächlich begehe. Es genügt, dass er den einheitlichen Willensentschluss in der Zwischenzeit nicht aufgebe.
Die Rüge des Beschwerdeführers, er habe für sein vor dem 5. Dezember 1951 liegendes Verhalten nicht verfolgt werden dürfen, hält somit nicht stand.
| null |
nan
|
de
| 1,954 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f44f8351-ccd4-4028-af51-9efafb333d15
|
Urteilskopf
112 IV 87
27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. September 1986 i.S. Generalprokurator des Kantons Bern gegen Sch. (Nichtigkeitsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 26 Abs. 2 SVG
. Vorsichtspflicht gegenüber Kindern.
Wo ein Kind auf dem Trottoir (innerorts) ruhig seines Weges geht, muss ein Fahrzeuglenker nicht damit rechnen, dass es mehrere Meter nach dem Fussgängerstreifen unvermittelt die Fahrbahn betritt (Präzisierung der Rechtsprechung).
|
Erwägungen
ab Seite 87
BGE 112 IV 87 S. 87
Aus den Erwägungen:
2.
Die Vorinstanz stellt ausdrücklich und für den Kassationshof verbindlich fest, der genannte Knabe sei 4-4,5 m nach dem Fussgängerstreifen vom Trottoir auf die Strasse getreten. In diesem Bereich aber war er (der Knabe) wartepflichtig, und es stand der Vortritt dem Motorfahrzeugführer zu. Diese Tatsache ist wesentlich für die Beurteilung des Falles, weil nämlich der vortrittsberechtigte Führer grundsätzlich nur dann zu besonderen Vorsichtsmassnahmen verpflichtet ist, wenn konkrete Anzeichen ein Fehlverhalten des Fussgängers nahelegen. Wohl besteht nach
Art. 26 Abs. 2 SVG
für
BGE 112 IV 87 S. 88
Kinder eine Ausnahme von der Regel. Doch kann auch sie nicht so weit gehen, dass der Führer angesichts eines Kindes in jedem Fall seine Fahrt verlangsamen und Hupsignale geben müsste. Das ist zumindest innerorts nur geboten, wenn das Kind sich auf der Fahrbahn oder am Strassenrand befindet (s.
BGE 104 IV 31
), oder wenn es sich auf einem angrenzenden Trottoir oder einem benachbarten Platz in unmittelbarer Nähe der Fahrbahn dem Spiele hingibt oder sonstwie ein Verhalten an den Tag legt, das erkennen lässt, dass es seine Aufmerksamkeit vollauf einem anderen Geschehen als dem Verkehr auf der Strasse zugewandt hat und jederzeit seinen spontanen Neigungen folgend in den Strassenverkehr geraten könnte. Wo jedoch ein Kind auf dem Trottoir ruhig seines Weges geht, da muss der Führer nicht damit rechnen, dass es unvermittelt in die Fahrbahn treten werde. Wollte man anders entscheiden, müssten an das Verhalten des Fahrzeugführers derart hohe Anforderungen gestellt werden, dass der Verkehr vor allem innerorts völlig zum Erliegen käme. Das aber kann nicht der Sinn des
Art. 26 Abs. 2 SVG
sein.
| null |
nan
|
de
| 1,986 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f45490e8-3af5-497e-a5b8-46b56f867c72
|
Urteilskopf
101 Ia 328
56. Extrait de l'arrêt de la Chambre de droit public du 19 novembre 1975, dans la cause Sociétés Immobilières PERLY-SOLEIL C, D, E et F contre Conseil d'Etat du canton de Genève
|
Regeste
Art. 2 Abs. 1 ZGB
; Grundsatz von Treu und Glauben.
1. Dieser Grundsatz, der nicht nur im Zivilrecht, sondern auch im Verwaltungsrecht gilt, schützt unter bestimmten Bedingungen den Bürger, der sich auf Erklärungen oder das sonstige Verhalten von Behörden verlassen hat (E. 6a).
2. Die Verletzung des Grundsatzes durch eine Behörde bewirkt dennoch keine Abänderung des angefochtenen Entscheides, wenn das öffentliche Interesse dessen Aufrechterhaltung verlangt. In diesem Fall können die Betroffenen den Ersatz des ihnen zugefügten Schadens auf dem ordentlichen Rechtswege verlangen (E. 6c).
|
Sachverhalt
ab Seite 329
BGE 101 Ia 328 S. 329
Résumé des faits:
Les sociétés anonymes PERLY-SOLEIL C, D, E, et F sont propriétaires de deux parcelles sises sur la route de Saint-Julien (GE). Ces parcelles ont été classées en 5e zone agricole par la loi genevoise du 25 mars 1961 (LCI); elles ont été ensuite englobées dans une aire d'expansion de la 4e zone rurale et, finalement, le 17 mai 1963, dans une "zone d'expansion des villages protégés". Mises le 24 août 1971 au bénéfice d'une autorisation préalable de construire par le Département cantonal des travaux publics les sociétés ont présenté, le 20 décembre 1972, une demande définitive d'autorisation de construire dont l'octroi était notamment subordonné à l'adoption d'un plan d'aménagement et d'un arrêté de déclassement. Cette demande a été rejetée, le Conseil d'Etat refusant d'adopter un plan d'aménagement pour la région où se trouvent les parcelles en cause, dès lors qu'il est prévu d'y établir une bretelle de raccordement entre la RN la et la route cantonale de Saint-Julien (RC 3).
Erwägungen
Extrait des considérants:
I.
Force dérogatoire du droit fédéral.
II.
Garantie de la propriété.
III.
Déni de justice.
IV.
Arbitraire.
V.
Principe de la bonne foi.
6.
Les recourantes affirment que le Conseil d'Etat aurait violé le principe de la bonne foi. Elles ont acquis la parcelle
BGE 101 Ia 328 S. 330
484 en fonction de l'autorisation préalable de construire qui leur avait été délivrée. Elles ont poursuivi durant près de trois ans des discussions en vue de la mise au point du plan d'aménagement et elles auraient fait sur la recommandation du Département des travaux publics - ce que le Conseil d'Etat conteste - l'acquisition de la parcelle 485 conformément à la dernière modification du plan d'aménagement. Or c'est le Département, avec lequel les discussions avaient été menées, qui a proposé au Conseil d'Etat de prendre l'arrêté entrepris, alors que la procédure d'aménagement était pratiquement terminée, le projet d'aménagement localisé dressé par lui ayant reçu l'accord de tous les propriétaires et devant être immédiatement soumis à l'approbation du Conseil d'Etat.
a) Selon la jurisprudence, le principe de la bonne foi, figurant à l'art. 2 al. 1 CC, ne s'applique pas seulement au droit civil, mais vaut aussi, comme principe général, en droit administratif (RO 99 Ia 628, 99 Ib 101, 98 Ia 432). Il protège, sous certaines conditions, l'administré qui a réglé sa conduite d'après les déclarations ou le comportement de l'autorité.
b) En l'espèce, il est très regrettable que ce ne soit que par l'arrêté du Conseil d'Etat du 17 mars 1975 que les recourantes ont appris que l'autorité cantonale se refusait à adopter un plan d'aménagement et qu'elles étaient ainsi privées de la possibilité de construire des bâtiments locatifs sur les terrains qu'elles avaient acquis à la suite, d'une part, de l'adoption de la loi du 17 mai 1963 et, d'autre part, de la délivrance par le Département des travaux publics d'une autorisation préalable de construire. D'après le plan des liaisons autoroutières au voisinage de Genève, No Y 49 b, c'est le 10 septembre 1973 qu'a été établi le premier projet de plan; et c'est en 1975 seulement que les recourantes ont été avisées de l'impossibilité qu'il y avait à adopter dans le secteur un plan d'aménagement.
c) C'est donc avec un retard important que les recourantes ont été informées d'une situation qui aurait, semble-t-il, dû être connue des pouvoirs publics bien avant le 17 mars 1975. Il n'y a toutefois pas lieu d'examiner plus avant le point de savoir si l'autorité cantonale a violé le principe de la bonne foi et d'élucider à ce propos les circonstances de fait, sur lesquelles l'instruction de la cause n'a pas apporté toute la lumière souhaitable. En effet, à supposer même que le principe de la bonne foi ait été violé par l'autorité, il n'en résulterait
BGE 101 Ia 328 S. 331
pas que le plan d'aménagement litigieux doive être approuvé par le Conseil d'Etat et l'autorisation définitive de construire délivrée, puisqu'il est constant que l'intérêt public exige en l'espèce qu'en l'état, c'est-à-dire sur la base des projets actuels de liaison autoroutière, l'autorisation de construire ne soit pas accordée. Ainsi que le dit le Département fédéral de l'intérieur dans sa circulaire du 19 avril 1974, il n'est plus possible aujourd'hui de construire des routes à grand débit sans s'occuper sérieusement de la protection de la population contre les atteintes nuisibles provenant de ces routes; on envisage donc la délimitation, en bordure des routes nationales, de zones de protection à l'intérieur desquelles on ne devrait pas construire, tout au moins des maisons d'habitation. Le Conseil d'Etat aurait dès lors porté atteinte à un intérêt public éminent en autorisant les constructions projetées. Or même une violation du principe de la bonne foi à l'égard d'un propriétaire qui pouvait s'attendre, en raison des assurances reçues par lui, à la délivrance d'une autorisation de bâtir doit s'effacer devant un intérêt public supérieur. Celui-ci l'emporte sur l'intérêt privé que l'administré fait valoir. La comparaison des intérêts en présence conduit ainsi nécessairement à écarter le grief invoqué (cf. GUENG, Zur Verbindlichkeit verwaltungsbehördlicher Auskünfte und Zusagen, ZBl 1970, p. 507; GRISEL, Droit administratif suisse, p. 172; MERZ, Berner Kommentar, Einleitungsband, Berne 1962, n. 96 ad art. 2; LARENZ, Lehrbuch des Schuldrechts, Munich 1970, par. 10.I). Si la construction était autorisée, l'autorité publique pourrait être amenée à décréter ultérieurement soit l'expropriation et la démolition des bâtiments édifiés soit d'autres mesures de protection. Il saute aux yeux, dans ces conditions, qu'il est préférable de refuser dès maintenant l'approbation du plan d'aménagement et l'autorisation de construire.
Dans la mesure où les recourantes subissent de ce fait un préjudice et où l'attitude des autorités à leur égard aurait été contraire au principe de la bonne foi - ce sur quoi il n'y a pas lieu pour le tribunal de céans de se prononcer dans la présente instance -, il leur appartient de faire valoir leurs droits par d'autres moyens juridiques qui seraient cependant actuellement prématurés, rien n'étant décidé définitivement.
|
public_law
|
nan
|
fr
| 1,975 |
CH_BGE
|
CH_BGE_002
|
CH
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Federation
|
f457016f-573b-41d0-893c-145ed8f585bc
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Urteilskopf
103 V 137
33. Arrêt du 20 octobre 1977 dans la cause Caisse-maladie et accidents "La Fédérale" contre Martinet et Caisse-maladie suisse d'entreprises et Tribunal des assurances du canton de Berne
|
Regeste
Falls der Arbeitgeber einen Kollektivversicherungsvertrag mit einer neuen Kasse abschliesst, welcher die mit einer andern Kasse früher getroffene Vereinbarung unmittelbar ersetzt, ist
Art. 7 Abs. 2 KUVG
und nicht
Art. 5bis Abs. 4 KUVG
anzuwenden, wenn die Zugehörigkeit zur Kollektivversicherung vorgeschrieben ist.
|
Sachverhalt
ab Seite 137
BGE 103 V 137 S. 137
A.-
Marcel Martinet est entré le 5 novembre 1973 au service de la maison G. S.A., entreprise de l'industrie métallurgique de précision. Il était affilié depuis le 1er avril 1967 à La Fédérale, caisse-maladie reconnue ayant son siège à Laufon. Du fait de son engagement, il fut transféré dans l'assurance collective conclue par l'employeur avec la caisse susmentionnée, où les prestations suivantes lui étaient garanties: a) soins médicaux et pharmaceutiques; b) indemnité journalière de 30 fr.; c) indemnité supplémentaire de 30 fr. en cas d'hospitalisation.
Il fut, pour cause de maladie, incapable de travailler dès le 20 août 1974. Le 19 décembre 1974, G. S.A. résilia pour le 28 février 1975 le contrat de travail de Marcel Martinet, qui n'avait pu reprendre son activité.
BGE 103 V 137 S. 138
B.-
De son côté, La Fédérale avait dénoncé pour le 31 décembre 1974 la convention d'assurance collective qui la liait à l'entreprise précitée, en vue d'en adapter les cotisations, parce que le compte du groupe était déficitaire, Toutefois, l'employeur renonça à assurer son personnel pour les soins médicaux et pharmaceutiques, y compris les frais d'hospitalisation, et conclut pour l'indemnité journalière, ainsi que pour les risques de paralysie-invalidité et de décès, un contrat avec la Caisse-maladie suisse d'entreprise (CMSE), caisse reconnue ayant son siège à Winterthour. Ce nouvel accord, signé le 14 juillet 1975 mais valable à partir du 1er janvier 1975, garantissait une indemnité journalière de 100% pendant 30 à 180 jours, selon la durée de l'engagement, puis de 80% du salaire assuré, moyennant une prime de 3,19% dudit salaire. Il réservait la possibilité pour la caisse d'admettre avec réserve les employés malades et imposait au personnel du preneur d'assurance le dépôt d'une déclaration individuelle d'adhésion.
C.-
En même temps qu'elle congédia Marcel Martinet, le 19 décembre 1974, G. S.A. l'informa sommairement du changement qui allait intervenir dans l'assurance-maladie du personnel. Elle lui communiqua à ce sujet des renseignements détaillés dans une circulaire du 8 janvier 1975, où l'on dit que, dès le 1er janvier 1975, la CMSE couvrirait l'ensemble du personnel contre le risque de perte de salaire causé par la maladie et qu'il incombait aux intéressés de s'assurer à titre individuel, dès la même date, pour les frais de guérison auprès de La Fédérale ou éventuellement d'une autre entreprise d'assurance.
Le 25 janvier 1975, au moyen d'une formule qui lui avait été remise par G. S.A., Marcel Martinet demanda à La Fédérale de rester assuré auprès d'elle, à titre individuel, pour les mêmes prestations que par le passé. Le 2 février 1975, La Fédérale écrivit au conseil du requérant, Me B., en substance: que son client pouvait s'assurer individuellement auprès d'elle dès le 1er janvier 1975 pour les frais de guérison, mais que, pour l'indemnité journalière, il devait être assuré collectivement jusqu'au 28 février 1975 auprès de la CMSE et que le 1er mars 1975, il ne bénéficierait plus du libre passage; sur quoi, elle lui conseillait de s'assurer auprès de la CMSE pour l'ensemble des prestations. Le 21 février 1975, Me B. écrivit à
BGE 103 V 137 S. 139
G. S.A. qu'il constatait que son mandant était assuré à titre collectif auprès de la CMSE contre la perte de salaire et qu'il devrait l'être à titre individuel dès le 1er mars 1975. A la demande, dit-elle, du fils de Marcel Martinet, G. S.A. intervint auprès de la CMSE pour savoir si, et à quelles conditions, celle-ci serait disposée à accepter l'intéressé comme membre. Elle en reçut cette réponse, qu'elle communiqua le 4 avril 1975 à Me B.:
"...nous nous permettons de vous citer l'art. 10, chiffre 1 de la loi sur l'assurance en cas de maladie et d'accidents (LAMA): - le droit de libre passage s'éteint trois mois après la survenance du fait qui lui a donné naissance.
Par conséquent, comme M. Martinet ne peut plus prétendre à un droit au libre passage, ayant dépassé le délai légal de trois mois et qu'il ne fait plus partie de votre personnel depuis le 28 février 1975, nous ne pourrons l'accepter comme membre de notre Caisse."
Dans une lettre du 18 juin 1975, Me B., fondé sur les art. 5bis LAMA et 5 Ord. II, somma La Fédérale d'assurer son mandant pour l'ensemble des prestations auxquelles il avait droit en vertu de la convention collective en vigueur jusqu'au 31 décembre 1974.
Par décision du 2 juillet 1975, La Fédérale accepta d'assurer le requérant dès le 1er janvier 1975 pour les frais de guérison mais refusa de le faire pour l'indemnité journalière.
D.-
Me B. recourut. Le 3 août 1976, le Tribunal des assurances du canton de Berne admit le recours et condamna La Fédérale à accepter dès le 1er janvier 1975 Marcel Martinet comme assuré individuel pour une indemnité journalière de 30 fr. et à lui payer 1'160 fr. à titre de dépens. Selon les premiers juges, l'art. 5bis al. 4 LAMA est clair: une personne assurée en vertu d'un contrat d'assurance collective prenant fin pour un quelconque motif a en principe le droit de passer dans l'assurance individuelle de la caisse partie au contrat et de continuer à bénéficier de toutes les prestations garanties par cet accord. L'art. 7 al. 2 LAMA ne serait applicable qu'aux nouveaux collaborateurs d'une entreprise contraints, en vertu du contrat d'engagement, d'adhérer à une caisse déterminée. Les conditions prévues par cette disposition ne seraient de toute façon pas réunies en l'occurrence, faute d'obligation générale de s'affilier à l'assurance collective conclue auprès de la CMSE.
BGE 103 V 137 S. 140
E.-
La Fédérale a formé en temps utile un recours de droit administratif contre le jugement cantonal. Elle conclut à ce qu'il plaise au Tribunal fédéral des assurances:
1. rétablir la décision administrative du 2 juillet 1975;
2. astreindre le nouvel assureur collectif de l'ancien employeur de l'intimé à traiter ce dernier comme le reste du personnel et à lui accorder un quasi-droit de libre passage;
3. dire qu'il n'y a lieu ni de prélever des frais ni d'allouer des dépens.
Agissant au nom de l'intimé, Me B. conclut au rejet du recours.
L'Office fédéral des assurances sociales se demande si, lors du remplacement d'une convention d'assurance collective par un contrat passé avec une autre caisse-maladie, il faut vraiment autoriser, d'une part, le second assureur à laisser les mauvais risques au premier et, d'autre part, des assurés à refuser la seconde assurance collective et à exiger d'être couverts à titre individuel par le premier assureur. En cas de réponse négative, il importerait alors de reconnaître à Marcel Martinet le droit d'être transféré dans l'assurance individuelle de la CMSE depuis le 1er mars 1975.
F.-
Appelée en cause en qualité de co-intimée par ordonnance présidentielle du 22 mars 1977, la CMSE conclut au rejet du recours de La Fédérale. Elle allègue qu'il incombait aux employés du preneur d'assurance collective de demander leur affiliation en remplissant une déclaration d'adhésion, ce que Marcel Martinet aurait omis de faire dans le cas particulier.
La Fédérale et l'Office fédéral des assurances sociales maintiennent leurs conclusions.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
L'art. 5bis al. 4 LAMA s'exprime en ces termes:
"Lorsqu'il cesse d'appartenir au cercle des personnes auxquelles s'étend une assurance collective, ou lorsque le contrat d'assurance collective prend fin, l'assuré a le droit de passer dans l'assurance individuelle de la caisse, à la condition qu'il réside dans le rayon d'activité de celle-ci ou qu'il fasse partie de l'entreprise, de la profession ou de l'association professionnelle à laquelle la caisse limite son activité. Les caisses ont, dans les limites de l'assurance individuelle, l'obligation de garantir à l'assuré qui sort de l'assurance collective les prestations qui lui étaient
BGE 103 V 137 S. 141
accordées jusqu'alors."
L'art. 5bis al. 5 LAMA charge le Conseil fédéral d'édicter les dispositions de détail sur l'assurance collective. Il s'est acquitté de ce mandat en promulguant l'Ordonnance II, du 22 décembre 1964, concernant l'assurance collective, dont les
art. 10 à 12
ont trait à la garantie, instituée par l'art. 5bis al. 4 de la loi, du maintien de l'assurance, garantie qui a pour but incontesté la protection des assurés (voir le message du Conseil fédéral du 5 juin 1961 à l'appui d'un projet de loi modifiant le titre premier de la LAMA, pp. 51-52, 2e partie, E I.3).
Par ailleurs, l'art. 7 al. 2 LAMA dispose ce qui suit:
"Lorsqu'un assuré engagé dans une entreprise est contraint par les conditions d'engagement de s'affilier à une caisse déterminée, celle-ci doit le traiter comme un passant."
Dans son message déjà cité, le Conseil fédéral expose ceci, à propos de cette règle légale:
"Il arrive souvent que des personnes déjà assurées qui entrent dans une entreprise doivent, en vertu des conditions d'engagement, adhérer à une caisse déterminée, que ce soit la propre caisse de l'entreprise ou la caisse avec laquelle l'entreprise a conclu un contrat d'assurance collective. Pour éviter une surassurance ou des charges trop lourdes, ces personnes ne peuvent, souvent, faire autrement que de quitter la caisse à laquelle elles appartenaient jusqu'alors. Ces cas donnent lieu à des difficultés parce que les intéressés doivent en général accomplir dans la nouvelle caisse le stage de trois mois prévu par la loi, pendant lequel ils ne reçoivent pas de prestations de cette caisse. Si, en entrant dans la nouvelle caisse, ils abandonnent l'ancienne, ils sont par conséquent privés d'assurance pendant trois mois. Au contraire, s'ils restent dans l'ancienne caisse pendant ladite durée, ils doivent payer des cotisations à deux caisses en n'ayant droit aux prestations pour soins médico-pharmaceutiques que de l'une d'entre elles. Les assurés sont souvent tenus, d'autre part, de payer un droit d'entrée dans la nouvelle caisse; il se peut aussi que celle-ci prévoie des réserves.
C'est pourquoi divers préavis ont demandé que la nouvelle caisse soit tenue d'admettre les personnes en question sans les soumettre à un stage, sans leur réclamer de droit d'entrée et sans prévoir de nouvelles réserves. Cette demande est justifiée. Pour y donner suite de la meilleure manière possible, notre projet dispose que la nouvelle caisse devra traiter lesdits assurés comme des passants (Pp. 29-30, 2e partie, B III.3; voir aussi p. 71, 4e partie, IV, ad art. 7)."
A première vue, l'art. 7 al. 2 LAMA semble ne concerner que les personnes assurées qui, entrant au service d'un employeur, sont tenues de s'affilier à une caisse déterminée. Il ne viserait donc en particulier pas les personnes déjà occupées
BGE 103 V 137 S. 142
dans une entreprise, lorsque celle-ci conclut un nouveau contrat d'assurance collective, personnes qui jouiraient en revanche du droit réservé à l'art. 5bis al. 4 LAMA. Telle est l'opinion des premiers juges, qui se fondent sur le message précité ainsi que sur le texte allemand de l'art. 7 al. 2 LAMA. Cette thèse, toutefois, ne résiste guère à l'examen. En effet, il n'y a pas de raison de traiter différemment, dans ce domaine, ceux qui entrent au service d'un employeur et ceux qui s'y trouvent déjà lors de la conclusion du nouvel accord, voire d'un premier accord; de reconnaître aux uns le droit d'être traités comme des passants et aux autres, celui de demander leur transfert dans l'assurance individuelle, ou de maintenir leur assurance antérieure. Car l'employeur peut parfaitement contraindre ses collaborateurs à s'affilier à une caisse déterminée pendant la durée de leur engagement, ne serait-ce qu'indirectement. Si l'on suivait la démonstration du tribunal des assurances, on aboutirait au paradoxe suivant: certains intéressés auraient bien en principe le droit d'exiger d'être transférés dans l'assurance individuelle ou de conserver une assurance antérieure, mais ils n'en seraient pas moins obligés de s'affilier à la caisse choisie par leur employeur; ils se trouveraient alors dans la situation inconfortable décrite par le Conseil fédéral dans son message susmentionné. Force est par conséquent de reconnaître à la règle de l'art. 7 al. 2 LAMA une portée plus grande - admissible au regard de la rédaction française de la loi - que celle qui ressort du texte allemand de cette disposition. Le message n'indique donc à cet égard que l'une des situations rencontrées dans la pratique. Il serait d'ailleurs choquant qu'une disposition légale conçue afin d'éviter que l'extinction d'une convention collective laisse sans assurance les membres de la collectivité soit utilisée pour procurer un avantage commercial à une caisse-maladie qui remplace immédiatement sa concurrente comme assureur collectif, au détriment des principes de la mutualité sur lesquels est fondé le système d'assurance-maladie régi par la LAMA.
Il s'ensuit que le droit de passer dans l'assurance individuelle, au sens de l'art. 5bis al. 4 LAMA, est subsidiaire à celui de quasi-libre passage résultant de l'art. 7 al. 2 LAMA. Si celui-ci n'est pas donné, et alors seulement, celui-là peut être exercé; tandis que c'est le contraire qui est vrai, s'agissant du droit de libre passage ordinaire (voir art. 7 al. 1 lit. d). Au
BGE 103 V 137 S. 143
demeurant, nul ne saurait se prévaloir d'une sorte de droit absolu de l'assuré au libre choix de sa caisse-maladie, puisque, aussi bien, le travailleur peut être contraint par ses conditions d'engagement de s'affilier à une caisse déterminée, comme il a été dit plus haut.
2.
En l'espèce, l'accord passé par l'entreprise G. S.A. avec la CMSE prévoit que chaque membre du personnel doit remplir et signer une déclaration d'adhésion. Cela ne signifie pas, en soi, que l'assureur puisse refuser un candidat appartenant au personnel du preneur, ni qu'un travailleur au service de la maison susmentionnée ait le droit de ne pas s'assurer ou de s'assurer ailleurs. L'exigence d'une déclaration individuelle d'adhésion s'explique, en général, par le désir d'avoir un bon contrôle des membres et peut-être, dans le cas particulier, par le souci de recueillir des adhésions à l'assurance - désormais facultative - des frais médicaux et pharmaceutiques. L'obligation pour tout le personnel de s'assurer contre la perte de salaire auprès de la nouvelle caisse-maladie ressort nettement de l'"avis au personnel" du 8 janvier 1975. Cela suffit. Il n'est pas nécessaire de vérifier si l'obligation en question découlait du contrat de travail. C'est en effet à la situation de fait plus qu'à la situation de droit qu'il importe d'attacher de l'importance, dans ce domaine. Certes, les malades déjà en traitement ont-ils été exceptés en l'occurrence de l'assurance sans réserve. Mais cette clause n'avait pas d'autre but que celui d'inciter les intéressés à maintenir leur affiliation à La Fédérale. Elle est irrelevante, en tant que destinée à empêcher l'application de l'art. 7 al. 2 LAMA. En réalité, l'intention de l'entreprise était bien d'assurer l'ensemble de ses collaborateurs auprès de la CMSE, pour l'indemnité journalière, comme il a déjà été dit. De son côté, la caisse s'est engagée à assurer "le personnel de G. S.A.", et non pas celui seulement qui en ferait librement la demande. Les constatations contraires des premiers juges sont dès lors en contradiction avec les pièces et ne sauraient être retenues (art. 105 al. 2 OJ). La CMSE devait par conséquent admettre tout le personnel de l'entreprise G. S.A. en le mettant au bénéfice du quasi-libre passage, au sens de l'art. 7 al. 2 LAMA, sans réserve notamment. Les intéressés ne jouissaient donc pas du droit de transfert dans l'assurance individuelle, sauf en ce qui concerne l'assurance des soins médicaux et pharmaceutiques (avec les assurances complémentaires
BGE 103 V 137 S. 144
éventuelles). Car l'employeur aurait été en droit de conclure avec La Fédérale deux conventions d'assurance collective, portant chacune sur une assurance de base, de résilier les deux accords et de ne remplacer qu'un seul de ces derniers par un nouveau contrat d'assurance collective. Pour l'assurance concernée par la convention non remplacée, le droit de l'art. 5bis al. 4 LAMA aurait alors été donné sans autre: il est licite de s'assurer auprès d'une caisse pour l'indemnité journalière et auprès d'une autre caisse pour les frais de guérison (voir l'art. 35 al. 3 LAMA).
Au vrai, la CMSE a refusé d'accepter Marcel Martinet parce qu'il s'est annoncé à elle plus de trois mois à partir de la survenance du fait qui aurait justifié le transfert (art. 10 al. 1 LAMA). L'argument ne vaudrait cependant qu'à l'encontre de la demande d'entrer dans l'assurance individuelle des frais médicaux et pharmaceutiques, aujourd'hui hors de cause. En revanche, le transfert de tous les ayants droits dans l'assurance d'indemnité journalière conclue avec la CMSE devait avoir lieu d'office; la déclaration d'adhésion ne pouvait constituer qu'une formalité, non soumise à un délai...
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce:
Le recours est admis. Le jugement attaqué est annulé et la décision du 2 juillet 1975 de la recourante La Fédérale, rétablie. La CMSE est astreinte à assurer l'intimé Marcel Martinet pour l'indemnité journalière depuis le 1er janvier 1975, aux mêmes conditions que les autres membres du personnel de la maison G. S.A. bénéficiant du contrat collectif d'assurance-maladie du 14 juillet 1975.
| null |
nan
|
fr
| 1,977 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f4572589-5e93-4352-8514-051f2de5ba29
|
Urteilskopf
106 IV 405
99. Urteil des Kassationshofes vom 19. Dezember 1980 i.S. Generaldirektion PTT gegen T. (Nichtigkeitsbeschwerde)
|
Regeste
1.
Art. 63 Abs. 2 PVG
; Art. 2 Abs. 5, 90, 103 Abs. 2 SVG;
Art. 1 Abs. 2 VRV
;
Art. 104 Abs. 4 SSV
. Parkierungsbeschränkungen im Parkraum der Schanzenpost in Bern.
Art. 63 Abs. 2 PVG
bildet keine gesetzliche Grundlage zur Regelung des fahrenden und ruhenden öffentlichen Verkehrs auf den diesem zugänglichen Arealen der PTT durch mündliche Anordnungen des Postpersonals oder durch amtliche Anschläge. Die PTT-Betriebe können den öffentlichen Verkehr auf solchen Arealen nur gemäss
Art. 2 Abs. 5 SVG
und
Art. 104 Abs. 4 SSV
durch die in der SSV vorgesehenen Signale und Markierungen regeln (E. 1-4). Die Missachtung dieser Signale und Markierungen kann nicht im Verwaltungsstrafverfahren geahndet werden (E. 5).
2.
Art. 101 Abs. 2 VStrR
.
Das Gericht darf über die Entschädigung auch im Grundsatz erst befinden, nachdem es der Verwaltung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (E. 6).
|
Sachverhalt
ab Seite 406
BGE 106 IV 405 S. 406
A.-
1. Am Nachmittag des 12. Februar 1980 parkierte T. seinen Personenwagen während 14 Minuten auf dem Postkundenparkplatz der Schanzenpost in Bern. Während eines Teils dieser Zeit trank er in einer nahegelegenen Gaststätte einen Kaffee. Danach begab er sich zur Post, um seine Postsachen abzugeben.
2. Der im Tiefparterre der Schanzenpost befindliche Parkraum weist folgende Signale und Anschläge auf:
- bei der Einfahrt in den Parkplatz rechts auf Augenhöhe das Hinweissignal 4.17 (
Art. 48 Abs. 1 SSV
; Parkieren gestattet) mit der Zusatztafel unten "Nur für Postkunden 15 Minuten";
- im Innern des Parkraums ungefähr in dessen Mitte je links und rechts erhöht dasselbe Hinweissignal mit den Zusatztafeln oben "Nur für Postkunden" und unten "15 Minuten";
- an insgesamt drei Stellen im Innern des Parkraums auf Augenhöhe den Anschlag
"Verbot (gestützt auf
Art. 63 Abs. 2 PVG
)
BGE 106 IV 405 S. 407
Die Schweizerische Eidgenossenschaft (PTT-Betriebe) in Bern als Eigentümerin der neuen Schanzenpost in Bern, Parzelle Grundbuchblatt Nr. 1110, Kreis I, belegen hiermit diese Liegenschaft gegen jede Besitzesstörung mit Verbot. Insbesondere sind verboten:
das Parkieren von Motor- und anderen Fahrzeugen irgendwelcher Art auf dem nur für Postkunden der Schanzenpost reservierten Areal über die maximal zulässige Parkzeit von 15 Minuten;
die unbefugte Benützung der für das PTT-Personal reservierten Einstellhalle im 1. Untergeschoss;
das Parkieren von privaten Fahrzeugen aller Art auf dem Areal der Postautostation auf der Plattform über den Geleisen;
das Parkieren ausserhalb der markierten Parkfelder.
Diese Verbote gelten Tag und Nacht, sowie an Sonn- und Feiertagen.
Zuwiderhandelnde werden mit einer Busse von 20-100 Franken bestraft.
Schadenersatzansprüche für Beschädigungen bleiben vorbehalten. Für Unfälle, welche aus Nichtbeachtung dieser Verbote entstehen, wird jede Haftung abgelehnt.
3000 Bern, den 1. Februar 1976
Namens des PTT-Betriebe
Die Kreispostdirektion Bern
Müller." - zwischen je zwei Parkplätzen links und rechts an den Längswänden des Parkraumes insgesamt vierzehnmal der rotumrandete, auf Augenhöhe angebrachte Anschlag
"Parkieren nur für die Erledigung von Postgeschäften in der Schanzenpost
gestattet; Parkzeit max. 15 Minuten. Dieses Verbot gilt Tag und Nacht
sowie an Sonn- und Feiertagen. Kreispostdirektion Bern."
B.-
Am 25. Februar 1980 stellte die Kreispostdirektion T. einen Strafbescheid zu, in welchem sie ihn wegen fahrlässiger Widerhandlung gegen
Art. 63 Abs. 2 PVG
(SR 783.0) mit Fr. 20.-- büsste.
Da die Busse nicht bezahlt wurde, leitete die Verwaltung das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren ein. Die Kreispostdirektion Bern stellte T. am 19. März 1980 das Schlussprotokoll zu, und nachdem dessen Verteidiger die Aufhebung des Verfahrens beantragt hatte, erliess sie am 2. Mai 1980 eine im Schuld- und Strafpunkt dem früheren Strafbescheid gleiche Strafverfügung.
T. erhob Einsprache und verlangte gerichtliche Beurteilung.
Der Gerichtspräsident VIII von Bern sprach T. am 2. September 1980 von der Anschuldigung der Verletzung des PVG frei. Die Verfahrenskosten hatte der Staat zu tragen, und dem Angeschuldigten wurde eine Entschädigung zugesprochen,
BGE 106 IV 405 S. 408
"wobei der Generaldirektion PTT eine Frist von 10 Tagen gemäss
Art. 101 Abs. 2 VStrR
" angesetzt wurde.
C.-
Die Generaldirektion PTT führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Gerichtspräsidenten sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
T. beantragt Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Unbestritten ist, dass die Einstellhalle der Schanzenpost Bern den mit Motorfahrzeugen anfahrenden Postkunden und damit einem unbestimmbaren Personenkreis zur Verfügung steht. Es handelt sich somit um eine Verkehrsfläche, die dem allgemeinen Verkehr dient (
BGE 101 IV 175
,
BGE 92 IV 11
,
BGE 86 IV 31
; siehe auch SCHULTZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung zum Strassenverkehrsrecht 1968-1972, S. 66 betreffend Abstellgarage über dem Bahnhof Bern; 1973-1977, S. 70 betreffend Parkgarage Elisabethen in Basel; siehe auch
BGE 100 IV 99
; für das deutsche Recht: BULLERT, Gehören Parkhäuser zum öffentlichen Verkehrsraum? in DAR 1963 S. 325 ff.; JAGUSCH, Strassenverkehrsrecht, 25. Aufl., § 1 StVO 2 N. 14).
2.
Die Generaldirektion PTT stellt sich auf den Standpunkt, der als Anhang zum VStrR erlassene
Art. 63 Abs. 2 PVG
ermächtige die PTT klarerweise, Verhaltensnormen anzuordnen, damit die reibungslose Abwicklung des Postbetriebs gewährleistet sei. Diese Sondernorm, die keinen Vorbehalt zugunsten des SVG und seiner Nebenerlasse enthalte, gelte auch für Anordnungen betreffend das Parkieren in der fraglichen Einstellhalle. Demgegenüber vertritt die Vorinstanz die Auffassung, die Bestimmungen des SVG und der dazugehörigen Verordnungen "überlagerten" die Vorschriften des PVG, wenn es um die Regelung des fliessenden oder ruhenden Verkehrs in den dem allgemeinen Verkehr offenstehenden Räumlichkeiten der PTT-Betriebe gehe.
3.
Nach
Art. 63 Abs. 2 PVG
wird mit Busse bis zu Fr. 100.-- bestraft, wer auf Areal oder in Räumen oder Fahrzeugen, die dem Postbetrieb dienen, den mündlichen Anordnungen des Postpersonals oder amtlichen Anschlägen nicht Folge leistet. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt,
BGE 106 IV 405 S. 409
ist diese Bestimmung im Anhang zum VStrR erlassen worden. Sie enthält in der Tat keinen ausdrücklichen Vorbehalt zugunsten der ordentlichen Strassenverkehrsordnung. Aber ebensowenig weist sie ausdrücklich darauf hin, dass der öffentliche Motorfahrzeugverkehr auf Arealen und in Räumen der PTT durch mündliche Anordnungen des Postpersonals oder durch amtliche Anschläge unter Ausschluss der spezifischen Vorschriften des SVG und seiner Nebenerlasse geregelt werden wollte. Die parlamentarischen Beratungen ergeben keine für die Auslegung der Bestimmung nützlichen Hinweise. Einzig im Motivenbericht zum Vorentwurf der Expertenkommission des EJPD vom 10. Juli 1963 findet sich eine kurze Erläuterung, indem zu Art. 63 vermerkt wird: "Die Ordnungswidrigkeiten (bisher Art. 61) werden vermehrt tatbestandsmässig umschrieben" (S. 85). Dass damit wesentliche Neuerungen hätten eingeführt werden wollen, wurde mit keinem Wort gesagt. Zieht man aber den Art. 61 des PVG vom 2. Oktober 1924 (BS 7 S. 772) heran, so wird klar, dass der heutige
Art. 63 Abs. 2 PVG
aus Art. 61 Abs. 2 zweiter Satz ("wer in Postwagen oder in Postschalterräumen den dienstlichen Anordnungen des Postpersonals zuwiderhandelt") hervorgegangen ist, der seinem Wortlaut und Sinne nach zweifellos nicht den öffentlichen Motorfahrzeugverkehr betraf. Diesen berücksichtigt das Postverkehrsgesetz einzig im unverändert geltenden Art. 3 Abs. 3, wonach der Bundesrat für den Verkehr auf Bergstrassen allgemein verbindliche Fahrordnungsvorschriften erlassen kann, die für die Sicherheit der Fahrten der Post und der konzessionierten Unternehmungen notwendig sind. Gestützt auf
Art. 3 Abs. 3 PVG
wurde - ausdrücklich in Ergänzung des
Art. 62 MFV
(dem der heute geltende
Art. 45 SVG
entspricht) - der Bundesratsbeschluss vom 10. April 1953 über den Wagenverkehr auf Bergpoststrassen (SR 741.124) erlassen. Dessen Art. 6, wonach Widerhandlungen gegen den Bundesratsbeschluss nach
Art. 61 Abs. 2 PVG
zu ahnden sind, wurde durch
Art. 90 SVG
abgelöst (s. auch
Art. 107 Abs. 3 SVG
; s. die Fn. 1 zu Art. 6 des BRB), mit der Folge, dass die erwähnten Widerhandlungen nicht im Verwaltungsstrafverfahren, sondern im kantonalen Strafverfahren zu ahnden sind. Zudem enthalten auch
Art. 38 Abs. 3 VRV
sowie Art. 45 Abs. 2 und 111 Abs. 1 SSV Regeln betreffend die Bergpoststrassen. All dies weist darauf hin, dass der Gesetzgeber den den Postbetrieb
BGE 106 IV 405 S. 410
berührenden Motorfahrzeugverkehr grundsätzlich der Ordnung des SVG und seiner Nebenerlasse hat unterstellen wollen. Hierfür sprechen überdies die im SVG und in der SSV enthaltenen besonderen Vorschriften über die Strassen und Grundstücke im Eigentum des Bundes:
Nach
Art. 2 Abs. 5 SVG
bestimmen für Strassen im Eigentum des Bundes (worunter gemäss
Art. 1 Abs. 1 VRV
alle im Eigentum des Bundes stehenden, dem allgemeinen Verkehr offenstehenden Verkehrsflächen zu verstehen sind) die vom Bundesrat bezeichneten Bundesbehörden, ob und unter welchen Bedingungen der öffentliche Verkehr gestattet ist; sie stellen auch die erforderlichen Signale auf. In Ausführung dieser gesetzlichen Vorschrift wird in
Art. 104 Abs. 4 SSV
hervorgehoben, dass dem Bund die Signalisation auf seinen Strassen und Grundstücken Obliegt. Und weiter sieht
Art. 111 Abs. 2 SSV
vor, dass Verfügungen, durch die der öffentliche Verkehr auf Strassen und Grundstücken des Bundes beschränkt oder ausgeschlossen werden soll (
Art. 2 Abs. 5 SVG
), vom eidg. Departement, dem die mit der Verwaltung der Strasse und des Grundstückes betraute Amtsstelle oder Anstalt untersteht, getroffen werden. Die Generaldirektionen der SBB und der PTT-Betriebe werden ausdrücklich als für ihre Grundstücke zuständig erklärt. Sodann verlangt
Art. 111 Abs. 3 SSV
, dass solche Verfügungen im Bundesblatt unter Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit an den Bundesrat nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz zu veröffentlichen seien. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass die genannten
Art. 2 Abs. 5 SVG
und 104 Abs. 4 SSV unter dem Begriff der Signalisation grundsätzlich die Kennzeichnung mit den Signalen der SSV meinen (
Art. 1 Abs. 1 und
Art. 2 SSV
, welche letztere Bestimmung in Abs. 3 einzig einen Vorbehalt zugunsten des militärischen Strassenverkehrs enthält; siehe auch die zahlreichen publizierten Anwendungsverfügungen z.B. BBl 1971 I, 1 S. 133
;
1971 I 2
S. 1294, 1980 II S. 263, 786).
Allerdings sieht
Art. 112 SSV
für das Bahngebiet vor, dass Verkehrsverbote aufgrund der Gesetzgebung über die Bahnpolizei durch die in dieser Verordnung vorgesehenen Signale angezeigt werden "können", was besagt, dass die spezifisch bahnpolizeiliche Kennzeichnung die Regel und die Verwendung der Signale der SSV, über die sich die Bahnunternehmung mit der Behörde verständigt, fakultativ ist. Aus
Art. 112 SSV
liesse sich
BGE 106 IV 405 S. 411
für den hier zu beurteilenden Fall indessen selbst dann nichts ableiten, wenn man diese das "Bahngebiet" (Marginale) betreffende Bestimmung analog auf Postgebiet anwenden wollte. Denn diese Bestimmung gestattet nicht die Verwendung von Zeichen, die in der SSV nicht vorgesehen sind, sondern sie erlaubt umgekehrt die Verwendung von Signalen der SSV in Fällen, in welchen nach den einschlägigen Erlassen grundsätzlich andere Zeichen verwendet werden.
4.
Art. 63 Abs. 2 PVG
bildet nach dem Gesagten keine gesetzliche Grundlage zur Regelung des fahrenden und ruhenden öffentlichen Verkehrs auf den diesem zugänglichen Arealen der PTT durch mündliche Anordnungen des Postpersonals oder durch amtliche Anschläge. Die PTT-Betriebe können den öffentlichen Verkehr auf solchen Arealen nur gemäss
Art. 2 Abs. 5 SVG
und 104 Abs. 4 SSV durch die in der SSV vorgesehenen Signale, vor deren Anbringung das in der SSV vorgeschriebene Verfahren (vgl. insbes. Art. 111) einzuhalten ist, regeln. Da somit das Parkieren auf dem Parkplatz der Schanzenpost in Bern nicht mittels amtlicher Anschläge im Sinne von
Art. 63 Abs. 2 PVG
geregelt werden kann, hat sich der Beschwerdegegner, indem er diese Anschläge missachtete, nicht strafbar gemacht.
Die Vorinstanz hat T. demnach zu Recht von der Anschuldigung der fahrlässigen Verletzung des Postverkehrsgesetzes freigesprochen. Die von der Generaldirektion PTT in der Nichtigkeitsbeschwerde dagegen erhobene Kritik ist unbegründet.
5.
Das Parkieren im Parkraum der Schanzenpost in Bern wird indessen, wie erwähnt, nicht nur durch amtliche Anschläge im Sinne von
Art. 63 Abs. 2 PVG
, sondern auch durch das Signal 4.17 (
Art. 48 Abs. 1 SSV
; Parkieren gestattet) und die Zusatztafel unten "Nur für Postkunden 15 Minuten" (so bei der Einfahrt) resp. durch das Signal 4.17 und die Zusatztafeln oben "Nur für Postkunden" und unten "15 Minuten" (so im Innern des Parkraums) geregelt.
Der Gerichtspräsident VIII von Bern hat sich in seinen Urteilserwägungen auch mit dieser Signalisation auseinandergesetzt und hält dafür, dass T. sich an sie gehalten habe, da er Postkunde war und seinen Wagen 14 Minuten im Parkraum der Schanzenpost parkiert hatte. Die Rechtslage wäre nach Auffassung der Vorinstanz anders, wenn die Zusatztafeln im Sinne der SSV bestimmen würden, dass höchstens 15 Minuten
BGE 106 IV 405 S. 412
und nur zur Erledigung von Postgeschäften und ausschliesslich während der Erledigung dieser Postgeschäfte parkiert werden dürfe; das sei aber nicht der Fall.
Der Gerichtspräsident hat jedoch richtigerweise darauf verzichtet, T. im Urteilsdispositiv, das allein in Rechtskraft erwächst, auch vom Vorwurf der Verletzung von Verkehrsregeln (
Art. 27 und 90 SVG
,
Art. 63 Abs. 3 SSV
) freizusprechen. Darüber konnte im Verwaltungsstrafverfahren, in dessen Rahmen das angefochtene Urteil gefällt worden ist, nicht entschieden werden. Die Verfolgung von Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsgesetzgebung obliegt den Kantonen (
Art. 103 Abs. 2 SVG
); das Verfahren bestimmt sich - vorbehältlich des Ordnungsbussenverfahrens gemäss dem Bundesgesetz vom 24. Juni 1970 über Ordnungsbussen im Strassenverkehr (SR 741.03) - von Anfang an nach dem kantonalen Prozessrecht. Ein solches Verfahren wegen Widerhandlung gegen das SVG ist im vorliegenden Fall weder eingeleitet noch durchgeführt und abgeschlossen worden. Zudem könnte das Urteil des erstinstanzlichen Gerichts betreffend Widerhandlung gegen das SVG, auch wenn es nicht mit einem kantonalen Rechtsmittel wegen Verletzung eidgenössischen Rechts anfechtbar ist, nicht mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde angefochten werden (Art. 268 Ziff. 1 in fine BStP). Auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin und des Beschwerdegegners zu Sinn und Bedeutung der Zusatztafeln "Nur für Postkunden", "15 Minuten" kann daher nicht eingetreten werden.
6.
Die Vorinstanz hat schliesslich entschieden: "Dem Angeschuldigten wird eine Entschädigung ausgerichtet, wobei der Generaldirektion PTT eine Frist von 10 Tagen gemäss
Art. 101 Abs. 2 VStrR
angesetzt wird." Die Beschwerdeführerin ficht diesen Urteilsspruch zu Recht als bundesrechtswidrig an. Gemäss
Art. 101 Abs. 2 VStrR
hat das Gericht, bevor es eine Entschädigung festsetzt, der beteiligten Verwaltung Gelegenheit zu gehen, sich zum Anspruch und seiner Höhe zu äussern und Antrag zu stellen. Im angefochtenen Entscheid hat jedoch die Vorinstanz über die grundsätzliche Begründetheit des Anspruchs bereits erkannt, ohne dass die Generaldirektion PTT hiezu angehört worden wäre. Das war unzulässig, denn nach der angeführten Bestimmung hatte die Beschwerdeführerin ein Recht darauf, bereits zum Grundsatz der Anspruchsberechtigung Stellung zu beziehen. Die Nichtigkeitsbeschwerde
BGE 106 IV 405 S. 413
ist daher in diesem Punkt gutzuheissen und das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben.
7.
Da die Generaldirektion PTT in bezug auf die Frage der Anwendung von
Art. 63 Abs. 2 PVG
, welche den Hauptpunkt ihrer Nichtigkeitsbeschwerde bildet, unterliegt, hat sie dem Beschwerdegegner für das Verfahren vor Bundesgericht eine Prozessentschädigung von Fr. 500.-- zu bezahlen (
Art. 83 Abs. 1 VStrR
i.V.m.
Art. 278 Abs. 3 BStP
).
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen, soweit auf sie eingetreten werden kann.
| null |
nan
|
de
| 1,980 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f460d0e2-75a4-4c88-b5b8-6607b0a7f1cd
|
Urteilskopf
116 Ib 151
20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Oktober 1990 i.S. U. gegen Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
; Berechnung der Rückfallsfrist.
Auch wenn der frühere Führerausweisentzug nicht nur wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, sondern zusätzlich wegen anderer Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsordnung verhängt worden war, beginnt die fünfjährige Rückfallsfrist des
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
erst mit dem Ablauf der analog zu
Art. 68 StGB
bemessenen (Gesamt-)Massnahme zu laufen.
|
Sachverhalt
ab Seite 151
BGE 116 Ib 151 S. 151
U. lenkte am 22. Januar 1990, um ca. 23.10 Uhr, in Rümligen einen Personenwagen in angetrunkenem Zustand (1,58 Gew.-%o Alkohol im Blut). Das Strassenverkehrs- und Schiffahrtsamt des Kantons Bern entzog ihm am 13. März 1990 gestützt auf
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
(Rückfall) den Führerausweis für die Dauer von 15 Monaten. Eine gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde
BGE 116 Ib 151 S. 152
wies die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern am 16. Mai 1990 ab.
Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt U., die beiden kantonalen Entscheide seien vollumfänglich aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten werden kann.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Der Beschwerdeführer fuhr bereits am 13. September 1984 in angetrunkenem Zustand (mindestens 1,61 Gew.-%o). Die kontrollierenden Polizeibeamten konnten ihm damals den angeblich verlorenen Führerausweis nicht sofort abnehmen. Der Beschwerdeführer wurde jedoch auf den Entzug der Fahrberechtigung und die Folgen der Missachtung hingewiesen. Noch bevor ihm die definitive Entzugsverfügung eröffnet werden konnte, übertrat er am 27. September 1984 das Fahrverbot. In der Folge wurde wegen beider Widerhandlungen am 22. Oktober 1984 eine (Gesamt-)Massnahme von acht Monaten ausgesprochen, deren Vollstreckung vom 13. September 1984 bis zum 12. Mai 1985 dauerte. Nach Ansicht der Vorinstanz ist die fünfjährige Frist des
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
von diesem Datum an zu berechnen. Der Beschwerdeführer vertritt demgegenüber die Auffassung, die Frist sei ab dem 13. November 1984 zu berechnen, da die Entzugsdauer für die beiden Verkehrsregelverstösse gesondert zu bestimmen sei und für das erstmalige Fahren in angetrunkenem Zustand der Ausweis von Gesetzes wegen nur für zwei Monate entzogen werden könne. Da der Beschwerdeführer am 22. Januar 1990 erneut in angetrunkenem Zustand gefahren ist, kommt bei der Betrachtungsweise der Vorinstanz
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
zur Anwendung, bei der Auffassung des Beschwerdeführers demgegenüber nicht.
b) Die Rekurskommission des Kantons Bern für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern wies am 24. März 1986 eine Beschwerde gegen die Verfügung vom 22. Oktober 1984 ab und stellte dabei fest, da die Blutalkoholkonzentration mehr als das Doppelte der Limite von 0,8 Gew.-%o betragen und der Beschwerdeführer das Delikt vorsätzlich begangen habe, hätte für das Fahren in angetrunkenem Zustand allein trotz der beruflichen Notwendigkeit zum Führen eines Motorfahrzeuges eine Entzugsdauer von mehr
BGE 116 Ib 151 S. 153
als zwei Monaten ausgesprochen werden müssen. Dieser Entscheid ist rechtskräftig und somit heute nicht mehr zu überprüfen.
Folglich ist der Einwand des Beschwerdeführers, es hätte für das erstmalige Fahren in angetrunkenem Zustand allein nur ein zweimonatiger Führerausweisentzug verfügt werden dürfen, von vornherein unbehelflich. Da seinerzeit für das Fahren in angetrunkenem Zustand und das Fahren trotz entzogenem Führerausweis gesamthaft ein Ausweisentzug von acht Monaten verfügt worden ist, erscheint es andererseits aber auch als fraglich, ob allein für das Fahren in angetrunkenem Zustand eine Administrativmassnahme von mehr als vier Monaten verhängt worden wäre. Wäre dies der Fall, hätte auch nach der Auffassung des Beschwerdeführers die fünfjährige Frist des
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
erst nach dem 22. Januar 1985 zu laufen begonnen. Die Frage kann jedoch offenbleiben, da der Ansicht des Beschwerdeführers ohnehin nicht gefolgt werden kann.
c) Nach
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
beträgt die Dauer des Führerausweisentzugs mindestens ein Jahr, wenn der Fahrzeuglenker innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren Entzugs wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand erneut in diesem Zustand gefahren ist. Für die Berechnung der Rückfallsfrist bestimmt diese Vorschrift nur, dass sie nach Ablauf der früheren Administrativmassnahme zu laufen beginnt. Den Fall, in welchem der frühere Führerausweisentzug nicht nur wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand, sondern zusätzlich wegen anderer Widerhandlungen gegen die Strassenverkehrsordnung verhängt worden war, regelt
Art. 17 SVG
nicht.
Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist
Art. 68 StGB
sinngemäss anwendbar, wenn durch mehrere Handlungen mehrere Entzugsgründe gesetzt werden (
BGE 113 Ib 56
). Der Richter hat also auf die Administrativmassnahme für die schwerste Widerhandlung zu erkennen und deren Dauer angemessen zu erhöhen. Der Beschwerdeführer will nun diese (Gesamt-)Massnahme nachträglich wieder in einzelne Teile aufspalten. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Die Administrativbehörde beurteilt die verschiedenen verwirklichten Tatbestände gemeinsam und bestimmt letztlich die Entzugsdauer durch ein einziges Abwägen aller massgebenden Umstände, auch wenn sie in analoger Anwendung von
Art. 68 Ziff. 1 StGB
in zwei Schritten vorgeht, bei denen aber keine genaue Festlegung der Entzugsdauer für die schwerste Widerhandlung
BGE 116 Ib 151 S. 154
einerseits und deren Erhöhung für die geringfügigeren Widerhandlungen andererseits zu erfolgen hat. Das Ergebnis dieser Überlegungen stellt eine einzige Massnahme dar, die für alle Widerhandlungen gemeinsam ausgesprochen wird.
Diese Ausgestaltung des Instituts der (Gesamt-)Massnahme hat Auswirkungen auf deren Vollzug. In bezug auf das Strafrecht stellen SCHÖNKE/SCHRÖDER/STREE zu Recht fest, für die Verbüssung bilde die Gesamtstrafe eine Einheit; "jeder Teil von ihr, der verbüsst wird, ist wegen aller bezeichneten Straftaten verbüsst" (Strafgesetzbuch, Kommentar, 23. Aufl., N 20 zu § 54 dStGB). Dasselbe gilt für die Administrativmassnahmen.
Es ist denn auch nicht zu sehen, nach welchen Kriterien die vom Beschwerdeführer angestrebte Aufspaltung überzeugend vorgenommen werden könnte. Insbesondere spricht nichts dafür, dass ausgerechnet die ersten Monate der vollzogenen Massnahme die Sanktion für das Fahren in angetrunkenem Zustand dargestellt haben sollten. Das Bundesamt für Polizeiwesen weist in seiner Stellungnahme zu Recht darauf hin, man könne sich auch auf den Standpunkt stellen, die mit der schwersten Massnahme bedrohte Handlung (im vorliegenden Fall also das Fahren trotz Ausweisentzug) sei zuerst vollzogen worden.
Die Auffassung der Vorinstanz stellt jedoch nicht nur eine einfache und vernünftige Lösung dar, sie entspricht auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Bei der Schaffung der verschärften Entzugsgründe von
Art. 17 Abs. 1 lit. c und d SVG
ging es dem Gesetzgeber darum, diejenigen Fahrzeuglenker besonders hart zu treffen, die sich durch eine erste Administrativmassnahme nicht beeindrucken liessen. Die Rückfallsfrist ist dabei eine Bewährungsfrist, die naturgemäss erst zu laufen beginnen kann, wenn der Betroffene wieder im Besitz des Führerausweises ist, d.h. wenn die (Gesamt-)Massnahme vollumfänglich vollzogen ist.
Was der Beschwerdeführer vorbringt, dringt nicht durch.
BGE 114 Ib 41
befasste sich mit der vorliegend interessierenden Frage der Berechnung der Rückfallsfrist nicht, sondern es ging um das Problem, ob unter bestimmten Umständen überhaupt ein Rückfall vorliegt; das Bundesgericht hat in diesem Entscheid im übrigen nicht festgestellt,
Art. 14 Abs. 1 lit. d SVG
sei restriktiv auszulegen. Auch der Hinweis auf
BGE 108 Ib 259
geht an der Sache vorbei, denn dieses Präjudiz befasst sich ebenfalls nicht mit der Berechnung der Rückfallsfrist, sondern besagt nur, dass
Art. 68 StGB
analog auf Führerausweisentzüge angewendet werden soll.
BGE 116 Ib 151 S. 155
Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die Entzugsdauer wegen des Fahrens trotz Ausweisentzug könne unmöglich schon am 13. September 1984 begonnen haben, da er erst später, nämlich am 27. September 1984 ohne Ausweis gefahren sei. Formal mag dieser Einwand nicht ganz unberechtigt sein, er vermag jedoch angesichts des oben Gesagten nicht durchzudringen. Entscheidend ist, dass im vorliegenden Fall mit Verfügung vom 22. Oktober 1984 eine Gesamtmassnahme ausgesprochen worden ist; dass deren Vollstreckung unter den gegebenen Umständen bereits vor dem zweiten, zur Beurteilung stehenden Delikt begann, ändert nichts daran, dass eine Gesamtmassnahme nachträglich nicht in Einzelteile aufgesplittert werden kann.
Im übrigen behauptet der Beschwerdeführer nur mehrfach, die Annahme der Vorinstanz sei unrichtig, krass falsch und gesetzwidrig, ohne jedoch überzeugende Gründe, die für seine eigene Meinung sprechen könnten, anzugeben. Ist nach dem Gesagten von der Rechtsauffassung der Vorinstanz auszugehen, hat sie zu Recht angenommen, der Beschwerdeführer sei innert der Frist des
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
rückfällig geworden.
|
public_law
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nan
|
de
| 1,990 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
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CH
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Federation
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f467c1f3-3560-46e8-9c76-85e0d536a903
|
Urteilskopf
87 I 157
26. Auszug aus dem Urteil vom 8. März 1961 i.S. Stiftung für Personalfürsorge der Scintilla AG und der Robert Bosch AG gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn.
|
Regeste
Kantonales Steuerrecht, Willkür
Handänderungssteuer mit progressivem Satz. Nach solothurnischem Recht bildet das einzelne übertragene Grundstück die Berechnungsgrundlage für den Steuersatz. Die Abgabewerte mehrerer gleichzeitig (oder annähernd gleichzeitig) erworbener Grundstücke dürfen nur dann zusammengerechnet werden, wenn diese zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengewachsen sind und sie als einheitliches Wirtschaftsgut in den Handel gebracht werden.
|
Sachverhalt
ab Seite 157
BGE 87 I 157 S. 157
Aus dem Tatbestand:
Nach § 1 des solothurnischen Gesetzes betreffend den Bezug von Handänderungsgebühren beim Eigentumsübergang
BGE 87 I 157 S. 158
an Liegenschaften (HGG) vom 23. Februar 1919 ist beim Übergang von Grundstücken auf einen neuen Eigentümer eine Handänderungsgebühr vom wahren Wert des veräusserten Grundstücks zu zahlen, die gemäss § 3 grundsätzlich vom Erwerber geschuldet wird. Der Gebührensatz steigt von 1% bei Grundstücken im Wert bis Fr. 50'000.-- auf 2% bei solchen imWertvon Fr.200'000.-- und mehr. Zu diesen Ansätzen kommt ein Zuschlag von 10% gemäss Ziff. II lit. e des Gesetzes betreffend Sparmassnahmen vom 12. Februar 1933.
In einem am 31. Dezember 1959 geschlossenen privatschriftlichen Vertrag übernahm die neu gegründete "Stiftung für Personalfürsorge der Scintilla AG und der Robert Bosch AG" (Beschwerdeführerin) gegen Übertragung des entsprechenden Deckungskapitals den Hauptteil des Versicherungsbestandes der Stiftung der Scintilla AG für Personalfürsorge. In Ziff. 8 des Vertrags erklärte die Beschwerdeführerin sich bereit, auf Anrechnung an das Deckungskapital an Zahlungs Statt bestimmte Liegenschaften der Stiftung der Scintilla AG für Personalfürsorge in Solothurn und Zuchwil zu übernehmen.
Gestützt auf diesen Vertrag verkaufte die Stiftung der Scintilla AG für Personalfürsorge der Beschwerdeführerin am 26. Januar 1960 in gesonderten Kaufverträgen sechs Liegenschaften in Solothurn, am 24. Februar 1960 sodann eine Liegenschaft in Zuchwil. Der Kaufpreis wurde abmachungsgemäss mit dem der Beschwerdeführerin zu übertragenden Deckungskapital verrechnet.
Die Amtsschreibereien Solothurn und Kriegstetten gingen bei Bestimmung des Gebührensatzes vom Gesamtabgabewert aller veräusserter Liegenschaften und nicht vom Abgabewert der einzelnen Grundstücke aus, was zur Folge hatte, dass sie den Höchstansatz von 2,2% zur Anwendung brachten.
Mit Vertrag vom 2. Februar 1960 kaufte die Beschwerdeführerin von Mauermeister C. drei Liegenschaften in Ammannsegg und zwei Liegenschaften in Lohn. Die Amtschreiberei
BGE 87 I 157 S. 159
legte den Gebührensatz auf Grund des Gesamtabgabewerts auf 2,2% fest.
Die Beschwerdeführerin rekurrierte gegen die Berechnung der drei Handänderungsgebühren an den Regierungsrat. Sie verlangte, die Handänderungsgebühr sei für jedes Grundstück gesondert zu bestimmen und die Gebührensätze seien entsprechend herabzusetzen. Der Regierungsrat hat dieses Begehren mit Entscheid vom 23. Dezember 1960 abgewiesen.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des
Art. 4 BV
(und des Art. 62 Abs. 1 der solothurnischen Kantonsverfassung) beantragt die Beschwerdeführerin, der Rekursentscheid sei aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an den Regierungsrat zurückzuweisen mit der Auflage, die Zusammenrechnung der Abgabewerte unzulässig zu erklären.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Nach § 1 Abs. 1 HGG ist beim Übergang von Grundstücken auf einen neuen Eigentümer "vom wahren Werte des veräusserten Grundstückes eine Handänderungsgebühr zu bezahlen". Zu prüfen ist, ob diese Vorschrift ohne Willkür dahin ausgelegt werden könne, dass bei gleichzeitigem (oder annähernd gleichzeitigem) Übergang mehrerer Grundstücke auf einen neuen Eigentümer allgemein oder unter gewissen Voraussetzungen die Werte der einzelnen Grundstücke bei Ermittlung des Steuersatzes zusammenzurechnen seien.
Wie das Bundesgericht in
BGE 80 I 328
erkannt hat, bietet der Wortlaut des Gesetzes keine Handhabe für eine solche Auslegung. Nach § 1 Abs. 1 HGG bildet der Wert "des veräusserten Grundstückes" (und nicht "der Grundstücke") die Berechnungsgrundlage; desgleichen bestimmt § 1 Abs. 4 HGG, dass die Handänderungsgebühr bei Tauschgeschäften vom Wert "eines jeden Grundstückes" zu berechnen ist. Das Bundesgericht hat im nämlichen Urteil festgestellt, Sinn und Zweck der Handänderungsgebühr
BGE 87 I 157 S. 160
als einer Rechtsverkehrssteuer sprächen nicht für die Zusammenrechnung. Ein Anhaltspunkt dafür, dass die Zusammenrechnung dem Willen des Gesetzes trotzdem nicht ganz zuwiderlaufe, lässt sich höchstens aus der Zwecksetzung der Steuerprogression gewinnen, die im Gesetz vorgesehen ist. Durch die Progression soll das Steuermass der Leistungsfähigkeit des Steuersubjekts angepasst werden. Aus technischen Gründen eignen sich nur jene Steuerarten zur Progression, deren Objekt bei der Veranlagung zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen in Beziehung gebracht werden kann. Das trifft hinsichtlich der Verkehrssteuern namentlich bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer zu, weniger dagegen bei den übrigen Rechtsübergangssteuern (BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 2. Aufl., S. 202). Wird die Progression, wie bei der solothurnischen Handänderungsgebühr, gleichwohl eingeführt, so dürfte dafür der Gedanke wegleitend gewesen sein, dass der Steuerpflichtige, der ein wertvolles Grundstück kauft, im allgemeinen wirtschaftlich leistungsfähiger sein wird als derjenige, der bloss eine niedrig bewertete Liegenschaft erwirbt. Es liegt aber nahe, dass der Steuerpflichtige, der gleichzeitig mehrere niedrig bewertete Liegenschaften ersteht, in der Regel wirtschaftlich ebenso leistungsfähig sein dürfte wie derjenige, der die selbe Summe für eine einziges Grundstück aufwendet. Es mag daher als folgerichtig erscheinen, die Werte gleichzeitig erworbener Grundstücke bei der Ermittlung des Steuersatzes zusammenzurechnen. Hätte der Gesetzgeber allgemein so weit gehen wollen, dann hätte er indes nicht in § 1 HGG das einzelne übertragene Grundstück als Berechnungsgrundlage bezeichnet. Eine allgemeine Zusammenrechnung der Abgabewerte verschiedener gleichzeitig veräusserter Grundstücke findet deshalb im Gesetz keine Stütze; wird sie gleichwohl vorgenommen, so verstösst sie gegen den Grundsatz der gesetzmässigen Besteuerung und ist willkürlich. Anderes gilt, wenn eine Mehrheit sachenrechtlich selbständiger Grundstücke zu einer wirtschaftlichen
BGE 87 I 157 S. 161
Einheit verwachsen sind; lässt sich doch die Auffassung vertreten, dass in einem solchen Falle im Grunde genommen nur ein Grundstück im Sinne des HGG vorliege. Dementsprechend kann beispielsweise ein landwirtschaftliches Heimwesen, ein Herrschaftsgut, ein Häuserblock, eine kurz zuvor parzellierte Liegenschaft oder ein industrieller Betrieb ohne Willkür abgaberechtlich als ein Grundstück behandelt werden, sofern der Grundstückskomplex als einheitliches Wirtschaftsgut die Hand wechselt (vgl. REINHART, Die Liegenschaften- Handänderungssteuer, N. 65 zu § 1 HGG; mit Bezug auf die zürcherische Rechtsprechung zur gleichen Frage vgl. GRAF, Die ausserordentlichen Steuern der Stadt Zürich, N. 3 zu Art. 34, sowie ZUPPINGER, Die zürcherische Grundstückgewinn- und Handänderungssteuer, S. 127; vgl. ferner nicht veröffentlichtes Urteil vom 4. Oktober 1943 i.S. Immobilien AG zum Seidenhof und Toga Verwaltungs AG gegen Stadt Zürich und Oberrekurskommission des Kantons Zürich).
3.
Zu untersuchen bleibt, ob die Voraussetzungen, unter denen die Abgabewerte der Grundstücke bei der Bestimmung des Steuersatzes ohne Willkür zusammengerechnet werden können, in den beiden hier streitigen Fällen erfüllt seien.
a) Die Erwägungen des angefochtenen Entscheids gehen davon aus, dass die drei Liegenschaften in Ammannsegg und die zwei Liegenschaften in Lohn, welche die Beschwerdeführerin am 2. Februar 1960 von Mauermeister C. kaufte, eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Der Regierungsrat scheint in der Beschwerdeantwort an dieser Annahme nicht festhalten zu wollen. Mit Recht nicht; dass der Verkäufer C. eine berufsmässige Transaktion vornahm und es ihm darum gegangen sei, sein Grundeigentum in Ammannsegg vollständig abzustossen, und dass die Beschwerdeführerin die Grundstücke als Anlage für ihr Deckungskapital erwarb, betrifft nur die Beweggründe, welche die Parteien bei Vertragsschluss leiteten, besagt aber nicht, dass zwischen den veräusserten Liegenschaften
BGE 87 I 157 S. 162
als solchen ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe, geschweige denn, dass sie eine wirtschaftliche Einheit im oben genannten Sinne bildeten. Die Zusammenrechnung der Abgabewerte der fünf am 2. Februar 1960 gekauften Liegenschaften findet demnach im Gesetz schlechthin keine Grundlage; sie ist, weil willkürlich und demzufolge verfassungswidrig, aufzuheben.
b) Die sieben Grundstücke, welche die Beschwerdeführerin am 26. Januar und 24. Februar 1960 von der Stiftung der Scintilla AG für Personalfürsorge erwarb, hatten der Verkäuferin als Deckungskapital gedient und gingen mit gleicher Zweckbestimmung auf die Käuferin über. Zwar verbindet die gemeinsame Zugehörigkeit zum Deckungskapital die Liegenschaften einer Personalfürsorgestiftung nicht annähernd so stark, wie das bei den verschiedenen Grundstücken eines landwirtschaftlichen Heimwesens oder eines industriellen Betriebes der Fall ist; doch ist zu berücksichtigen, dass auch die erstgenannten Grundstückskomplexe in der Regel lange beieinander bleiben, nach einheitlichen Gesichtspunkten verwaltet werden und damit stärker zusammenwachsen als Liegenschaften, die zum Zwecke der freien Kapitalanlage in einer Hand vereinigt sind. Wenn der Regierungsrat die sieben von der Stiftung der Scintilla AG für Personalfürsorge erworbenen Grundstücke als wirtschaftliche Einheit betrachtet, so geht das nach dem Gesagten wohl weit; geradezu willkürlich ist es jedoch nicht.
Wie in Erw. 3 a.E. ausgeführt, setzt die abgaberechtliche Zusammenrechnung weiter voraus, dass der eine wirtschaftliche Einheit bildende Grundstückskomplex als einheitliches Wirtschaftsgut in den Handel gebracht wird. Der Regierungsrat und die Beschwerdeführerin stimmen darin übcrein, dass es dabei nicht darauf ankommen kann, ob die Veräusserung des Grundstückskomplexes in einem einzigen Akt oder in verschiedenen Kaufverträgen verurkundet werde; ebenso wenig fallen geringfügige zeitliche Abstände zwischen den einzelnen Verurkundungen in
BGE 87 I 157 S. 163
Betracht. Massgebend ist vielmehr, dass dem Geschäft ein einheitlicher Willensentschluss zugrunde liegt und dass dieser Entschluss auf Übertragung des Ganzen geht. Dieses Erfordernis ist im vorliegenden Falle erfüllt. Die Beschwerdeführerin hatte sich in Ziff. 8 des Vertrags vom 31. Dezember 1959 bereit erklärt, auf Anrechnung an das Deckungskapital, das ihr von der Stiftung der Scintilla AG für Personalfürsorge abzutreten war, an Zahlungs Statt bestimmte Liegenschaften der Stiftung zu übernehmen. Da der erwähnte Vertrag lediglich privatschriftlich abgefasst ist, vermochte er keine Verpflichtung zur Übertragung der Liegenschaften zu begründen (
Art. 216 OR
,
Art. 657 ZGB
). Das schliesst nicht aus, dass die betreffende Vertragsbestimmung klar zum Ausdruck bringt, dass den sieben am 26. Januar und 24. Februar 1960 geschlossenen Kaufverträgen faktisch ein einheitlicher Willensentschluss zugrunde liegt, und dass dieser Entschluss auf Übernahme des ganzen zum Deckungskapital gehörenden Grundstücksbestandes ging.
Der angefochtene Entscheid hält mithin in diesem Punkt der Rüge der Willkür stand.
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public_law
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nan
|
de
| 1,961 |
CH_BGE
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CH_BGE_001
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CH
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Federation
|
f4687fee-669c-4035-a99d-53bbd2d6c758
|
Urteilskopf
82 II 1
1. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. Februar 1956 i. S. X. gegen X.
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Regeste
Anfechtung der Ehelichkeit.
Ungeachtet der für die Klage gemäss
Art. 253 Abs. 2 ZGB
zwischen dem Kind und der Mutter bestehenden notwendigen passiven Streitgenossenschaft ist sowohl das Kind als die Mutter allein zur Berufung an das Bundesgericht legitimiert, und das Urteil des letztern wirkt gegenüber allen Streitgenossen.
|
Sachverhalt
ab Seite 1
BGE 82 II 1 S. 1
Aus dem Tatbestand:
Mit Klage gemäss Art. 253/54 ZGB gegen die Ehefrau und das während der Ehe geborene Kind focht der Ehemann dessen Ehelichkeit an. Die Ehefrau beantragte Gutheissung der Anfechtungsklage und bestätigte die Behauptungen des Klägers betr. Unmöglichkeit seiner Vaterschaft. Der Beistand des Kindes dagegen opponierte der Anfechtungsklage. Gegen das diese gutheissende Urteil der ersten Instanz appellierte nur das Kind, und gegen das die Unehelicherklärung bestätigende Urteil der zweiten legte es allein die vorliegende Berufung ein.
Der berufungsbeklagte Ehemann beantragte Abweisung der Berufung, ebenso - in einer unaufgefordert eingereichten Vernehmlassung - die Mutter. In prozessualer Hinsicht führte diese aus, es bestehe zwischen den beiden
BGE 82 II 1 S. 2
Anfechtungsbeklagten, dem Kinde und ihr, nach
Art. 253 Abs. 2 ZGB
eine notwendige passive Streitgenossenschaft, die nicht dem Prozessrecht, sondern dem materiellen Recht unterstehe. Zur gemeinsamen Prozessführung gehöre auch, dass die Streitgenossen nur gemeinsam ein Urteil annehmen oder ein Rechtsmittel ergreifen könnten. Das sei hier nicht geschehen; deshalb müsse die vom beklagten Kinde allein eingelegte Berufung mangels Aktivlegitimation (materiell) abgewiesen werden. Dieser Mangel müsse von Amtes wegen berücksichtigt werden; sonst komme es im Falle der Gutheissung der Berufung dazu, dass das Kind gegenüber dem Vater ehelich, gegenüber der Mutter unehelich wäre. Wollte man aber annehmen, dass dem Kinde ein selbständiges Berufungsrecht zustände, so müste sich seine Berufung zum mindesten auch gegen die mitbeklagte Mutter richten, die mit dem Vater ebenfalls in einer notwendigen (passiven) Streitgenossenschaft stehe. In diesem Falle wäre die Berufung mangels Passivlegitimation des allein berufungsbeklagten Vaters ex officio abzuweisen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
Die Anfechtungsklage des Ehemannes muss gemäss
Art. 253 Abs. 2 ZGB
gegen das Kind und die Mutter gerichtet werden. Nachdem in casu die beklagte Mutter gegen die Gutheissung der Klage weder Appellation an die Vorinstanz noch Berufung an das Bundesgericht eingelegt hat, stellt sich angesichts der vom materiellen Recht vorgeschriebenen notwendigen passiven Streitgenossenschaft zwischen Kind und Mutter die Frage, ob die Berufung des Kindes allein rechtswirksam ist oder nicht. Die Vorinstanz hat zu ihr nicht Stellung genommen, da sie vor ihr nicht aufgeworfen wurde. Auch vor Bundesgericht wirft sie der berufungsbeklagte geschiedene Ehemann nicht im Sinne der Einrede mehrerer Streitgenossen auf. Sie ist jedoch von Amtes wegen zu prüfen, läuft sie doch darauf hinaus, ob die Aktivlegitimation des Kindes allein zur Berufung zu bejahen ist oder nicht.
BGE 82 II 1 S. 3
Mit Bezug auf die Rechtsmittel der kantonalen Zivilprozessordnungen scheint die grundsätzliche Frage vorwiegend negativ beantwortet zu werden (STRÄULI-HAUSER ZPO Zürich § 39 N. 4; GULDENER, Schweiz. ZPR S. 453 d; LEUCH ZPO Bern 2. Aufl. S. 277, nun positiv 3. Aufl. S.313). Hinsichtlich der Berufung an das Bundesgericht indessen wurde sie schon unter dem alten OG bejaht. TH. WEISS (Die Berufung) stellt die Frage der Legitimation des einzelnen Streitgenossen ausdrücklich und führt aus, bei der echten (scil. notwendigen) Streitgenossenschaft wäre denkbar, dass der Berufungsbeklagte verlangen könnte, dass sämtliche Streitgenossen die Berufung erklären. Indessen kenne das OG ein derartiges Vorgehen nicht; der Art. 8 aBZP (betr. diese Einrede) gelte für das Berufungsverfahren nicht. "Es wird bei der echten Streitgenossenschaft nach allgemeinen Grundsätzen anzunehmen sein, dass ein Streitgenosse zur Berufung legitimiert ist und dass das Urteil in der Berufungsinstanz für und gegen alle Streitgenossen wirkt" (a.a.O., S. 90). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb es unter dem rev. OG (und dem neuen BZP, vgl. Art. 24) anders zu halten sein sollte, zumal in einem Statusprozess, wo die Parteimaxime um der öffentlichen Ordnung willen eingeschränkt ist und die in
Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB
für den Scheidungsprozess aufgestellten Vorbehalte ebenfalls gelten (vgl.
BGE 51 II 9
,
BGE 65 I 156
,
BGE 78 I 3
). Es liesse sich nicht rechtfertigen, dass in der vorliegenden Prozesssituation dem Kinde, zufolge der entgegengesetzten Stellungnahme seiner mitbeklagten Mutter zur Klage, die Anrufung der obersten Instanz verunmöglicht sein sollte. Auf die Berufung des Kindes ist daher einzutreten, ohne dass die Mutter im Berufungsverfahren als dessen Streitgenossin oder gar als Berufungsbeklagte zu behandeln wäre. Davon, dass es zufolge des Ausscheidens der Mutter aus dem Verfahren zu sich widersprechenden Urteilen käme, wenn in Gutheissung der Berufung des Kindes allein die Klage gegen dieses abgewiesen würde, kann selbstverständlich keine Rede sein. Der eheliche oder uneheliche
BGE 82 II 1 S. 4
Status einer Person ist ein einheitliches Rechtsverhältnis; das letztinstanzliche rechtsgestaltende Urteil darüber wirkt gegenüber allen am Rechtsverhältnis, nicht nur den am Prozesse in seiner letzten Phase, Beteiligten in gleicher Weise, also gegenüber Ehemann, Mutter und Kind gleich.
Ist mithin die mitbeklagte Mutter vor Bundesgericht nicht mehr Partei, ist ihre Vernehmlassung nicht zu beachten.
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public_law
|
nan
|
de
| 1,956 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
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CH
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Federation
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f46d4c8a-fe1a-4e01-a9ee-e856f419508a
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Urteilskopf
99 IV 133
26. Extrait de l'arrêt de la cour de cassation pénale du 13 juillet 1973, dans la cause Procureur général du canton de Genève contre Jaccoud.
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Regeste
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
.
Diese Bestimmung kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Verurteilte innerhalb der letzten fünf Jahre eine Gefängnisstrafe von mehr als drei Monaten in einem Zuge verbüsst hat.
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Sachverhalt
ab Seite 133
BGE 99 IV 133 S. 133
A.-
Francis Jaccoud a été condamné le 10 mars 1967 à deux semaines d'emprisonnement pour vol, le 17 mai 1968 et le 21 août 1968 respectivement à trois mois et à deux mois d'emprisonnement pour violation d'une obligation d'entretien. Il a subi ces peines.
B.-
Le 22 février 1973, la Cour correctionnelle du canton de Genève, siégant sans le concours du jury, lui a infligé neuf mois d'emprisonnement pour avoir commis deux attentats à la pudeur des enfants et pour s'être rendu coupable de complicité dans deux autres attentats du même genre.
Bien que le Ministère eût requis une peine ferme de quatorze moi, la Cour correctionnelle a estimé pouvoir accorder le sursis au condamné, aucun des délits antérieurs ne lui ayant valu une peine privative de liberté supérieure à trois mois.
C.-
Débouté le 28 mai 1973 du recours qu'il avait formé devant la Cour genevoise de cassation, le Ministère public se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral; il conclut au refus du sursis, les conditions objectives de cette mesure n'étant pas remplies par un justiciable qui a été incarcéré cinq mois et demi dans les cinq ans précédent l'infraction qui a motivé sa condamnation.
L'intimé conclut au rejet du pourvoi.
BGE 99 IV 133 S. 134
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
L'art. 41 ch. 1 al. 2 CP ne permet pas d'accorder le sursis quand le condamné a subi, en raison d'un crime ou d'un délit intentionnel, plus de trois mois de réclusion ou d'emprisonnement dans les cinq ans qui ont précédé la commission de l'infraction. Pris à la lettre, il signifierait que la peine privative de liberté de plus de trois mois doit avoir frappé une seule infraction. Selon cette interprétation, il ne serait pas opposable au prévenu - et le cas est fréquent - qui a subi une peine supérieure à trois mois d'emprisonnement ou de réclusion pour une pluralité de délits ou de crimes. Pareille conséquence, qui reviendrait à favoriser le concours d'infractions, est inacceptable. L'exclusion du sursis prévue par l'art. 41 ch. 1 al. 2 CP ne saurait donc dépendre, si la peine subie dans les cinq ans dépassait trois mois, du nombre d'infractions qu'elle réprimait.
La situation est différente lorsque le condamné a purgé dans les cinq ans deux ou plusieurs peines de brève durée au sens de l'art. 37 bis CP et que seule leur addition excède trois mois. Cette durée (plus de trois mois) a été mentionnée à l'art. 41 ch. 1 al. 2 parce qu'elle caractérise les peines régies par l'art. 37, qui sont exécutées de manière à exercer sur le détenu une action éducative et à préparer son retour à la vie libre (ch. 1 al. 1), tandis que les courtes peines (art. 37 bis), dont la vertu éducative est mise en doute (RO 98 IV Bl), constituent surtout un avertissement. La même distinction apparaît à l'art. 37 ch. 2 al. 2 qui ferme les établissements pour condamnés primaires à celui qui, dans les cinq ans qui ont précédé l'infraction, a déjà subi réclusion ou emprisonnement pour plus de trois mois, c'est-à-dire à celui qu'une peine éducative n'a pas amendé. Une réflexion identique commande de ne refuser le sursis, en vertu de l'art. 41 ch. 1 al. 2, qu'au condamné qui a récidivé malgré l'exécution d'une peine éducative. Tel n'est pas le cas du délinquant qui, dans les cinq ans avant l'infraction, a purgé séparément plusieurs courtes peines d'emprisonnement, même si leur durée totale dépasse trois mois. Il ne pourra se voir infliger une peine ferme que si le juge déduit de ces antécédents que les conditions subjectives du sursis ne sont pas remplies. Il s'ensuit que les juridictions genevoises ont eu raison de ne pas appliquer l'art. 41 ch. 1 al. 2 CP
| null |
nan
|
fr
| 1,973 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f472bd8c-a610-4af2-b840-a72e65ccac4c
|
Urteilskopf
86 IV 12
6. Extrait de l'arrêt du 13 janvier 1960 dans la cause Cretenoud contre Procureur général du canton de Vaud.
|
Regeste
Ungetreue Geschäftsführung,
Art. 159 Abs. 1 StGB
.
1. Ein einfacher, mit der Geschäftsführung betrauter Angestellter kann verpflichtet sein, für das Vermögen seines Arbeitgebers zu sorgen (Erw. 3).
2. Feststellung des Ausmasses und der Ursache des Schadens (Erw. 4).
3. Ist nach
Art. 159 StGB
auch strafbar, wer mit Eventualvorsatz handelt? (Erw. 5 und 6).
|
Sachverhalt
ab Seite 13
BGE 86 IV 12 S. 13
A.-
Du 1er août 1957 au 25 août 1958, Cretenoud a été employé par Schmidt-Agence SA, à Genève, comme gérant d'un kiosque à l'avenue Nestlé, à Montreux. Il avait pour tâche de vendre les marchandises que lui livrait son employeur (journaux, tabacs, chocolat) et de lui en remettre le produit. Son traitement consistait dans une somme fixe, plus une commission de 4% sur les ventes et la jouissance d'un petit logement. Son gain en espèces était de 500 fr. par mois en moyenne; le logement, sousloué, lui rapportait en outre 50 fr. Enfin, il recevait 100 fr. par mois pour le salaire d'une remplaçante.
Dès le début, Cretenoud fit preuve de négligence et de paresse dans l'accomplissement de ses devoirs envers son employeur. Il n'ouvrait pas le kiosque, le matin, à l'heure prescrite, se rendait fréquemment au café et à des manifestations sportives; il abandonnait la vente, pendant ce temps, à des remplaçantes et même à des enfants, négligeait la comptabilité et ne renvoyait que trop tard à son employeur les journaux invendus, de sorte que les ristournes dues par les éditeurs étaient perdues. La situation empira rapidement et, à partir du mois de février 1958, Cretenoud ne tint plus aucune comptabilité.
Lors de l'inventaire du 7 février 1958, l'employeur constata un découvert de 1066 fr., qui augmenta encore et atteignit 6235 fr. 55 le 28 juillet 1958 et 7826 fr. 50 le 25 août 1958, jour où Cretenoud quitta l'emploi.
B.-
Le 4 novembre 1958, Schmidt-Agence SA dénonça Cretenoud pour abus de confiance.
Le 2 septembre 1959, le Tribunal de police correctionnelle de Vevey le condamna pour gestion déloyale (art. 159 al. 1 CP) pour un montant d'au moins 5000 fr. et en
BGE 86 IV 12 S. 14
outre pour violation d'une obligation d'entretien, faux dans les titres et lésions corporelles simples à six mois d'emprisonnement, dont à déduire quatorze jours d'emprisonnement préventif; de plus, il donna acte à Schmidt-Agence SA de ses réserves civiles.
C.-
Le condamné recourut en nullité et en réforme devant la Cour de cassation pénale du canton de Vaud, mais il fut débouté, le 19 octobre 1959.
D.-
Cretenoud a formé un pourvoi en nullité contre cet arrêt dont il requiert l'annulation, la cause devant être renvoyée au Tribunal cantonal pour que cette autorité libère le condamné du chef de gestion déloyale et éventuellement lui accorde le sursis à l'exécution de la peine.
Erwägungen
Considérant en droit:
1 et 2. - .....
3.
En sa qualité de gérant, le recourant avait à munir le kiosque des marchandises livrées par Schmidt-Agence SA et à les vendre comme représentant de cette maison. A ces deux égards, il était tenu, par ses engagements, de veiller sur les intérêts pécuniaires de son employeur selon l'art. 159 al. 1 CP (cf. RO 81 IV 278 sous la litt. a).
Contrairement à l'opinion soutenue dans le pourvoi, son engagement lui conférait sans conteste la qualité de gérant selon cette disposition légale. Sans doute n'était-il que l'employé de Schmidt-Agence SA, maison avec laquelle il était lié par un simple contrat de travail. Néanmoins, les prestations de service auxquelles il était tenu ne consistaient pas uniquement dans des travaux techniques subordonnés, mais dans la gestion d'un établissement commercial secondaire avec la responsabilité pour une exploitation correcte et pour la remise des sommes encaissées. Aussi bien, le fait que les versements ont atteint environ 20 000 fr. pendant les sept premiers mois de l'année 1958 prouve que, même abstraction faite des
BGE 86 IV 12 S. 15
sommes manquantes, et bien qu'il ne se soit agi que d'un kiosque, le chiffre d'affaires n'était pas sans importance.
4.
D'après les constatations de fait du juge de première instance, auxquelles la Cour de cassation vaudoise a adhéré et qui lient la cour de céans selon l'art. 277 bis al. 1 PPF, la gestion, pour la période du 1er août 1957 au 25 août 1958, fait apparaître un découvert de 7826 fr. 50 selon l'inventaire. Jusqu'à concurrence de 5000 fr. au moins, le découvert - l'autorité cantonale l'a aussi constaté souverainement - est dû aux négligences que le recourant a commises dans sa gestion; pour fixer cette somme, on a déduit du total manquant tout d'abord un montant de 1000 fr. représentant la caution fournie par Cretenoud et l'on a en outre admis, selon les expériences faites dans d'autres kiosques, qu'il pouvait se produire des différences de comptes ou d'inventaires jusqu'à 1000 fr. par an environ. On n'a pas non plus compris, dans la somme de 5000 fr., la perte sur les recettes due au fait que le recourant n'ouvrait pas son kiosque à l'heure convenue, le matin. La Cour de cassation vaudoise observe en outre que l'on fait grief au recourant, non pas d'avoir engagé des remplaçantes, mais de ne pas les avoir suffisamment surveillées.
Sur le vu de ces constatations, la cour de céans doit admettre qu'en négligeant ses devoirs touchant la gestion du kiosque, le recourant a causé à son employeur un dommage d'au moins 5000 fr.
5.
Cependant, la négligence de ses devoirs ne suffit pas à constituer la gestion déloyale que réprime l'art. 159 CP. Il faut encore que l'auteur ait causé le dommage intentionnellement (art. 18 al. 1 CP).
Le juge cantonal n'a pas retenu contre le recourant l'intention pure et simple, mais bien le dol éventuel, car il déclare que Cretenoud a eu conscience des suites dommageables que les violations de ses devoirs pouvaient avoir pour la fortune de son employeur. Il faut dès lors examiner si, dans le cas de la gestion déloyale, le dol éventuel
BGE 86 IV 12 S. 16
suffit à constituer l'intention. La négative pourrait se justifier par des raisons plausibles. La gestion déloyale consiste dans l'infidélité à l'égard de celui envers lequel on est engagé. L'auteur doit avoir agi avec conscience et volonté contre les intérêts pécuniaires qui lui étaient confiés; il doit s'être rendu coupable d'une déloyauté, en quelque sorte d'une trahison de ces intérêts (cf. Leipziger Kommentar, 6/7e éd., § 266, note I, 1; RITTLER, Lehrbuch, Besonderer Teil, p. 151, avec la citation de BINDING). Il est difficile d'admettre que ces conditions soient réalisées en cas de simple dol éventuel, même lorsqu'il comporte la violation consciente des devoirs assumés. Le gérant qui, par la négligence dans sa gestion, cause un dommage sans le vouloir absolument ne se rend pas coupable d'une déloyauté au sens strict du terme, même lorsqu'il envisage les conséquences possibles de son attitude. C'est pourquoi, dans la doctrine allemande, plusieurs autorités estiment qu'en matière de gestion déloyale, le dol éventuel ne suffit pas (ainsi FRANK, Comm., 18e éd., p. 667 et les autres auteurs cités par GRAVEN, "Le délit de gestion déloyale", RSJ, t. 44, p. 84 n. 98).
Toutefois, l'opinion dominante le tient pour suffisant (HAFTER, Besonderer Teil, p. 321; LOGOZ, n. 4 ad art. 159; Leipziger Kommentar, 6/7e éd., § 266, n.B IV; SCHÖNKE, § 266, n. VII). Effectivement, les nécessités pratiques l'imposent, quelles que soient les difficultés d'ordre théorique qu'il soulève en principe et les objections que suscite son application en matière de gestion déloyale. En cas d'intention pure et simple, le mobile de l'auteur n'est pas nécessairement de causer un dommage. Il s'ensuit que la volonté délictuelle diffère peu de celle que l'on constate lorsque le même dommage est causé par dol éventuel. La différence est trop petite pour que l'on punisse dans le premier cas et non dans le second. Cela se justifierait d'autant moins que celui-ci est sans doute beaucoup plus fréquent que celui-là et crée un besoin de protection pénale d'autant plus considérable.
BGE 86 IV 12 S. 17
6.
Cependant il faut exiger que le dol éventuel soit nettement et strictement caractérisé, afin d'éviter qu'il ne se confonde avec la négligence consciente (GRAVEN: même référence que ci-dessus). La doctrine et la jurisprudence allemandes, touchant le § 266 du Code pénal allemand, insistent tout particulièrement sur ce point (ainsi, SCHÖNKE, même référence que ci-dessus et les arrêts du Reichsgericht, qu'il cite). On ne saurait notamment admettre le dol éventuel, comme on le fait en général, dès lors que l'auteur s'est simplement accommodé du résultat possible de son acte. Celui qui agit consciemment par négligence sait, lui aussi, que les éléments objectifs de l'infraction peuvent se réaliser et s'accommode de ce résultat pour le cas où il se produirait.
Comme la cour de céans l'a admis dans son arrêt Elsasser, du 21 mai 1943 (RO 69 IV 79), il faut que l'auteur, non seulement ait compté sérieusement que le résultat pourrait se produire, mais encore y ait consenti pour le cas où il surviendrait. C'est sur ce dernier point que réside la différence décisive avec la négligence consciente, où l'auteur, loin de consentir au résultat éventuel de ses actes, le refuse au contraire et compte qu'il ne se produira pas. Ce refus ou ce consentement de l'auteur relèvent du fait; selon l'arrêt précité, on ne peut admettre que la preuve, sur ce point, ait été rapportée dès lors que l'auteur a su que le résultat pouvait se produire. On ne saurait se contenter de cette connaissance pour conclure au dol éventuel; ce serait en faire l'unique élément subjectif de l'infraction. Il faut bien plus exiger que la probabilité du résultat se soit imposée à l'auteur d'une façon si pressante que son acte ne puisse raisonnablement être interprété que comme un consentement.
Selon le jugement de première instance, le recourant aurait eu conscience qu'il portait effectivement dommage aux intérêts de son employeur par ses défaillances dans l'accomplissement de ses devoirs. Il faudrait, dans ce cas, aller jusqu'à admettre l'intention pure et simple. Mais la
BGE 86 IV 12 S. 18
Cour de cassation vaudoise ne va pas aussi loin en fait. Cependant, elle constate avec le premier juge que Cretenoud a sciemment et délibérément violé ses engagements sans se méprendre sur les conséquences que cette violation pourrait avoir pour son employeur; elle a en outre admis qu'il avait été rendu attentif à ces conséquences, mais n'avait pas pour autant modifié son attitude et en avait consciemment accepté le résultat. Sur le vu de ces constatations souveraines, il faut admettre le dol éventuel, même selon sa définition stricte. Comme il appert du jugement de première instance, Cretenoud a été rendu attentif aux suites de ses manquements par une amie, elle-même gérante d'un kiosque à Montreux. Elle lui a fait des représentations réitérées, déjà peu après qu'il eut commencé son travail, mais il lui répondit qu'il s'en moquait. Ainsi les conséquences dommageables de la violation de ses devoirs, même s'il ne s'en est pas rendu compte dans son insouciance, ont été, très tôt déjà, rappelées à sa conscience; il a, de propos délibéré, négligé ces rappels, de sorte qu'il a manifestement consenti au résultat. Son extrême légèreté est démontrée par sa persistance dans son attitude après qu'une remplaçante, déjà occupée par la précédente tenancière du kiosque, eut cessé de travailler pour lui à cause des négligences qu'il commettait. Les éléments aussi bien subjectifs qu'objectifs de la gestion déloyale selon l'art. 159 CP sont donc réunis en l'espèce.
7.
.....
Dispositiv
Par ces motifs, la Cour de cassation pénale:
Rejette le pourvoi.
| null |
nan
|
fr
| 1,960 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4765236-0918-4449-9eb1-d831de772094
|
Urteilskopf
89 II 56
11. Arrêt de la Ire Cour civile du 26 février 1963 dans la cause Gétaz contre Chapuis et Gindroz.
|
Regeste
Unfall eines Kindes, das auf einem Fussgängerstreifen durch einen Lastwagen umgeworfen wird.
1. Verschulden des Lastwagenführers (Erw. 1).
2. Schuldlosigkeit des Kindes, in Anbetracht seines jugendlichen Alters, trotz seinem objektiv zu beanstandenden Verhalten (Erw. 2).
3. Abschätzung.. des Schadens durch den Richter nach
Art. 42 Abs. 2 OR
; Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 3).
4. Genugtuung (Erw. 4).
|
Sachverhalt
ab Seite 56
BGE 89 II 56 S. 56
A.-
Rentrant de l'école le samedi 9 mai 1959, à midi, l'enfant Pierre-André Gétaz, né le 13 juin 1953, fut renversé par un camion alors qu'il traversait l'avenue d'Echallens, à Lausanne, sur un passage de sécurité, après un
BGE 89 II 56 S. 57
garçon de son âge. Quittant le trottoir nord entre deux automobiles à l'arrêt de part et d'autre du passage, il courut pour traverser la rue devant des voitures venant sur sa gauche et se jeta contre le flanc du camion, qui arrivait sur sa droite. Sa tête heurta le pont du véhicule, approximativement au milieu de celui-ci. Le chauffeur, qui tenait sa droite et roulait à une allure de quelque 50 km/h, freina à l'ouïe du choc et immobilisa sa machine environ 25 m plus loin. Il n'avait pas usé de son avertisseur ni freiné avant de franchir le passage de sécurité.
Pierre-André Gétaz subit des lésions corporelles, à savoir un traumatisme cranio-cérébral avec commotion, une fracture du crâne et une section ou compression du nerf optique droit. A dire d'expert, il a perdu quasi totalement et définitivement la fonction visuelle de l'oeil droit; en outre, cet oeil est affecté d'un strabisme divergent qui risque de s'aggraver; une opération serait alors indiquée.
B.-
Par demande du 24 février 1961, Pierre-André Gétaz, représenté par son père Claude Gétaz, introduisit devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois une action tendant à faire condamner Edmond Gindroz, qui conduisait le camion, et son employeur Lucien Chapuis, détenteur du véhicule, à lui payer, selon les règles de la solidarité imparfaite, 82 110 fr. avec intérêt à 5% l'an dès le 9 mai 1959, à titre de dommages-intérêts et de réparation du tort moral. Les défendeurs conclurent à libéraration des fins de la demande. Ayant reçu en cours d'instance, le 4 avril 1961, un montant de 20 000 fr. de l'assureur de Chapuis, le demandeur réduisit ses conclusions à 62 110 fr.
Statuant le 4 septembre 1962, la Cour civile vaudoise condamna Chapuis à payer à Pierre-André Gétaz 13 500 fr. avec intérêt à 5% dès le 4 avril 1961 pour réparer l'atteinte à son avenir économique et 750 fr., valeur échue, pour les frais de l'opération préconisée par l'expert. Elle débouta le demandeur de ses conclusions pour le surplus. Admettant
BGE 89 II 56 S. 58
la responsabilité de Chapuis selon l'art. 37 LA, elle réduisit toutefois l'indemnité d'un quart en raison de la faute concurrente du lésé. Quant à Gindroz, la Cour cantonale admit ses conclusions libératoires en considérant qu'il n'avait commis aucune faute. Elle refusa par le même motif d'allouer au demandeur une somme d'argent pour réparer le tort moral.
C.-
Pierre-André Gétaz recourt au Tribunal fédéral et conclut à la réforme du jugement en ce sens que les défendeurs sont condamnés à lui payer 63 250 fr. avec intérêt dès le 9 mai 1959, sous déduction des 20 000 fr. reçus le 4 avril 1961. Il conteste sa propre faute et soutient que Gindroz est fautif. Il critique aussi le calcul du dommage. Il persiste enfin à demander une indemnité pour tort moral.
L'intimé Chapuis a déposé un recours joint. Il s'en prend au calcul du dommage et conclut à la réduction de l'indemnité dont il est débiteur au chiffre de 5660 fr., subsidiairement 8144 fr. et plus subsidiairement 12 184 fr.
Le recourant Gétaz et l'intimé Chapuis concluent chacun au rejet du recours de son adversaire. L'intimé Gindroz conclut au rejet du recours principal.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Les conclusions du recours principal ont pour objet la réparation du dommage corporel et du tort moral consécutifs à l'accident de la circulation du 9 mai 1959. La responsabilité causale de Chapuis, détenteur du véhicule impliqué dans l'accident, n'est plus contestée. En revanche, le recourant fait grief aux premiers juges d'avoir nié que le conducteur Gindroz ait commis une faute en relation de causalité adéquate avec l'accident, qui engage sa responsabilité selon les art. 41 ss. CO.
a) La Cour cantonale estime que la vitesse du camion au moment de l'accident était adaptée aux conditions de
BGE 89 II 56 S. 59
la route et de la circulation (art. 25 al. 1 LA). Son opinion est erronée. L'avenue d'Echallens est une rue assez étroite et très fréquentée. De nombreux piétons la traversent. L'affiuence y est particulièrement importante le samedi à midi. C'est l'heure à laquelle les enfants sortent de l'école. Selon le jugement entrepris, Gindroz connaissait parfaitement l'état des lieux. Lorsqu'il y est arrivé, la visibilité était en partie masquée par des véhicules à l'arrêt de chaque côté du passage de sécurité. Un premier enfant venait de le traverser. Dans ces conditions, la vitesse de 50 km/h était excessive pour un camion abordant ledit passage. Gindroz a donc enfreint l'art. 25 al. 1 LA et commis une faute.
Il ressort toutefois du jugement que la collision se serait produite de façon identique si le véhicule avait roulé à une allure inférieure, par exemple 40 km/h. Bien que l'autorité cantonale invoque à l'appui de son assertion le cours ordinaire des choses, elle a surtout pris en considération les circonstances particulières du cas, notamment l'état des lieux. Le Tribunal fédéral est lié par cette appréciation de la causalité naturelle, quelque surprenante qu'elle lui paraisse. L'excès de vitesse n'étant pas en relation de cause à effet avec les lésions subies par la victime, il n'engage pas la responsabilité de Gindroz.
b) L'art. 25 al. 1 LA oblige notamment le conducteur à rester constamment maître de son véhicule et à ralentir ou au besoin s'arrêter partout où il risquerait de causer un accident; il doit le faire aussi "devant les passages de sécurité, afin de permettre aux piétons déjà engagés sur le passage de traverser sans encombre la chaussée" (art. 45 al. 3 RA). La seule présence d'un tel passage rend les automobilistes attentifs au risque d'accident, comme un signal de danger. L'observation des prescriptions citées requiert une attention soutenue. Or Gindroz n'a pas satisfait à cette exigence. Etant donné sa vitesse, il devait redoubler de prudence. Alors qu'un enfant venait de traverser la chaussée
BGE 89 II 56 S. 60
et que la visibilité était restreinte par des véhicules en stationnement, il ne pouvait compter que le passage de sécurité resterait libre et qu'il le franchirait sans encombre à 50 km/h. S'il avait prêté une attention suffisante, il aurait pu voir le recourant qui s'élançait sur la route à sa gauche, user éventuellement de son avertisseur et surtout freiner, voire tenter une manoeuvre d'évitement par la droite. Une réaction semblable de sa part eût certainement diminué le dommage, si elle n'eût pas évité la collision. Par son inattention et son manque de précaution, le chauffeur Gindroz a commis une faute en relation de causalité adéquate avec l'accident. Sa responsabilité est donc engagée en vertu des art. 41 ss. CO.
2.
a) Selon le jugement attaqué, le recourant aurait commis une faute légère parce qu'il s'est engagé sur la chaussée et l'a traversée en courant, alors que le camion qui arrivait sur sa droite était sur le point de franchir le passage pour piétons. Sans doute le comportement du jeune garçon est-il objectivement critiquable. Mais c'est le propre des enfants d'agir parfois de façon irraisonnée. Le jour de l'accident, le recourant était âgé de 5 ans et 11 mois; il allait à l'école depuis une année. Certes, comme le relève la Cour cantonale, les règles de la circulation sont enseignées dès le début de la scolarité; chaque enfant qui se rend à l'école et en revient quatre fois par jour, d'abord accompagné, puis seul, fait l'expérience des risques inhérents à la circulation automobile; il se familiarise peu à peu avec les précautions élémentaires à prendre pour traverser la chaussée. On ne saurait néanmoins admettre qu'à 5 ans et 11 mois, un enfant ait la maturité intellectuelle et morale, ainsi que la force de volonté nécessaires pour assimiler et suivre en toute circonstance les règles de la circulation, pensées par des adultes et étrangères au monde infantile. Il incombe dès lors aux adultes, et particulièrement aux conducteurs de véhicules à moteur, de faire en sorte que la sécurité des enfants soit respectée, malgré
BGE 89 II 56 S. 61
leur comportement parfois irréfléchi. Si l'on retenait une faute à la charge d'enfants de l'âge du recourant, on leur ferait assumer une partie des risques dus à la circulation automobile; les conducteurs seraient déchargés dans cette mesure de leur responsabilité, alors qu'ils créent eux-mêmes le danger en se servant de leurs machines. Pareil résultat serait inadmissible. Aucune faute ne peut donc être imputée au recourant, vu son jeune âge.
b) Par surabondance, la Cour cantonale estime que, si l'enfant n'était pas capable de traverser la route seul, ses parents auraient dû l'accompagner; dans cette hypothèse, l'indemnité devrait être réduite en raison de la faute des parents. On ne saurait poser une règle générale selon laquelle les enfants qui suivent les classes inférieures devraient toujours être accompagnés lorsqu'ils vont à l'école et en reviennent. Pareille obligation serait impossible à exécuter dans la plupart des cas. Il suffit de penser par exemple aux familles comptant plusieurs enfants, ainsi qu'aux ménages où les deux époux travaillent hors du foyer. En l'espèce, aucune circonstance particulière n'est établie qui commandait des précautions accrues de la part des parents. Ceux-ci n'ont dès lors pas commis de faute.
c) L'indemnité ne doit pas non plus être réduite en application de l'art. 44 CO. La seule présence de petits enfants sur la voie publique ne saurait en effet constituer un fait dont ceux-ci, lorsqu'ils sont blessés, seraient responsables.
3.
Les deux recours tendent à modifier le calcul du dommage. Appréciant les conclusions de l'expert médical et la situation du recourant, la Cour civile vaudoise a estimé la diminution de la capacité de gagner à 3000 fr. par an, sur la base d'un gain annuel de 15 000 fr. et d'une invalidité de 20%. Elle a alloué le capital correspondant à une rente de ce chiffre (avec une réduction de 25% en raison de la faute concurrente du lésé), différée à l'âge de 20 ans; elle a effectué le calcul selon la table 3 de STAUFFER
BGE 89 II 56 S. 62
et SCHAETZLE à la date du 4 avril 1961 (versement de l'acompte de 20 000 fr. par l'assureur de Chapuis). Le recourant demande que le taux d'invalidité soit porté à 33 1/3%, de telle sorte que la diminution de la capacité de gagner serait de 5000 fr. par an. L'intimé Chapuis propose, dans son recours joint, que le capital soit calculé sur la base d'un gain annuel de 14 400 fr. seulement (chiffre articulé dans la demande) qui serait acquis dès l'âge de 25 ans (quand le bénéficiaire aura terminé ses études), subsidiairement 23 ans (terme éventuel des études) et plus subsidiairement 20 ans (décision des premiers juges).
S'agissant d'un dommage futur qui ne peut être établi exactement, en raison notamment du jeune âge du lésé, le juge doit le déterminer équitablement en considération du cours ordinaire des choses, conformément à l'art. 42 al. 2 CO. La loi lui laisse un large pouvoir d'appréciation. Comme juridiction de réforme, le Tribunal fédéral ne peut intervenir que si l'autorité inférieure a appliqué d'une façon erronée ou méconnu une règle du droit fédéral ou encore si elle a abusé de son pouvoir appréciateur. Le jugement attaqué échappe à ces griefs. Les parties le critiquent dès lors en vain. En particulier, les taux d'invalidité en cas de perte d'un organe figurant dans les conditions générales des polices d'assurance contre les accidents, qui reposent sur la convention des parties, sont dénués de pertinence lorsqu'il s'agit, comme en l'espèce, de fixer le dommage effectif causé par un acte illicite et par l'emploi d'un véhicule à moteur. La détermination du taux d'invalidité relève de l'appréciation du juge du fait; la décision cantonale est d'ailleurs sainement motivée à cet égard. Peu importe que la Cour civile ait retenu comme gain futur probable du lésé un chiffre supérieur à celui qui est articulé dans la demande; supposé qu'elle ait statué ultra petita - tel n'est pas le cas -, le grief serait irrecevable parce qu'il concerne l'application du droit cantonal (art. 55 al. 1 litt. c OJ; cf. RO 64 II 385, 71 II 206 consid. 2). Il n'est
BGE 89 II 56 S. 63
pas non plus contraire au droit fédéral de prendre en considération, pour supputer le gain futur de la victime de lésions corporelles, la dépréciation de la monnaie entre l'ouverture du procès et le jugement de première instance; quant à la dépréciation future de l'argent, la Cour cantonale n'en a pas tenu compte, contrairement à ce que prétend l'intimé Chapuis, de sorte que la question n'a pas à être examinée ici. En fixant à l'âge moyen de 20 ans le début de l'activité lucrative du recourant, les premiers juges n'ont pas abusé de leur pouvoir appréciateur.
Sur la base des éléments fournis par le jugement cantonal, le dommage résultant de l'atteinte à l'avenir économique du recourant est le suivant:
Diminution du gain annuel supputé:
20 % de 15 000 fr. = Fr. 3 000.--
Valeur en avril 1961 du capital correspondant à
une rente de 3000 fr. par an sur la tête du recou-
rant, différée à l'âge de 20 ans, selon table 3 de
Stauffer et Schaetzle (coefficient 1490):
3000 fr. x 14,9 = Fr. 44 700.--
Dont à déduire:
versement du 4 avril 1961 Fr. 20 000.--
Solde à allouer au recourant avec intérêt dès la
date de la capitalisation Fr. 24 700.--
4.
N'étant pas fautif, le recourant a droit à la réparation du tort moral de la part de Gindroz, qui a commis une faute, en vertu de l'art. 47 CO, et de Chapuis, responsable en vertu de l'art. 42 LA. La gêne visuelle consécutive à l'accident, les restrictions qu'elle impose dans le choix d'une profession et dans le mode de vie en général, la fatigabilité accrue qui en résulte, portent une atteinte sensible à la joie de vivre de la victime. Le tort moral est dès lors incontestable. L'indemnité allouée de ce chef doit être fixée en tenant compte de la gravité moyenne de la faute de Gindroz, qui sans être légère, n'est pas non plus particulièrement lourde. Le montant de 5000 fr. apparaît dès lors adapté aux circonstances.
5.
Le recourant est ainsi fondé à obtenir des deux
BGE 89 II 56 S. 64
intimés la pleine réparation du dommage et du tort moral qu'il a subis à la suite de l'accident. Chapuis est responsable en vertu de la loi (art. 37 et 42 LA), Gindroz en vertu d'un acte illicite (art. 41 ss. CO). Tous deux sont tenus solidairement de payer l'indemnité, conformément à l'art. 50 al. 1 CO, applicable en vertu du renvoi de l'art. 51 al. 1 CO.
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nan
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Urteilskopf
108 Ib 206
36. Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. September 1982 i.S. Landwirtschafts-Departement des Kantons Solothurn gegen X. und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (
Art. 103 OG
).
Ein kantonales Departement, das ein Gesuch um Entlassung eines Grundstücks aus der Unterstellung unter das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen abgewiesen hat und dessen Entscheid durch das kantonale Verwaltungsgericht (teilweise) aufgehoben worden ist, ist nicht berechtigt, Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zu erheben.
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Sachverhalt
ab Seite 207
BGE 108 Ib 206 S. 207
Das Bundesgericht hat nach Einsicht in die Eingabe vom 23. August 1982, mit der das Landwirtschafts-Departement des Kantons Solothurn gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 28. Juni 1982 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhebt,
Erwägungen
in Erwägung,
dass X. beim Landwirtschafts-Departement des Kantons Solothurn das Gesuch gestellt hatte, das Grundstück Grundbuch Oensingen Nr. ... sei aus der Unterstellung unter das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen (LEG; SR 211.412.12) zu entlassen,
dass das Departement das Gesuch am 7. September 1981 abwies,
dass X. hiegegen Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht erhob,
dass das Verwaltungsgericht die Beschwerde durch Urteil vom 28. Juni 1982 teilweise guthiess und das Departement anwies, einem allfälligen Gesuch von X. um Aufhebung der Unterstellung bezüglich eines genau umschriebenen Teils des Grundstücks Nr. ... stattzugeben,
dass sich die Frage stellt, ob das Departement zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde überhaupt legitimiert ist, dass gemäss
Art. 103 lit. a OG
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt ist, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat,
dass diese Bestimmung auch auf eine kantonale Behörde anwendbar ist, sofern diese, bzw. die von ihr vertretene Körperschaft, durch die angefochtene Verfügung in gleicher oder ähnlicher Weise betroffen wird wie eine Privatperson (vgl.
BGE 107 Ib 173
E. 2a;
BGE 105 Ib 359
E. 5a;
BGE 103 Ib 216
E. 1f;
BGE 100 Ib 325
oben;
BGE 100 Ia 281
oben mit Hinweisen),
dass letzteres hier, wo es dem Departement um die Wiederherstellung seines vom Verwaltungsgericht teilweise aufgehobenen Entscheides geht, nicht zutrifft,
dass das allgemeine öffentliche Interesse an der richtigen Durchsetzung und einheitlichen Anwendung des Bundesrechts
BGE 108 Ib 206 S. 208
kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von
Art. 103 lit. a OG
darstellt (vgl.
BGE 107 Ib 174
oben;
BGE 105 Ib 359
E. 5a),
dass die Beschwerdelegitimation nach
Art. 103 lit. b OG
nur Behörden des Bundes zukommt (vgl.
BGE 107 Ib 173
E. 2a;
BGE 99 Ib 213
E. 3),
dass die Unterstellung eines Grundstücks unter das LEG vom Eigentümer sowie von jedem Gläubiger beantragt werden kann, dem ein Anspruch auf Errichtung eines Grundpfandrechts zusteht (Art. 2 Abs. 2 LEG),
dass das Recht zur Weiterziehung eines Unterstellungsentscheides den zum Unterstellungsbegehren berechtigten Personen, nicht aber der erstinstanzlich verfügenden Behörde, zusteht (Art. 3 Abs. 2 LEG), dass die Vorschriften über die Begründung der Unterstellung sinngemäss auch auf das Verfahren betreffend deren Aufhebung Anwendung finden (Art. 4 Abs. 3 LEG),
dass nach dem Gesagten auch nicht der Fall des
Art. 103 lit. c OG
vorliegt, wonach zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt ist, wer durch das Bundesrecht dazu ermächtigt wird,
im Verfahren gemäss
Art. 109 Abs. 1 OG
Dispositiv
erkannt:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
...
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| 1,982 |
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CH_BGE_003
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f4772dce-906f-4e8c-9eed-9b3ea1395913
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Urteilskopf
141 IV 249
32. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden (Beschwerde in Strafsachen)
6B_1122/2014 vom 29. Juni 2015
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Regeste
Art. 11 und 117 StGB
; fahrlässige Tötung; unechtes Unterlassungsdelikt; Garantenstellung aus Vertrag.
Voraussetzungen einer Garantenpflicht im Allgemeinen. Unterscheidung zwischen Obhuts- und Überwachungspflichten (E. 1.1).
Eine Garantenstellung aus Vertrag entsteht nicht schon durch die Vereinbarung als solche, sondern erst durch die faktische Übernahme der Stellung (E. 1.4.1).
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Sachverhalt
ab Seite 250
BGE 141 IV 249 S. 250
A.
A.a
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden sprach X. mit Strafbefehl vom 17. April 2013 der fahrlässigen Tötung schuldig und bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 135.-. X. erhob Einsprache gegen den Strafbefehl.
Das Kantonsgericht Nidwalden sprach X. am 27. September 2013 vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei.
Das Obergericht des Kantons Nidwalden befand X. auf Berufung der Staatsanwaltschaft hin am 9. April 2014 der fahrlässigen Tötung für schuldig und bestrafte ihn wiederum mit einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 135.-.
A.b
Die Vorinstanz geht von folgendem Geschehensablauf aus:
Die A. AG realisierte in der Zeit von Mai 2011 bis Juni 2012 als Bauherrin den Bau einer Seilbahn. Die Genossenkorporation B. (nachfolgend: B.) besorgte im Winter 2011/2012 für die Bauherrin unter anderem Schneeräumungsarbeiten am Stanserhorn. X. arbeitete als Sicherheitsbeauftragter für die A. AG und war während der Bauarbeiten für die ständige Beurteilung der Lawinensituation im Bereich der Forststrasse Bluematt verantwortlich. Aufgrund eines möglichen starken Anstiegs der Lawinengefahr konsultierte er am 20. Februar 2012 den Bergführer C., um mit ihm die Vor- und Nachteile einer Lawinensprengung zu diskutieren. Am 22. Februar 2012 empfahl ihm dieser, die Zufahrtsstrasse zur Bluematt zu sperren. Zudem riet er ihm, eine Lawinensprengung erst Ende Woche vorzunehmen. Am Abend des 23. Februar 2012 versandte X. eine E-Mail und teilte den Adressaten mit, dass mit der Erwärmung vom 23. Februar 2012 an der Nordseite des Stanserhorns die Lawinengefahr markant angestiegen sei. Die Strasse dürfe daher "vom Chäscherzug aufwärts bis zur Bluematt" ab sofort nicht mehr befahren werden. Die Mailadressen kopierte er aus dem Verteiler eines früheren Bausitzungsprotokolls. D., Betriebsförster und -leiter der B., war nicht auf der Empfängerliste und erhielt die E-Mail deshalb nicht. Weitere Schritte zur Signalisierung der Gefahr, wie etwa eine markierte Strassensperrung vor Ort, veranlasste X. nicht. Am 24. Februar 2012 wollte D. mit seinen zwei Kollegen E. und F. die von einer Lawine verschüttete Forststrasse räumen. Dabei löste sich um ca. 10.15 Uhr eine Gleitschneelawine, welche F. erfasste und verschüttete. Er konnte zwar geborgen werden, verstarb jedoch kurze Zeit später im Spital. X. wird vorgeworfen, als Verantwortlicher für die Lawinensicherheit im
BGE 141 IV 249 S. 251
betroffenen Gebiet nicht die erforderlichen präventiven Massnahmen zur Verhinderung des Lawinenunglücks ergriffen zu haben.
B.
X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Ziffern 1 bis 6 des Urteils des Obergerichts seien aufzuheben und er sei vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freizusprechen. Eventualiter sei das Verfahren zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
C.
Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme zur Beschwerde. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Mit Eingabe vom 8. Mai 2015 nahm X. sein Recht zur Replik wahr.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, ihm sei gegenüber den Mitarbeitern der B. eine Garantenstellung zugekommen.
1.1
Gemäss
Art. 117 StGB
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht. Fahrlässig handelt, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist (
Art. 12 Abs. 3 StGB
).
Ein fahrlässiges Erfolgsdelikt kann auch durch pflichtwidriges Unterlassen (
Art. 11 StGB
) verübt werden. Voraussetzung ist eine Rechtspflicht zur Vornahme der unterlassenen Handlung (Garantenstellung) sowie die Möglichkeit, diese Handlung vorzunehmen. Ein sog. unechtes Unterlassungsdelikt liegt vor, wenn im Gesetz wenigstens die Herbeiführung des Erfolgs durch Tun ausdrücklich mit Strafe bedroht wird, der Beschuldigte durch sein Tun den Erfolg tatsächlich hätte abwenden können und infolge seiner Garantenstellung dazu auch verpflichtet war, so dass die Unterlassung der Erfolgsherbeiführung durch aktives Tun als gleichwertig erscheint. Für die Annahme einer Garantenstellung genügt nicht jede, sondern nur eine qualifizierte Rechtspflicht (
BGE 134 IV 255
E. 4.2.1;
BGE 120 IV 98
E. 2c; je mit Hinweisen). Rechtsprechung und Lehre
BGE 141 IV 249 S. 252
unterscheiden zwischen Obhutspflichten, d.h. Garantenstellungen zum Schutz eines bestimmten Rechtsgutes gegen alle ihm drohenden Gefahren, und Überwachungspflichten, d.h. Garantenstellungen zur Überwachung bestimmter Gefahrenquellen zum Schutze unbestimmt vieler Rechtsgüter (Urteil 6S.391/2002 vom 23. Dezember 2002 E. 3, nicht publ. in:
BGE 129 IV 119
;
BGE 113 IV 68
E. 5b; je mit Hinweisen). Eine Garantenstellung kann sich aus Gesetz, Vertrag, einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft oder aus der Schaffung einer Gefahr ergeben (
Art. 11 Abs. 2 lit. a-d StGB
).
1.2
Hinsichtlich der Garantenstellung erwägt die Vorinstanz, dem Beschwerdeführer komme gegenüber der B. weder eine Garantenstellung aus Gesetz noch aus freiwillig eingegangener Gefahrengemeinschaft zu. Hingegen leitet sie eine solche aus dem im Rahmen der Bauarbeiten am Stanserhorn erstellten Notfallkonzept ab. Darin werde dem Beschwerdeführer die Verantwortung für die ständige Beurteilung der Lawinensituation im Gebiet Kälti/Bluematt übertragen. Er habe einen Lawinen- und Lawinensprengkurs absolviert und verfüge über praktische Erfahrungen in diesem Bereich. Seine Pflicht sei es gewesen, sich täglich über die Lawinensituation zu informieren und ein Journal zu führen. Die B. sei als Grossaktionärin der A. AG von Anfang an in das Neubauprojekt involviert gewesen. G., Genossenvogt und Verantwortlicher des Ressorts Baurecht, sei gleichzeitig Verwaltungsrat der A. AG und Mitglied der Seilbahnbaukommission gewesen. Sowohl er als auch der Betriebsleiter der B., D., seien im Besitz des Notfallkonzepts gewesen. D. habe sich an den darin festgehaltenen Verhaltensregeln und Einschätzungen betreffend Lawinengefahr orientiert. Die B. erscheine im Projekt-Adressverzeichnis als Verantwortliche für die Schneeräumung im Gebiet Chäszug/Kälti und als Spezialistin im Bereich Forst. Die Forststrasse habe jeweils geräumt werden müssen, damit die am Seilbahnbau mitwirkenden Arbeiter zu ihrem Einsatzort am Berg gelangen konnten. Zwischen der A. AG und den am Seilbahnbau beteiligten Unternehmen habe eine (werk-)vertragliche Beziehung bestanden. Die B. sei jeweils für "ausserhalb des Werkvertrags anfallende Arbeiten" im Rahmen ihrer Möglichkeiten beigezogen worden. Auch ohne schriftlichen Vertrag sei sie der Bauleitung unterstellt gewesen. Die Mitarbeiter der B. hätten damit eine Stellung analog jener der werkvertraglich gebundenen Unternehmen eingenommen. Die Sicherungspflicht habe sich deshalb auch gegenüber ihnen entfaltet. Der Beschwerdeführer habe diese Pflicht effektiv wahrgenommen und im Bedarfsfall die im Eigentum der B. stehende Forststrasse gesperrt.
BGE 141 IV 249 S. 253
1.3
Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst gegen die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen in Zusammenhang mit der Garantenstellung. Er rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und die Verletzung des Grundsatzes in dubio pro reo. Zudem macht er geltend, die Vorinstanz setze sich mit seinen Einwänden nicht auseinander und verletze damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.
1.3.1
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt zugrunde (
Art. 105 Abs. 1 BGG
), es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG
(vgl.
Art. 97 Abs. 1 und
Art. 105 Abs. 2 BGG
). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (
BGE 139 II 404
E. 10.1 mit Hinweisen; vgl. zum Willkürbegriff:
BGE 138 I 305
E. 4.3 mit Hinweis). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (
Art. 106 Abs. 2 BGG
). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (
BGE 140 III 264
E. 2.3 mit Hinweisen).
Das rechtliche Gehör nach
Art. 29 Abs. 2 BV
verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des von einem Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und in seiner Entscheidfindung berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (
BGE 139 IV 179
E. 2.2;
BGE 138 IV 81
E. 2.2; je mit Hinweis).
1.3.2
Konkret bringt der Beschwerdeführer vor, gewisse Unternehmen hätten schriftlich bestätigt, das Notfallkonzept erhalten und ihre Mitarbeiterüber die Verhaltensregeln instruiert zu haben. Eine unterschriftliche Bestätigung der B. liege nicht vor. Zudem seien die Unternehmen, für welche das Notfallkonzept gelten sollte, mit Verschüttetengeräten und Schaufeln für ihre Mitarbeiter ausgestattet worden, was sich ebenfalls aus dem Notfallkonzept ergebe. Im Gegensatz dazu sei die B. von der A. AG nicht mit entsprechendem Material ausgerüstet worden. Diese Tatsachen würden von der Vorinstanz nicht berücksichtigt.
Bereits die erste Instanz stellte fest, die Unternehmer hätten schriftlich bestätigt, das Notfallkonzept erhalten und ihre Mitarbeiter
BGE 141 IV 249 S. 254
entsprechend instruiert zu haben. Der B. sei kein Notfallkonzept zugesandt worden. Deshalb habe sie auch kein solches unterzeichnet. Die Vorinstanz wiederholt diese Feststellungen zwar nicht explizit, setzt sie jedoch bei ihren weiteren Erwägungen voraus, indem sie ausführt, trotz Fehlens jedwelcher schriftlicher Vereinbarungen hätten die Mitarbeiter der B. eine Stellung analog jener der werkvertraglich gebundenen Unternehmen eingenommen, weshalb die im Notfallkonzept festgehaltene Pflicht zur Gewährleistung der Lawinensicherheit auch ihnen gegenüber Wirkung entfaltet habe. Auf das Argument der fehlenden Ausrüstung mittels Schaufeln und Lawinenverschüttetengeräten geht die Vorinstanz nicht ein. Dabei handelt es sich denn auch nicht um ein ausschlaggebendes Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob eine Garantenpflicht bestand. Ob dem Beschwerdeführer gegenüber den Mitarbeitern der B. trotz fehlender schriftlicher Bestätigung eine Garantenstellung zukam, wird noch zu prüfen sein (vgl. E. 1.4).
1.3.3
Der Beschwerdeführer wendet ein, bei den Mitarbeitern der B. handle es sich um Spezialisten. Sie seien ortskundig und hätten die Gefahrenbeurteilung am Stanserhorn seit Jahren selbständig vorgenommen. Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Die B. wurde im Projektadressverzeichnis als Spezialistin im Bereich Forst aufgelistet. Dass sie überdies in einem weiteren Gebiet, nämlich der Lawinensicherung spezialisiert gewesen sein soll, wird von der Vorinstanz nicht festgestellt. Zur Untermauerung seines Einwandes verweist der Beschwerdeführer auf verschiedene Aktenstellen. Daraus kann er jedoch nichts zu seinen Gunsten ableiten. In den erwähnten Einvernahmen bestätigen die Mitarbeiter der B. zwar, oft am Stanserhorn zu arbeiten. Gleichzeitig sagten sie aber auch aus, im Unfallgebiet würden sie sich zu dieser Jahreszeit normalerweise nicht aufhalten, da es zu gefährlich sei.
1.3.4
Ebenfalls im Rahmen seiner Sachverhaltsrügen bringt der Beschwerdeführer vor, um eine Garantenpflicht effektiv wahrnehmen zu können, hätte er über geplante Einsätze und Arbeiten am Berg informiert werden müssen. Dies sei nicht der Fall gewesen. Die B. habe eigene Einschätzungen der Lawinengefahr vorgenommen und dementsprechend selber über ihre Einsätze entschieden. Bezeichnenderweise habe D. ausgesagt, er habe in jenem Winter mehrmals entschieden, dass ein Einsatz zu gefährlich sei. Diese Argumentation betrifft weniger die Sachverhaltsfeststellung als vielmehr die Beurteilung der Garantenstellung an sich, weshalb darauf später (E. 1.4.2) einzugehen sein wird.
BGE 141 IV 249 S. 255
1.3.5
Die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fallen zwar eher knapp aus. Inwiefern diese willkürlich sein sollen, ist dennoch nicht ersichtlich. Die Vorinstanz legt die entscheidrelevanten Punkte dar. Es ist nicht erforderlich, sich mit jedem einzelnen Einwand des Beschwerdeführers zu befassen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht ersichtlich. Es erübrigt sich damit, bezüglich der erwähnten Punkte auf die Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft näher einzugehen.
1.4
Das Bundesgericht prüft mit voller Kognition, ob die Vorinstanz gestützt auf ihre tatsächlichen Feststellungen zu Recht vom Bestand einer Garantenpflicht ausgeht.
1.4.1
Vorab ist festzuhalten, dass sich das Unglück auf dem Grundstück der B. ereignete. Sie war mithin Eigentümerin der Gefahrenquelle. Zweifellos besteht die Möglichkeit, die Sicherung einer Gefahrenquelle auf dem eigenen Grundstück auf vertraglicher Basis (partiell) auf eine Drittperson zu übertragen (vgl. dazu DONATSCH/TAG, Verbrechenslehre, 9. Aufl. 2013, S. 315 f.). Nach der herrschenden Lehre entsteht die Garantenpflicht sodann nicht schon durch die Vereinbarung als solche, sondern erst durch die faktische Übernahme der Stellung (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Die Straftat, 4. Aufl. 2011, § 14 N. 16; TRECHSEL/JEAN-RICHARD, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, Trechsel/Pieth [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 12 zu
Art. 11 StGB
; KURT SEELMANN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 34 zu
Art. 11 StGB
; je mit Hinweisen).
1.4.2
Der Beschwerdeführer wird im Notfallkonzept vom 1. Dezember 2011 als Verantwortlicher für die Lawinensicherheit im Gebiet Kälti/Bluematt aufgeführt. Das Notfallkonzept wurde den am Seilbahnbau beteiligten Unternehmen zugeschickt. Von einigen Unternehmen wurde eine schriftliche Bestätigung der Kenntnisnahme sowie der Instruktion ihrer Mitarbeiter eingefordert. Eine entsprechende Bestätigung der B. liegt nicht vor. Weshalb die A. AG von einigen Unternehmen eine schriftliche Erklärung einforderte, nicht jedoch von der B., und was damit beabsichtigt wurde, geht aus dem vorinstanzlichen Urteil nicht hervor. Dies kann offenbleiben. Fest steht, dass die Verantwortlichen der B., insbesondere D. und G., im Besitz des Notfallkonzepts waren. Gemäss den Erwägungen der Vorinstanz bestanden mit der B. zwar nicht die gleichen vertraglichen Beziehungen wie mit den werkvertraglich gebundenen
BGE 141 IV 249 S. 256
Unternehmen. Die Kommunikation wurde auf einer informelleren Ebene geführt. Jedoch führt die Vorinstanz treffend aus, die B. sei von Anfang an in das Bauprojekt involviert gewesen und für unterschiedliche Arbeiten beigezogen worden. Sie habe daher eine ähnliche Stellung wie die Werkunternehmer eingenommen. Diese Umstände sprechen für den Bestand einer Garantenpflicht. Als weiteres Kriterium kann die bereits erwähnte Unterscheidung zwischen Sicherungs- und Überwachungspflichten sowie Obhuts- und Schutzpflichten herangezogen werden. Im zu beurteilenden Fall bestand die Pflicht darin, die Lawinensituation in einem bestimmen Gebiet zu beurteilen und die Lawinensicherheit zu gewährleisten. Damit standen Sicherungs- und Überwachungspflichten im Vordergrund. Diese beinhalten in der Regel die Sicherung einer Gefahrenquelle zum Schutz unbestimmt vieler Rechtsgüter. Weshalb die Mitarbeiter der B. von diesem Schutz ausgenommen sein sollen, leuchtet nicht ein.
Der Beschwerdeführer wendet ein, die Vorinstanz gehe zu Unrecht von einer faktischen Übernahme der Garantenstellung aus. Die Mitarbeiter der B. hätten eine eigene Beurteilung der Lawinengefahr vorgenommen und selbständig über ihre Einsätze entschieden. Insbesondere hätten sie vorgängig jeweils keine Rücksprache mit ihm genommen. Zu beurteilen ist damit die Frage, wann von einer faktischen Übernahme der Garantenstellung gesprochen werden kann. Dem vorinstanzlichen Urteil ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer die Strasse vor dem Unglück bereits mehrmals gesperrt hatte. Dabei kann nicht entscheidend sein, ob der Beschwerdeführer eine der Eigentümerin gegenüber im zivilrechtlichen Sinne wirksame Sperrung der Strasse vornehmen konnte. Ausschlaggebend ist, ob er die Betroffenen jeweils über die Lawinengefahr informierte und in diesem Sinne die Strasse sperrte, was der Fall war. Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass der Beschwerdeführer geplant hatte, eine Lawinensprengung vorzunehmen. Gestützt auf die erwähnten Umstände geht die Vorinstanz zu Recht von einer faktischen Übernahme der Garantenstellung aus.
Zweifellos wäre es sinnvoll gewesen, die B. hätte vorgängig Rücksprache mit dem Beschwerdeführer genommen. Dies war jedoch, wie der Beschwerdeführer selbst ausführt, nicht vorgesehen. Grundsätzlich ist es gerade die Aufgabe eines Sicherheitsverantwortlichen, die Betroffenen gegebenenfalls über allfällige Gefahren zu informieren und geeignete Sicherheitsvorkehrungen zu veranlassen. Genau dieses Unterlassen wird dem Beschwerdeführer von der
BGE 141 IV 249 S. 257
Vorinstanz letztlich vorgeworfen. Dass die Mitarbeiter der B. zusätzlich eigene Abklärungen bezüglich der Lawinengefahr trafen, entbindet grundsätzlich nicht von einer solchen Pflicht.
Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, er habe die Lawinengefahr nicht besser beurteilen können als D. Er habe über keine praktische Erfahrung in diesem Bereich verfügt. Zudem liege seine Lawinenausbildung bereits 20 Jahre zurück. Dieses Vorbringen vermag den Beschwerdeführer nicht zu entlasten, da er sich ein Übernahmeverschulden vorwerfen lassen muss (vgl. Urteil 6S.404/1996 vom 22. August 1996 E. 1c mit Hinweisen).
1.5
Zusammenfassend verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, indem sie die Garantenpflicht gegenüber den Mitarbeitern der B. bejaht.
| null |
nan
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de
| 2,015 |
CH_BGE
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CH_BGE_006
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Federation
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Urteilskopf
103 IV 36
9. Urteil des Kassationshofes vom 4. Februar 1977 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
|
Regeste
Art. 251,
Art. 335 Ziff. 2 StGB
.
Kann eine zur Steuerhinterziehung verwendete gefälschte Urkunde objektiv auch anderen als steuerlichen Zwecken dienen, wie das bei einer Quittung der Fall ist, so bleibt
Art. 251 StGB
anwendbar.
|
Sachverhalt
ab Seite 36
BGE 103 IV 36 S. 36
X. deklarierte im Zusammenhang mit der Steuererklärung 1971, die er am 5. Juli 1973 beim Steueramt der Stadt Zürich eingereicht hat, sein Bruttoeinkommen mit Fr. 29'150.--. Als Beweismittel legte er ein Schreiben des Trust Y. vom 16. Januar 1971 bei, in welchem dieser bestätigte, für im Jahre 1970 zugewiesene Liegenschaftsgeschäfte von X. aus einer Gesamtprovision von Fr. 116'600.-- einen Anteil von 75%, entsprechend Fr. 87'450.--, ausbezahlt erhalten zu haben, sich ferner bereit erklärte, ihm auch im Jahre 1971 Liegenschaftsgeschäfte zuzuweisen, es aber ablehnte, seinen Provisionsanteil auf 35% zu erhöhen. X. waren vom Trust Y. in Wirklichkeit keine Liegenschaftsgeschäfte zugewiesen worden; die aufgeführten Provisionen von Fr. 116'600.-- hatte er ohne dessen Mitwirkung
BGE 103 IV 36 S. 37
verdient und sie waren ihm auch uneingeschränkt zugekommen. Dadurch wollte er bei der Steuerbehörde bewirken, dass er ein um Fr. 87'450.-- geringeres Bruttoeinkommen deklarieren konnte, was zur Folge gehabt hätte, dass der von X. zu versteuernde Betrag für die Jahre 1971 und 1972 um je Fr. 22'430.90 geringer ausgefallen wäre.
Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich verurteilte X. am 28. Januar 1976 wegen Urkundenfälschung und versuchten Steuerbetrugs zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 3 Monaten und zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 4'000.--.
Auf Berufung des Beschuldigten sprach das Obergericht des Kantons Zürich diesen am 25. Mai 1976 zwar ebenfalls der Urkundenfälschung und des versuchten Steuerbetruges schuldig, setzte jedoch die Freiheitsstrafe auf zwei Monate Gefängnis und die Busse auf Fr. 3'000.-- herab.
Eine von X. gegen dieses Urteil ergriffene kantonale Kassationsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 25. Oktober 1976 ab.
X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung von der Anklage der Urkundenfälschung, eventuell Schuldigerklärung wegen untauglichen Versuchs der Urkundenfälschung.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich schliesst auf Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Der Beschwerdeführer beruft sich zur Stützung der von ihm in seiner Eingabe vorgetragenen Rechtserörterungen auf ein bei Prof. G. eingeholtes Rechtsgutachten vom 16. August 1976, das er vorlegt und auf dessen Ausführungen er verweist. Dieses Gutachten hat nicht die Feststellung des Sachverhaltes und die Beweisführung, sondern ausschliesslich Fragen der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes zum Gegenstand. Es ist daher kein unzulässiges neues Beweismittel im Sinne von
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
und somit beachtlich (vgl.
BGE 94 II 9
mit Verweisungen).
2.
Der Beschwerdeführer macht in erster Linie geltend, dem Schreiben des Trust Y. vom 16. Januar 1971 fehle die Beweiseignung.
BGE 103 IV 36 S. 38
Eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen ist eine Schrift geeignet, wenn ihr diese Beweiseignung durch Gesetz oder Verkehrsübung zuerkannt wird (
BGE 101 IV 278
/279). Quittungen insbesondere besitzen, wenn nicht schon nach Gesetz (
Art. 88 OR
), jedenfalls nach der Verkehrsübung Beweiseignung, sobald sie in die Hand des Schuldners gelangt sind (
BGE 101 IV 279
).
Beim fraglichen Schreiben handelt es sich, soweit darin bestätigt wird, der Trust Y. habe vom Beschwerdeführer aus ihm zugewiesenen Liegenschaftsgeschäften als seinen Anteil von 75% der Gesamtprovision Zahlungen im Umfange von insgesamt Fr. 87'450.-- erhalten, sowohl dem Inhalte wie der Form nach um eine Quittung. Als Quittung im Sinne von
Art. 88 Abs. 1 OR
gilt jede vom Gläubiger unterzeichnete Bescheinigung des Empfangs einer geschuldeten Geldzahlung (OSER, N 2 zu
Art. 88 OR
), gleichgültig ob diese sogleich oder erst nachträglich, für jede einzelne Zahlung gesondert oder für mehrere oder sämtliche Zahlungen gemeinsam oder endlich als Gesamtquittung neben bereits bestehenden Einzelquittungen erteilt wird. Das Schreiben des Trust Y. war daher, dem Beschwerdeführer einmal übergeben, für die darin genannten Zahlungen beweisgeeignet. Diese Beweiseignung erstreckte sich weil die Quittung nicht abstrakt lautete, sondern den Rechtsgrund der Zahlung ausdrücklich nannte, auch auf diesen. Hatte der Beschwerdeführer aus den Gesamtprovisionen von Fr. 116'600.-- zur Tilgung seiner Verpflichtung aus den ihm vom Trust zugewiesenen Liegenschaftsgeschäften Fr. 87'450.-- an diesen abgeführt, so konnten ihm von diesen Provisionen lediglich Fr. 29'150.-- verbleiben, wie das aufgrund der Aufschlüsselung der Provisionsanteile aus dem fraglichen Schreiben ersichtlich war. Der Schein, dass der Trust Y. dem Beschwerdeführer Liegenschaftsgeschäfte zugehalten, für diese eine Provisionsaufteilung von 75% und 25% verabredet und aus dieser Vereinbarung die vom Beschwerdeführer durch Zahlung getilgte Schuldverpflichtung entstanden war, wurde durch die Beifügung zur erteilten Quittung wesentlich verstärkt, der Trust sei gerne bereit, dem Beschwerdeführer auch im Jahre 1971 Liegenschaftsgeschäfte zuzuweisen, müsse aber das Ansuchen, seinen Provisionsanteil auf 35% zu erhöhen, leider ablehnen.
3.
Die weitere Rüge des Beschwerdeführers, es liege bloss
BGE 103 IV 36 S. 39
ein untauglicher Versuch der Urkundenfälschung vor, welche auf der Annahme fehlender Beweiseignung des Schreibens des Trust Y. vom 16. Januar 1971 gründet, erweist sich nach dem vorstehend Ausgeführten als nicht stichhaltig. Soweit der Beschwerdeführer ferner in Zweifel zu ziehen versucht, dass die subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Urkundenfälschung gegeben seien, geschieht das grundlos. Die Vorinstanz ist von einem rechtlich zutreffenden Begriff des Vorsatzes gemäss
Art. 251 Ziff. 1 StGB
(vgl.
BGE 101 IV 58
E. 3 mit Verweisen) ausgegangen und hat dessen einzelne Elemente als nachgewiesen betrachtet. Weil sie den innern Sachverhalt und damit tatsächliche Verhältnisse betreffen, sind diese Feststellungen für den Kassationshof verbindlich (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
).
4.
Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, sein Verhalten sei ausschliesslich auf die Anschuldigung des versuchten Steuerbetrugs zu beschränken, und nicht auch auf diejenige der Urkundenfälschung auszudehnen.
Die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage der Anwendbarkeit von
Art. 251 StGB
beurteilt sich im Verhältnis zum kantonalen Steuerstrafrecht (
Art. 335 Ziff. 2 StGB
). Was diese Bestimmung anbelangt, hat der Kassationshof gefolgert, dass das kantonale Steuerstrafrecht als Sonderrecht dem gemeinen Strafrecht vorgeht und für dessen Anwendung keinen Raum lässt, sofern die Tat ausschliesslich begangen wurde, um kantonale Steuervorschriften zu umgehen (
BGE 101 IV 57
E. 1b mit Verweisungen). Es wurde jedoch hervorgehoben, dass dort, wo der Schrift von Gesetzes wegen oder ihrer Natur nach eine besondere Beweisbestimmung zukommt, wie das beispielsweise bei der privaten Buchhaltung der Fall ist, diese objektive Bestimmung der Urkunde (
BGE 79 IV 163
) massgebend ist und nicht das Motiv des Täters.
Es steht fest, dass das Schreiben vom 16. Januar 1971 nach der Auffassung des Beschwerdeführers in erster Linie für die Steuerbehörde bestimmt war. Die Vorinstanz zieht indes die Aussage des Zeugen F. heran und stellt diesbezüglich fest, die genannte Bestätigung des Trust Y. habe der Beschwerdeführer als Beleg für dessen Buchhaltung verlangt; der Beschuldigte führe zwar keine Buchhaltung im üblichen Sinne, sondern schreibe sich das Nötigste einfach auf Zetteln auf. Dieser Umstand vermag aber nichts daran zu ändern, dass die Bestätigung objektiv, ihrer Natur nach, nicht ausschliesslich ein
BGE 103 IV 36 S. 40
Steuerbeleg war, sondern auch der besonderen Art der Buchhaltung des Beschwerdeführers als Quittung dienen konnte und im übrigen als solche nach der Verkehrsübung allgemein zum Beweis geeignet war. Der Inhalt der Bestätigung enthält auch keinen Hinweis darauf, dass die Provisionsangelegenheit nur für die Steuerbehörde bestimmt sei. Als Quittung konnte die Bescheinigung auch dafür geeignet sein, in anderen als steuerlichen Belangen verwendet zu werden, um die darin behaupteten geschäftlichen Beziehungen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Trust darzutun. Unter diesen Umständen handelt es sich bei der Bestätigung vom 16. Januar 1971 nicht um eine Urkunde, deren Fälschung und Gebrauch zur Täuschung ausschliesslich nach kantonalem Steuerstrafrecht zu ahnden wäre. Vielmehr ist
Art. 251 StGB
anwendbar. Insoweit hat demnach die Vorinstanz Bundesrecht nicht verletzt.
5.
Die Rüge, es liege ein besonders leichter Fall einer Urkundenfälschung gemäss
Art. 251 Ziff. 3 StGB
vor, ist nicht begründet. Bei der Abgrenzung der privilegierten von den einfachen Fällen ist ein strenger Massstab anzulegen,
Art. 251 Ziff. 3 StGB
also nicht leichthin anzuwenden (
BGE 71 IV 216
E. 2). Um besonders leicht zu sein, hätte das inkriminierte Verhalten des Beschwerdeführers in objektiver wie in subjektiver Hinsicht Bagatellcharakter aufweisen müssen. Das ist jedoch nicht der Fall, zumal der Beschwerdeführer mit Hilfe des fraglichen Schreibens der Steuerpflicht im Umfange von jährlich mehr als Fr. 20'000.-- zu entgehen versuchte.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
| null |
nan
|
de
| 1,977 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4816ffd-d86c-4edc-bb09-033ff7c288b7
|
Urteilskopf
121 III 69
19. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. März 1995 i.S. Firma X. AG gegen Bank Y. (Berufung)
|
Regeste
Art. 1112 OR
. Grobfahrlässige Entgegennahme eines Checks vom Nichtberechtigten.
Begriff des Abhandenkommens im Sinne von
Art. 1112 OR
(E. 3a).
Ansprüche des Berechtigten gegen die Bank, die bösgläubig oder grobfahrlässig einen Check vom Nichtberechtigten entgegengenommen hat (E. 3b).
Prüfungs- und Erkundigungspflichten der Bank bei der Entgegennahme von Checks; Begriff der groben Fahrlässigkeit im Sinne von
Art. 1112 OR
(E. 3c).
Prüfungspflicht bei der Kontoeröffnung (E. 3d).
Berücksichtigung von Umständen, für die der Berechtigte einzustehen hat (E. 4).
|
Sachverhalt
ab Seite 70
BGE 121 III 69 S. 70
A.-
Am 29. April 1988 liess F., der Geschäftsleiter und nachmalige Verwaltungsratsdelegierte der Firma X. AG, bei der Bank Y. ein Kontokorrent mit der Bezeichnung "Firma X. Datensysteme F." eröffnen, das er ab 27. März 1990 unter der Bezeichnung "Firma X. Datensysteme AG" weiterführen liess. Diesem Konto liess F. Checks von Kunden der Firma X. AG gutschreiben. Zu Lasten des Kontos bezahlte er private Rechnungen und tätigte er Barbezüge. Da F. die Bankpost an seine Privatadresse senden liess und die Kundenzahlungen bei der Firma X. AG nicht verbuchte, entdeckte diese seine betrügerischen Machenschaften erst anfangs September 1990.
B.-
Die Firma X. AG wirft der Bank Y. vor, Sorgfaltspflichten verletzt zu haben, und belangt sie für ihren Schaden. Am 24. Februar 1994 hiess das Handelsgericht des Kantons Aargau die Klage der Firma X. AG teilweise gut und verpflichtete die Bank Y., der Klägerin Fr. 27'631.30 nebst Zins zu 8 3/4% seit 31. März 1990 zu bezahlen.
C.-
Gegen das handelsgerichtliche Urteil hat die Klägerin Berufung, die Beklagte Anschlussberufung eingelegt.
Das Bundesgericht heisst beide Rechtsmittel teilweise gut und weist die Streitsache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Zu prüfen bleibt, ob die Beklagte zu Schadenersatz verpflichtet ist, weil sie Checks von Kunden der Klägerin, die F. veruntreut hatte,
BGE 121 III 69 S. 71
entgegengenommen und dem von diesem eröffneten Konto gutgeschrieben hat. In Frage stehen zwei Checks der Firma Z. AG über Fr. 24'474.90 und Fr. 6'199.20 sowie ein Check der Firma C. über Fr. 3'718.80, die alle an die Order der Klägerin lauteten. Die entsprechenden Gutschriften erfolgten am 20. April 1988, am 5. Mai 1988 und am 23. Mai 1990.
Auszugehen ist von der Vorschrift von
Art. 1112 OR
. Danach ist der Erwerber eines "irgendwie abhanden gekommenen" Checks zu dessen Herausgabe nur verpflichtet, wenn er ihn in bösem Glauben erworben hat oder ihm beim Erwerb eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.
a) Der Begriff des Abhandenkommens im Sinne von
Art. 1112 OR
ist weiter als jener des
Art. 935 ZGB
und umfasst alle Fälle, in denen ein Check ohne rechtswirksamen Begebungsvertrag in fremde Hände gelangt (ZIMMERMANN, Kommentar des Schweizerischen Scheckrechts, N. 22 zu Art. 1112; OR-WIDMER, N. 5 zu Art. 1112). Abhanden kommt ein Check deshalb auch, wenn er - wie im vorliegenden Fall - von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht veräussert wird (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 18. Aufl. 1993, N. 3 zu Art. 21).
b) Die Bank, die einen Check bösgläubig oder grobfahrlässig vom Nichtberechtigten entgegennimmt, hat ihn, wie Art. 1112 bestimmt, dem Berechtigten herauszugeben, wird diesem aber in analoger Anwendung von
Art. 940 Abs. 1 ZGB
auch für Schaden ersatzpflichtig. Das gilt insbesondere auch für die Erwerbseinbusse, die dem Berechtigten aus dem Checkverlust entsteht, wenn die Bank - wovon im vorliegenden Fall auszugehen ist - zufolge Weiterveräusserung des Checks zu dessen Herausgabe gar nicht mehr in der Lage ist (OR-WIDMER, N. 9 zu Art. 1112; ZIMMERMANN, a.a.O., N. 7 ff. zu
Art. 1112 OR
; JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, Wertpapierrecht, S. 288 Anm. 13; vgl. auch
BGE 84 II 253
E. 2 S. 260). Sollte die Beklagte bösgläubig gewesen oder grobfahrlässig gehandelt haben, so hat sie der Klägerin demnach die Checksummen zu ersetzen.
c) Da nur grobe Fahrlässigkeit den gutgläubigen Checkerwerb ausschliesst, braucht die Bank, der ein Check zur Einlösung eingereicht wird, der Berechtigung des Einreichers grundsätzlich nicht näher nachzugehen. Der Umfang ihrer Prüfungspflicht ergibt sich bei Orderchecks zunächst aus
Art. 1110 OR
. Nach dieser Bestimmung gilt als rechtmässiger Inhaber eines Orderchecks, wer sein Recht durch eine ununterbrochene Reihe von Indossamenten nachweisen kann. Die Bank hat deshalb zunächst nur zu prüfen,
BGE 121 III 69 S. 72
ob der Check ordnungsgemäss an den Veräusserer indossiert worden ist. Diese Prüfung braucht sich dabei weder auf die Echtheit der einzelnen Unterschriften noch auf die Rechtsgültigkeit der früheren Begebungsakte, sondern nur auf das äussere Bild einer geschlossenen Indossamentenkette zu beziehen (ZIMMERMANN, a.a.O., N. 7 zu Art. 1110; vgl. auch
Art. 1121 OR
; ferner
BGE 99 Ia 1
E. 1, S. 3; OR-GRÜNINGER/HUNZIKER/NOTTER, N. 4 zu Art. 1006; ZK-JÄGGI, N. 175 zu
Art. 967 OR
).
Eine weitergehende Erkundigungspflicht trifft die Bank nur, soweit besondere Umstände den Verdacht fehlender Berechtigung des Einreichers nahelegen. Angesichts des Massenverkehrs mit Checks hat die Bank von vornherein nur begrenzte Prüfungsmöglichkeiten. Es darf ihr deshalb nicht zugemutet werden, sämtliche Checkeinlösungen eingehend zu prüfen. Verdachtsmomente, die jedem sorgfältigen Bankier hätten auffallen müssen, darf die Bank aber nicht übergehen. Liegen sie vor, sind vielmehr entsprechende Abklärungen zu treffen, will sich die Bank nicht dem Vorwurf grober Fahrlässigkeit aussetzen (JÄGGI/DRUEY/VON GREYERZ, a.a.O., S. 287; OR-WIDMER, N. 6 zu Art. 1112). Ob und welche Abklärungen erforderlich sind, entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Massgebend ist, was der Bank bekannt ist oder bekannt sein sollte.
Ein Verdachtsgrund, der näherer Abklärung ruft, ergibt sich insbesondere, wenn die Bank weiss oder wissen müsste, dass der Checkeinreicher Kundenchecks seiner Arbeitgeberin auf einem Konto gutschreiben lässt, das ersichtlich Privatzwecken dient. Die Bank kann diesfalls nicht, ohne dass ihr grobes Verschulden zur Last fällt, vom Einverständnis der Arbeitgeberin ausgehen, dass ihr Angestellter Kundenchecks zu seinen Gunsten einziehen lässt (BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 15).
d) Um eine missbräuchliche Benutzung von Bankkonten zu verhindern, ist die Bank verpflichtet, bei der Eröffnung eines Kontos die Identität des Kunden zu überprüfen und sich, wenn die Umstände darauf hinweisen, zu erkundigen, ob der Kunde für einen Dritten als wirtschaftlich Berechtigten handelt (
Art. 2 und 3 VSB
; URS ZULAUF, Gläubigerschutz und Vertrauensschutz - zur Sorgfaltspflicht der Bank im öffentlichen Recht der Schweiz, ZSR 128/1994 II, S. 474 ff.). Diese zunächst öffentlichrechtliche Pflicht hat Rückwirkungen auf das Privatrecht (ZULAUF, a.a.O., S. 410 f.; NOBEL, Bemerkungen zum Verhältnis von Zivil- und Aufsichtsrecht im Bankbereich, in FS Engel 1989, S. 252). Pflichtwidrigkeiten bei der Kontoeröffnung können
BGE 121 III 69 S. 73
dazu führen, dass der Bank Umstände unbekannt bleiben, die ihr die Einreichung von Checks als verdächtig hätten erscheinen lassen müssen (BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 18). Besondere Sorgfalt drängt sich dann auf, wenn der Kunde gleichzeitig mit der Kontoeröffnung einen Check einreicht und den gutzuschreibenden Betrag sogleich bar wieder abhebt (vgl. BAUMBACH/HEFERMEHL a.a.O., N. 13 und 18).
e) Entscheidend ist demnach insbesondere, ob die Beklagte wusste oder bei pflichtgemässer Identifizierung ihres Kunden anlässlich der Kontoeröffnung hätte wissen müssen, dass F. Checks von Kunden seiner Arbeitgeberin einlöste. Dazu fehlen jedoch tatsächliche Feststellungen im angefochtenen Urteil ebenso wie zu weiteren Umständen, die im Hinblick auf die Prüfungspflicht der Beklagten von Bedeutung sind. Das Handelsgericht stellt lediglich fest, dass die Beklagte zu wiederholten Malen Checks, die ausdrücklich zugunsten der "Firma X. Datensysteme AG, 8953 Dietikon" lauteten, dem Konto "Firma X. Datensysteme F." mit Adresse in Ennetbaden bzw. Spreitenbach gutgeschrieben hat, trotz Firmenstempels der Klägerin auf der Rückseite der Checks. Das Bundesgericht verfügt daher nicht über hinreichende tatbeständliche Grundlagen, um beurteilen zu können, ob die Beklagte bei der Entgegennahme der Checks grob fahrlässig gehandelt hat. Das führt dazu, dass die Streitsache gestützt auf
Art. 64 Abs. 1 OG
zur Ergänzung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen ist.
4.
Der Schadenersatzanspruch gemäss
Art. 1112 OR
in Verbindung mit
Art. 940 Abs. 1 ZGB
kann in Anwendung von
Art. 44 Abs. 1 OR
herabgesetzt werden, wenn Umstände zur Schadensverursachung beigetragen haben, für die der Geschädigte einzustehen hat (vgl.
BGE 84 II 263
E. 5 S. 264; ZK-HOMBERGER, N. 9 zu
Art. 940 ZGB
; BK-STARK, N. 15a zu
Art. 940 ZGB
). Sollte die Beklagte wegen grobfahrlässiger Entgegennahme der drei von F. vorgelegten Checks haften, so muss sich die Klägerin daher eine Herabsetzung ihres Schadenersatzanspruchs gefallen lassen, wenn und soweit sie den Schaden mitzuverantworten hat.
a) Das Handelsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Klägerin im Rahmen von
Art. 44 Abs. 1 OR
auch für das Verhalten von F. einzustehen hat, auf dessen Straftaten ihr Schaden in erster Linie zurückzuführen ist (vgl.
BGE 61 II 184
E. 3 S. 187 f.). Ob sich dies, wie die Vorinstanz annimmt, auf eine Organhaftung der Klägerin im Sinne von
Art. 55 ZGB
stützen lässt,
BGE 121 III 69 S. 74
erscheint allerdings als zweifelhaft. Eine solche Haftung würde voraussetzen, dass F. bei der Einlösung der Checks als Organ der Klägerin und nicht bloss als Privatperson aufgetreten ist (
BGE 101 Ib 422
E. 5b S. 436 f. mit Hinweisen). Wie es sich damit verhalten hat, wird jedoch - jedenfalls hinsichtlich der Checks, die vor der "Umschreibung" des Kontos auf die Klägerin eingelöst worden sind - aus den Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht klar. Eine Berücksichtigung des Verhaltens von F. zu Lasten der Klägerin rechtfertigt sich aber auch, wenn die Voraussetzungen einer Organhaftung nicht gegeben sein sollten. Eine juristische Person hat die Gefahr, dass die von ihr bestellten Organpersonen ihr Schaden zufügen, grundsätzlich selbst zu tragen, und zwar auch insoweit, als sie diese Gefahr nicht schuldhaft herbeigeführt oder erhöht hat (vgl. BK-BREHM, N. 43 ff. zu
Art. 44 OR
).
b) Wieweit zusätzlich ein Selbstverschulden der Klägerin wegen mangelhafter Organisation ihrer Firma und ungenügender Überwachung ihres Verwaltungsratsdelegierten F. ins Gewicht fällt (vgl. dazu BAUMBACH/HEFERMEHL, a.a.O., N. 7), lässt sich aufgrund des angefochtenen Urteils nicht abschliessend beurteilen. Die Feststellungen der Vorinstanz zu den massgeblichen Umständen erscheinen als unvollständig. Im weitern ist zu beachten, dass für die Bemessung des Schadenersatzes im Rahmen von
Art. 44 Abs. 1 OR
auch das Verschulden der Beklagten, soweit es zu bejahen sein sollte (E. 3 hievor), von Bedeutung ist. Wie dieses Verschulden zu gewichten ist, steht aber ebenfalls noch nicht fest. Die Streitsache ist deshalb auch hinsichtlich der Frage, wieweit der Schadenersatzanspruch der Klägerin nach
Art. 44 Abs. 1 OR
herabzusetzen ist, zur Vervollständigung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen (
Art. 64 Abs. 1 OG
).
| null |
nan
|
de
| 1,995 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f48271e0-37d5-4eca-9f7c-e07c97c4382a
|
Urteilskopf
101 IV 332
78. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Juni 1975 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
|
Regeste
Art. 91 Abs. 3 SVG
.
Wer als Strassenbenützer eine Blutprobe vereitelt, mit der er ernsthaft rechnet, macht sich strafbar, ob er nun aus Furcht vor einer Bestrafung wegen angetrunkenen Fahrens, aus übertriebener Scheu vor der Blutentnahme oder aus einem andern Beweggrund handelt.
|
Erwägungen
ab Seite 332
BGE 101 IV 332 S. 332
Aus den Erwägungen:
X. bestreitet, sich zur Zeit der Tat seiner Angetrunkenheit bewusst gewesen zu sein. Eine Bestrafung wegen Vereitelung der Blutprobe setze jedoch dieses Bewusstsein des Täters voraus.
Die Auffassung des X. ist unrichtig. Auch wer darüber im Zweifel ist, ob er die Grenze des Erlaubten allenfalls bereits überschritten habe, kann sich einer drohenden Blutprobe, deren Ergebnis er fürchtet, zu entziehen suchen. Tatbestandsmerkmal des
Art. 91 Abs. 3 SVG
ist jedoch auch dieser Umstand nicht. Wer als Strassenbenützer eine Blutprobe vereitelt, mit der er ernsthaft rechnet, macht sich strafbar, ob er nun aus Furcht vor einer Bestrafung wegen angetrunkenen Fahrens, aus übertriebener Scheu vor der Blutentnahme oder aus einem anderen Beweggrund handelt.
| null |
nan
|
de
| 1,975 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4893338-b39a-418f-ae98-d96c1007c2f2
|
Urteilskopf
116 Ia 135
24. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 3 août 1990 dans la cause L. contre Jura, Chambre d'accusation du Tribunal cantonal (recours de droit public)
|
Regeste
Art. 4, 58 BV
; Ablehnung eines Richters und eines Experten.
1. Durch
Art. 58 Abs. 1 BV
garantierter Schutz (E. 2).
2. Ablehnung eines im Rahmen der Verhandlungsvorbereitung gestellten und anlässlich der Gerichtsverhandlung wiederholten Beweisantrags durch den Gerichtspräsidenten. Die Gesuchsverweigerung ist kein Grund zur Ablehnung des Gerichtspräsidenten (E. 3b).
3. Strafgericht, das von einem ausserordentlichen, sonst den Anwaltsberuf ausübenden Richter präsidiert wird. Dieser Präsident scheint befangen, wenn er als Anwalt ein bedeutendes Bankinstitut als Klienten hat und dieses ein erhebliches finanzielles Interesse an einem mit dem Strafverfahren konnexen Geschäft hat (E. 3c).
4. Verwirkung des Rechts auf Ablehnung eines Experten (E. 4).
|
Sachverhalt
ab Seite 136
BGE 116 Ia 135 S. 136
Accusé de divers délits qu'il aurait commis alors qu'il était administrateur de la société Excelsior SA, déclarée en faillite, L. a été renvoyé devant le Tribunal correctionnel du district de Delémont.
Au cours de la préparation des débats, l'accusé a demandé au président extraordinaire du Tribunal correctionnel, Me X., avocat, de citer sept témoins et d'ordonner deux expertises. En outre, il a demandé la récusation des auteurs d'un rapport d'expertise déposé au cours de l'instruction. Le président a décidé d'entendre certains des témoins; pour le surplus, il a rejeté les réquisitions de l'accusé.
L'affaire a été appointée au 6 décembre 1989. A l'ouverture des débats, L. a renouvelé ses réquisitions. Examinées à titre de questions incidentes, le Tribunal correctionnel les a également rejetées. Il a jugé que les demandes de mesures probatoires étaient prématurées et qu'elles devraient, au besoin, être renouvelées au cours des débats; au contraire, la demande de récusation a été tenue pour tardive.
Estimant que ces décisions violaient la loi, L. a pris le Tribunal correctionnel à partie (cf.
art. 59 CPP
jur.). Il a en outre demandé la récusation du président extraordinaire X. au motif que le comportement de celui-ci lui donnait l'apparence de la prévention. L'audience du Tribunal correctionnel a été levée.
La Chambre d'accusation du Tribunal cantonal du canton du Jura a rejeté la demande de récusation et la prise à partie par arrêts du 31 janvier et du 1er février 1990, respectivement.
L. a déposé deux recours de droit public pour violation des
art. 58 Cst.
et 6 ch. 1 CEDH, dirigés chacun contre l'un de ces arrêts.
Alors que l'affaire était pendante devant la Chambre d'accusation, L. a saisi cette autorité d'une seconde demande de récusation dirigée contre le président X. Il faisait valoir que la masse en faillite Excelsior SA exerce une action civile contre lui, fondée sur les mêmes faits que l'action pénale, que la Banque
BGE 116 Ia 135 S. 137
cantonale du Jura, créancière de la faillie pour des montants importants, est intéressée à l'issue de cette procédure et que cet établissement bancaire est actuellement client de Me X. Il soutenait qu'en raison de cette situation, en sus des motifs déjà invoqués, ce dernier ne peut pas participer au jugement de la cause pénale.
La Chambre d'accusation a également rejeté cette demande. Son arrêt, rendu le 13 février 1990, a fait l'objet d'un troisième recours de droit public, fondé sur les mêmes droits constitutionnels.
L'instruction a établi que Me X. représente la Banque cantonale du Jura dans deux procès en cours, et que l'un des employés supérieurs de cette banque lui a aussi attribué un mandat, actuellement terminé.
Dans la mesure où ils étaient recevables, le Tribunal fédéral a rejeté les recours formés contre les arrêts du 31 janvier et du 1er février 1990; il a admis celui qui était dirigé contre l'arrêt du 13 février 1990 et il a annulé ce dernier prononcé.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
a) La garantie du juge naturel (
art. 58 Cst.
) permet au plaideur de s'opposer à une application arbitraire des règles cantonales sur l'organisation et la composition des tribunaux, qui comprennent les prescriptions relatives à la récusation des juges (
ATF 105 Ia 174
consid. 3a,
ATF 98 Ia 359
consid. 2).
b) Cette garantie permet aussi, indépendamment du droit cantonal, d'exiger la récusation d'un juge dont la situation ou le comportement est de nature à faire naître un doute sur son impartialité; elle tend notamment à éviter que des circonstances extérieures à la cause ne puissent influencer le jugement en faveur ou au détriment d'une partie. Elle n'impose pas la récusation seulement lorsqu'une prévention effective du juge est établie, car une disposition interne de sa part ne peut guère être prouvée; il suffit que les circonstances donnent l'apparence de la prévention et fassent redouter une activité partiale du magistrat. Seules des circonstances constatées objectivement doivent être prises en considération; les impressions purement individuelles d'une des parties au procès ne sont pas décisives (
ATF 115 Ia 175
consid. 3, 226 consid. 5,
ATF 114 Ia 53
consid. 3b).
c) A l'encontre d'un expert, le justiciable ne peut pas invoquer l'
art. 58 Cst.
Il peut seulement exiger une application du droit cantonal exempte d'arbitraire, ainsi que le respect des garanties
BGE 116 Ia 135 S. 138
minimums d'indépendance et d'impartialité assurées par l'
art. 4 Cst.
(cf.
ATF 114 V 62
consid. a in fine, 112 Ia 147 consid. d).
d) Toutes ces prétentions se périment lorsque le plaideur procède devant un juge, ou tolère le concours d'un expert, alors qu'il a déjà connaissance de faits qui pourraient justifier une demande de récusation. En effet, l'intéressé accepte ainsi, de manière tacite, que la personne récusable exerce néanmoins ses fonctions (
ATF 114 Ia 280
consid. e, 350;
ATF 112 Ia 340
consid. c).
e) L'
art. 6 ch. 1 CEDH
ne confère pas une protection plus étendue que la garantie d'un juge indépendant et impartial assurée directement par l'
art. 58 Cst.
(
ATF 115 Ia 226
consid. 5,
ATF 114 Ia 53
consid. a,
ATF 113 Ia 63
consid. a). Il en est de même de l'
art. 28 CPP
jur., prévoyant que tout juge est récusable s'il existe des faits propres à faire naître la méfiance sur son impartialité.
3.
a) Le recourant soutient qu'en rejetant avant les débats des réquisitions dont le bien-fondé était prétendument évident, le président X. aurait manifesté sa partialité en faveur de la partie adverse.
En principe, des erreurs de procédure ou d'appréciation commises par un juge ne suffisent pas à fonder objectivement un soupçon de prévention. Seules des erreurs particulièrement lourdes ou répétées, qui doivent être considérées comme des violations graves de ses devoirs, peuvent avoir cette conséquence. En effet, la fonction judiciaire oblige le magistrat à se déterminer sur des éléments souvent contestés et délicats. Même si elles se révèlent viciées, des mesures inhérentes à l'exercice normal de la charge du juge ne permettent pas de suspecter celui-ci de partialité. En outre, c'est aux juridictions de recours normalement compétentes qu'il appartient de constater et de redresser les erreurs éventuellement commises; le juge de la récusation ne saurait donc examiner la conduite du procès à la façon d'une instance d'appel (
ATF 114 Ia 158
consid. bb).
Le président du Tribunal correctionnel est chargé de prendre, pour le jour des débats, toutes les mesures qu'exige l'administration des preuves; en particulier, il désigne les témoins à entendre et, s'il l'estime indispensable, il cite également les experts. Chaque partie peut lui demander, avec motifs à l'appui, de citer d'autres témoins encore, et de prendre toute autre mesure relative à la preuve. Le président statue librement sur l'utilité des preuves requises; les demandes rejetées peuvent être renouvelées aux débats (
art. 234, 235 al. 1 et 2 CPP
jur.).
BGE 116 Ia 135 S. 139
Les décisions critiquées ont ainsi été prises dans le cadre tracé par la loi. Elles n'ont nullement privé l'accusé de son droit d'offrir des preuves, car ce droit peut être exercé jusqu'à la clôture des débats, qui sont au besoin ajournés (
art. 254 CPP
jur.). Même s'il fallait admettre que des mesures différentes eussent été préférables pour les motifs exposés dans le recours, les décisions en cause ne constitueraient pas une violation grave des devoirs du président, qui soit l'expression d'une prévention contre L. C'est en vain que ce dernier reproche au président X. d'avoir indiqué à une personne qui n'était pas mentionnée dans la réquisition de preuves, mais qui avait été interrogée par le Juge d'instruction, que sa comparution aux débats était exigée par l'accusé. La réquisition tendait à l'audition "de tous les témoins déjà entendus en instruction, ou du moins la majorité de ceux-ci"; cette ambiguïté explique la déclaration du président. Celle-ci ne dénote en tout cas aucune partialité.
b) Le recourant conteste qu'après avoir rejeté les demandes qui lui avaient été présentées, le président pût valablement participer à la décision du Tribunal correctionnel relative aux mêmes demandes, renouvelées à l'ouverture des débats.
Un juge a une apparence de prévention et peut donc être récusé sur la base de l'
art. 58 Cst.
s'il a déjà participé à des décisions dans l'affaire qui fait l'objet du procès, pour autant qu'il ait alors pris position au sujet de certaines questions de manière telle qu'il ne semble plus exempt de préjugés. On peut craindre, en effet, que ce juge ne projette dans la procédure en cours les opinions qu'il a déjà acquises, voire déjà émises, à propos de l'affaire, qu'il ne résolve les questions à trancher selon ces opinions et, surtout, qu'il ne discerne pas des questions que se poserait un juge non prévenu.
L'
art. 58 Cst.
exige donc de vérifier que l'issue de la cause ne soit pas prédéterminée, en dépit de la participation du juge à une décision préalable, et qu'elle demeure au contraire indécise relativement à la constatation des faits et à la solution des questions juridiques à résoudre. Il faut notamment examiner les fonctions procédurales que le juge a été appelé à exercer lors de son intervention antérieure, prendre en considération les questions successives à trancher à chaque stade de la procédure et mettre en évidence leur éventuelle analogie ou leur interdépendance, ainsi que l'étendue de pouvoir de décision du juge à leur sujet. Il peut aussi se justifier de prendre en considération l'importance de chaque décision pour la suite de l'affaire (
ATF 115 Ia 37
consid. aa;
ATF 114 Ia 57
consid. d, 145 consid. c).
BGE 116 Ia 135 S. 140
Conformément à la loi, la réquisition de preuve présentée par L. a fait l'objet de deux décisions successives. La première a été prise par le président statuant seul; la seconde a été adoptée par le Tribunal correctionnel, avec la participation du président. L'objet des décisions et le pouvoir d'examen des magistrats étaient exactement identiques; en particulier, ils appréciaient librement, par anticipation, les preuves proposées. Le président avait ainsi, lors de la décision du tribunal, une opinion préformée qui portait exactement sur les questions à trancher.
Cependant, les décisions respectives du président et du Tribunal correctionnel ne sont pas prises dans le même contexte. Le président statue uniquement sur la base du dossier constitué par le Juge d'instruction. Il ne dispose que de preuves et de déclarations qu'il n'a pas recueillies lui-même. Au surplus, il n'a pas la possibilité d'interroger l'accusé et de l'inviter à prendre position de façon détaillée sur les preuves déjà rassemblées, et à préciser les motifs de sa réquisition. La situation est tout à fait différente devant le tribunal, qui entend directement les témoins et les experts. Toutes les preuves peuvent alors faire l'objet d'une discussion contradictoire, en présence de l'accusé et des autres parties, de sorte que le tribunal est en mesure d'apprécier ces preuves d'une manière plus nuancée et plus complète. Il peut en résulter que des preuves supplémentaires demandées par l'accusé, qui paraissaient superflues à l'examen du dossier, se révèlent opportunes au cours des débats. Ceux-ci peuvent d'ailleurs être rouverts après que les parties ont plaidé, pour l'administration de nouvelles preuves (GÉRARD PIQUEREZ, Traité de procédure pénale bernoise et jurassienne, tome II, ch. 848).
Le président du tribunal, au moment où il délibère et statue avec les autres juges sur des demandes de mesures probatoires, est ainsi placé dans une situation complètement différente de la préparation des débats. La décision à prendre n'a qu'une similitude purement théorique avec celle qu'il a rendue auparavant. L'opinion qu'il a déjà acquise relativement à la réquisition de preuves ne saurait l'empêcher de réexaminer cette requête d'une façon exempte de parti pris, en considérant la cause telle qu'elle lui est apparue à l'audience. La décision du tribunal n'est donc pas prédéterminée par celle du président, de sorte que la participation de ce dernier n'est pas contraire à l'
art. 58 Cst.
Le rôle du président est étroitement analogue à celui d'un juge qui connaît deux fois de l'action pénale, d'abord dans une procédure par défaut, puis, après
BGE 116 Ia 135 S. 141
qu'une demande de relief a été admise, à l'issue de débats ordinaires; or, le Tribunal fédéral a jugé que cette participation répétée est compatible avec l'
art. 58 Cst.
(
ATF 116 Ia 35
consid. b).
En revanche, les décisions successives sur la récusation d'un expert ne présentent guère de différence. D'ordinaire, les débats n'influencent pas le sort de cette question; en l'espèce, le Tribunal correctionnel l'a d'ailleurs tranchée définitivement, d'entrée de cause. Le président aurait sans doute pu considérer que la demande dirigée contre l'expert sortait du cadre de la réquisition de preuves prévue par l'
art. 235 al. 1 CPP
jur., et réserver d'emblée la décision du tribunal; il aurait ainsi évité que sa propre récusation ne pût éventuellement être requise. Cependant, de toute manière, L. a renouvelé sa demande alors qu'il connaissait, évidemment, la décision du président; il est donc déchu du droit d'invoquer cette prise de position à l'appui d'une demande de récusation (consid. 2d).
c) Dès qu'il en a été informé, L. s'est prévalu des liens professionnels existant entre le président X. et la Banque cantonale du Jura, créancière de la masse en faillite Excelsior SA. La somme des créances ordinaires produites envers la faillie s'élève à environ 3'800'000 francs, dont plus de 1'000'000 francs qui restent dus à la Banque cantonale du Jura après réalisation de ses gages. La masse en faillite réclame 500'000 francs à l'ancien administrateur, en raison des faits qui font l'objet de la poursuite pénale. Le cas échéant, et pour autant que les créanciers privilégiés aient déjà été satisfaits, plus du quart du montant payé par L. profiterait à la Banque cantonale du Jura. Celle-ci a donc un intérêt pécuniaire important au succès de l'action civile qui est exercée par la masse en faillite, et qui est étroitement connexe à l'action pénale.
Par ailleurs, la banque et l'un de ses dirigeants sont actuellement ou ont été les clients de Me X.
Le recourant se réfère à l'
art. 27 al. 1 ch. 6 et 9 CPP
jur., prévoyant qu'un juge est récusable s'il occupe ou a occupé dans la cause comme avocat ou représentant, ou si certains de ses parents ou alliés ont un procès avec l'une des parties. Or, la Chambre d'accusation n'est pas tombée dans l'arbitraire en jugeant qu'aucune de ces hypothèses n'est réalisée.
Néanmoins, une entreprise telle que la banque cantonale est souvent un client important pour l'avocat chargé de la représenter, en raison du nombre, de l'ampleur et de l'intérêt des mandats qu'il
BGE 116 Ia 135 S. 142
peut en espérer si les relations d'affaires existant entre eux se poursuivent. C'est pourquoi il est possible que l'avocat soit tenté, même en dehors de l'exercice de son mandat, si l'occasion s'en présente, d'agir d'une façon propre à maintenir son client dans des dispositions favorables envers lui. Au regard de ces circonstances, L. est fondé à craindre que le président du Tribunal correctionnel, qui est avocat, ne se trouve placé dans un conflit opposant l'intérêt d'une administration impartiale de la justice à l'intérêt d'un de ses clients importants, et qu'il ne se laisse influencer par cette dernière tendance. En d'autres termes, l'accusé a des raisons objectives de redouter un jugement partial, destiné à favoriser la Banque cantonale du Jura.
Sa demande de récusation aurait donc dû être admise; il est sans importance que la banque ne soit pas partie aux procès pénal et civil en cours contre lui. Il est également indifférent que les mandats de la banque actuellement confiés à Me X. soient dépourvus de tout rapport avec ces procès. L'arrêt du 13 février 1990 se révèle contraire à l'
art. 58 Cst.
; il doit être annulé.
4.
Les critiques dirigées contre les experts sont fondées, essentiellement, sur la manière dont ceux-ci ont accompli leur mission.
Un rapport d'expertise a été déposé le 22 avril 1987. L. a présenté, par écrit, de nombreuses critiques; celles-ci ont donné lieu à un rapport complémentaire déposé le 30 novembre 1987. C'est au plus tard en consultant ce dernier document que le prévenu a eu connaissance de tous les faits et circonstances qu'il invoque pour récuser les auteurs de l'expertise. Il ne les a fait valoir que le 13 novembre 1989, quand il a su que l'un des experts serait entendu à l'audience du Tribunal correctionnel. Rien ne l'empêchait d'agir plus tôt; en particulier, il importait peu que le mandat d'expertise fût terminé. Il aurait pu récuser les experts devant le Juge d'instruction, pour que celui-ci ordonnât, au besoin, une autre expertise. Au lieu de cela, il a laissé le Juge d'instruction continuer l'enquête sur la base des rapports tenus pour viciés, et il a aussi toléré que ces documents fussent pris en considération par l'instance compétente pour ordonner son renvoi devant le Tribunal correctionnel. Ce comportement a entraîné la péremption du droit de récusation qui pouvait éventuellement être exercé sur la base du droit cantonal ou de l'
art. 4 Cst.
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public_law
|
nan
|
fr
| 1,990 |
CH_BGE
|
CH_BGE_002
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CH
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Federation
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f48935bc-507a-483f-9397-70a446179717
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Urteilskopf
110 V 145
24. Arrêt du 26 juin 1984 dans la cause Rastello et Délégation permanente de la Commission des Communautés européennes auprès des organisations internationales contre Caisse cantonale genevoise de compensation et Commission genevoise de recours en matière d'AVS
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Regeste
Art 84 Abs. 1 AHVG
und
Art. 103 lit. a OG
. Verfügung, mittels welcher eine Ausgleichskasse die Rückerstattung von Beiträgen anordnet, welche zu Unrecht von Personen bezahlt wurden, die der AHV als Versicherte ohne beitragspflichtigen Arbeitgeber unterstellt worden sind. Der Arbeitgeber der betreffenden Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, sich gegen eine solche Verfügung zu beschweren (Erw. 2a-c).
Art. 97 AHVG
und
Art. 128 AHVV
. Eine Verfügung, die einer Person oder Organisation zugestellt wird, die nicht befugt ist, sie in Empfang zu nehmen, muss als nichtig betrachtet werden (Erw. 2d).
Art. 1 Abs. 2 lit. a AHVG
, Art. 33 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, Art. 7 des schweizerisch-französischen Abkommens über Soziale Sicherheit. Ein französischer Staatsangehöriger, der in der Schweiz berufstätig ist und kraft des Art. 7 des Abkommens der Gesetzgebung dieses Landes untersteht, ist nur im Rahmen dieser Gesetzgebung versichert. Infolgedessen kann er, wenn er im Genusse diplomatischer Vorrechte und Befreiungen oder besonderer steuerlicher Vergünstigungen steht, der AHV nicht unterstellt werden, selbst wenn er nicht im Dienste seines Heimatstaates steht (Erw. 3).
Art. 16 Abs. 3 AHVG
. Beiträge, die von nicht beitragspflichtigen Personen zu Unrecht bezahlt worden sind, müssen zurückerstattet werden. Weil
Art. 16 Abs. 3 AHVG
nur die versicherten Personen betrifft, beträgt die absolute Verjährungsfrist grundsätzlich zehn und nicht fünf Jahre (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 4a).
Art. 4 BV
, Grundsatz von Treu und Glauben. Schutz des guten Glaubens einer Person, die AHV-Beiträge entrichtet hat, obwohl sie kraft des
Art. 1 Abs. 2 lit. a AHVG
nicht versichert und daher nicht beitragspflichtig war (Erw. 4b-d).
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Sachverhalt
ab Seite 146
BGE 110 V 145 S. 146
A.-
A la suite d'un accord intervenu en 1966 entre l'Office fédéral des assurances sociales et la Délégation permanente de la
BGE 110 V 145 S. 147
Commission des Communautés européennes auprès des organisations internationales, à Genève (ci-après la Délégation), plusieurs employés de nationalité étrangère travaillant au service de celle-ci ont été affiliés à la Caisse cantonale genevoise de compensation en qualité d'assurés dont l'employeur n'est pas tenu de payer des cotisations au sens de l'
art. 6 LAVS
. Ultérieurement, en juillet 1976, un "compte collectif" fut ouvert auprès de ladite caisse, au nom de la Délégation, sur lequel les cotisations des salariés concernés furent versées par l'intermédiaire de cette dernière.
Par décision du 1er juillet 1982, la caisse de compensation précitée a signifié à la Délégation qu'à l'occasion d'une révision du "compte collectif", elle avait constaté que trois ressortissants étrangers, dont Liliane Rastello, au bénéfice de privilèges et d'immunités diplomatiques ou d'exemptions fiscales particulières n'étaient, en réalité, pas soumis à l'obligation d'assurance. En conséquence, les cotisations versées pour leur compte depuis 1976 devaient leur être restituées. Pour ces trois personnes, le montant total à rembourser s'élevait à Fr. ...
Le 1er juillet 1982 également, la caisse de compensation rendit une autre décision par laquelle elle notifia à Liliane Rastello, qui est de nationalité française, qu'elle n'était pas assujettie à l'AVS en vertu de l'
art. 1er al. 2 let. a LAVS
et qu'un montant de Fr. ... versé en 1975 au titre de cotisations AVS/AI/APG lui serait restitué, tandis que les cotisations indûment payées pour les années 1976 à 1980 seraient remboursées directement à son employeur, avec lequel l'intéressée était invitée à "prendre contact". En réalité, Liliane Rastello n'était plus au service de la Délégation, son engagement - qui avait débuté en 1975 - ayant pris fin en 1980.
B.-
Par jugements séparés du 4 novembre 1982, la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS a rejeté les recours formés par la Délégation d'une part et Liliane Rastello d'autre part contre les décisions du 1er juillet 1982. Elle a considéré, en bref, que c'était à la suite d'une erreur administrative que les employés en question avaient été affiliés à l'AVS, nonobstant le texte clair de l'
art. 1er al. 2 let. a LAVS
, de sorte que la caisse de compensation avait à juste titre décidé de leur restituer les cotisations correspondantes, le principe de la bonne foi devant, par ailleurs, céder le pas à une réglementation spéciale résultant impérativement et directement de la loi.
C.-
La Délégation et Liliane Rastello interjettent recours de droit administratif. La première conclut à l'annulation du
BGE 110 V 145 S. 148
jugement entrepris et prend des conclusions qui tendent à faire reconnaître la qualité d'assurés aux membres de la Délégation titulaires du statut diplomatique, subsidiairement à maintenir leurs droits acquis et plus subsidiairement à faire restituer par la caisse de compensation la totalité des cotisations versées à tort. Quant à Liliane Rastello, elle conclut également à l'annulation du prononcé cantonal et au maintien de son affiliation à l'AVS durant la période pendant laquelle elle a cotisé.
L'Office fédéral des assurances sociales propose d'admettre le recours interjeté par Liliane Rastello et d'en faire de même pour celui formé par la Délégation, mais seulement dans la mesure où les cotisations versées jusqu'à la décision du 1er juillet 1982 doivent être reconnues formatrices de rentes. L'autorité fédérale de surveillance est d'avis, en effet, que les intéressés doivent être protégés dans leur bonne foi.
D.-
En cours d'instruction, le juge délégué a invité la Direction des organisations internationales du Département fédéral des affaires étrangères à le renseigner sur le statut, en Suisse, de la Délégation et de ses employés, du point de vue du droit international public, et les parties ont eu l'occasion de se déterminer sur la réponse du Département.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Etant donné que les deux recours concernent des faits de même nature et posent les mêmes questions matérielles, il se justifie de les joindre et de les trancher par un seul arrêt (
ATF 105 V 129
consid. 2b; voir également
ATF 108 V 192
consid. 1).
2.
a) Aux termes d'une décision prise le 14 juillet 1964 par le Conseil fédéral, dans le cadre de ses compétences constitutionnelles (
art. 102 ch. 8 Cst.
), pièce produite par le Département fédéral des affaires étrangères en procédure fédérale, la Délégation est assimilée aux délégations permanentes des Etats membres des organisations internationales et bénéficie, par conséquent, des mêmes privilèges et immunités que lesdites délégations permanentes (voir en outre MÉNÉTREY, Le statut fiscal des représentations diplomatiques et consulaires et de leur personnel, RDAF 34/1978 p. 4 ch. 124). Sous l'angle de l'AVS, elle n'est donc, en principe, pas soumise à l'obligation de payer des cotisations en tant qu'employeur (
art. 12 al. 3 LAVS
et 33 RAVS). Ce point n'est d'ailleurs pas contesté puisqu'il ressort clairement de la décision
BGE 110 V 145 S. 149
signifiée le 1er juillet 1982 à la Délégation par la caisse intimée que les cotisations litigieuses ont été calculées au taux applicable aux cotisations des assurés dont l'employeur n'est pas tenu d'en payer (
art. 6 LAVS
, 3 LAI, 27 al. 2 LAPG et 23a RAPG), soit 8,9% de 1976 à 1978 et 9,4% pour 1979 et 1980. Ne sont donc pas en cause, dans la présente procédure, des cotisations paritaires dont la moitié aurait été payée par la Délégation en vertu de son obligation légale d'employeur (
art. 13 LAVS
), mais des cotisations individuelles versées par les employés de cette dernière. Peu importe à cet égard que, pour des raisons administratives, la caisse de compensation ait ouvert un "compte collectif" sur lequel la Délégation payait les contributions prélevées sur le salaire des intéressés; celles-ci n'en devenaient pas pour autant des cotisations paritaires au sens de la loi. Il en va de même de la circonstance que la Délégation versait, semble-t-il, une "part patronale", comme cela paraît résulter du mémoire de recours de Liliane Rastello. Les arrangements existant à ce sujet relèvent du droit privé et ne modifient en rien la nature juridique des versements qui ont été effectués. De toute évidence, la Délégation n'a agi en l'espèce qu'en qualité de mandataire de ses employés de nationalité étrangère que la caisse de compensation tenait pour assurés obligatoires.
C'est donc à tort que la caisse intimée à considéré la Délégation comme destinataire de la décision du 1er juillet 1982, dès lors que celle-ci n'avait pas pour objet de régler un rapport juridique entre l'administration de l'AVS et la Délégation (voir DTA 1983 No 9 p. 38 ss; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2e éd., p. 132-133). Cet acte administratif était destiné, en réalité, à Liliane Rastello et aux deux autres ressortissants étrangers concernés. C'est pourquoi la caisse de compensation devait notifier à chaque intéressé personnellement une décision lui indiquant le montant des cotisations qu'elle entendait lui restituer avec, en raison des circonstances, une copie pour information à la Délégation. Mais, en l'espèce, seule Liliane Rastello a reçu une telle décision à titre personnel, ce qui s'explique par le fait que, dans son cas, la caisse entendait lui rembourser, en sus des cotisations versées de 1976 à 1980 par l'intermédiaire de son employeur, celles qu'elle avait payées personnellement pour l'année 1975.
b) Le problème se pose donc de savoir si la Délégation, qui n'avait pas qualité pour recevoir la décision litigieuse, était néanmoins habilitée, en tant que tiers, à recourir contre celle-ci et, par conséquent, si c'est à juste titre que les premiers juges sont
BGE 110 V 145 S. 150
entrés en matière sur son recours. Bien que cette question n'ait pas été abordée par la juridiction cantonale et qu'elle ne soit soulevée ni par les parties ni par l'autorité fédérale de surveillance, le Tribunal fédéral des assurances examine d'office les conditions dont dépend la qualité pour recourir; si l'autorité de première instance a ignoré qu'une condition mise à l'examen du fond du litige par le juge faisait défaut et a statué sur le fond, c'est un motif pour le tribunal, saisi de l'affaire, d'annuler d'office le jugement en question (voir GYGI, op.cit., p. 73, et les arrêts cités par cet auteur, notamment
ATF 107 Ib 229
,
ATF 104 Ib 312
,
ATF 103 Ib 150
,
ATF 102 V 152
consid. 4).
c) Selon l'
art. 84 al. 1 LAVS
, les décisions prises par les caisses de compensation en vertu de la LAVS peuvent être attaquées par les intéressés, par voie de recours, dans les trente jours à partir de leur notification; le même droit appartient aux parents en ligne ascendante et descendante ainsi qu'aux frères et soeurs de celui qui prétend avoir droit à la rente. Les intéressés au sens de cette disposition sont les personnes atteintes par la décision attaquée et qui ont un intérêt digne de protection à ce qu'elle soit modifiée ou annulée, conformément à l'
art. 103 let. a OJ
, en principe applicable, par analogie, à la procédure cantonale de recours dans le domaine de l'AVS (cf.
ATF 101 V 123
, 99 V 167, 98 V 54; RCC 1979 p. 124).
La jurisprudence considère comme intérêt digne de protection, au sens de l'
art. 103 let. a OJ
, tout intérêt pratique ou juridique à demander la modification ou l'annulation de la décision attaquée que peut faire valoir une personne atteinte par cette dernière. L'intérêt digne de protection consiste ainsi en l'utilité pratique que l'admission du recours apporterait au recourant ou, en d'autres termes, dans le fait d'éviter un préjudice de nature économique, idéale, matérielle ou autre que la décision attaquée lui occasionnerait (
ATF 109 V 59
et les arrêts cités).
Dans le cas particulier, on ne voit pas quel préjudice la restitution des cotisations versées par les employés visés par la décision litigieuse occasionnerait à la Délégation. En tant que telle, celle-ci ne possède, pas plus que les communautés d'Etats qu'elle représente auprès des organisations internationales, aucun droit, même virtuel, contre les trois institutions d'assurance auxquelles des cotisations ont été versées. Seuls les employés concernés ont des prétentions à faire valoir dans ces trois régimes et ce sont eux seulement qui sont fondés à demander l'intervention du juge des
BGE 110 V 145 S. 151
assurances sociales s'ils estiment que la mesure prise à leur encontre les lèse, notamment en leur faisant perdre le bénéfice de l'assurance qu'ils croyaient avoir acquis. Mais un intérêt digne de protection n'existe pas pour la Délégation, même si le remboursement des cotisations en question est de nature à lui causer des "difficultés" dans ses relations avec les agents intéressés, comme l'a écrit le 22 juillet 1982 à la caisse intimée le Directeur général du personnel et de l'administration de la Commission des Communautés européennes. A cet égard, la présente affaire diffère de l'espèce jugée dans l'arrêt publié aux
ATF 106 V 219
, où le Tribunal fédéral des assurances a admis la qualité pour recourir de l'employeur d'un travailleur victime d'un accident et auquel la Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents contestait la qualité d'assuré. Certes, il s'agissait également d'un problème concernant l'affiliation à une assurance sociale, mais, dans ce cas, les cotisations légales de l'employeur étaient aussi en cause (cf.
ATF 106 V 224
consid. 4). On relèvera en outre, à ce sujet, que l'assurance-accidents obligatoire libère l'employeur, ainsi que ses parents et auxiliaires, de leur responsabilité civile à l'égard de l'assuré victime d'un accident que son auteur n'a pas causé intentionnellement ou par faute grave (
art. 44 al. 2 LAA
et ancien
art. 129 al. 2 LAMA
), alors que les régimes AVS/AI/APG ont été institués dans l'intérêt des seuls assurés et non pas dans le but de décharger leurs employeurs d'une quelconque obligation juridique. Dès lors, s'il est possible que la restitution décidée par l'administration soit de nature à provoquer des désagréments pour la Délégation, cela ne suffit pas à conférer à celle-ci la qualité pour recourir au sens des principes ci-dessus exposés. Les premiers juges n'auraient donc pas dû entrer en matière sur son recours et le jugement qu'ils ont rendu à son endroit doit être annulé d'office.
d) Pour autant, cela ne signifie pas que la décision notifiée le 1er juillet 1982 à la Délégation soit valide. En effet, lorsque l'autorité administrative notifie une décision à une personne ou à un organisme qui n'avait pas qualité pour la recevoir, ou qu'elle omet de la communiquer à l'un des intéressés à un rapport de droit bilatéral, le vice qui affecte sa décision sur le plan formel est si fondamental qu'il conduit à admettre la nullité absolue de cette décision (
ATF 101 II 152
; KNAPP, Précis de droit administratif, 2e éd., No 570, p. 135). Tel est bien le cas en l'espèce. Non seulement, ainsi qu'on l'a vu, la Délégation n'avait aucune qualité pour
BGE 110 V 145 S. 152
recevoir la décision litigieuse, sinon à titre de pure information, mais de plus, à l'exception de Liliane Rastello, les autres personnes à qui cette décision s'adressait en vérité ne l'ont pas reçue et n'ont pu en avoir connaissance que d'une manière indirecte, ce qui les a empêchées, notamment, d'exercer leur droit de recours. Le fait que ces personnes ont été appelées à se déterminer en qualité d'intéressés en procédure fédérale n'est pas de nature à guérir le vice originaire de l'acte administratif en cause. Par conséquent, il y a lieu d'en constater, également d'office, la nullité (cf.
ATF 107 V 248
consid. 1b).
3.
Liliane Rastello (ci-après: la recourante) a, pour sa part, un intérêt digne de protection à obtenir l'annulation ou la modification du jugement entrepris (
art. 103 let. a OJ
;
ATF 109 V 59
). Il convient donc d'entrer en matière sur son recours et d'examiner en premier lieu si c'est à juste titre qu'elle a été soumise à l'AVS pendant la période durant laquelle elle a été au service de la Délégation, soit entre 1975 et 1980.
a) Selon l'
art. 1er al. 2 let. a LAVS
, ne sont pas assurés les ressortissants étrangers qui bénéficient de privilèges et d'immunités diplomatiques ou d'exemptions fiscales particulières. L'
art. 1er let
. c RAVS considère comme tels les membres des délégations étrangères auprès des organisations internationales ayant leur siège en Suisse, ainsi que les familles de ces personnes.
b) Bien que la Convention de Vienne sur les relations diplomatiques, du 18 avril 1961, en vigueur pour la Suisse depuis le 24 avril 1964 (RS 0.191.01), ne lie pas les Communautés européennes en tant que telles, pas plus que d'autres institutions interétatiques, car elle n'est ouverte qu'à la signature des Etats (art. 48; voir également MÉNÉTREY, Les privilèges fiscaux des fonctionnaires internationaux, RDAF 29/1973 p. 233), il résulte de la décision du Conseil fédéral du 14 juillet 1964 déjà mentionnée que les membres des délégations permanentes des Etats ou de certaines institutions, telles que les Communautés européennes, auprès des organisations internationales ayant leur siège en Suisse, bénéficient des mêmes privilèges et immunités et des mêmes exemptions fiscales que les agents diplomatiques qui sont membres des missions des Etats signataires de la Convention de Vienne (cf. également MÉNÉTREY, RDAF 29/1973 p. 310 ss).
c) L'art. 33 de ladite convention dispose ce qui suit:
"1. Sous réserve des dispositions du paragraphe 3 du présent article l'agent diplomatique est, pour ce qui est des services rendus à l'Etat
BGE 110 V 145 S. 153
accréditant, exempté des dispositions de sécurité sociale qui peuvent être en vigueur dans l'Etat accréditaire.
2. L'exemption prévue au paragraphe 1 du présent article s'applique également aux domestiques privés qui sont au service exclusif de l'agent diplomatique, à condition:
a. qu'ils ne soient pas ressortissants de l'Etat accréditaire ou n'y aient pas leur résidence permanente; et
b. qu'ils soient soumis aux dispositions de sécurité sociale qui peuvent être en vigueur dans l'Etat accréditant ou dans un Etat tiers.
3. L'agent diplomatique qui a à son service des personnes auxquelles l'exemption prévue au paragraphe 2 du présent article ne s'applique pas doit observer les obligations que les dispositions de sécurité sociale de l'Etat accréditaire imposent à l'employeur.
4. L'exemption prévue aux paragraphes 1 et 2 du présent article n'exclut pas la participation volontaire au régime de sécurité sociale de l'Etat accréditaire pour autant qu'elle est admise par cet Etat.
5. Les dispositions du présent article n'affectent pas les accords bilatéraux ou multilatéraux relatifs à la sécurité sociale qui ont été conclus antérieurement et elles n'empêchent pas la conclusion ultérieure de tels accords."
Il est constant que la recourante était titulaire, pendant la durée de son engagement au service de la Délégation, de la carte de légitimation délivrée par le Département fédéral des affaires étrangères aux membres du personnel diplomatique (carte "C", dite aussi "carte rose"; cf. MÉNÉTREY, RDAF 29/1973 p. 232, et BOURGNON, FJS 831b, Statut juridique des missions et des membres des missions diplomatiques étrangères en Suisse, p. 5). Il n'est dès lors pas douteux qu'en vertu de l'
art. 1er al. 2 let. a LAVS
et de l'
art. 1er let
. c RAVS, elle ne pouvait, durant la période litigieuse, être affiliée à l'AVS, car elle jouissait du statut assimilé à celui d'un agent diplomatique et était au surplus expressément exemptée, à ce titre, des dispositions de sécurité sociale en vigueur en Suisse, cela en vertu de l'art. 33 précité, qui lui était applicable par analogie. Il convient de rappeler en outre que la possibilité, réservée par le paragraphe 4 de la disposition susmentionnée, d'une participation volontaire au régime de la sécurité sociale de l'Etat accréditaire n'existe pas s'agissant de la Suisse. En effet, la seule forme d'assurance volontaire que connaît le droit de l'AVS est l'assurance facultative des ressortissants suisses résidant à l'étranger, aux conditions fixées par l'
art. 2 LAVS
.
Par ailleurs, la recourante ne pouvait pas non plus être admise à cotiser à l'AVS en vertu de conventions bilatérales de sécurité sociale réservées par le paragraphe 5 de l'art. 33 de la Convention de Vienne. Lorsqu'elle est entrée au service de la Délégation, en
BGE 110 V 145 S. 154
1975, les relations franco-suisses dans le domaine de la sécurité sociale étaient encore régies par la convention entre la Suisse et la France relative à l'AVS, conclue le 9 juillet 1949 et entrée en vigueur le 1er janvier 1948. Par la suite, à dater du 1er novembre 1976, cet accord international a été remplacé par la convention de sécurité sociale franco-suisse conclue le 3 juillet 1975. La première de ces conventions partait du principe de la soumission à la législation du pays du lieu de travail, qui découlait des art. 3 et 4 et qui fut confirmé par l'art. 4bis, introduit par un avenant du 14 avril 1961 (RO 1961, 666). Ce principe fut repris aux art. 3 et 7 al. 1 de la convention de 1975; de même que sous l'empire de l'accord précédent, il souffre des exceptions, notamment en ce qui concerne les agents diplomatiques. Certes, une semblable exception n'entre en l'occurrence pas en considération - sous le nouveau régime conventionnel en tout cas - du moment que Liliane Rastello était au service d'une organisation internationale et non de son pays d'origine (cf. art. 9 al. 1 de la convention de 1975). Il n'en reste pas moins vrai que la règle générale de la soumission à la législation du lieu de travail ne saurait aller à l'encontre de la réglementation applicable. C'est pourquoi le ressortissant français soumis à la législation suisse en vertu d'une telle règle n'est assuré que dans le cadre de cette législation. Or, on a vu plus haut que, selon l'
art. 1er al. 2 let. a LAVS
, ne sont pas assurés les ressortissants étrangers qui bénéficient de privilèges et d'immunités diplomatiques ou d'exemptions fiscales particulières, ce qui était précisément le cas en l'espèce.
d) En conclusion, c'est à tort que la recourante a été affiliée à l'AVS durant son engagement au service de la Délégation. C'est donc avec raison que les juges cantonaux ont considéré qu'elle avait, pendant cette période, versé indûment, soit directement, soit par l'intermédiaire de son employeur, des cotisations AVS/AI/APG à la caisse intimée.
4.
a) Les cotisations versées indûment par des personnes qui ne sont pas tenues de cotiser doivent être restituées à celui qui les a payées; la créance en restitution est prescriptible; le délai de la prescription absolue est de dix ans, par analogie avec la solution du droit civil, un délai plus long étant réservé en cas d'abus de droit (
ATF 101 V 182
consid. 1b,
ATF 97 V 144
; RCC 1976 p. 91 consid. 2b). Ce délai a été institué par la jurisprudence, afin de combler une lacune de la loi, car l'
art. 16 al. 3 LAVS
, aux termes duquel le droit à la restitution de cotisations versées indûment se prescrit dans
BGE 110 V 145 S. 155
tous les cas par cinq ans à compter de la fin de l'année civile au cours de laquelle le paiement indu a eu lieu, n'est pas applicable lorsqu'il s'agit de cotisations payées à tort par des personnes non assujetties à l'AVS (
ATF 97 V 149
ss).
En l'espèce, il est constant qu'à la date du 1er juillet 1982 la créance de la recourante en restitution des cotisations versées à tort à la caisse intimée n'était pas prescrite. La recourante fait cependant valoir que cette restitution lèse gravement ses intérêts, dans la mesure où elle aurait pour effet de créer rétroactivement une lacune de cotisations de six ans dans sa carrière d'assurée (elle avait, en effet, cotisé régulièrement aux assurances sociales suisses, alors qu'elle travaillait dans le secteur privé avec le statut de frontalière, du 1er juin 1969 au 31 janvier 1975). Elle excipe de sa bonne foi pour s'opposer au remboursement des cotisations litigieuses et pour demander que celles-ci soient reconnues formatrices de rentes.
b) Le principe de la bonne foi régit les rapports entre administration et administrés. C'est ainsi qu'un renseignement ou une décision erronés peuvent obliger l'administration à consentir à un administré un avantage contraire à la loi, si les conditions suivantes sont réunies:
1. que l'autorité soit intervenue dans une situation concrète à l'égard de personnes déterminées;
2. qu'elle ait agi ou soit censée avoir agi dans les limites de sa compétence;
3. que l'administré n'ait pu se rendre compte immédiatement de l'inexactitude du renseignement obtenu;
4. qu'il se soit fondé sur celui-ci pour prendre des dispositions qu'il ne saurait modifier sans subir un préjudice;
5. que la loi n'ait pas changé depuis le moment où le renseignement a été donné (
ATF 109 V 55
consid. 3a et les arrêts cités).
En l'occurrence, la recourante remplit les cinq conditions énumérées ci-dessus. En effet, elle était fondée, au vu de l'attitude de la caisse intimée, à se croire assurée et n'avait aucune raison de penser qu'elle était, en réalité, exclue de l'assurance de par la loi. L'Office fédéral des assurances sociales l'admet d'ailleurs sans réserve, tout en rappelant que c'est à la suite de son intervention que les employés de la Délégation ont pu être affiliés "à titre exceptionnel" à l'AVS et en soulignant, d'autre part, que la recourante aurait certainement "pris les mesures nécessaires" si
BGE 110 V 145 S. 156
elle avait su d'emblée qu'elle ne pouvait, en raison de son statut, cotiser à l'AVS. En ce qui concerne plus particulièrement la quatrième des conditions précitées, il y a lieu d'ajouter qu'elle est également réalisée lorsque l'administré omet, sur la base d'un renseignement ou d'une décision erronés de l'administration, un acte qu'il n'est plus en mesure d'accomplir sans subir de préjudice (voir p.ex.
ATF 109 V 56
consid. 3c,
ATF 106 V 72
). A cet égard, on peut, selon l'expérience de la vie, admettre que la recourante - qui allègue en procédure fédérale qu'elle ne pouvait bénéficier du régime de prévoyance des fonctionnaires internationaux en poste à Genève, ni de celui des fonctionnaires européens, faute d'avoir passé un concours de recrutement - aurait néanmoins été amenée à prendre des mesures de prévoyance privée si elle n'avait pas été induite en erreur par l'administration (cf.
ATF 106 V 72
consid. 3b).
c) Le Tribunal fédéral des assurances a cependant jugé que le principe de la bonne foi devait céder le pas à une réglementation spéciale résultant impérativement et directement de la loi (
ATF 106 V 143
consid. 3 et les arrêts cités) et il a vu une telle réglementation dans l'
art. 16 al. 3 LAVS
(
ATF 101 V 180
; RCC 1977 p. 279 consid. 4b non publié aux
ATF 102 V 206
). Dans l'
ATF 101 V 180
, auquel se sont référés les juges cantonaux, il a admis, quand bien même l'
art. 16 al. 3 LAVS
n'était pas applicable, que le principe de la légalité devait aussi l'emporter sur celui de la bonne foi lorsqu'il s'agissait de cotisations payées par des personnes non assujetties à l'AVS, eu égard au fait que, dans un tel cas, la restitution découlait de principes semblables à ceux posés par l'
art. 16 LAVS
. Par conséquent, "l'assuré" ne pouvait s'opposer à la restitution de cotisations non prescrites et obtenir qu'elles deviennent formatrices de rentes. Ultérieurement, dans un arrêt non publié en la cause Neinhaus, du 9 juin 1976, la Cour de céans n'a toutefois pas suivi ce raisonnement: elle a considéré, sans se référer à l'
art. 16 al. 3 LAVS
, que l'intéressé pouvait, dans une situation semblable, se prévaloir de sa bonne foi et elle a ainsi préconisé une solution tendant à éviter toute lacune dans la couverture d'assurance du fait de la restitution de cotisations versées indûment par une personne induite en erreur par l'administration. Par la suite, une solution identique a été retenue s'agissant d'un ressortissant suisse domicilié à l'étranger et qui avait été affilié à tort à l'AVS en vertu de l'
art. 1er al. 1 let
. c LAVS (
ATF 106 V 65
, plus spécialement 72 consid. 3b).
BGE 110 V 145 S. 157
Cette dernière jurisprudence doit être confirmée. En effet, on a vu que la créance en restitution de cotisations indûment versées par une personne qui n'était pas tenue d'en payer ne se fonde pas, en réalité, sur l'
art. 16 al. 3 LAVS
- qui parle de "personne tenue de payer des cotisations" - et l'obligation de l'administration de rembourser des cotisations qu'elle a encaissées sans droit découle, dans un tel cas, des principes de la légalité de l'activité administrative et de la bonne foi. On ne saurait donc affirmer, contrairement à ce qui est dit dans l'
ATF 101 V 180
, que l'on se trouve, dans des situations de ce genre, en présence d'une "réglementation spéciale résultant impérativement et directement de la loi".
d) Il résulte de ce qui précède que la bonne foi de la recourante doit être protégée, de sorte qu'il n'y a pas lieu de lui restituer les cotisations litigieuses, qui doivent en conséquence être reconnues formatrices de rentes.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce:
I. Le recours de la Délégation permanente de la Commission des Communautés européennes auprès des organisations internationales est admis, dans la mesure où il est recevable, et le jugement du 4 novembre 1982, rendu à son endroit par la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS, est annulé.
II. La décision de la Caisse cantonale genevoise de compensation du 1er juillet 1982, signifiée à la Délégation, est nulle.
III. Le recours de Liliane Rastello est admis et le jugement du 4 novembre 1982, rendu à son endroit par la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS, ainsi que la décision de la Caisse cantonale genevoise de compensation, signifiée à la prénommée le 1er juillet 1982, sont annulés.
| null |
nan
|
fr
| 1,984 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f48a7795-7859-4d56-a05c-2b8b8fefc117
|
Urteilskopf
106 II 224
45. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Oktober 1980 i.S. Belag Inter Ltd. (AG) gegen Altrom AG (Berufung)
|
Regeste
Treuepflicht des Mäklers.
Für die Erfüllung des nachgewiesenen oder vermittelten Vertrages hat der Mäkler von seiner charakteristischen Aufgabe und ihrer gesetzlichen Regelung her nicht einzustehen (E. 4). Ausweitung der Treuepflicht unter besonderen Umständen (E. 5).
|
Erwägungen
ab Seite 224
BGE 106 II 224 S. 224
Aus den Erwägungen:
3.
(Die Beklagte anerkennt, dass nach Abschluss des Mäklervertrages die darin gesetzten Bedingungen für den Provisionsanspruch der Klägerin eingetreten sind. Sie beharrt aber auf dem Einwand, die Klägerin habe die Abwicklung des vermittelten Vertrages gestört und damit durch treuloses Verhalten ihren Anspruch auf Mäklerlohn verwirkt.)
4.
Die Beklagte rügt, der angefochtene Entscheid verletze die Art. 415, 398 in Verbindung mit 412 Abs. 2 OR und
Art. 2 ZGB
.
Art. 412 Abs. 2 OR
unterstellt den Mäklervertrag im allgemeinen den Vorschriften über den einfachen Auftrag. Dass gewisse Unterschiede bestehen, liegt im Wesen der beiden Vertragstypen und wird von der Vorinstanz keineswegs verkannt. Das Gesetz selber trägt dem Rechnung, indem es Sonderbestimmungen für den Mäklervertrag aufstellt. Soweit nicht diese Platz greifen, ist das allgemeine Auftragsrecht anzuwenden (GAUTSCHI, N. 4a und b zu
Art. 412 OR
).
Gleich dem einfachen Auftrag begründet der Mäklervertrag ein Treueverhältnis zwischen den Beteiligten normalerweise für die Dauer seines Bestehens. Er endet wiederum in der Regel
BGE 106 II 224 S. 225
dadurch, dass der angestrebte Vertrag des Auftraggebers mit dem Dritten zustande kommt oder die Bemühungen des Mäklers innerhalb gesetzter oder nützlicher Frist erfolglos bleiben, allenfalls durch Widerruf (
BGE 103 II 130
; VON BÜREN, OR, Besonderer Teil, S. 215). Vom Erfolg des Mäklers, mithin davon, dass der angestrebte Vertrag zwischen dem Auftraggeber und dem Dritten rechtsgültig abgeschlossen wird und dafür die Tätigkeit des Mäklers bestimmend oder mitbestimmend war, hängt sein Lohnanspruch ab (
BGE 97 II 357
,
BGE 87 II 141
; GUHL/MERZ/KUMMER, OR, S. 446). Nur daraus, dass der Mäklervertrag im Gegensatz zum einfachen Auftrag den Zweck hat, einen solchen Vertrag herbeizuführen, ergibt sich noch keineswegs eine dessen Erreichung überdauernde Treuepflicht des Mäklers. Für die Erfüllung des nachgewiesenen oder vermittelten Vertrages hat der Mäkler von seiner charakteristischen Aufgabe und ihrer gesetzlichen Regelung her nicht einzustehen. Insbesondere aus
Art. 415 OR
ist Abweichendes nicht zu entnehmen. In Wortlaut und Gehalt bezieht sich diese Vorschrift auf die eigentliche, innerhalb des bestehenden Vertrages sich vollziehende, nicht auf eine nachvertragliche Tätigkeit des Mäklers. Von
Art. 415 OR
erfasst werden namentlich Missbräuche (VON BÜREN, a.a.O., S. 219). Der Hinweis der Beklagten auf § 654 BGB und zugehörige Lehrmeinung verkennt die verschiedenartige Konzeption des Mäklervertrages im deutschen und im schweizerischen Recht (GAUTSCHI, N. 1c Vorbemerkungen und N. 4c zu
Art. 412 OR
).
5.
Das schliesst im einzelnen Fall eine die Erledigung seines spezifischen Auftrages überdauernde Treuepflicht des Mäklers nicht aus, so vorab bei besonderer vertraglicher Übereinkunft. Wo verabredet wird, dass nicht schon der Abschluss, sondern erst die Erfüllung des Vertrages mit dem Dritten den Provisionsanspruch des Mäklers auslösen soll, dieser Anspruch oder der Vertrag mit dem Dritten aufschiebend bedingt sind, die Fälligkeit eines entstandenen Provisionsanspruchs zeitlich hinausgeschoben oder unter bestimmten Voraussetzungen sein Wegfall vorgesehen ist, treten auch entsprechende Ausweitungen der Treuepflicht ein. Eine ohne Vereinbarung solcher Art über den erfolgten Abschluss eines nachgewiesenen oder vermittelten Vertrages hinaus auf dessen Erfüllung übergreifende Treuepflicht des Mäklers gemäss der Meinung REICHELS (Die Mäklerprovision, München 1913, S. 233/4) lässt sich nicht aus
BGE 106 II 224 S. 226
dem Mäklervertrag als solchem herleiten, sondern nur aus
Art. 2 ZGB
sei es direkt oder über vertragliche Nebenpflichten (MERZ, N. 19 und 260 ff. zu
Art. 2 ZGB
). Dann aber zeitigt ihre Verletzung nicht eine rückwirkende Aufhebung bereits rechtsgültig entstandener Provisionsansprüche, sondern einen Schadenersatzanspruch des Auftraggebers. Einen solchen erhebt die Beklagte nicht.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,980 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f48c1d87-e4d3-475f-bc57-51d2058bb583
|
Urteilskopf
119 Ib 302
32. Verfügung des Präsidenten der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. Oktober 1993 i.S. Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege gegen X. und Mitbeteiligte, Forstinspektorat Graubünden, Regierung des Kantons Graubünden und Eidgenössisches Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 47 WaG
; aufschiebende Wirkung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen den Entscheid über das Nichtbestehen von Wald kommt von Gesetzes wegen die aufschiebende Wirkung in dem Sinne zu, dass während des Verfahrens auf den fraglichen Grundstücken alle Veränderungen zu unterlassen sind, die bei Bestehen von Wald unzulässig wären.
|
Sachverhalt
ab Seite 302
BGE 119 Ib 302 S. 302
Das Eidgenössische Departement des Innern hat am 21. Juli 1993 nach einem längeren vorangehenden Verfahren für eine Reihe von Grundstücken im Gebiet Larets in der Gemeinde St. Moritz eine Waldfeststellungsverfügung getroffen. Dagegen hat die Schweizerische Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege (SL) eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht
BGE 119 Ib 302 S. 303
eingereicht. Sie verlangt die Aufhebung der angefochtenen Verfügung und eine neue Waldfeststellung. Überdies beantragt sie, es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Gegen dieses letztere Begehren haben die übrigen Verfahrensbeteiligten innert der Vernehmlassungsfrist keine Einwendungen erhoben. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) ist der Auffassung, es sei unnötig, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren, da ihr diese bereits nach Art. 47 des Bundesgesetzes über den Wald vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR 921.0) zukomme.
Erwägungen
Erwägungen:
Nach
Art. 111 Abs. 2 OG
haben Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen, die nicht zu einer Geldleistung verpflichten, nur aufschiebende Wirkung, wenn der Präsident der urteilenden Abteilung sie von Amtes wegen oder auf Begehren einer Partei anordnet. Vorbehalten bleiben abweichende Bestimmungen des Bundesrechts. Gemäss
Art. 47 WaG
werden Bewilligungen und Anordnungen nach dem Waldgesetz erst wirksam, wenn sie in Rechtskraft erwachsen sind. Schon Art. 25bis Abs. 5 der früheren Verordnung betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 1. Oktober 1965 sah vor, dass Rodungen erst nach unbenütztem Ablauf der Beschwerdefrist in Angriff genommen werden dürfen. Der Wortlaut von
Art. 47 WaG
ist indessen gegenüber dieser früheren Regelung und auch gegenüber der vom Bundesrat beantragten Fassung (vgl. BBl 1988 III 235) durch die vorberatende Kommission des Ständerats erweitert worden und bezieht sich nicht mehr allein auf Rodungsbewilligungen, sondern auf alle Anordnungen, die gestützt auf das Waldgesetz ergehen (vgl. Amtl.Bull. StR 1989 276). Auch die Feststellung von Wald oder des Nichtbestehens von Wald wird von
Art. 47 WaG
erfasst. Dementsprechend sind die von der angefochtenen Waldfeststellungsverfügung betroffenen Grundeigentümer schon von Gesetzes wegen gehalten, vor Eintritt der Rechtskraft auf alle Veränderungen zu verzichten, welche bei Bestehen von Wald auf Ihrer Parzelle unzulässig wären.
Das Begehren der Beschwerdeführerin um Anordnung vorsorglicher Massnahmen erweist sich demzufolge als gegenstandslos.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,993 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
|
Federation
|
f493f59e-7a28-4934-9755-73f46ea5e226
|
Urteilskopf
136 III 449
64. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_304/2010 vom 27. August 2010
|
Regeste
Art. 122 ff. ZGB
; Vorsorgeausgleich.
Der Vorsorgefall kann nur bei demjenigen Ehegatten eintreten, der über eine berufliche Vorsorge verfügt (E. 3). Eine ganze oder teilweise Verweigerung der Teilung der Austrittsleistung ist wegen offensichtlicher Unbilligkeit gemäss
Art. 123 Abs. 2 ZGB
sowie wegen offenbarem Rechtsmissbrauch nach
Art. 2 Abs. 2 ZGB
möglich. Für weitere Verweigerungsgründe bleibt kein Raum (E. 4).
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Sachverhalt
ab Seite 449
BGE 136 III 449 S. 449
A.
X. (Beschwerdeführerin), Jahrgang 1942, und Y. (Beschwerdegegner), Jahrgang 1950, heirateten nach kurzer Bekanntschaft am 29. Oktober 2004. Die Ehe blieb kinderlos. Seit 7. März 2005 leben die Parteien getrennt. Am 28. Dezember 2007 klagte der
BGE 136 III 449 S. 450
Beschwerdegegner auf Scheidung, der sich die Beschwerdeführerin nicht widersetzte. Mit Urteil vom 19. Juni 2009 schied das Bezirksgericht die Ehe und regelte die Nebenfolgen der Scheidung. Es sah insbesondere von der Verpflichtung zur Leistung von nachehelichen Unterhaltsbeiträgen und von einem Vorsorgeausgleich ab.
B.
Das Kantonsgericht hiess die Appellation der Beschwerdeführerin gegen die bezirksgerichtliche Regelung des nachehelichen Unterhalts und Vorsorgeausgleichs teilweise gut und verpflichtete den Beschwerdegegner zu einer angemessenen Entschädigung von Fr. 20'000.- als Vorsorgeausgleich.
C.
Mit Beschwerde an das Bundesgericht verlangt die Beschwerdeführerin einerseits die Zusprechung von nachehelichen Unterhaltsbeiträgen und andererseits die hälftige Teilung und Barauszahlung der vom Beschwerdegegner während der Ehe erworbenen Freizügigkeitsleistung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Bezug auf den Vorsorgeausgleich gut und weist die Sache im Sinne der Erwägungen zur Durchführung der Teilung an das Kantonsgericht zurück. Im Übrigen tritt es auf die Beschwerde nicht ein.
(Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
3.1
Umstritten ist andererseits der Vorsorgeausgleich. Sofern bei keinem Ehegatten ein Vorsorgefall eingetreten ist, hat gemäss
Art. 122 Abs. 1 ZGB
jeder Ehegatte Anspruch auf die Hälfte der nach dem Freizügigkeitsgesetz für die ganze Ehedauer zu ermittelnden Austrittsleistung des anderen. Ist bei einem oder bei beiden Ehegatten hingegen der Vorsorgefall eingetreten, ist gemäss
Art. 124 Abs. 1 ZGB
eine angemessene Entschädigung geschuldet.
In einem ersten Schritt ist deshalb auf die Frage des Eintritts eines Vorsorgefalles einzugehen.
3.2
Das Kantonsgericht stellte fest, dass der Vorsorgefall bei der Beschwerdeführerin mit der Vollendung ihres 64. Altersjahres am 1. Juli 2006 und damit während der Ehe eingetreten sei. Zu diesem Zeitpunkt sei nämlich ihre Invalidenrente in eine Altersrente (AHV) umgewandelt worden. Deshalb beurteilte es den Vorsorgeausgleich nach
Art. 124 Abs. 1 ZGB
.
3.3
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von
Art. 122 Abs. 1 ZGB
, indem sie geltend macht, sie habe Anspruch auf mehr
BGE 136 III 449 S. 451
als nur Fr. 20'000.-, nämlich auf die Hälfte der während der Ehe vom Beschwerdegegner erworbenen Freizügigkeitsleistung von Fr. 134'003.85.
3.4
3.4.1
Es ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner über ein während der Ehedauer erworbenes Vorsorgeguthaben in der Höhe von Fr. 134'003.85 bei einer Einrichtung der zweiten Säule erworben hat und die Beschwerdeführerin seit dem 1. Juli 2006 eine AHV-Rente erhält, selber aber über keine berufliche Vorsorge verfügt.
3.4.2
Für den Ausschluss der Anwendung von
Art. 122 Abs. 1 ZGB
ist nach dem Gesetzeswortlaut ausreichend, dass bei einem der Ehegatten ein Vorsorgefall eingetreten ist. Es kommt jedoch nur darauf an, ob bei demjenigen Ehegatten, der eine berufliche Vorsorge hat oder jedenfalls während der Ehe hatte, ein Vorsorgefall eingetreten ist (
BGE 133 V 288
E. 4.1.2 S. 291 f.;
BGE 130 III 297
E. 3.3.1 S. 300 f.). Wie das damalige eidgenössische Versicherungsgericht im Urteil B 19/03 vom 30. Januar 2004 E. 5.1 festgehalten hat, stellt der Anspruch eines Ehegatten auf eine Alters- oder Invalidenrente (wie vorliegend nach AHVG beziehungsweise IVG) keinen Vorsorgefall dar, wenn er nie gearbeitet oder nie einer Einrichtung der beruflichen Vorsorge angehört hat (letztmals bestätigt im Urteil 9C_388/2009 vom 10. Mai 2010 E. 4.1; vgl. für die zivilrechtliche Abteilung das Urteil 5C.176/2006 vom 27. Oktober 2006 E. 2.1 und 2.2, in: Recueil de jurisprudence neuchâteloise 2006 S. 77 f.). Diese Praxis wird auch in der Lehre weitgehend befürwortet (SCHWEGLER, Vorsorgeausgleich bei Scheidung aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht, ZBJV 2010, S. 81 f.; GEISER/SENTI, in: BVG und FZG, 2010, N. 10 zu
Art. 22 FZG
; WALSER, Weitergehende berufliche Vorsorge, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2135 N. 160; derselbe, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N. 6 zu
Art. 124 ZGB
; GRÜTTER/FANKHAUSER, Die angemessene Entschädigung nach
Art. 124 ZGB
, in: Dritte Schweizer Familienrecht§Tage, 2006, S. 188 Fn. 3; BAUMANN/LAUTERBURG, in: Scheidung, FamKommentar, 2005, N. 36 vor
Art. 122-124 ZGB
; RUMO-JUNGO/ PICHONNAZ, Les interactions entre prévoyance professionelle et régimes matrimoniaux, in: Aspetti patrimoniali nel diritto di famiglia, 2005, S. 20; SUTTER/FREIBURGHAUS, Kommentar zum neuen Scheidungsrecht, 1999, N. 3 zu
Art. 124 ZGB
).
3.4.3
Damit ist das Kantonsgericht unzutreffenderweise davon ausgegangen, durch das Erreichen des Pensionsalters und der Ablösung
BGE 136 III 449 S. 452
der Invaliden- durch eine Altersrente (vgl.
Art. 30 IVG
und
Art. 33
bis
AHVG
) sei bei der Beschwerdeführerin, die über keine berufliche Vorsorge verfügt, der Vorsorgefall eingetreten. Es hat deshalb in der Folge den Vorsorgeausgleich zu Unrecht nicht nach
Art. 122 ZGB
, sondern nach
Art. 124 ZGB
beurteilt.
4.
4.1
Nach
Art. 123 Abs. 2 ZGB
kann das Gericht die Teilung ganz oder teilweise verweigern, wenn sie aufgrund der güterrechtlichen Auseinandersetzung oder der wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Scheidung offensichtlich unbillig wäre.
4.2
In einem zweiten Schritt ist damit zu prüfen, ob sich das Vorgehen des Kantonsgerichts auch im Ergebnis auswirkt. Das Kantonsgericht hat sich nämlich in Anwendung von
Art. 124 Abs. 1 ZGB
ebenfalls an der hälftigen Teilung der Freizügigkeitsleistung des Beschwerdegegners orientiert (vgl.
BGE 133 III 401
E. 3.2 S. 404) und ist damit grundsätzlich von einem Anspruch der Beschwerdeführerin auf Fr. 67'001.95 ausgegangen. Jedoch hat es ihr diesen Betrag teilweise gestützt auf
Art. 123 Abs. 2 ZGB
(der auch im Rahmen von
Art. 124 ZGB
zu berücksichtigen ist:
BGE 129 III 481
E. 3.3 S. 486 f.) verweigert. Es erachtete eine hälftige Teilung als ungerecht, unbillig und bei gesamtheitlicher Betrachtung des Sachverhalts als unangemessen. Für den Vorsorgeausgleich, der gerade die Folge der tatsächlich gelebten ehelichen Gemeinschaft bilde, könne nicht unbesehen die gesamte formale Dauer der Ehe berücksichtigt werden. Der Umfang des Fürsorgebedürfnisses gebiete es, die Teilung teilweise zu verweigern. Deshalb sprach es der Beschwerdeführerin nur Fr. 20'000.- zu.
4.3
Der Teilungsanspruch bezweckt einen Ausgleich für die vorsorgerechtlichen Nachteile der während der Ehe erfolgten Aufgabenteilung und dient der wirtschaftlichen Selbständigkeit jedes Ehegatten nach der Scheidung. Er ist Ausdruck der mit der Ehe verbundenen Schicksalsgemeinschaft. Widmet sich ein Ehegatte während der Ehe der Haushaltführung und der Kinderbetreuung und verzichtet er deshalb ganz oder teilweise auf eine Erwerbstätigkeit, soll er bei der Scheidung von der Einrichtung der beruflichen Vorsorge seines Partners einen Teil der von diesem während der Ehe aufgebauten Vorsorge erhalten. Die Teilung der Austrittsleistung bezweckt den Ausgleich seiner Vorsorgelücke und erlaubt ihm, sich in die eigene Vorsorgeeinrichtung wieder einzukaufen.
BGE 136 III 449 S. 453
Sie zielt auch auf seine wirtschaftliche Unabhängigkeit nach der Scheidung ab (
BGE 135 III 153
E. 6.1 S. 154 f.;
BGE 129 III 577
E. 4.2.1 S. 578). Diese Formulierung darf aber nicht in dem Sinn verstanden werden, dass ein Anspruch auf Vorsorgeausgleich nur besteht, wo aufgrund der Aufgabenteilung während der Ehe ein vorsorgerechtlicher Nachteil entstanden und insoweit eine Art ehebedingter Vorsorgeschaden nachgewiesen ist. Vielmehr ist der Teilungsanspruch als Folge der Schicksalsgemeinschaft nicht davon abhängig, wie sich die Ehegatten während der Ehe die Aufgaben geteilt haben. Der Ausgleich findet mit anderen Worten - wie dies auch bei der hälftigen Teilung der Errungenschaft der Fall ist - voraussetzungslos statt; die hälftige Teilung der Leistungen orientiert sich am abstrakten Kriterium der formellen Ehedauer (bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils) und nicht an der tatsächlich gelebten ehelichen Gemeinschaft (
BGE 133 III 401
E. 3.2 S. 403;
BGE 132 III 401
E. 2.1 S. 402 ff.).
4.4
4.4.1
Der gesetzliche Verweigerungsgrund von
Art. 123 Abs. 2 ZGB
erfordert, dass - erstens - die Teilung offensichtlich unbillig ist und - zweitens - die offensichtliche Unbilligkeit ihren Grund in der güterrechtlichen Auseinandersetzung oder den wirtschaftlichen Verhältnissen nach der Scheidung hat (
BGE 133 III 497
E. 4.2 S. 499). Diese Bestimmung ist restriktiv anzuwenden, um das Prinzip der hälftigen Teilung der Vorsorgeguthaben nicht auszuhöhlen (
BGE 135 III 153
E. 6.1 S. 155). Bei der Beurteilung der offensichtlichen Unbilligkeit ist das Sachgericht auf sein Ermessen verwiesen (
BGE 129 III 577
E. 4.2.2 S. 578). Das Bundesgericht übt deshalb bei der Überprüfung solcher Entscheide eine gewisse Zurückhaltung (
BGE 127 III 136
E. 3a S. 141).
4.4.2
In diesem Sinne könnte die hälftige Teilung etwa offensichtlich unbillig sein, wenn die Frau als Verkäuferin und der Ehemann als selbständig erwerbender Anwalt oder Arzt (ohne zweite, aber mit guter dritter Säule) tätig ist (SUTTER/FREIBURGHAUS, a.a.O., N. 14 zu
Art. 123 ZGB
). Als weitere Fallbeispiele sind anzuführen, dass die Ehefrau bereits arbeitstätig ist und dem Ehemann ein Studium finanziert, das ihm später ein hohes Einkommen und den Aufbau einer besseren Vorsorge ermöglichen wird (Botschaft vom 15. November 1995 über die Änderung des ZGB, BBl 1996 I 105 Ziff. 233.432), oder dass der eine Teil bereits rentenberechtigt ist und der andere, kurz vor dem Rentenalter stehende Teil voraussichtlich eine kleinere
BGE 136 III 449 S. 454
Rente erhalten wird (
BGE 133 III 497
E. 4.5 S. 502 f.; vgl. auch die Fallkonstellation in
BGE 135 III 153
E. 6.2.3 S. 157).
Keine Verweigerungsgründe im Sinne einer offensichtlichen Unbilligkeit sind hingegen ein hohes Vermögen oder das Eingehen einer neuen Lebensgemeinschaft durch den ausgleichsberechtigten Ehegatten (
BGE 133 III 497
E. 4.5 S. 503).
4.4.3
Das Kantonsgericht legt nicht dar, inwiefern die hälftige Teilung wegen der güterrechtlichen Auseinandersetzung oder mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse nach der Scheidung offensichtlich unbillig wäre. Auf diese zweite Voraussetzung (vgl. E. 4.4.1 oben) geht es nicht ein. Es ist denn mit Blick auf die oben genannte Praxis zum gesetzlichen Verweigerungsgrund auch nicht ersichtlich, inwiefern offensichtliche Unbilligkeit im Sinne von
Art. 123 Abs. 2 ZGB
vorliegen könnte. Die güterrechtliche Auseinandersetzung ist in Rechtskraft erwachsen, wobei das Bezirksgericht den Parteien keine Ansprüche zugestand. Was die wirtschaftliche Lage nach der Scheidung betrifft, erhält die Beschwerdeführerin eine AHV-Rente und voraussichtlich Ergänzungsleistungen, währenddem der Beschwerdegegner diesbezüglich deutlich besser dasteht. Die hälftige Teilung ist im Ergebnis nicht offensichtlich unbillig.
4.5
4.5.1
Eine (teilweise) Verweigerung fällt ebenfalls in Betracht, wo die Entschädigung im konkreten Einzelfall und bei Vorliegen eines Tatbestandes, der dem in
Art. 123 Abs. 2 ZGB
umschriebenen vergleichbar oder ähnlich ist, gegen das Verbot des offenbaren Rechtsmissbrauchs verstiesse (
Art. 2 Abs. 2 ZGB
). Die Verweigerung wegen Rechtsmissbrauchs ist jedoch nur mit grosser Zurückhaltung anzuwenden. Für weitere Verweigerungsgründe bleibt kein Raum (
BGE 135 III 153
E. 6.1 S. 155;
BGE 133 III 497
E. 4.7 S. 505).
4.5.2
So erachtete das Bundesgericht ehewidriges Verhalten und die Gründe, die zur Scheidung geführt haben, in der Regel als nicht ausreichend für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs (
BGE 133 III 401
E. 3.1 S. 403). Dieser liegt aber bei einer Scheinehe oder dann vor, wenn die Ehe gar nicht gelebt beziehungsweise ein gemeinsamer Haushalt gar nie aufgenommen wird (
BGE 133 III 497
E. 5.2 S. 505 f.).
4.5.3
Soweit das Kantonsgericht festhält, es könne nicht unbesehen auf die formale Dauer der Ehe abgestellt werden, da der Vorsorgeausgleich Folge der tatsächlich gelebten ehelichen Gemeinschaft sei,
BGE 136 III 449 S. 455
setzt es sich in Widerspruch zur gesetzlichen Konzeption und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach gerade und einzig auf die formelle Ehedauer (gut viereinhalb Jahre) abzustellen ist und die hälftige Teilung grundsätzlich voraussetzungslos erfolgt (vgl. E. 4.3 oben). Allein gestützt auf die Dauer der tatsächlich gelebten ehelichen Gemeinschaft (gut vier Monate) kann deshalb nicht von Rechtsmissbrauch ausgegangen werden.
4.5.4
Wenn das Kantonsgericht eine hälftige Teilung als fundamentalen Verstoss gegen das Gerechtigkeitsgefühl beurteilt, so kennt das materielle Recht diesen Verweigerungsgrund nicht. Jedoch kann (unter anderem) eine grobe Verletzung des Gerechtigkeitsgedankens zu der Annahme des offenbaren Rechtsmissbrauchs führen (
BGE 133 III 497
E. 5.1 und 5.2 S. 505 f.). Inwiefern dies vorliegend der Fall sein soll, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Der kantonsgerichtliche Hinweis, die Beschwerdeführerin verfüge aktenkundig über hinreichende Mittel, um ihren gewohnten bisherigen Lebensstandard ohne Einschränkungen fortzuführen, ist nicht ausreichend und auch nicht massgebend.
4.6
Liegt damit kein Verweigerungsgrund vor, hat die Beschwerdeführerin Anspruch auf hälftige Teilung des vom Beschwerdegegner während der Ehedauer erworbenen Vorsorgeguthabens in der Höhe von Fr. 134'003.85, somit auf Fr. 67'001.95. Die Sache ist zur Durchführung der Teilung des Vorsorgeguthabens an das Kantonsgericht zurückzuweisen. Dabei wird es zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine Barauszahlung gegeben sind (vgl. Art. 22 Abs. 1 i.V.m.
Art. 5 FZG
[SR 831.42]).
| null |
nan
|
de
| 2,010 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f49bfa4e-473e-490d-a018-c341cccf66a2
|
Urteilskopf
111 Ia 182
33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. September 1985 i.S. Rolf Gallati gegen Gawohnag, Gemeinderat Näfels und Regierungsrat des Kantons Glarus (staatsrechtliche Beschwerde)
|
Regeste
Art. 22ter BV
. Öffentlichrechtlicher Revers; Gültigkeit, Grundbucheintrag.
Ein öffentlichrechtlicher Revers, wonach auf dem belasteten Grundstück Parkplätze eines Dritten zu dulden sind, gilt gegenüber dem Erwerber des Grundstücks ohne Grundbucheintrag und verletzt deswegen die Eigentumsgarantie nicht.
|
Sachverhalt
ab Seite 182
BGE 111 Ia 182 S. 182
Rolf Gallati kaufte im Jahre 1983 ein Grundstück in Näfels, auf dem die Gawohnag rund zehn Jahre früher im Einverständnis des damaligen Eigentümers Autoabstellplätze für ihre Kundschaft angelegt hatte. Die Gawohnag war hiezu auf Grund eines Reverses verpflichtet, der ihr bei der Erteilung eines Näherbaurechts gegenüber der Kantonsstrasse vom Regierungsrat des Kantons Glarus auferlegt worden war. Rolf Gallati sperrte in der Folge den Parkplatz, worauf der Gemeinderat Näfels am 6. Januar 1984 auf Begehren der Gawohnag anordnete, dieser die Plätze wieder zur Verfügung zu stellen. Der Regierungsrat des Kantons Glarus wies einen dagegen gerichteten Rekurs am 10. Dezember 1984 ab. Rolf Gallati führt hiegegen unter anderem wegen Verletzung der Eigentumsgarantie staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Dieses weist die Beschwerde ab.
BGE 111 Ia 182 S. 183
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4.
Der Beschwerdeführer sieht sodann darin eine Verletzung der Eigentumsgarantie, dass der Regierungsrat zu Unrecht annehme, ein Baurevers gelte auch ohne Eintrag im Grundbuch. Falls eine derartige Verpflichtung auch gegenüber Dritten gelten solle, sei die Eintragung im Grundbuch unerlässlich.
Der umstrittene Revers stellt eine öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkung dar. Als solche besteht er nach
Art. 680 ZGB
ohne Eintragung und namentlich ohne Anmerkung im Grundbuch (ARTHUR HOMBERGER, Zürcher Kommentar zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, 2. A., Zürich 1938, Art. 962 N. 1, S. 306/307; ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Schweizerisches Zivilgesetzbuch, 3. A., Bern 1975, Art. 680 N. 73, S. 25; vgl. PETER DILGER, Raumplanungsrecht der Schweiz, Zürich 1982, S. 21, N. 74). Gemäss
Art. 962 Abs. 1 ZGB
können die Kantone vorschreiben, dass derartige Eigentumsbeschränkungen im Grundbuch anzumerken sind. Einer solchen Anmerkung kommt jedoch nur deklaratorische Bedeutung zu (ARTHUR MEIER-HAYOZ, a.a.O., Art. 680 N. 81 und 82, S. 26/27; FRIEDRICH/SPÜHLER/KREBS, Bauordnung der Stadt Winterthur, Winterthur 1970, § 71 N. 3 S. 164/165). Abgesehen davon sieht das Strassengesetz des Kantons Glarus vom 2. Mai 1971 keine Anmerkungspflicht vor. Der Parkflächenrevers, der das Grundstück GB Nr. 890 belastet, besteht somit trotz fehlendem Grundbucheintrag.
Das gilt auch gegenüber Dritten. Fehlt ein Eintrag im Grundbuch, so ist selbst ein gutgläubiger Erwerber des Grundstücks grundsätzlich nicht geschützt (ARTHUR MEIER-HAYOZ, a.a.O., Art. 680 N. 82, S. 27). Von einer Verletzung der Eigentumsgarantie kann deshalb unabhängig davon keine Rede sein, ob der Beschwerdeführer gut- oder bösgläubig ist. Schon deshalb geht auch die Rüge fehl, der Regierungsrat habe willkürlich verkannt, dass der Beschwerdeführer das Grundstück in gutem Glauben lastenfrei erworben habe.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,985 |
CH_BGE
|
CH_BGE_002
|
CH
|
Federation
|
f49c03c7-a5a7-4d46-831f-bf58cbc42f45
|
Urteilskopf
104 V 148
34. Auszug aus dem Urteil vom 24. Oktober 1978 i.S. Häberli gegen Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV
|
Regeste
Revision der Rente der Hausfrau (
Art. 41 IVG
).
Auch für die neurechtliche Bestimmung von
Art. 27bis IVV
gilt die schon unter der altrechtlichen Regelung entwickelte Praxis, dass diejenige Methode der Invaliditätsschätzung anzuwenden ist, die der Tätigkeit entspricht, welche die Versicherte zur Zeit der Rentenrevision ausüben würde, wenn sie nicht invalid wäre.
|
Erwägungen
ab Seite 148
BGE 104 V 148 S. 148
Aus den Erwägungen:
1.
Nach
Art. 28 Abs. 1 IVG
hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn er mindestens zu zwei Dritteln, oder auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte (im Fall wirtschaftlicher Härte mindestens zu einem Drittel) invalid ist. Die gesetzlichen Grundlagen der Invaliditätsschätzung sind verschieden, je nachdem ob sie Personen betrifft, die vor dem Eintritt der Invalidität erwerbstätig oder nicht erwerbstätig waren. Während sich der Invaliditätsgrad eines Erwerbstätigen nach dem in
Art. 28 Abs. 2 IVG
vorgesehenen Einkommensvergleich, also wesentlich nach erwerblichen Gesichtspunkten bestimmt, wird für die Bemessung der Invalidität Nichterwerbstätiger, insbesondere von Hausfrauen, darauf abgestellt, in welchem Umfang sie behindert sind, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen (
Art. 27 Abs. 1 IVV
in Verbindung mit
Art. 28 Abs. 3 IVG
). Als Aufgabenbereich der Hausfrau gilt nach
Art. 27 Abs. 2 IVV
die übliche Tätigkeit
BGE 104 V 148 S. 149
im Haushalt und allenfalls im Betrieb des Ehemannes sowie die Erziehung der Kinder. Nach dem seit 1. Januar 1977 in Kraft stehenden
Art. 27bis IVV
ist bei Hausfrauen, die eine Erwerbstätigkeit ausüben, die Invalidität ausschliesslich nach den Grundsätzen der Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen zu bemessen, wenn sie vor Eintritt des Gesundheitsschadens ganztägig erwerbstätig waren. In den übrigen Fällen ist der Anteil der Erwerbstätigkeit und der üblichen Tätigkeit im Haushalt festzustellen und die Invalidität entsprechend der Behinderung in diesen Bereichen nach den dafür geltenden Grundsätzen zu bemessen (sogenannte gemischte Methode).
2.
Nach
Art. 41 IVG
ist die Rente für die Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben, wenn sich der Grad der Invalidität eines Rentenbezügers in einer für den Anspruch erheblichen Weise ändert. Ein Revisionsgrund ist unter Umständen auch dann gegeben, wenn sich die anzuwendende Art der Bemessung der Invalidität ändert, wobei allerdings nicht ohne zwingende Notwendigkeit von den der ursprünglichen Invaliditätsschätzung zu Grunde gelegten Bemessungskriterien abgewichen werden soll (ZAK 1969 S. 743). So hat das Eidg. Versicherungsgericht wiederholt entschieden, dass die in einem bestimmten Zeitpunkt massgebende Methode der Invaliditätsschätzung die künftige Rechtsstellung der Versicherten nicht präjudiziert, sondern dass die alternativen Kriterien der Erwerbsunfähigkeit einerseits und der Unmöglichkeit der Betätigung im nichterwerblichen Aufgabenbereich anderseits (
Art. 5 Abs. 1 und 28 IVG
) im Einzelfall einander ablösen können (
BGE 98 V 262
und 265,
BGE 97 V 241
).
3.
Verwaltung und Vorinstanz erblickten den Grund für die Rentenrevision nicht im Umstand einer Verbesserung des Gesundheitszustandes, sondern in der Wiederverheiratung der Beschwerdeführerin am 2. August 1974. Die Annahme, dass sich die Beschwerdeführerin zufolge ihrer Heirat auch ohne Invalidität auf die Haushaltführung beschränkt hätte, ist nicht zum vornherein von der Hand zu weisen. Indessen ist die Situation nicht mit jener zur Zeit ihrer ersten Ehe zu vergleichen. Damals war die Beschwerdeführerin an einer Erwerbstätigkeit verhindert, weil sie für Pflege und Erziehung ihrer beiden Kinder besorgt sein musste. Solche Hindernisse bestehen heute nicht mehr. Vor allem lassen aber die jetzigen finanziellen Verhältnisse den Schluss nicht zu, dass die Beschwerdeführerin
BGE 104 V 148 S. 150
freiwillig darauf verzichtete, einem Verdienst nachzugehen... Es ist daher anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin wenigstens teilweise wieder erwerbstätig wäre, wenn ihr dies möglich wäre.
Auch für die hier anwendbare neurechtliche Bestimmung von
Art. 27bis IVV
gilt die schon unter der altrechtlichen Regelung entwickelte Praxis, dass diejenige Methode der Invaliditätsschätzung anzuwenden ist, die der Tätigkeit entspricht, welche die Versicherte zur Zeit der Rentenrevision ausüben würde, wenn sie nicht invalid wäre. Entgegen der Argumentation der Vorinstanz ist daher im vorliegenden Fall nicht massgebend, dass die Beschwerdeführerin vor Eintritt des Gesundheitsschadens nie voll erwerbstätig gewesen ist, sondern es ist davon auszugehen, dass sie unter den heutigen Umständen ohne Invalidität nebst der Haushaltführung auch noch teilweise erwerbstätig wäre.
Laut Unfallanzeige vom 5. Oktober 1971 arbeitete die Beschwerdeführerin vor der Invalidierung 30-35 Stunden pro Woche und nach dem Bericht der Regionalstelle vom 13. November 1972 betrug die Arbeitszeit 4/5 einer Vollbeschäftigung. Es darf angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin heute ohne Invalidität im gleichen Rahmen erwerbstätig wäre. Demnach ist von einer durchschnittlichen wöchentlichen Erwerbstätigkeit von 33 Stunden bei einer üblichen Arbeitszeit von 44 Stunden auszugehen, d.h. die Erwerbstätigkeit wäre mit 75% und die Haushalttätigkeit demzufolge mit 25% der ohne Invalidität ausgeübten Tätigkeit einzustufen.
Nach dem Bericht der Invalidenversicherungs-Kommission vom 19. Februar 1976 ist die Beschwerdeführerin im Haushalt zu 2/3 arbeitsfähig, wogegen in Bezug auf eine erwerbliche Tätigkeit praktisch eine vollständige Arbeitsunfähigkeit angenommen werden muss. Sodann lassen auch die Angaben des Dr. W. auf Unzumutbarkeit weiterer erwerblicher Arbeitsleistung schliessen. Besteht somit in der erwerblichen Tätigkeit, die ihrerseits 75% der Gesamttätigkeit ausmacht, gänzliche Arbeitsunfähigkeit, so würde gesamthaft der Invaliditätsgrad selbst bei Annahme voller Arbeitsfähigkeit im Haushalt 2/3 übersteigen. Da aber die Arbeitsfähigkeit im Haushalt ebenfalls um 1/3 reduziert ist, beträgt der Invaliditätsgrad selbst dann noch mehr als 2/3, wenn noch eine geringe Leistungsfähigkeit in Bezug auf eine erwerbliche Tätigkeit angenommen
BGE 104 V 148 S. 151
würde. Damit steht aber fest, dass sich der Invaliditätsgrad nicht in der für den Anspruch erheblichen Weise geändert hat. Die Revision wurde daher zu Unrecht vorgenommen. Demzufolge steht der Beschwerdeführerin ab 1. August 1977 weiterhin eine ganze Rente zu.
| null |
nan
|
de
| 1,978 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f49e2202-4d8f-4215-8b46-02e712b23652
|
Urteilskopf
98 Ia 409
66. Urteil vom 17. Mai 1972 i.S. Züst gegen Gemeinde Berneck und Regierungsrat des Kantons St. Gallen.
|
Regeste
Gestaltung der amtlichen Publikation in den Gemeinden;
Art. 4 BV
, Meinungsfreiheit, Vereinsfreiheit, persönliche Freiheit.
1. Wird der angefochtene Entscheid von der beschwerdebeklagten Verwaltungsbehörde nachträglich ergänzt oder abgeändert, so prüft das Bundesgericht im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich nur noch die Rechtslage, wie sie sich nach Erlass der zusätzlichen Verfügung darbietet (E. 1).
2. Eine Gemeindevorschrift, welche zwei am Orte verbreitete politische Tageszeitungen als amtliche Publikationsorgane bezeichnet, verstösst nicht gegen
Art. 4 BV
, wenn sämtliche in den Zeitungen erscheinenden öffentlichen Mitteilungen auch im Anschlagkasten der Gemeinde veröffentlicht werden. Eine derartige Publikationsordnung ist auch mit den Grundrechten der Meinungsfreiheit, der Vereinsfreiheit und der persönlichen Freiheit vereinbar (E. 2-5).
|
Sachverhalt
ab Seite 410
BGE 98 Ia 409 S. 410
A.-
Am 24. September 1971 fand in der Gemeinde Berneck eine ausserordentliche Gemeindeversammlung statt, die von 220 stimmberechtigten Einwohnern besucht wurde. Eines der Traktanden war der Erlass einer neuen Gemeindeordnung; der Gemeinderat legte einen Entwurfvor, der abschnittweise beraten wurde. Art. 3 des Entwurfs enthielt unter der Überschrift "Amtliche Publikationsorgane" folgenden Text:
"Amtliche Publikationsorgane sind:
a) ,Der Rheintaler'
b) ,Rheintaler Volksfreund' (Ostschweiz)."
An der Versammlung stellte Lehrer Markus Züst den Antrag, es sei ein gemeindeeigener Anzeiger zu schaffen, damit die amtlichen Publikationen in einem politisch und konfessionell neutralen Blatt veröffentlicht werden könnten. Dieser Gegenantrag wurde aber mit grosser Mehrheit abgelehnt. Die Gemeindeordnung (GO) wurde am Schluss der Beratung mit allen gegen zwei Stimmen angenommen.
B.-
Markus Züst focht Art. 3 GO mit Kassationsbeschwerde beim Regierungsrat des Kantons St. Gallen an. Er rügte eine Verletzung der Pressefreiheit, der Vereinsfreiheit, der Meinungsfreiheit, der Rechtsgleichheit und der persönlichen Freiheit. Die beiden in Art. 3 GO als einzige amtliche Publikationsorgane bezeichneten Zeitungen hätten politischen Charakter, und zwar sei der "Rheintaler" eine freisinnige und der "Rheintaler Volksfreund" (Kopfblatt der "Ostschweiz") eine der christlichdemokratischen Volkspartei nahestehende Zeitung. Dadurch, dass der Bürger praktisch gezwungen werde, eine dieser beiden Zeitungen zu abonnieren, werde er in den erwähnten verfassungsmässigen Rechten verletzt.
C.-
Der Regierungsrat wies die Kassationsbeschwerde mit Entscheid vom 25. November 1971 ab.
D.-
Hiegegen führt Markus Züst staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, Art. 3 GO sowie der Beschwerdeentscheid des
BGE 98 Ia 409 S. 411
Regierungsrates seien aufzuheben. Er rügt eine Verletzung der Meinungsfreiheit, der Vereinsfreiheit, der persönlichen Freiheit sowie des
Art. 4 BV
. In der Beschwerdebegründung weist er u.a. darauf hin, dass er die "Ausschliesslichkeit der Publikation in den beiden Parteiorganen" beanstande. Ein Verstoss gegen
Art. 4 BV
liesse sich vermeiden, wenn die amtlichen Mitteilungen nicht bloss in den beiden Zeitungen, sondern zusätzlich entweder in einem neutralen Gemeindeblatt oder an einem Anschlagbrett publiziert würden, wobei im letztern Falle die Publikationen jeweils an einem bestimmten Wochentag, etwa am Freitag, zu erscheinen hätten.
E.-
Nachdem der Regierungsrat des Kantons St. Gallen von der staatsrechtlichen Beschwerde Kenntnis erhalten hatte, wies er die Gemeinde Berneck mit Beschluss vom 1. Februar 1972 an, "amtliche Mitteilungen, die in den amtlichen Publikationsorganen erscheinen, auch durch öffentlichen Anschlag zur allgemeinen Kenntnis zu bringen". Zur Begründung des Beschlusses führte der Regierungsrat aus, zwar werde durch den angefochtenen Art. 3 GO keines der angerufenen Verfassungsrechte verletzt; doch könne die ausschliessliche Publikation amtlicher Mitteilungen in den beiden Publikationsorganen faktisch zu rechtswidrigen Zuständen und Rechtsunsicherheit führen, da die Möglichkeit bestehe, dass im konkreten Falle eine amtliche Mitteilung nicht zur allgemeinen Kenntnis und insbesondere auch nicht zur Kenntnis eines allfällig Betroffenen gelange. Aus diesem Grunde erachte der Regierungsrat die erwähnte Anweisung als zweckmässig. Den Ausführungen in der staatsrechtlichen Beschwerde nach zu schliessen, könne sich auch der Beschwerdeführer mit dieser Lösung einverstanden erklären.
In seiner Vernehmlassung an das Bundesgericht stellte der Regierungsrat den Antrag, es sei die staatsrechtliche Beschwerde "mit Rücksichtnahme auf die getroffene Anordnung" abzuweisen. Der Gemeinderat Berneck schloss sich der Stellungnahme des Regierungsrates an.
F.-
In einer Eingabe vom 16. Februar 1972 nahm der Beschwerdeführer zum regierungsrätlichen Beschluss vom 1. Februar 1972 Stellung und erklärte, dass er an der staatsrechtlichen Beschwerde festhalte, da auch die jetzt geltende Regelung verfassungswidrig sei.
BGE 98 Ia 409 S. 412
Erwägungen
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen:
1.
Im kantonalen Verfahren hat der Beschwerdeführer lediglich die durch Art. 3 GO erfolgte Bezeichnung zweier Zeitungen als amtliche Publikationsorgane angefochten, ohne dabei je geltend zu machen, dass die Publikationen am Anschlagbrett ungenügend seien. Für den Regierungsrat bestand daher kein Anlass, diese Frage im Rahmen des Kassationsverfahrens näher zu prüfen. Der Einwand, dass jedenfalls die Publikationen am Anschlagbrett zu vervollständigen seien, wird erstmals in der staatsrechtlichen Beschwerde erhoben, und auch die Mitteilung der Gemeindekanzlei Berneck vom 23. Dezember 1971, aus der hervorgeht, dass gewisse Publikationen bis anhin nur in den Zeitungen erschienen, lag dem Regierungsrat bei der Beurteilung der Kassationsbeschwerde nicht vor. Neue Vorbringen sind im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren nur unter gewissen Voraussetzungen zulässig (
BGE 94 I 132
E. 5, 655 oben, mit Hinweisen). Wie es sich vorliegend verhält, kann indessen dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass der Regierungsrat selber jenem neuen Einwand Rechnung getragen hat, indem er die Gemeinde nachträglich anwies, alle in den Zeitungen erscheinenden amtlichen Mitteilungen auch am Anschlagbrett zu publizieren. Das hat zur Folge, dass das Bundesgericht nurmehr noch die Rechtslage prüft, wie sie sich nach Erlass dieser Anweisung darbietet. Sie steht mit den erhobenen Verfassungsrügen in einem unmittelbaren Zusammenhang; ob die Wahl der beiden Tageszeitungen als amtliche Publikationsorgane verfassungsrechtlich zulässig war, hängt u.a. davon ab, welche anderen Publikationsmittel der Gemeinde zur Verfügung stehen und von ihr benützt werden. Insoweit führt die ergangene Anweisung wenn nicht zu einer Abänderung, so doch zu einer Ergänzung des angefochtenen Beschwerdeentscheides. Ob dieser auch ohne die zusätzliche Anweisung vor den erhobenen Verfassungsrügen standhalten würde, kann offen bleiben, da der Beschwerdeführer an der Beantwortung dieser Frage kein genügendes aktuelles Interesse mehr hat (BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, S. 376).
2.
Den im kantonalen Verfahren erhobenen Vorwurf der Verletzung der Pressefreiheit hält der Beschwerdeführer nicht mehr aufrecht. Hingegen rügt er eine Verletzung der Meinungsfreiheit.
BGE 98 Ia 409 S. 413
Als Meinungsbildungsfreiheit schütze dieses Grundrecht den Bürger auch davor, bestimmte Informationen zwangsweise zur Kenntnis nehmen zu müssen. Wer in den beiden Publikationsorganen der Gemeinde Berneck nach amtlichen Mitteilungen suche, komme nicht darum, auch den politischen Teil der Zeitungen oder jedenfalls andere als amtliche Inserate zur Kenntnis zu nehmen. Dies verstosse gegen die Meinungsbildungsfreiheit, die, ebenso wie die Meinungsäusserungsfreiheit, vom Bundesgericht als ungeschriebenes Grundrecht der Bundesverfassung anerkannt werden müsse.
Dieser Rüge ist durch die regierungsrätliche Anweisung, wonach alle in den beiden Zeitungen erscheinenden amtlichen Mitteilungen auch öffentlich anzuschlagen sind, der Boden entzogen worden. Der behauptete Zwang, eine politische Zeitung abonnieren und lesen zu müssen, besteht damit nicht mehr. Zwar beanstandet der Beschwerdeführer, dass der Regierungsrat die Gemeinde nicht auch angewiesen habe, die Mitteilungen jeweils an einem bestimmten Wochentag im Anschlagkasten zu publizieren, so dass der interessierte Bürger sich nur einmal je Woche an den Anschlagkasten begeben müsste, was, auch nach Auffassung des Beschwerdeführers, eine zumutbare Belastung wäre. Dieser nachträgliche Einwand ist indessen gegenstandslos. Auch wenn der Regierungsrat bezüglich Zeitpunkt und Dauer der öffentlichen Anschläge keine bestimmte Anweisung gegeben hat, versteht es sich doch von selbst, dass die Anschläge eine gewisse Zeit, jedenfalls mindestens eine Woche, im Anschlagkasten zu belassen sind. In gewissen Fällen ist eine längere Dauer des Anschlags sogar ausdrücklich vorgeschrieben (vgl. z.B. Art. 154 der Zivilstandsverordnung). Daraus folgt, dass ein wöchentlicher Gang an den Anschlagkasten genügt, um von sämtlichen amtlichen Mitteilungen Kenntnis zu erhalten. Dass ihm hiezu die Zeit fehle, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, und zur Rüge, es werde die Meinungsfreiheit anderer Personen verletzt, fehlt ihm die Legitimation. Unter diesen Umständen besteht für das Bundesgericht kein Anlass, sich zur Frage zu äussern, ob die als ungeschriebenes Grundrecht anerkannte Meinungsfreiheit nicht nur das Recht der freien Meinungsäusserung umfasst, sondern darüber hinaus auch jenen negativen Inhalt hat, den ihr der Beschwerdeführer beilegt (vgl.
BGE 97 I 896
E. 4,
BGE 96 I 592
E. 6, 224,
BGE 91 I 486
,
BGE 87 I 117
; SALADIN, Grundrechte imWandel, S.74 ff.).
BGE 98 Ia 409 S. 414
3.
Dasselbe gilt sinngemäss für die Rüge der Verletzung der Vereinsfreiheit. Dass der "Rheintaler" eine freisinnige und der "Rheintaler Volksfreund" (Kopfblatt der "Ostschweiz") eine der CVP nahestehende Zeitung ist, ist unbestritten. Der Beschwerdeführer qualifiziert die Abonnementskosten als indirekte Vereinsbeiträge an die politischen Parteien, denen diese Blätter dienen. Er macht geltend, die Vereinsfreiheit umfasse nicht nur das Recht auf freie Vereinsbildung, sondern auch die Freiheit, keinem Verein beitreten und keinen solchen finanziell oder sonstwie in seiner Tätigkeit unterstützen zu müssen.
Wie es sich damit verhält, braucht das Bundesgericht nicht weiter zu prüfen, da der Beschwerdeführer, wie dargelegt, weder rechtlich noch tatsächlich gezwungen ist, eine der beiden politischen Zeitungen zu abonnieren oder zu lesen.
Der Beschwerdeführer wirft dem Regierungsrat in diesem Zusammenhang eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs vor, da der Einwand, die Abonnementskosten stellten indirekte Vereinsbeiträge dar, in den Erwägungen des angefochtenen Beschwerdeentscheides übergangen worden sei. Die Rüge ist unbegründet. Der Regierungsrat ging im angefochtenen Entscheid davon aus, dass die Vereinsfreiheit lediglich das Recht umfasse, sich mit andern zu einem Verein zusammenzuschliessen; den vom Beschwerdeführer behaupteten negativen Gehalt des Grundrechtes lehnte er ab. Damit war dem Einwand, durch die angeblich erzwungene Unterstützung politischer Parteien werde die Vereinsfreiheit verletzt, zum vornherein der Boden entzogen, so dass sich der Regierungsrat, wenn er die erwähnte Rüge nicht mehr ausdrücklich behandelte, keiner Gehörsverweigerung schuldig machte. Ob die Auffassung des Regierungsrates richtig war, kann nach dem Gesagten offen bleiben.
4.
Auch die Rüge der Verletzung der persönlichen Freiheit erweist sich als unbegründet. Von einem unmittelbaren staatlichen Eingriff in die persönliche Integrität des Einzelnen, wie er zum Beispiel bei zwangsweisem Blutentzug, Verhaftung oder Anstaltseinweisung vorliegt, kann hier zum vornherein keine Rede sein, weshalb sich auch die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage der gesetzlichen Grundlage und des öffentlichen Interesses gar nicht stellt. Es könnte sich höchstens fragen, ob die angefochtene Regelung mittelbar oder faktisch einen Zustand zur Folge hat, der mit der Grundidee der persönlichen
BGE 98 Ia 409 S. 415
Freiheit unvereinbar wäre (vgl. dazu
BGE 97 I 49
ff.,
BGE 90 I 34
ff.). Auch dies ist ohne weiteres zu verneinen. Der Gemeindeeinwohner, der die amtlichen Mitteilungen erfahren will, ist nicht gezwungen, eine politische Zeitung zu abonnieren; er kann die Mitteilungen auch am Anschlagkasten ablesen, und ein wöchentlicher Gang zur Gemeindekanzlei ist demjenigen, der die amtlichen Bekanntmachungen aus irgendeinem Grunde nicht den beiden Zeitungen entnehmen will, unter dem Gesichtspunkt der persönlichen Freiheit durchaus zumutbar. Der Einzelne kann im übrigen auch darauf verzichten, von den amtlichen Mitteilungen Kenntnis zu nehmen, oder sich über diese nur durch Drittpersonen in Kenntnis setzen lassen, wenn er die damit verbundenen Nachteile in Kauf nehmen will. Eine unzulässige Beeinträchtigung der persönlichen Entfaltungsmöglichkeiten liegt offensichtlich nicht vor.
5.
Zu prüfen ist, ob die angefochtene Regelung vor
Art. 4 BV
standhält.
a) Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, dass sie Sinn und Zweck von Art. 27 Abs. 1 Ziff. 4 des kantonalen Organisationsgesetzes vom 29. Dezember 1947 widerspreche. Durch diese Bestimmung in Verbindung mit Art. 26 Abs. 2 des genannten Gesetzes werden die Gemeinden verpflichtet, die "amtlichen Publikationsorgane" zu bezeichnen. Andere allgemeine Vorschriften über die Form der amtlichen Bekanntmachungen in den Gemeinden bestehen offenbar nicht (Vernehmlassung des Regierungsrates, S. 3); auch der Beschwerdeführer hat keine anderweitige Bestimmung angerufen.
Unter diesen Umständen kann von einem offensichtlichen Verstoss gegen übergeordnetes kantonales Recht nicht die Rede sein. Das kantonale Organisationsgesetz setzt zwar voraus, dass die Gemeinden ihre amtlichen Mitteilungen auch auf dem Wege der Presse bekannt geben; es überlässt es jedoch, wie der Regierungsrat mit Grund annehmen durfte, den einzelnen Gemeinden, ob ein neutrales, gemeindeeigenes Mitteilungsblatt geschaffen oder ob die Publikation in bereits bestehenden, d.h. gegebenenfalls auch politischen Zeitungen erfolgen soll. Im übrigen ist es den Gemeinden durch das kantonale Recht keineswegs verwehrt, auch andere Mittel zur Bekanntmachung zu verwenden; für bestimmte Fälle sind anderweitige Arten der Publikation sogar ausdrücklich vorgeschrieben (öffentliche Auflage, öffentlicher Anschlag; vgl. S. 4/5 des angefochtenen
BGE 98 Ia 409 S. 416
Beschwerdeentscheides). Wieweit diese besonderen Vorschriften in der Gemeinde Berneck im einzelnen eingehalten worden sind, steht hier nicht in Frage. Wesentlich ist einzig, dass das kantonale Recht den Gemeinden bei der Gestaltung des allgemeinen Publikationssystems einen weiten Spielraum belässt, und dass die in der Gemeinde Berneck geltende Regelung diese positivrechtlich gesetzten Grenzen der Gestaltungsfreiheit nicht überschreitet.
b) Zu untersuchen bleibt die Frage, ob die Publikationsordnung der Gemeinde Berneck im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse auch materiell vor
Art. 4 BV
standhält. Dabei ist vorweg zu beachten, dass sich die Beschwerde gegen eine Vorschrift der Gemeindeordnung, also gegen einen gesetzgeberischen Erlass richtet. Ein solcher ist aber mit
Art. 4 BV
erst dann unvereinbar, wenn er sinn- oder zwecklos ist oder wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund nicht ersichtlich ist. Der Verfassungsrichter hat nicht sein Ermessen an Stelle desjenigen des Gesetzgebers zu setzen, und er kann insbesondere eine gesetzliche Regelung nicht schon deshalb aufheben, weil sie auf Erwägungen beruht, die er für unzutreffend hält (
BGE 97 I 801
mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer rügt in erster Linie eine Verletzung der Rechtsgleichheit; er macht geltend, dass durch Art. 3 GO die Abonnenten der beiden fraglichen Zeitungen gegenüber den Nichtabonnenten bevorzugt würden. Dieser Einwand hat durch die nachträgliche Anweisung des Regierungsrates, wonach sämtliche in den Zeitungen erscheinenden Mitteilungen auch am Anschlagbrett zu publizieren sind, zwar stark an Bedeutung verloren. Doch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass auch nach der jetzigen Regelung diejenigen Gemeindeeinwohner, die der freisinnigen oder christlichdemokratischen Partei nahestehen und daher ohnehin eine der beiden Zeitungen halten, gegenüber den übrigen Einwohnern, die beide Zeitungen aus politischen Gründen ablehnen, besser gestellt sind. Während die ersten die amtlichen Mitteilungen im Rahmen ihrer ohnehin beabsichtigten täglichen Zeitungslektüre auf bequeme Weise zur Kenntnis nehmen können, steht die zweite Gruppe vor der Wahl, entweder sich periodisch zur Gemeindekanzlei zu begeben, um die Mitteilungen vom Anschlagkasten abzulesen, oder aber - womöglich zusätzlich zu andern Tageszeitungen - eine Zeitung zu abonnieren, die sie aus politischer Überzeugung
BGE 98 Ia 409 S. 417
ablehnen. Die Schlechterstellung dieser letzteren Gruppe beruht jedoch auf vernünftigen, sachlichen Gründen. Sicher wäre es wünschbar, dass jeder Gemeindeeinwohner die amtlichen Mitteilungen ohne besonderen Aufwand an Zeit und Geld zur Kenntnis nehmen kann, wie dies der Beschwerdeführer offenbar verlangt, und die ideale Lösung wäre zweifellos die Schaffung eines gemeindeeigenen Mitteilungsblattes, das unentgeltlich an alle Einwohner verteilt wird. Aus
Art. 4 BV
lässt sich jedoch kein dahingehender Anspruch des Einzelnen ableiten. Die meisten Gemeinden in der Schweiz verfügen über keine eigenen Publikationsorgane, sondern lassen ihre Anzeigen in den am Ort am stärksten verbreiteten Zeitungen erscheinen, welche in der Regel nicht gratis erhältlich sind. Auch die amtlichen Publikationsorgane des Bundes und der Kantone werden nicht unentgeltlich abgegeben; so kostet das Bundesblatt zusammen mit der Sammlung der eidgenössischen Gesetze Fr. 44.- und das Amtsblatt des Kantons St. Gallen mit der Gesetzessammlung Fr. 45.- im Jahr. Es ist somit keineswegs ungewöhnlich, dass dem Bürger, der über die amtlichen Erlasse unterrichtet sein will und es ablehnt, sie in einer Kanzlei, in Wirtschaften, bei Nachbarn oder sonstwie aus zweiter Hand zu vernehmen, ein gewisser finanzieller Aufwand zugemutet wird. In kleineren Gemeinden stellen sich zudem besondere Probleme. Bei der Herausgabe eines gemeindeigenen Mitteilungsblattes sind die Druckkosten wegen der kleinen Auflage unverhältnismässig hoch. Derartige Gemeindeanzeiger erscheinen daher in der Regel nicht täglich oder wöchentlich, sondern nur in grösseren Abständen. Ein einmal im Monat erscheinender Anzeiger, wie zum Beispiel das vom Beschwerdeführer vorgelegte Thaler Gemeindeblatt, vermag indessen den praktischen Bedürfnissen kaum gerecht zu werden, weil gewisse Publikationen dringlich oder sonst zeitlich gebunden sind (z.B. die Ankündung einer Gemeindeversammlung). Bei einem nur in längeren Abständen erscheinenden Anzeiger müssten sich die Termine nach dem Erscheinungsdatum des Blattes richten. Es ist daher in einer kleineren Gemeinde wie Berneck sachlich vertretbar, auf die Herausgabe eines eigenen Gemeindeanzeigers zu verzichten und die amtlichen Mitteilungen stattdessen in den beiden am Ort verbreiteten Tageszeitungen zu publizieren. Auf diese Weise können die Mitteilungen mit geringstmöglichem Aufwand in kürzester Zeit der überwiegenden Mehrzahl der Gemeindeeinwohner
BGE 98 Ia 409 S. 418
bekanntgegeben werden. Dass nicht alle Bürger die beiden Tageszeitungen lesen bzw. lesen wollen, ist zwar ein Nachteil dieser Lösung, der jedoch, da jedermann die amtlichen Publikationen auch am Anschlagbrett zur Kenntnis nehmen kann,
Art. 4 BV
nicht verletzt.
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public_law
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nan
|
de
| 1,972 |
CH_BGE
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CH_BGE_002
|
CH
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Federation
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f49e38cb-db0c-4f50-9c69-cc7554e8a05d
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Urteilskopf
103 Ia 575
84. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 1977 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft und Obergericht des Kantons Basel-Landschaft
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Regeste
Art. 136 ff. OG
; Revision.
Urteile, welche der Kassationshof als Organ der Staats- oder Verwaltungsrechtspflege fällt, unterliegen der Revision.
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Erwägungen
ab Seite 575
BGE 103 Ia 575 S. 575
Aus den Erwägungen:
1.
Gegen Urteile des Kassationshofes im Strafpunkt gibt es nur dann keine Revision, wenn sie gestützt auf
Art. 268 ff. BStP
gefällt worden sind (
BGE 95 IV 44
). Das erklärt sich daraus, dass der Kassationshof im Verfahren auf Nichtigkeitsbeschwerde an die tatsächlichen Feststellungen der kantonalen Behörden und folglich auch an ihre Beweiswürdigung gebunden ist. So verhält es sich aber nicht, wo der Kassationshof als Organ der Staats- oder der Verwaltungsrechtspflege zu befinden hat. Entscheide, die er in solcher Eigenschaft fällt, unterliegen wie die Urteile der übrigen Abteilungen und Kammern des Bundesgerichts - unter Vorbehalt des
Art. 139 OG
- der Revision nach den Bestimmungen des
Art. 136 ff. OG
; denn bei jenen Entscheiden handelt es sich verfahrensrechtlich nicht um Strafurteile im eigentlichen Sinne (zu veröffentlichender Entscheid zu
Art. 34 OG
i.S. K. gegen Thurgau vom 14. November 1977).
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,977 |
CH_BGE
|
CH_BGE_002
|
CH
|
Federation
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f4abdede-bfdd-49a3-8677-a4b913c6eca1
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Urteilskopf
97 III 72
18. Sentenza del 13 aprile 1971 nella causa Rehart.
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Regeste
Art. 19 und 140 SchKG
. Lastenverzeichnis.
1. Vor Bundesgericht anfechtbare Entscheide (Erw. 1).
2. Der Gläubiger eines das Grundstück belastenden Grundpfandtitels ist mit Namen und Wohnort ins Lastenverzeichnis einzutragen. Das Betreibungsamt hat deshalb dafür zu sorgen, dass die unbekannten Gläubiger ihre Personalien angeben (Erw. 2). Fall, dass ein Gläubiger sich nicht zu erkennen gab, obwohl das Betreibungsamt eine bestimmte und ausdrückliche Aufforderung hiezu an seinen Vertreter gerichtet hatte. Missbräuchliches und nicht schutzwürdiges Verhalten des Gläubigers, der seinen eigenen Namen und seinen eigenen Wohnort erst nach Ablauf der hiefür gesetzten Frist angibt (Erw. 3).
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Sachverhalt
ab Seite 72
BGE 97 III 72 S. 72
A.-
Nella procedura esecutiva promossa da Philippine Rehart contro Maria Rehart per l'incasso di fr. 48 000.-- oltre interessi e spese, l'Ufficio di esecuzione di Lugano pignorò, in data 22 agosto 1968, l'immobile sito al mappale n. 1220 di Caslano, appartenente all'escussa. L'atto di pignoramento precisava che il fondo non era gravato da ipoteche.
BGE 97 III 72 S. 73
Il 6 marzo 1969 Philippine Rehart chiese all'Ufficio di realizzare l'immobile. Sul foglio ufficiale ticinese del 16 maggio 1969 fu così pubblicato il bando d'asta, con l'invito agli interessati di notificare gli eventuali crediti ipotecari entro il 5 giugno successivo. La vendita ai pubblici incanti non venne tuttavia effettuata alla data prevista del 30 giugno 1969, poiché l'ufficio aveva nel frattempo appreso da un estratto del registro fondiario che il 9 agosto 1968 era stata iscritta a carico del fondo litigioso un'ipoteca al portatore di fr. 90 000.--.
L'ufficio di esecuzione di Lugano ingiunse ripetutamente alla debitrice, anche attraverso la minaccia e, successivamente, il ricorso ad una denuncia penale, di indicare il nome e l'indirizzo del portatore dell'ipoteca. Ma invano. Sul foglio ufficiale cantonale del 27 gennaio 1970 esso pubblicò quindi nuovamente l'avviso d'incanto, con un ulteriore termine sino al 16 febbraio 1970 per notificare i diritti sul fondo. Il 13 febbraio 1970 lo studio dell'avv. X. notificò "a nome e per conto" di un non precisato portatore un credito ipotecario di fr. 90 000.--; l'ufficio allestì così l'elenco degli oneri, tenendo conto della suesposta ipoteca.
Il 3 marzo 1970 la creditrice procedente contestò tuttavia l'esistenza, l'estensione e l'esigibilità dell'onere, ch'essa riteneva fittizio. Dopo uno scambio di corrispondenza, il 20 agosto 1970 l'ufficio assegnò alla creditrice un termine di 10 giorni per proporre l'azione di disconoscimento del citato credito; già il 27 successivo esso comunicò tuttavia d'aver annullata "l'erronea iscrizione in elenco oneri del credito ipotecario di fr. 90 000.-- oltre interessi, perché fondata su di una notifica illegale e priva di efficacia giuridica"; l'assegnazione di termine alla creditrice veniva quindi annullata. Un nuovo termine di dieci giorni veniva questa volta fissato, mediante lettera recante la stessa data del 27 agosto 1970, all'avv. X., perché indicasse il nome e il domicilio del creditore ipotecario, pena il rifiuto di iscrivere l'onere. Sul foglio ufficiale ticinese del 29 settembre 1970 veniva quindi pubblicato un nuovo bando d'asta, prevista per il 5 novembre successivo. Nel termine assegnatogli, l'avv. X. non corrispose all'invito dell'ufficio: esso si limitò invece a notificare ancora una volta il credito ipotecario a nome del suo portatore.
Il 28 ottobre 1970, pochi giorni prima della data prevista per l'incanto, l'ufficio comunicò all'avv. X. ch'esso si rifiutava di iscrivere nell'elenco degli oneri il credito ipotecario notificato
BGE 97 III 72 S. 74
senza indicazione dei dati richiesti. Con reclamo del 31 ottobre 1970 alla Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del cantone Ticino quale autorità di vigilanza, Maria Rehart e Manfred Henne, che si dichiarava portatore del titolo, impugnarono, con il patrocinio dell'avv. X., la decisione dell'ufficio di Lugano. Quest'ultimo, il 4 novembre 1970, constatato come il portatore del titolo ipotecario si fosse finalmente rivelato, rinviò l'incanto previsto per l'indomani.
B.-
Philippine Rehart si aggravò contro questa decisione davanti all'autorità di vigilanza che, il 3 marzo 1971, respinse il gravame.
L'autorità cantonale rilevò in sostanza che un onere può essere iscritto nell'elenco anche alla vigilia dell'incanto, purché l'elenco degli oneri non sia cresciuto in giudicato. Ora, nella fattispecie, l'elenco non sarebbe stato mai comunicato agli interessati e non sarebbe quindi divenuto definitivo: a ragione pertanto l'ufficio di Lugano avrebbe tenuto conto della censurata notificazione.
C.-
Philippine Rehart impugna la citata decisione davanti al Tribunale federale. Essa chiede il seguente giudizio:
1.-
Il ricorso è accolto.
§ Di conseguenza è annullata la decisione 3-12 marzo 1971 della CEF TdA
in re Philippine Rehart/UEF di Lugano.
2.-
È fatto ordine all'UEF di Lugano di fissare immediatamente la nuova
data dell'incanto sulla base di un elenco oneri che non contempli il
credito ipotecario di fr. 90 000.-- e delle condizioni d'asta pubblicate
il 23 ottobre 1970.
§ L'ipoteca di fr. 90 000.-- in Io grado a favore del Portatore
iscritta a RF il 9.8.1968 sulla part. N. 1220 RFD di Caslano doc. 5314 è
radiata dal Registro Fondiario.
3.-
Protestate spese e ripetibili.
Erwägungen
Considerando in diritto:
1.
Con il ricorso al Tribunale federale previsto dall'art. 19 LEF possono essere impugnate soltanto le decisioni delle autorità cantonali di vigilanza su ricorsi o reclami interposti, giusta gli
art. 17 e 18
LEF, contro gli atti o le omissioni degli uffici di esecuzione e dei fallimenti (RU 82 III 50, 117/118 consid. 1; FAVRE, Droit des poursuites, p. 74/75). In concreto, l'ufficio di esecuzione di Lugano non era evidentemente competente per cancellare dal registro fondiario un onere ipotecario: l'esame di tale quesito esulava quindi anche dai compiti dell'autorità
BGE 97 III 72 S. 75
di vigilanza. Ne consegue che la domanda della ricorrente volta ad ottenere, in questa sede, la cancellazione dalregistro fondiario dell'ipoteca litigiosa è palesemente irricevibile.
2.
Il creditore al beneficio di un titolo ipotecario gravante il fondo pignorato deve in linea di massima essere iscritto nell'elenco degli oneri con il nome e l'indicazione del domicilio. Dal momento che il suo credito, o le garanzie che lo corredano, può venire contestato dagli interessati, solo con tali dati il diritto di questi ultimi è garantito, un'azione giudiziale contro ignoti essendo inconcepibile. La semplice designazione d'un rappresentante, pertanto, non basta, poiché il mandatario non è parte in causa (RU 57 III 134/135 consid. 2). Spetterà di conseguenza all'ufficio di esecuzione adottare i necessari provvedimenti perché i creditori sconosciutti annuncino le proprie generalità. Qualora essi non abbiano un rappresentante, e il loro diritto di pegno desunto dal registro fondiario e iscritto nell'elenco degli oneri ai sensi dell'art. 34 RFF sia contestato, si dovrà procedere alla nomina di un curatore, affinché si possano conoscere i dati necessari sulla persona del creditore, rispettivamente sulla sua rappresentanza (RU 62 III 123).
3.
Nella fattispecie, il creditore ipotecario aveva un rappresentante nella persona dell'avv. X., il quale però si era ripetutamente rifiutato di indicare il nome del suo cliente. L'ufficio di Lugano avrebbe quindi dovuto, in tali circostanze, contrariamente a quanto ha fatto, negare l'iscrizione del pegno litigioso nell'elenco degli oneri, fintanto che il titolare non si fosse annunciato (RU 57 III 135 consid. 3 in fine, 63 III 121). Esso rimediò tuttavia all'errore il 27 agosto 1970, quando stralciò il diritto di pegno dall'elenco degli oneri, assegnando nel contempo all'avv. X. un termine di dieci giorni per indicare il nome del creditore. Nonostante la diffida fosse accompagnata da una comminatoria, il rappresentante del creditore non la impugnò, limitandosi ad insinuare ancora una volta il credito, senza dare ragguagli più precisi. L'avv. X. si aggravò davanti all'autorità di vigilanza soltanto il 31 ottobre 1970, dopo che l'ufficio gli ebbe, con un'ulteriore decisione, confermato il rifiuto di iscrivere nell'elenco degli oneri il diritto litigioso.
Il caso presente si differenzia quindi da quello deciso con la sentenza pronunciata dal Tribunale federale il 6 luglio 1945 nella causa Perrez, e pubblicata parzialmente in RU 71 III 108 e segg.: in quella vertenza, l'ufficio di esecuzione, che non conosceva
BGE 97 III 72 S. 76
alcun rappresentante del creditore pignoratizio, e non escludeva che quest'ultimo avesse ignorato la diffida, aveva stralciato il pegno dall'elenco oneri, con la riserva di reiscriverlo in caso di successiva notifica del suo titolare. La fattispecie che ci occupa è invece ben diversa. Manfred Henne, rivelatosi solo il 31 ottobre 1970 come titolare del pegno litigioso, aveva un suo rappresentante nel Ticino, cui era stata regolarmente comminata una precisa quanto infruttuosa diffida. D'altra parte, non si può affatto desumere dalla diffida del 27 agosto 1970 dell'ufficio al rappresentante del creditore una riserva nel senso che il pegno sarebbe stato reiscritto anche qualora il creditore si fosse manifestato dopo il termine. La presente fattispecie si identifica piuttosto con quella della già citata sentenza RU 57 III 131 e segg. - menzionata peraltro dall'ufficio nella sua diffida - ove il creditore aveva pure un rappresentante che si rifiutava di rivelare nome e domicilio del suo cliente.
La diffida litigiosa era chiara e senza riserva, né si prestava ad equivoci: dato l'atteggiamento del creditore pignoratizio, essa era anche affatto giustificata. L'ufficio di esecuzione sarebbe potuto ritornare sulla sua decisione di non iscrivere il pegno solo qualora la decisione medesima e la comminatoria che l'aveva preceduta fossero state nulle. Niente par la però a favore di un simile vizio. Solo il creditore ipotecario e, eventualmente, la debitrice, erano interessati al mantenimento dell'iscrizione del pegno nell'elenco degli oneri. Ora, dato il loro censurabile comportamento nella procedura esecutiva, essi non meritano una speciale protezione, tanto più che hanno omesso di impugnare la diffida loro comminata il 27 agosto 1970. Una volta questa cresciuta in giudicato, l'ufficio di esecuzione non poteva del resto più ignorarne il contenuto, né annullarne gli effetti (v. RU 88 III 14/15 e riferimenti). La inconsueta lunghezza della procedura e i ripetuti rinvii dell'incanto, determinati da un atteggiamento di abusiva renitenza del creditore ipotecario a rivelarsi, impongono in concreto che il diritto di pegno litigioso non venga iscritto nell'elenco oneri. La diversa soluzione adottata dall'autorità di vigilanza premierebbe chi non reagisce a giustificate diffide regolarmente comminate e prolunga abusivamente la procedura.
Henne deve attribuire al suo comportamento se il diritto di pegno di cui si professa titolare non può più figurare nell'elenco oneri. Il ricorso di Philippine Rehart merita pertanto d'essere accolto, e la decisione impugnata viene annullata.
BGE 97 III 72 S. 77
Dispositiv
Il Tribunale federale pronuncia:
1.- In quanto ricevibile, il ricorso è accolto, e la decisione impugnata è annullata.
2.- L'ufficio di esecuzione e dei fallimenti di Lugano non dovrà iscrivere nell'elenco degli oneri il diritto di pegno profes sato dall'intimato Manfred Henne.
| null |
nan
|
it
| 1,971 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f4b0777c-360a-49fb-acef-e751e696d3f7
|
Urteilskopf
123 II 425
45. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 24 juin 1997 dans la cause Etat de Vaud contre T. (recours de droit administratif)
|
Regeste
Hilfe an Opfer von Straftaten;
Art. 103 OG
.
Zusammenfassung der Grundsätze über die Beschwerdeberechtigung von öffentlichrechtlichen Körperschaften (E. 2 und 3).
Der Kanton ist nicht zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen kantonalen Entscheid legitimiert, der sich auf das OHG stützt und ihn zur Zahlung einer Entschädigung an das Opfer einer Straftat verpflichtet (E. 4).
|
Sachverhalt
ab Seite 426
BGE 123 II 425 S. 426
T. est propriétaire d'une maison de deux appartements à V.; il occupe lui-même, avec sa famille, l'appartement situé à l'étage supérieur de l'immeuble. Il loue l'appartement du rez-de-chaussée à M.
Le 25 mars 1993 vers 2h30, un incendie se déclare dans l'appartement du rez-de-chaussée. T., sa femme et son fils sortent de la maison. Constatant que son locataire est demeuré dans l'immeuble, T. s'introduit, pour lui porter secours, dans l'appartement du rez-de-chaussée encore en flammes. Il est brûlé sur environ 30% de la surface corporelle. Hospitalisé une dizaine de jours, il souffre durant plusieurs mois des séquelles physiques de ses blessures; il doit en outre suivre quelques séances de psychothérapie, se montre anxieux et prend aujourd'hui encore des tranquillisants.
Par jugement du 19 avril 1994, le Tribunal de police du district d'Orbe a condamné M. à quinze jours d'emprisonnement avec sursis, pour incendie par négligence. Selon le jugement, M. faisait l'objet de nombreuses poursuites et d'actes de défaut de biens.
En mars 1995, T. a réclamé à l'Etat de Vaud l'octroi d'une somme de 15'000 fr. à titre de réparation morale. Statuant en première instance, le Président du Tribunal civil du district d'Orbe a rejeté la demande. Selon lui, les lésions subies par T., quoique graves, n'étaient pas en relation de causalité adéquate avec l'infraction commise par M.
Par arrêt du 26 juin 1996, la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois a réformé le jugement; elle a admis partiellement l'action de T., déclarant l'Etat de Vaud débiteur de T. de la somme de 8'000 fr. T. avait rendu vraisemblable qu'il ne pouvait rien recevoir de tiers, notamment en raison de la situation financière de l'auteur de l'infraction. Les lésions dont il avait été victime constituaient une atteinte grave au sens de l'
art. 12 al. 2 LAVI
(RS 312.5), et il convenait d'admettre que ces lésions étaient en relation de causalité adéquate avec l'infraction commise par M. Le Tribunal cantonal a également estimé que le comportement exemplaire de T. était une circonstance particulière, au sens de l'
art. 12 al. 2 LAVI
, qui justifiait l'allocation d'une réparation morale qu'il a fixée, ex aequo et bono, à 8'000 fr.
BGE 123 II 425 S. 427
Agissant par la voie du recours de droit administratif, l'Etat de Vaud, représenté par son Conseil d'Etat, invite le Tribunal fédéral à annuler l'arrêt du Tribunal cantonal et à renvoyer le dossier à l'autorité inférieure afin qu'elle rende une nouvelle décision refusant à T. toute indemnité.
Le Tribunal fédéral a déclaré le recours irrecevable.
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
La qualité pour former un recours de droit administratif se détermine selon l'
art. 103 OJ
. Selon la lettre a de cette disposition, a qualité pour recourir quiconque est atteint par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à ce qu'elle soit annulée ou modifiée. L'
art. 103 lettre b OJ
permet à l'administration fédérale de recourir, notamment contre des décisions de dernière instance cantonale. L'art. 103 lettre c OJ confère en outre la qualité pour recourir à toute autre personne, organisation ou autorité, à laquelle la législation fédérale accorde le droit de recours.
a) Le canton recourant ne peut se prévaloir de l'
art. 103 lettre b OJ
, qui ne concerne que les autorités fédérales.
b) A la différence d'autres lois fédérales (
art. 12 LPN
,
art. 56 al. 2 et 57 LPE
,
art. 34 al. 2 LAT
,
art. 3 al. 4 LCR
), la LAVI ne reconnaît pas aux collectivités publiques la qualité pour interjeter un recours de droit administratif contre une décision cantonale prise en application de cette loi. Comme il le reconnaît lui-même, le canton recourant ne saurait par conséquent fonder sa qualité pour agir sur l'art. 103 lettre c OJ.
3.
Ce silence du législateur ne signifie pas encore que la collectivité publique soit privée de toute qualité pour agir: il convient en effet de rechercher si le canton recourant peut fonder cette qualité sur l'
art. 103 lettre a OJ
, autrement dit s'il peut faire valoir un "intérêt digne de protection" à l'annulation ou à la modification de l'arrêt entrepris (
ATF 122 II 382
consid. 2c).
En effet, même si l'
art. 103 lettre a OJ
ne concerne en principe pas les autorités ou les collectivités de droit public, la jurisprudence reconnaît exceptionnellement à ces dernières la qualité pour agir. Elle recourt pour ce faire à plusieurs critères.
a) La qualité pour former un recours de droit administratif est reconnue à la collectivité publique lorsqu'elle est touchée, par la décision attaquée, directement et de la même manière qu'un particulier, dans sa situation matérielle ou juridique (
ATF 122 II 33
BGE 123 II 425 S. 428
consid. 1b p. 36;
ATF 118 Ib 614
consid. 1b p. 616;
ATF 112 Ib 128
consid. 2 p. 130;
ATF 110 Ib 197
consid. 1;
ATF 108 Ib 167
consid. 2a p. 169;
ATF 99 Ib 211
consid. 4 p. 213/214). Tel est notamment le cas lorsqu'elle agit pour la sauvegarde de son patrimoine administratif ou financier, par exemple lorsqu'elle recourt pour éviter le paiement d'une indemnité d'expropriation, car elle fait alors figure de propriétaire (
ATF 103 Ib 216
; GRISEL, Traité de droit administratif, Neuchâtel 1984 p. 905;
ATF 122 II 33
concernant la pose de fenêtres antibruit; dans ce dernier cas, le canton, destinataire de la décision et propriétaire d'une route, était touché au même titre qu'un propriétaire d'ouvrage).
b) La jurisprudence reconnaît aussi la qualité pour recourir à la collectivité qui, agissant dans le cadre de la puissance publique, est touchée dans son autonomie et dispose d'un intérêt digne de protection à l'annulation ou à la modification de la décision attaquée, par exemple en tant que créancière d'un émolument (
ATF 119 Ib 389
consid. 2e p. 391), bénéficiaire d'une subvention (
ATF 122 II 382
consid. 2b p. 383), titulaire d'une compétence en matière de police des constructions (
ATF 117 Ib 111
consid. 1b p. 113), lorsqu'elle prévoit de créer une installation sportive ou une décharge, ou lorsqu'elle ordonne des mesures de protection des eaux. La doctrine parle dans ce contexte d'un "intérêt juridique qualifié" (voir GYGI, Zur Beschwerdebefugnis des Gemeinwesens in der Bundesverwaltungsrechtspflege, RDS 98/1979 I p. 451 et 455; MOOR, Droit administratif, Berne, 1991, vol. II, p. 423; KNAPP, Précis de droit administratif, Bâle 1991, no 2639 ss).
c) Doctrine et jurisprudence s'accordent pour admettre que l'intérêt financier général de l'Etat ne suffit pas, à lui seul, pour lui conférer la qualité pour recourir. Il est par ailleurs reconnu que l'intérêt à une application correcte et uniforme du droit fédéral n'est pas non plus suffisant (
ATF 122 II 382
consid. 2c et les arrêts cités), car cet intérêt est inhérent à l'exercice de toute compétence étatique (MOOR, op.cit. p. 423); il ne suffit donc pas que la collectivité agisse dans un domaine où elle dispose de certaines compétences d'application.
Lorsque le droit de recours n'est pas prévu par le droit fédéral, la qualité pour recourir, sur la base des critères précités, ne doit pas être admise à la légère; toute autre interprétation viderait de son sens l'art. 103 lettre c OJ (pour un résumé de la jurisprudence relative à la qualité pour recourir de la collectivité, voir
ATF 123 II 371
consid. 2 p. 373). Une approche restrictive se justifie en particulier lorsque le recours est formé par une collectivité à laquelle appartient l'autorité
BGE 123 II 425 S. 429
qui a statué, puisqu'on ne saurait admettre a priori que l'administration s'en prenne à ses propres décisions (cf. GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, Berne 1983, p. 169-170 et les références citées). La doctrine réserve le cas de décisions sur recours désavouant l'autorité administrative de première instance; elle souligne cependant que le seul intérêt de l'autorité désavouée à voir confirmée sa propre interprétation du droit ne suffit pas (GYGI, op.cit.; voir également GADOLA, Die Behördenbeschwerde in der Verwaltungsrechtspflege des Bundes - ein "abstraktes" Beschwerderecht ?, in AJP 12/93 p. 1458-1471, 1468 et les auteurs cités à la note 127).
4.
L'Etat de Vaud expose que selon l'art. 10 de la loi vaudoise d'application de la LAVI (LVLAVI), la victime qui demande à l'Etat une indemnisation ou une réparation morale doit d'abord s'adresser au Conseil d'Etat; à défaut d'accord, elle procède par voie judiciaire. En vertu de l'art. 11 LVLAVI, c'est le Président du Tribunal de district compétent qui connaît des demandes d'indemnité et de réparation morale dirigées contre l'Etat, quelle que soit la valeur litigieuse. En exécution de l'
art. 17 LAVI
, le canton de Vaud a désigné le Tribunal cantonal comme autorité de recours unique, saisi par la voie du recours en réforme ou en nullité, selon le titre XV du code de procédure civile vaudois (art. 15 LVLAVI). Ce recours a un effet dévolutif: le Tribunal cantonal n'est pas lié par l'état de fait arrêté par la juridiction inférieure et peut procéder ou faire procéder à toute mesure d'instruction qu'il juge utile. Le canton recourant en déduit que, devant les deux instances judiciaires cantonales, l'Etat "procède en qualité de partie à l'instar de n'importe quelle personne privée", et qu'il se trouve ainsi "partie à un procès qui l'oppose à la victime". On devrait dès lors admettre sa qualité pour former un recours pour fausse application de la loi fédérale, car il serait "inconcevable que le droit fédéral impose des obligations à un Etat cantonal et lui refuse la qualité pour agir".
a) On peut s'interroger, à ce propos, sur la compatibilité du système vaudois avec le droit fédéral.
Ce dernier prévoit une procédure simple, rapide et gratuite (
art. 16 al. 1 LAVI
); le législateur a ainsi voulu permettre à la victime d'obtenir une décision "le plus rapidement possible et sans bureaucratie" (FF 1990 II p. 909 ss, 941). A première vue, l'intervention successive de trois autorités (Conseil d'Etat, Président du Tribunal de district et Tribunal cantonal) pourrait contrevenir aux
art. 16 et 17 LAVI
, qui ne prévoient qu'une autorité de première instance et une autorité de recours; selon la jurisprudence toutefois, le Conseil d'Etat
BGE 123 II 425 S. 430
saisi d'une demande d'indemnité ne rend pas de décision à ce sujet, mais une simple prise de position - détermination - avant un éventuel procès (arrêt non publié du 15 novembre 1996 dans la cause X., consid. 3).
Le législateur fédéral a aussi désiré éviter à la victime de devoir intenter un procès civil contre l'auteur de l'infraction (cf.
ATF 123 II 1
consid. 3b). Qu'il s'agisse de conseils et d'assistance (
art. 3 et 4 LAVI
), ou d'indemnisation proprement dite (
art. 11 ss LAVI
), l'aide à accorder par l'Etat n'est pas conçue, dans le système de la LAVI, comme une prétention à faire valoir par voie d'action, mais comme une tâche étatique d'assistance (consid. c ci-dessous). Dès lors, obliger la victime à intenter un procès contre l'Etat, même selon une procédure accélérée (art. 12 LVLAVI) et gratuite (art. 16 LVLAVI), ne semble pas correspondre aux exigences du droit fédéral. En tout cas, le canton recourant ne saurait déduire de sa qualité de défendeur au procès conférée par le droit cantonal - à supposer que celle-ci soit conforme au droit fédéral - la reconnaissance de sa qualité pour former un recours de droit administratif.
b) L'examen du rôle assigné par la LAVI aux cantons permet d'exclure que le canton recourant est touché "comme un particulier" par l'obligation qui lui est faite de verser une indemnité à la victime d'une infraction, ou qu'il dispose d'un "intérêt juridique qualifié" pour recourir.
aa) Considérée dans le système de la disposition constitutionnelle (
art. 64ter Cst.
) et de la Convention européenne du 24 novembre 1983 relative au dédommagement des victimes d'infractions violentes (RS 0.312.5) qui lui servent de fondement, la LAVI a pour but premier d'apporter une assistance appropriée à toutes les victimes qui en ont besoin (FF 1990 II 919), avec, pour idée centrale, de "rééquilibrer le système de justice pénale, axé aujourd'hui trop unilatéralement sur le délinquant, et de mieux tenir compte des préoccupations, besoins et intérêts de la victime" (FF 1990 II 912).
bb) S'agissant plus particulièrement des conditions d'octroi d'une somme à la victime à titre de réparation morale, l'
art. 12 al. 2 LAVI
pose un principe essentiel: une telle somme peut être versée à la victime indépendamment de son revenu "lorsque celle-ci a subi une atteinte grave et que des circonstances particulières le justifient".
Après avoir écarté les systèmes de financement par des prélèvements obligatoires (primes et cotisations d'assurance), le Conseil fédéral a préféré une procédure d'indemnisation distincte fondée sur le droit public et financée par le budget de l'Etat. Il a voulu montrer
BGE 123 II 425 S. 431
par là que l'indemnisation par l'Etat doit constituer une exception et qu'elle est subsidiaire par rapport aux autres possibilités d'obtenir réparation que la victime possède déjà (FF 1990 II 923). Le système d'indemnisation proposé prévoit que la victime dont les ressources ne dépassent pas un certain seuil a droit à une indemnité (
ATF 121 II 116
consid. 1b/bb). Jusqu'à un certain niveau de ressources considéré comme le minimum vital, il est prévu que l'indemnité couvre l'intégralité du dommage alors qu'au-delà de ce point, le degré de couverture diminue. Enfin, la faculté donnée à l'autorité - et, sur recours, au juge - d'allouer aux victimes une somme d'argent à titre de réparation morale, a été envisagée "pour atténuer les rigueurs de ce système", et "lorsque l'équité le commande" (FF 1990 II p. 924).
cc) L'
art. 18 LAVI
régit les modalités de l'aide financière accordée par la Confédération aux cantons pour la mise en place du système d'aide aux victimes. Cette aide est répartie entre les cantons en proportion de leur capacité financière et de leur population (
art. 18 al. 2 LAVI
). Si, par suite d'événements extraordinaires, un canton doit supporter des frais particulièrement élevés, la Confédération peut accorder des aides financières supplémentaires (
art. 18 al. 3 LAVI
).
dd) Le législateur suisse a ainsi voulu concilier plusieurs exigences: la couverture effective, rapide et suffisante du dommage subi par les victimes; la fixation de seuils et de plafonds pour l'octroi d'indemnités pour le dommage subi (
art. 12 al. 1 LAVI
) selon un système qui, sur ce point, présente des analogies avec la législation sociale (art. 2 à 5 OAVI); et une garantie de souplesse, laissée à l'appréciation de l'autorité et, sur recours, au juge, en ce qui concerne la fixation du montant à verser à la victime à titre de réparation morale (
art. 12 al. 2 LAVI
).
c) Ce rappel du système d'indemnisation et de réparation morale envisagé par la LAVI montre que l'allocation d'une indemnité à la victime relève clairement d'un devoir d'assistance et non d'une obligation d'indemniser découlant d'une responsabilité de l'Etat. Il démontre aussi que les intérêts financiers généraux des cantons sont largement pris en compte par le législateur fédéral (voir notamment l'
art. 12 al. 1 LAVI
), et par l'aide financière de la Confédération accordée aux cantons pour une période initiale de six ans en vue de la mise en place du système d'aide aux victimes (
art. 18 al. 2 LAVI
). Des aides financières supplémentaires sont même envisagées pour le cas où un canton devrait supporter des frais particulièrement élevés à la suite d'événements
BGE 123 II 425 S. 432
extraordinaires (
art. 18 al. 3 LAVI
). Dans ce système, l'
art. 17 LAVI
, relatif à la protection juridique, limite délibérément la possibilité pour les cantons, en tant qu'autorités administratives ou exécutives, d'influencer des décisions concrètes en matière d'octroi d'indemnité ou de réparation morale aux victimes, puisque l'autorité de recours unique à mettre en place doit être "indépendante de l'administration" et jouir "d'un plein pouvoir d'examen".
d) Il en découle qu'en tant que débiteur d'une somme attribuée à la victime à titre de réparation morale par l'autorité de recours judiciaire choisie par lui en application de l'
art. 17 LAVI
, le canton de Vaud ne saurait faire valoir, au titre de l'
art. 103 lettre a OJ
, un intérêt digne de protection à l'annulation ou à la modification de la décision attaquée. La charge économique que la décision judiciaire attaquée implique pour lui n'est que le corrélat financier - inhérent à l'accomplissement de toute tâche publique - de l'obligation légale de protéger les victimes d'infraction; le canton ne défend dès lors rien d'autre qu'un intérêt financier général (cf.
ATF 99 Ib 211
consid. 4) et sa propre interprétation ou application du droit fédéral, motifs insuffisants à eux seuls pour fonder sa qualité pour agir dans le contexte spécifique de la LAVI. Cette position rejoint d'ailleurs celle qui est exprimée par la doctrine (GOMM/STEIN/ZEHNTNER, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Berne, 1995, ad
art. 17 LAVI
, p. 253, no 15). Le recours doit dès lors être déclaré irrecevable.
|
public_law
|
nan
|
fr
| 1,997 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f4b517da-9416-4029-a6e4-f6356c589e6b
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Urteilskopf
104 V 74
15. Urteil vom 21. Juni 1978 i.S. Schmid gegen Ausgleichskasse des Kantons Thurgau und Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV
|
Regeste
Art. 33bis Abs. 1 AHVG
.
Als "massgebende Grundlage" zur Ermittlung der für den Berechtigten vorteilhafteren Berechnungsart gelten sowohl das durchschnittliche Jahreseinkommen als auch die Rentenskala.
|
Sachverhalt
ab Seite 74
BGE 104 V 74 S. 74
A.-
Fritz Schmid bezog vom 1. August 1969 bis 31. Oktober 1977 eine ganze einfache Invalidenrente mit Zusatzrente für die Ehefrau im Gesamtbetrage von Fr. 1'035.- monatlich. Die Bemessung der Rente beruhte zuletzt auf einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von Fr. 20'790.- und der Rentenskala 25.
Nachdem Fritz Schmid das 65. Altersjahr zurückgelegt hatte, gewährte ihm die Ausgleichskasse des Kantons Thurgau mit Wirkung ab 1. November 1977 eine ordentliche einfache Altersrente nebst Zusatzrente für die Ehefrau, gesamthaft Fr. 817.- monatlich, basierend auf einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von Fr. 15'120.- und der Rentenskala 24 (Verfügung vom 15. Dezember 1977). Die Anwendung der tieferen Rentenskala ergab sich daraus, dass die Ausgleichskasse bei der Berechnung der Beitragsdauer eine Lücke in den Jahren 1969 bis 1976 - entstanden zufolge eines Auslandaufenthaltes, während dem es Fritz Schmid unterlassen hatte, der freiwilligen Versicherung für Auslandschweizer beizutreten - mitberücksichtigte. Das tiefere durchschnittliche Jahreseinkommen ergab sich aus der Berücksichtigung der Beitrags- und Einkommensverhältnisse des Versicherten seit Beginn der Invalidenversicherungsleistungen im Jahre 1969.
B.-
Gegen diese Verfügung erhob Fritz Schmid Beschwerde und verlangte, es sei bei der Bemessung der Altersrente in Anwendung von
Art. 33bis AHVG
auf die für ihn
BGE 104 V 74 S. 75
vorteilhafteren Grundlagen, wie sie bei der Berechnung der bisher gewährten Invalidenrente galten, abzustellen. Die Rekurskommission des Kantons Thurgau hiess das Begehren teilweise gut, indem sie für die Bemessung der Altersrente das bei der Invalidenrente berücksichtigte durchschnittliche Jahreseinkommen von Fr. 20790.- anwendbar erklärte und gestützt darauf dem Versicherten total Fr. 931.- pro Monat zusprach.
C.-
Mit seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Fritz Schmid sinngemäss, es sei der Bemessung der Altersrente die Skala 25 zugrundezulegen. Im wesentlichen macht er geltend, die nach Eintritt des Invalidenrentenfalles entstandenen Beitragslücken dürften bei der Ermittlung des Rentenbetrages nicht berücksichtigt werden.
Während die Ausgleichskasse auf Abweisung schliesst, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei gutzuheissen, der Entscheid der Rekurskommission aufzuheben und die Sache zum Erlass einer neuen Verfügung an die Ausgleichskasse zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
Gemäss
Art. 33bis Abs. 1 AHVG
ist für die Berechnung von Alters- und Hinterlassenenrenten, die an die Stelle einer Rente gemäss dem Bundesgesetz über die Invalidenversicherung treten, auf die für die Berechnung der Invalidenrente massgebende Grundlage abzustellen, falls dies für den Berechtigten vorteilhafter ist.
Für den Beschwerdeführer sind die Berechnungsgrundlagen der Invalidenrente günstiger. Dennoch lehnt es die Ausgleichskasse ab, vollumfänglich darauf abzustellen. Sie anerkennt zwar, dass das letzte, bei der Invalidenrente berücksichtigte durchschnittliche Jahreseinkommen auch der Altersrente zugrundezulegen ist; jedoch widersetzt sie sich der Anwendung der dort berücksichtigten Rentenskala.
Art. 33bis AHVG
sei nur bei vollständiger Beitragsdauer anwendbar; andernfalls wäre ein Invalidenrentner mit fehlenden Beitragsjahren besser gestellt als ein AHV-Rentner, der sich in einem solchen Falle mit einer Teilrente im Sinne von
Art. 38 AHVG
begnügen müsste.
Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Wenn
Art. 33bis Abs. 1 AHVG
auf die für die Berechnung der Invalidenrente
BGE 104 V 74 S. 76
"massgebende Grundlage" verweist, so gilt dies in einem umfassenden Sinne und erstreckt sich sowohl auf das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen als auch auf die anwendbare Rentenskala. Eine Aufspaltung des Begriffs der "massgebenden Grundlage" verbietet sich schon vom Gesetzeswortlaut her. Dieser liefert aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anwendung der vorteilhafteren Rentenskala eine vollständige Beitragsdauer voraussetzen würde. Gegenteils ist im Hinblick auf den Abs. 3 des gleichen Artikels, wo dieses Erfordernis im Zusammenhang mit der Ablösung ausserordentlicher Renten ausdrücklich genannt wird, anzunehmen, dass es für den allgemeinen Fall des Abs. 1 keine Berücksichtigung finden darf. Die Rz 531 der Wegleitung über die Renten des Bundesamtes für Sozialversicherung beruht somit auf einer zutreffenden Auslegung von
Art. 33bis Abs. 1 AHVG
.
Richtig ist zwar, dass diese Regelung zu einer Besserstellung von Invalidenrentnern mit Beitragslücken führen kann. Diese Ungleichbehandlung hat aber der Gesetzgeber, als er Art. 33bis - im Zusammenhang mit dem Erlass des IVG - ins AHVG einfügte, in Kauf genommen, um beim Eintritt des Invalidenrentners ins AHV-Alter eine Leistungsverkürzung zu vermeiden. Verwaltung und Richter sind an diese gesetzliche Regelung gebunden.
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid der Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV vom 10. Februar 1978 und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau vom 15. Dezember 1977 aufgehoben werden und die Sache zum Erlass einer neuen Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Ausgleichskasse zurückgewiesen wird.
| null |
nan
|
de
| 1,978 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f4b657ea-c847-46cb-bbb0-69a58438fe63
|
Urteilskopf
114 Ib 125
18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Juni 1988 i.S. Erika Oggier-Kummer und Mitbeteiligte gegen Munizipalgemeinde Bitsch und Justiz-, Polizei- und Militärdepartement des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)
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Regeste
Bau einer Gemeindeschiessanlage; Bewilligungsverfahren.
1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 2).
2. Die Prüfung der Frage, ob sich eine Örtlichkeit in schiesspolizeilicher Hinsicht für eine Schiessanlage eigne, hat im Rahmen der gesamthaften Beurteilung des Bauprojektes im Baubewilligungsverfahren, gegebenenfalls bei der umfassenden Interessenabwägung nach
Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG
zu erfolgen (E. 4).
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Sachverhalt
ab Seite 126
BGE 114 Ib 125 S. 126
Die Gemeinde Bitsch beabsichtigt, einen neuen Gemeindeschiessstand für Schiessübungen auf 300 m Distanz zu erstellen. Gemäss dem Beschluss des Staatsrates des Kantons Wallis vom 16. Februar 1977 über die Schiessvereine und die Aufsicht des Schiesswesens veröffentlichte die Gemeinde im Amtsblatt Nr. 7 vom 15. Februar 1985 die vom zuständigen eidgenössischen Schiessoffizier als geeignet bezeichnete Schusslinie. Gegen den geplanten Schiessbetrieb gingen in der Folge mehrere Einsprachen ein. Der Gemeinderat überwies diese dem kantonalen Justiz-, Polizei- und Militärdepartement mit dem Antrag, die Schusslinie zu genehmigen und die Einsprachen abzuweisen.
Mit Verfügung vom 7. Oktober 1987 wies der Stellvertreter des Vorstehers des Justiz-, Polizei- und Militärdepartementes des Kantons Wallis die Einsprachen ab, soweit er auf sie eintrat, und genehmigte die Schusslinie der Munizipalgemeinde Bitsch. Die Verfügung enthält unter Hinweis auf
Art. 26 der eidgenössischen Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst vom 29. November 1935 (SR 512.31)
die Rechtsmittelbelehrung, dass sie innert 30 Tagen an das Eidgenössische Militärdepartement weitergezogen werden könne. Hievon machten Erika Oggier-Kummer und Mitbeteiligte Gebrauch. Das Eidgenössische Militärdepartement gelangte hierauf mit Schreiben vom 8. Januar 1988 an das Bundesamt für Justiz, da es seine Zuständigkeit für die Beurteilung der Beschwerden verneinte. Es handle sich - so die Ansicht des Departements - nicht um Beschwerden im Sinne von Art. 26 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst. Diese Bestimmung
BGE 114 Ib 125 S. 127
beziehe sich auf "Anstände betreffend Anweisung und Benützung von Schiessplätzen"; ein solcher Streit stehe indessen hier nicht zur Diskussion.
Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement eröffnete hierauf mit dem Bundesgericht einen Meinungsaustausch über die Frage, wer zur Beurteilung der Beschwerden zuständig sei. Es wies darauf hin, dass die Erstellung des Schiessplatzes, der in der Landwirtschaftszone errichtet werden solle, eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) benötige. Mit dem Hinweis auf
BGE 112 Ib 39
ff. vertrat es die Auffassung, dass das Bundesgericht zuständig sei. Mit Antwort vom 10. März 1988 schloss sich der Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung dieser Auffassung an.
Das Bundesgericht nimmt die Eingaben als Verwaltungsgerichtsbeschwerden entgegen und heisst diese gut, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Die projektierte Gemeindeschiessanlage muss von der Gemeinde gemäss Art. 32 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation vom 12. April 1907 für die obligatorischen Schiessübungen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Nötigenfalls kann für deren Erstellung das eidgenössische Enteignungsrecht bewilligt werden. Wie in der angefochtenen Verfügung zutreffend dargelegt wird, untersteht die Anlage der kantonalen Bauhoheit, d.h. sie bedarf einer Baubewilligung der Gemeinde und des Kantons gemäss der kantonalen Bauverordnung vom 5. Januar 1983. Im entsprechenden Verfahren ist zu prüfen, ob die Anlage den einschlägigen Vorschriften des eidgenössischen und kantonalen Rechts entspricht.
a) Wie in dem zwischen dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und dem Bundesgericht durchgeführten Meinungsaustausch festgestellt wurde, stellen Streitfragen über die Zulässigkeit neuer Schiessanlagen keine "Anstände betreffend Anweisung und Benützung von Schiessplätzen" im Sinne von Art. 26 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst dar. Das Eidgenössische Militärdepartement ist daher zur Beurteilung der Beschwerden nicht zuständig.
b) Die Zuständigkeit des Bundesrates zur Beschwerdebeurteilung wäre gegeben, wenn die Verwaltungsgerichtsbeschwerde aus
BGE 114 Ib 125 S. 128
einem der in den Art. 99 bis 101 OG genannten Gründe unzulässig wäre. Dies trifft nicht zu. Entgegen der vom Bundesrat in einem nicht publizierten Entscheid vom 26. August 1987 in Sachen E. und Mitbeteiligte c. Justiz-, Polizei- und Militärdepartement des Kantons Wallis getroffenen Annahme kann nicht von einer Planverfügung im Sinne von
Art. 99 lit. c OG
gesprochen werden, wenden sich doch die Einsprecher, indem sie sich gegen die Genehmigung der Schusslinie richten, gegen die ihnen für das Überschiessrecht bzw. für die Beeinträchtigung des nachbarrechtlichen Abwehranspruches drohende Enteignung. Auch geht es nicht um die Erteilung einer Bau- oder Betriebsbewilligung für technische Anlagen oder für Fahrzeuge im Sinne von
Art. 99 lit. e OG
, da mit der Genehmigung der Schusslinie keine Baubewilligung verbunden ist. Es ergibt sich hieraus - wie im Meinungsaustausch zwischen dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und dem Bundesgericht festgestellt wurde -, dass das Bundesgericht zur Beurteilung der Beschwerden zuständig ist. Auf die rechtzeitig eingereichten Beschwerden ist demgemäss grundsätzlich einzutreten.
3.
Die Beschwerdeführer erheben als erstes den Vorwurf der formellen Rechtsverweigerung, weil das im Beschluss des Staatsrates vom 16. Februar 1977 über die Schiessvereine und die Aufsicht des Schiesswesens für die Anerkennung einer Schusslinie vorgesehene Verfahren nicht richtig durchgeführt worden sei. Sie hätten aus diesem Grunde keine volle Akteneinsicht erhalten, namentlich hätten sie auch nicht in ausreichendem Masse zur Frage der Lärmbelästigung Stellung nehmen können.
Das Justiz-, Polizei- und Militärdepartement anerkennt, dass das Verfahren nicht genau gemäss dem in Art. 10 ff. des Staatsratsbeschlusses vorgesehenen Verfahren durchgeführt worden sei, ist jedoch der Meinung, die Einsprecher hätten deswegen keinen Rechtsnachteil erlitten. Dieser Auffassung kann kaum gefolgt werden, ergibt sich doch aus den Akten, dass nicht nur am 12. September 1984 - somit vor der am 15. Februar 1985 erfolgten Auflage des Schusslinienplanes - Lärmmessungen durchgeführt wurden, sondern auch noch während der Hängigkeit des Rekursverfahrens vor dem Justiz-, Polizei- und Militärdepartement am 29. August 1986. Es ging dabei um eine Lärmanalyse im Sinne einer Beweiserhebung. Diese hätte den Einsprechern zur Stellungnahme zugestellt werden müssen (
BGE 104 Ia 71
E. 3b mit Hinweisen). Doch kann die Frage offengelassen werden, ob die Beschwerden bereits aus diesem Grunde gutzuheissen sind, ergibt sich doch aus den
BGE 114 Ib 125 S. 129
nachfolgenden Erwägungen, dass die angefochtene Verfügung aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht haltbar ist, gegen Bundesrecht verstösst und daher aufgehoben werden muss.
4.
Wie der angefochtene Entscheid zutreffend festhält, bedarf die Errichtung einer kommunalen Schiessanlage einer Baubewilligung, die in dem in der kantonalen Bauverordnung vom 5. Januar 1983 geregelten Verfahren zu erteilen ist. In diesem Verfahren werden die für den Entscheid wesentlichen planungs- und baurechtlichen Fragen, zu denen auch die Belange des Immissionsschutzes zählen, beurteilt (
BGE 112 Ib 39
ff., insbesondere 46 ff., E. 4 betreffend die durch den Schiessbetrieb erzeugten Lärmimmissionen). Der angefochtene Entscheid geht demgegenüber davon aus, bei der Genehmigung der Schusslinie durch das kantonale Justiz-, Polizei- und Militärdepartement handle es sich um eine selbständige Sonderbewilligung im Sinne von Art. 37 der Bauverordnung. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
a) Bereits die in Art. 37 Abs. 1 der Bauverordnung aufgeführten Beispiele von Spezialbewilligungen - Konzessionen, Patente etc. - weisen darauf hin, dass sich diese Bewilligungen nicht auf Teilfragen eines Bauvorhabens, welche notwendigerweise für die Beurteilung der baurechtlichen Zulässigkeit abgeklärt werden müssen, beziehen können; andernfalls würde in unsachgemässer Weise Zusammengehörendes in Teilbereiche getrennt, die nur im Rahmen der gesamthaften Beurteilung des Vorhabens richtig geprüft werden können. Gemäss dem angefochtenen Entscheid erstreckt sich die Beurteilung der Schusslinie namentlich auf schiesspolizeiliche Fragen. Zu diesen Fragen zählt jedoch auch die Lärmbelastung, welche der Schiessbetrieb auslöst. Deren Beurteilung setzt notwendigerweise die Kenntnis des Projektes voraus, da sie entscheidend von der baulichen Gestaltung des Schiessstandes, von dessen Grösse sowie von der Anzahl der Schiesstage abhängt.
b) Es trifft zu, dass der angeführte Beschluss des Staatsrates vom 16. Februar 1977 über die Schiessvereine und die Aufsicht des Schiesswesens davon ausgeht, dass die Schusslinie vom Militärdepartement in dem in Art. 10 ff. vorgesehenen Verfahren festgelegt wird. Doch stellt diese Festlegung - wie dargelegt - keine mit Beschwerde an das Eidgenössische Militärdepartement anfechtbare Verfügung dar. Sie hat sich vielmehr richtigerweise in das Baubewilligungsverfahren einzufügen, für welches sie eine Grundlage für die gesamthafte Beurteilung des Projektes bildet. Nur ein solches Vorgehen vermag den Anforderungen des nach Erlass des
BGE 114 Ib 125 S. 130
genannten Staatsratsbeschlusses in Kraft getretenen Bundesrechts zu entsprechen.
c) Seit Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Raumplanung am 1. Januar 1980 verlangt das Bundesrecht eine Baubewilligung für Gemeindeschiessanlagen (
Art. 22 RPG
). Werden solche Anlagen ausserhalb der Bauzone erstellt, bedürfen sie einer Ausnahmebewilligung gemäss
Art. 24 RPG
. Voraussetzung der Bewilligung bildet nicht nur, dass ein Standort ausserhalb der Bauzonen erforderlich ist, sondern auch, dass keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. Ob dies zutrifft, kann nur aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden, welche die schiesspolizeilichen Sicherheitsanforderungen einzubeziehen hat. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Anlage den umweltschutzrechtlichen Belangen gemäss dem am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Bundesgesetz über den Umweltschutz Rechnung trägt, wie dies das Bundesgericht bereits im angeführten Fall
BGE 112 Ib 39
ff. festgestellt hat. Die Abklärungen für die Beurteilung der zu erwartenden Lärmbelastung haben im einzelnen den Anforderungen der Lärmschutzverordnung vom 15. Dezember 1986 zu entsprechen (Anhang 7, Belastungsgrenzwerte für den Lärm von Schiessanlagen).
d) Im vorliegenden Falle weist das Justiz-, Polizei- und Militärdepartement in seiner Vernehmlassung vom 29. April 1988 zutreffend darauf hin, dass die angefochtene Verfügung kein Entscheid einer letzten kantonalen Instanz im Sinne von
Art. 34 RPG
darstelle, wenn die Festlegung der Schusslinie nicht als selbständig anfechtbarer Entscheid im Sinne von Art. 26 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst betrachtet werden könne. Es ergibt sich hieraus jedoch nicht die Unzulässigkeit der Beschwerden, da die Verfügung als letztinstanzlicher kantonaler Entscheid erlassen wurde. Da dies nicht angeht, weil die schiesspolizeilichen Anforderungen in die gesamthafte planungs- und baurechtliche Beurteilung des Vorhabens einbezogen werden müssen, ist der angefochtene Entscheid vielmehr aufzuheben.
e) Aus diesem Ergebnis darf nicht gefolgert werden, dass eine kantonale Regelung, welche vorsieht, dass die Behörden des Kantons einen Grundsatzentscheid über die Eignung einer Örtlichkeit als Schiessanlage zu fällen haben, unzulässig sei. Hingegen hat ein solcher Entscheid unter Vorbehalt des Baubewilligungsverfahrens, in welchem die Betroffenen ihre Rechte in umfassender Weise wahren können, zu ergehen. Über allfällige Einsprachen hat somit
BGE 114 Ib 125 S. 131
im Kanton Wallis gemäss der Bauverordnung die kantonale Baukommission unter Vorbehalt der Beschwerde an den Staatsrat und an das kantonale Verwaltungsgericht zu entscheiden. Gegen den letztinstanzlichen kantonalen Rechtsmittelentscheid kann alsdann, sofern eine Bewilligung nach
Art. 24 RPG
erteilt wurde, die eidgenössische Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergriffen werden.
f) Da die angefochtene Verfügung aus den dargelegten Gründen aufgehoben werden muss, ist auf die in den Beschwerden erhobenen Rügen betreffend der Lärmbelastung und der mangelnden Eignung des Geländes für den Schiessstand nicht einzutreten. Die entsprechenden Rügen sind zunächst im kantonalen Baubewilligungsverfahren zu prüfen.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,988 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
|
Federation
|
f4b9a890-53ad-4c8a-9862-60a71d640ec7
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Urteilskopf
85 IV 199
51. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 1er octobre 1959 dans la cause Studer contre Ministère public du canton de Neuchâtel.
|
Regeste
Art. 2 Abs. 2 lit. b HRG
.
Begriff der "Produktionsstätte" und des "Verkaufsladens".
|
Sachverhalt
ab Seite 199
BGE 85 IV 199 S. 199
A.-
La société des Forces motrices de la Goule fournit du courant électrique à la commune des Brenets. Elle y dispose d'une construction vétuste, composée d'un rez-de-chaussée et d'un galetas, et signalée par l'inscription "Société des Forces électriques de la Goule, monteur de place". Elle prétend vendre dans ses locaux des appareils électriques. Du 5 au 7 décembre 1958, elle a organisé une exposition de tels appareils, avec prise de commandes, dans un hôtel du village. Ni ses organes ni ses employés ne sont pourvus d'une carte de voyageur de commerce.
B.-
Le 29 janvier 1959, le Tribunal de police du district du Locle a frappé Studer, en tant que chef responsable
BGE 85 IV 199 S. 200
de la Société, d'une amende de 60 fr. pour infraction à la loi sur les voyageurs de commerce.
Le 24 mars 1959, la Cour neuchâteloise de cassation pénale a rejeté le recours du condamné contre cette décision.
C.-
Studer s'est pourvu en nullité contre l'arrêt de deuxième instance.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
L'art. 1er al. 1 LVC subordonne la recherche de commandes à l'obtention d'une carte de voyageur de commerce. L'art. 2 al. 1 litt. c soumet à la même condition l'organisation d'expositions où des commandes sont acceptées, même sans être exécutées sur place. En revanche, l'art. 2 al. 2 litt. b dispense de cette exigence la recherche de commandes pour une entreprise qui est établie au même endroit et y possède un centre fixe d'activité sous la forme d'un local de production ou d'un magasin de vente. Le recourant se fonde sur cette dernière disposition pour soutenir que ni lui ni ses collaborateurs n'avaient besoin d'une carte de voyageur de commerce pour organiser l'exposition des Brenets.
2.
Il allègue d'abord que la société des Forces motrices de la Goule dispose d'un local de production dans ce village. Il s'agirait, selon le pourvoi, d'"une exploitation artisanale pour l'établissement des installations électriques chez nos abonnés". Il est cependant manifeste que l'exploitation décrite n'est pas un local de production, c'est-à-dire un lieu où se fabriquent des marchandises. Adapter des appareils pour les installer au domicile de la clientèle, ce n'est pas les fabriquer.
3.
Lors d'une visite des lieux, le juge de district n'aperçut dans le bâtiment de la Société que du matériel technique et deux ou trois armatures pour tubes fluorescents. Il est vrai qu'aux termes d'une lettre adressée au tribunal par le recourant, le lendemain des débats, un certain nombre d'appareils électriques qui se trouvaient
BGE 85 IV 199 S. 201
dans les locaux de la Société avaient été déménagés momentanément au domicile d'un monteur pour cause de transformation et de nettoyage. La juridiction de première instance n'en a pas moins refusé de considérer ces locaux comme un magasin de vente au sens de l'art. 2 al. 2 litt. b LVC. Elle estime que la jurisprudence fédérale fait dépendre l'existence d'un magasin de vente de conditions qui ne sont pas remplies en l'espèce, à savoir l'organisation d'un dépôt en vue de la vente et la constitution d'un stock de marchandises relativement important. Cette argumentation, à laquelle la cour cantonale paraît se rallier, est discutable. En réalité, selon la jurisprudence fédérale, la notion de magasin de vente n'implique pas la présence d'une quantité considérable de marchandises. Peu importe même que le chiffre d'affaires réalisé dans le magasin soit inférieur à la valeur des commandes prises au dehors (RO 72 IV 87; arrêts Statthalteramt Winterthur c. Fröhle du 14 mai 1934 et Polizeirichteramt der Stadt Zürich c. Wobmann du 30 septembre 1955, consid. 1). Il est donc douteux qu'en raison de l'insuffisance des marchandises entreposées, les locaux de la Société n'aient pas le caractère d'un magasin de vente. Cette question peut toutefois rester indécise. L'art. 2 al. 2 litt. b par le non seulement de magasin de vente, mais aussi de centre fixe d'activité. Il sous-entend par là qu'un magasin de vente doit être accessible au public aux heures habituelles d'ouverture des entreprises commerciales. Tel était le cas dans les causes où le Tribunal fédéral s'est fondé sur l'art. 2 al. 2 litt. b pour admettre la recherche de commandes sans carte de voyageur de commerce (arrêts précités). Or il ressort des propres déclarations du recourant qu'il en était autrement en l'occurrence. Ainsi qu'il le reconnaît lui-même, le monteur de la Société ne se trouve pas constamment dans le bâtiment de cette dernière. Il n'est donc pas régulièrement à la disposition de la clientèle. Sans doute le recourant allègue-t-il que l'épouse du monteur est capable
BGE 85 IV 199 S. 202
de le remplacer. Mais elle n'habite pas dans les locaux de la Société et l'inscription apposée sur ceux-ci n'indique ni le domicile du monteur ni la possibilité d'y appeler sa femme. D'ailleurs, rien ne laisse supposer que cette dernière serait toujours prête à répondre aux demandes des clients. Il s'ensuit que la Société ne dispose pas aux Brenets d'un centre fixe d'activité sous la forme d'un magasin de vente. C'est donc à tort que le recourant invoque l'existence d'un tel magasin pour chercher à bénéficier de l'exception prévue par l'art. 2 al. 2 litt. b.
Studer prétend encore, il est vrai, que la Société vend du courant électrique au moyen de stations transformatrices, qui peuvent être tenues pour des magasins de vente. Cet argument n'est pas sérieux. Par définition, un magasin de vente est un local où s'approvisionne le public. Ce n'est évidemment pas le cas de stations transformatrices.
Dispositiv
Par ces motifs, la Cour de cassation pénale
Rejette le pourvoi dans la mesure où il est recevable.
| null |
nan
|
fr
| 1,959 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4bdbda2-69a3-4094-b57a-13401ea32f22
|
Urteilskopf
98 IV 217
42. Arrêt de la cour de cassation pénale du 4 septembre 1972 dans la cause Wild contre X.
|
Regeste
Verletzung des Berufsgeheimnisses;
Art. 321 Ziff. 1 und 2 StGB
.
Sofern der Berechtigte urteilsfähig ist, kann seine Einwilligung im Sinne von
Art. 321 Ziff. 2 StGB
stillschweigend erfolgen (Erw. 2).
|
Sachverhalt
ab Seite 217
BGE 98 IV 217 S. 217
A.-
Le 22 septembre 1970, vers 4 h. du matin, R. Wild, qui se plaignait d'avoir été molesté par un agent de police, fut accompagné par deux ou trois policiers à la Permanence de
BGE 98 IV 217 S. 218
Longeraie, à Lausanne, où un médecin l'examina. A la demande des policiers, celui-ci leur remit un certificat relatif à ses constatations.
B.-
Estimant que le médecin avait ainsi violé le secret professionnel, Wild a porté plainte contre lui, le 5 juillet 1971. Il prétend n'avoir pris connaissance du certificat incriminé que le 22 avril, chez son avocat.
Le juge informateur de l'arrondissement de Lausanne a rendu, le 7 avril 1972, une ordonnance de non-lieu, que le Tribunal d'accusation du canton de Vaud a maintenue, le 25 mai.
C.-
Contre cet arrêt, Wild se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut au renvoi du médecin devant le tribunal répressif.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Les constatations qu'a faites le médecin en examinant Wild et qu'il a consignées dans le certificat du 22 septembre 1970 constituent un secret professionnel, dont il a eu connaissance dans l'exercice de sa profession (art. 321 ch. 1 al. 1 CP).
2.
La révélation d'un tel secret n'est pas punissable si elle a été faite avec le consentement de l'intéressé (art. 321 ch. 2). La loi ne subordonne ce consentement à aucune forme. Aussi n'y a-t-il pas de raisons d'exclure le consentement tacite (HAFTER, Bes. Teil, p. 857; SIEBEN, Das Berufsgeheimnis auf Grund des eidg. Strafgesetzbuchs, p. 86). Il suppose, bien entendu, comme d'ailleurs le consentement exprès, la capacité de discernement de l'intéressé.
Selon l'arrêt attaqué,lecertificat incriminéaété remis à la police en présence du recourant, qui n'a élevé alors aucune protestation, déliant ainsi tacitement l'inculpé du secret médical. Sans doute Wild prétend-il que les choses se sont passées autrement. Mais en retenant la version des événements présentée par le médecin, le Tribunal d'accusation s'est livré à une appréciation des preuves qui échappe à la censure de la cour de céans (RO 81 IV 130). Les faits retenus par cette autorité justifient l'application de l'art. 321 ch. 2 CP. Wild, qui ne prétend pas avoir été privé de discernement le 22 septembre 1970, ayant assisté sans réagir à la délivrance du certificat aux agents de police, on ne voit pas comment cette attitude devrait être interprétée, sinon comme un acquiescement.
BGE 98 IV 217 S. 219
Il convient enfin de relever que le recourant invoque en vain l'opinion de SCHAFFNER. Cet auteur en effet ne traite au passage cité (p. 35) que de la divulgation intervenant à l'insu de l'intéressé et sans que celui-ci soit renseigné sur son objet. Ainsi que cela vient d'être dit, ni l'une ni l'autre de ces conditions ne sont réalisées en l'espèce.
Dispositiv
Par ces motifs, la Cour de cassation pénale:
Rejette le pourvoi.
| null |
nan
|
fr
| 1,972 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4bdc110-0dda-47d1-ac50-d16a32f8c2a9
|
Urteilskopf
100 Ia 294
41. Auszug ans dem Urteil vom 20. Juni 1974 i.S. Hörler gegen Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh.
|
Regeste
Art. 84 und 89 OG
; staatsrechtliche Beschwerde gegen Vollzugsmassnahmen.
1. Richtet sich die staatsrechtliche Beschwerde gegen eine Einzelverfügung, die ihrerseits auf einer früheren Einzelverfügung beruht und diese vollzieht oder bestätigt, so kann die staatsrechtliche Beschwerde nicht mit einer Verfassungswidrigkeit der ftüheren Verfügung begründet werden, es sei denn, es stehe ein unverzichtbares und unverjährbares Verfassungsrecht in Frage (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. Im Bereiche der Handels- und Gewerbefreiheit liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor (Bestätigung der Rechtsprechung).
|
Sachverhalt
ab Seite 295
BGE 100 Ia 294 S. 295
A.-
Nachdem Jakob Hörler schon früher im Gemeindegebiet von Wasserauen aufgrund einer befristeten Ausbeutungsbewilligung unter gewissen einschränkenden Auflagen eine Kiesgrube betrieben hatte, wobei es wiederholt zu Beanstandungen und Einsprachen gekommen war, erteilte die Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. ihm am 17. Juli 1972 erneut eine provisorische Ausbeutungsbewilligung. Darin wurde unter anderem folgendes bestimmt:
"Die Abfuhr von Kies ist nur mit Fahrzeugen und Chauffeuren von Jakob Hörler gestattet. Zudem ist sorgfältig zu laden und zu fahren. Falls Kies von Fahrzeugen, die nicht Hörler gehören, oder von Chauffeuren, welche nicht von Jakob Hörler angestellt sind, abgeführt wird, ist Jakob Hörler für jede festgestellte Übertretung mit Fr. 300.-- zu büssen."
Die Kantonspolizei, die mit der Überwachung beauftragt wurde, verzeigte Hörler am 25. Juli, am 3. Oktober und am 29. November 1972 wegen Abfuhren mit betriebsfremden Fahrzeugen. Dessen ungeachtet erteilte die Standeskommission Hörler am 14. Mai 1973 - wiederum unter gewissen einschränkenden Auflagen - eine definitive Ausbeutungsbewilligung bis Ende 1977, auferlegte ihm aber am 5. Juni 1973 gestützt auf ihren Beschluss vom 17. Juli 1972 drei Bussen von je Fr. 300.-- wegen Übertretung der Auflage, Kies nur mit betriebseigenen Fahrzeugen und Chauffeuren abzuführen.
B.-
Hiegegen führt Hörler staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, die angefochtene Bussenverfügung der Standeskommission vom 5. Juni 1973 wegen Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit (
Art. 31 BV
) aufzuheben. Er macht unter anderem geltend, die Bussenverfügung sanktioniere einen Eingriff in die verfassungsmässig garantierte Handels- und Gewerbefreiheit und sei daher noch anfechtbar, auch wenn die damalige Verfassungsverletzung nicht gerügt wurde. Die Handels- und Gewerbefreiheit könne durch kantonale Verfügungen nur zum Schutz von Polizeigütern
BGE 100 Ia 294 S. 296
eingeschränkt werden. Die Kiesabfuhr durch betriebsfremde Fahrzeuge berühre weder die öffentliche Sittlichkeit, die öffentliche Gesundheit noch Treu und Glauben im Geschäftsverkehr oder die öffentliche Ruhe und Ordnung. Zudem komme es weder für die Lärmentwicklung noch für die Verkehrssicherheit darauf an, ob Kies durch betriebseigene oder betriebsfremde Fahrzeuge abgeführt werde. Die Verfügung vom 17. Juli 1972 sei daher verfassungswidrig und folglich könne auch die sich darauf stützende Bussenverfügung vom 5. Juni 1973 nicht aufrechterhalten werden.
C.-
Die Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. beantragt die Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2.
Die vorliegende Beschwerde wird ausschliesslich damit begründet, dass die Auflage, Kies nur mit betriebseigenen Fahrzeugen und durch betriebseigene Chauffeure abführen zu lassen, gegen die Handels- und Gewerbefreiheit verstosse. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass er die provisorische Ausbeutungsbewilligung vom 17. Juli 1972, welche diese Auflage nebst Strafandrohung enthielt, nicht angefochten habe, doch glaubt er, die Bussenverfügung gleichwohl anfechten zu können.
a) Richtet sich die staatsrechtliche Beschwerde gegen eine Einzelverfügung, die in Vollziehung eines generellen Erlasses ergangen ist, so kann mit ihr nachträglich auch noch die Verfassungswidrigkeit des grundlegenden Erlasses gerügt werden (
BGE 97 I 29
, 334, 780). Richtet sie sich jedoch gegen eine Einzelverfügung, die ihrerseits auf einer früheren Einzelverfügung beruht und diese vollzieht oder bestätigt, so kann die staatsrechtliche Beschwerde nicht mehr mit einer Verfassungswidrigkeit der früheren Verfügung begründet werden, es sei denn es stehe ein unverzichtbares und unverjährbares Verfassungsrecht in Frage (
BGE 88 I 265
,
BGE 93 I 351
,
BGE 97 I 916
; GRISEL, Droit administratif suisse, S. 503). Ein derartiger Ausnahmefall liegt jedoch nach der Rechtsprechung im Bereich der Handels- und Gewerbefreiheit nicht vor (
BGE 88 I 271
,
BGE 93 I 351
,
BGE 97 I 916
).
b) Die angefochtene Bussenverfügung erging wegen Missachtung der früheren Auflage und vollzog diese durch Ausfällung
BGE 100 Ia 294 S. 297
der dafür angedrohten Strafe. Anders als früher stützte sich die Standeskommission dabei nicht mehr auf
Art. 292 StGB
, wofür es grundsätzlich auch eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafdrohung dieser Bestimmung bedurft hätte (
BGE 86 IV 28
,
BGE 95 II 460
). Angedroht wurde vielmehr eine Verwaltungsstrafe, wie sie zu den gebräuchlichen Vollzugsmassnahmen des Verwaltungsrechts gehört (GRISEL, a.a.O. S. 333 ff.; GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, S. 531 ff.; vgl. auch die Aufzählung in Art. 41 lit. c/d VwG und den Vorbehalt in
Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
). Um eine Konventionalstrafe, wie sie die Standeskommission offenbar beabsichtigte, konnte es sich nicht handeln, da diese nur in einem verwaltungsrechtlichen Vertrag möglich wäre (GRISEL, a.a.O. S. 226), während hier eine Verwaltungsverfügung in Form einer Polizeierlaubnis vorlag; eine Konzession, mit welcher das Gemeinwesen eine ihm selbst zustehende Befugnis einem Privaten einräumt, stellt eine Kiesausbeutungsbewilligung auf einem privaten Grundstück nicht dar; deshalb kann dahingestellt bleiben, wieweit eine solche vertragsähnlichen Charakter hätte und die Vereinbarung einer Konventionalstrafe zuliesse (vgl. GRISEL, a.a.O. S. 143 ff.; GIACOMETTI, a.a.O. S. 352 f.). Im übrigen vermöchte das nichts daran zu ändern, dass wie bei einer Verwaltungsstrafe die Strafandrohung (
BGE 88 I 270
) und ebenso die Geldstrafe selbst (
BGE 97 I 917
) eine Vollstreckungsmassnahme im Sinne der genannten Rechtsprechung darstellt, die nicht mehr mit der Rüge einer Verfassungswidrigkeit der früheren grundlegenden Verfügung angefochten werden kann. Wenn die jüngste Rechtsprechung zu
Art. 292 StGB
eine weitergehende Befugnis des Strafrichters zur materiellen Prüfung der vorangegangenen Verwaltungsverfügung anerkennt (
BGE 98 IV 108
gegenüber noch
BGE 90 IV 81
und dortigen Hinweisen), kann daraus nichts anderes hergeleitet werden, weil diese Bestimmung hier nicht angewandt wurde und weil die Kognition des Strafrichters gegenüber Verwaltungsakten die Frage nicht berührt, wie es sich hinsichtlich der Anfechtbarkeit durch staatsrechtliche Beschwerde verhält.
3.
Da der Beschwerdeführer es versäumt hat, die behauptete Verfassungswidrigkeit der ihm gemachten Auflage bereits im Anschluss an die Verfügung der Standeskommission vom 17. Juli 1972 geltend zu machen, kann er dies mit der vorliegenden
BGE 100 Ia 294 S. 298
Beschwerde gegen die Bussenverfügung nicht mehr nachholen. Dass diese ihrerseits selbständig aus anderen Gründen verfassungswidrig sei, wird nicht behauptet. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. Damit braucht auch nicht untersucht zu werden, ob die seinerzeitige Auflage vor der Handels- und Gewerbefreiheit standhielt, ob sie eine ausreichende gesetzliche Grundlage besass und nicht unverhältnismässig war.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,974 |
CH_BGE
|
CH_BGE_002
|
CH
|
Federation
|
f4bfa0c7-f117-4ebc-8325-044928dfcbbf
|
Urteilskopf
114 III 60
19. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 28. September 1988 i.S. X. (Rekurs)
|
Regeste
Betreibungsferien (
Art. 56 Ziff. 3 SchKG
).
Sobald in einer Betreibung auf Grundpfandverwertung die Steigerung durchgeführt ist und der Zuschlag nicht mehr angefochten werden kann, kommt
Art. 56 Ziff. 3 SchKG
nicht mehr zur Anwendung. Für den Schuldner, der während der Betreibungsferien auf dem Amt vom Verteilungsplan Kenntnis erhält, beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde deshalb nicht erst nach Ende der Ferien zu laufen.
|
Erwägungen
ab Seite 60
BGE 114 III 60 S. 60
Aus den Erwägungen:
2.
a) Seinen Entscheid, auf die Beschwerde des Rekurrenten nicht einzutreten, hat der Kantonsgerichtsausschuss damit begründet, dass sie zu spät eingereicht worden sei. Der Rekurrent habe am 21. September 1987 auf dem Betreibungsamt von der Verteilungsliste in der Betreibung Nr. ... Kenntnis genommen, so dass die zehntägige Beschwerdefrist am 22. September 1987 zu laufen begonnen und am 1. Oktober 1987 geendet habe. Die am 7. Oktober 1987 der Post übergebene Beschwerde sei deshalb verspätet gewesen. Dass der 21. September 1987 in die (Bettags-)Betreibungsferien gefallen sei, vermöge daran nichts zu ändern, da die Betreibungsferien den Fristenlauf nicht hemmten; nur wenn eine Frist in den Ferien ablaufe, werde sie - bis zum dritten Tag nach Ende der Ferien - verlängert.
b) Dass
Art. 63 SchKG
betreffend die Wirkungen der Betreibungsferien auf den Fristenlauf hier nicht zum Tragen kommen konnte, trifft ohne weiteres zu. Näher hätte allerdings die auch vom Rekurrenten aufgeworfene Frage gelegen, ob der zu beurteilende
BGE 114 III 60 S. 61
Sachverhalt allenfalls von
Art. 56 Ziff. 3 SchKG
berührt werde, wonach - gewisse hier von vornherein nicht in Betracht fallende Ausnahmen vorbehalten - während der Betreibungsferien keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden dürfen. Die Praxis nimmt für gewisse Fälle in der Tat an, dass eine in Missachtung der genannten Bestimmung getroffene Vorkehr nicht unwirksam sei, sie ihre Wirkungen jedoch erst nach Ende des Betreibungsstillstandes entfalte (vgl. z.B.
BGE 112 III 15
f. E. 4 betreffend den Vollzug einer Pfändung;
BGE 96 III 49
f. E. 3 betreffend die Zustellung des Urteils über eine Arrestaufhebungsklage; dazu auch
BGE 113 III 5
f., wo die bisherige Rechtsprechung zur Auslösung der Rekursfrist im Falle der Zustellung des Beschwerdeentscheids einer oberen kantonalen Aufsichtsbehörde während der Betreibungsferien in Frage gestellt wurde).
Aufgrund der Ausführungen des Kantonsgerichtsausschusses ist davon auszugehen, dass der Rekurrent erstmals am 21. September 1987 - auf dem Betreibungsamt - von der Auflage des strittigen Verteilungsplans erfahren und von dessen Inhalt Kenntnis genommen hat. Ob dieser Sachverhalt aus der Sicht von
Art. 56 Ziff. 3 SchKG
gleich zu behandeln sei wie der Fall, da dem Rekurrenten am erwähnten Tag der Verteilungsplan zugestellt worden wäre, braucht aus dem nachstehenden Grund weiter nicht erörtert zu werden. Betreibungshandlungen im Sinne von
Art. 56 SchKG
sind Handlungen der Vollstreckungsorgane, die geeignet sind, den betreibenden Gläubiger seinem Ziele der Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners näher zu führen und auf diese Weise die Rechtslage des Schuldners zu präjudizieren (vgl.
BGE 96 III 49
E. 3 mit Hinweisen; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A., § 11 Rz. 26; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, I. Bd., § 13 Rz. 21). Handlungen des Konkursbeamten werden durch
Art. 56 SchKG
nicht berührt (vgl.
BGE 96 III 77
E. 1; JAEGER, N. 3 zu
Art. 56 SchKG
; AMONN, a.a.O. § 11 Rz. 28; GILLIERON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, S. 94). Mit der Konkurseröffnung hat der Gemeinschuldner denn auch in der Tat die Macht verloren, über die Vermögensmasse, die der Befriedigung der Gläubiger zu dienen haben wird, rechtsgültig zu verfügen (AMONN, a.a.O. § 35 Rz. 15 und § 41 Rz. 6), und sind andererseits die Gläubiger den entscheidenden Schritt im Hinblick auf ihre Befriedigung weitergekommen. Bei der Betreibung auf Grundpfandverwertung, wie sie hier zur Diskussion steht, ist derjenige
BGE 114 III 60 S. 62
Abschnitt des Verfahrens, der zum umfassenden Zugriff auf das betroffene Grundstück und zu dessen Versilberung führen soll, abgeschlossen, sobald die Steigerung durchgeführt ist (mit andern Worten der Schuldner das Eigentum verloren hat;
Art. 656 Abs. 2 ZGB
) und der Zuschlag nicht mehr (mit Beschwerde gemäss
Art. 136bis SchKG
) angefochten werden kann. Zu diesem Zeitpunkt fällt auch bei einer Betreibung auf Grundpfandverwertung die Rechtfertigung für die Vorschriften über die Betreibungsferien weg, die darin besteht, den Schuldner während bestimmter Zeiten der Sorge um gegen ihn gerichtete Betreibungen zu entheben (vgl.
BGE 96 III 77
E. 1 mit Hinweis).
Betreibungsamtliche Vorkehren, die - wie die Auflage des Verteilungsplans und die entsprechende Mitteilung an die Beteiligten - im Hinblick auf die Verteilung des Verwertungserlöses getroffen worden sind, fallen somit nicht unter
Art. 56 SchKG
. Aus den vorstehenden Überlegungen darf indessen nicht etwa abgeleitet werden, der Schuldner könne gegen Massnahmen im Verteilungsverfahren überhaupt nicht Beschwerde führen. In
BGE 81 III 22
f. E. 1 wurde vielmehr ausdrücklich auch der Schuldner für legitimiert erklärt, gegen den - im dortigen Fall in der Betreibung auf Pfändung erstellten - Kollokationsplan Beschwerde zu führen (im gleichen Sinne auch AMONN, a.a.O. § 30 Rz. 15).
c) Aus dem Gesagten erhellt, dass die Vorinstanz zu Recht angenommen hat, die zehntägige Frist zur Einreichung der Beschwerde gegen den Verteilungsplan habe schon am 22. September 1987 zu laufen begonnen und die Eingaben vom 7. und 12. Oktober 1987 seien verspätet gewesen. Soweit der Kantonsgerichtsausschuss auf die Eingaben des Rekurrenten nicht eingetreten ist, verstösst sein Entscheid demnach nicht gegen Bundesrecht.
| null |
nan
|
de
| 1,988 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f4bfb3ed-f0dc-40ea-bffd-d68f008ebb32
|
Urteilskopf
105 V 283
61. Urteil vom 28. November 1979 i.S. Leemann gegen Bezirkskrankenkasse Pfäffikon ZH und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
|
Regeste
Art. 9 Abs. 1 und 2,
Art. 10 Abs. 1 KUVG
.
- Geltendmachung der Freizügigkeit.
- Beginn des Anspruchs auf Leistungen für die Folgen eines Unfalls, der sich während der dreimonatigen Frist des
Art. 10 Abs. 1 KUVG
ereignete, aber zu einem Zeitpunkt, da sich der Züger noch nicht bei der neuen Kasse angemeldet hat.
|
Sachverhalt
ab Seite 283
BGE 105 V 283 S. 283
A.-
Der bevormundete Albert Leemann war vom 1. August 1968 bis 31. Dezember 1973 für Krankenpflege, Unfallrisiko, Spitalpflege und Badekuren bei der Öffentlichen Krankenkasse Basel-Stadt versichert. Am 16. Januar 1974 stellte sein Vormund für ihn ein Aufnahmegesuch bei der Bezirkskrankenkasse. Am gleichen Tag verunfallte Albert Leemann. Bei der Meldung des Unfallereignisses am 17. Januar 1974 erklärte die Bezirkskrankenkasse dem Vormund, sein Mündel sei nicht gegen Unfall versichert.
Mit Verfügung vom 26. Oktober 1977 lehnte die Bezirkskrankenkasse Leistungen für die Folgen des Unfalls vom 16. Januar 1974 ab.
B.-
Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wurde vom Versicherungsgericht des Kantons Zürich am 1. März 1978 mit der Begründung abgewiesen, der Vormund des Versicherten habe es am 16. Januar 1974 unterlassen, den Abschluss einer Unfallversicherung zu beantragen. Bei Inanspruchnahme der Freizügigkeit hätte er die Bezirkskrankenkasse in Kenntnis setzen müssen, dass Albert Leemann bei der Öffentlichen Krankenkasse Basel-Stadt auch für Unfallrisiko versichert war.
BGE 105 V 283 S. 284
C.-
Albert Leemann lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, der Entscheid des Versicherungsgerichtes sei aufzuheben und die Bezirkskrankenkasse zu verpflichten, ab 16. Januar 1974 Versicherungsleistungen im Gesamtbetrage von Fr. 29'993.45 zu erbringen. Er macht geltend, der Freizügigkeitsanspruch gelte während der vollen dreimonatigen Frist des
Art. 10 Abs. 1 KUVG
, und zwar unbesehen, ob in dieser Zeit ein Schadenereignis eingetreten sei oder nicht. Dazu komme, dass die Bezirkskrankenkasse den Vormund insbesondere hätte darauf hinweisen müssen, dass zur Krankenversicherung eine zusätzliche Versicherung gegen Unfall abzuschliessen sei. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn die Kasse die Rechte des Versicherten, die ihm aus der Freizügigkeit zustünden, nicht anerkennen, sondern nachträglich einen "Versicherungs-Neuabschluss" konstruieren wolle.
Bezirkskrankenkasse und Bundesamt für Sozialversicherung beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Gemäss
Art. 7 Abs. 1 lit. a KUVG
haben Versicherte, die ohne eine Unterbrechung von mehr als drei Monaten während wenigstens sechs Monaten bei einer oder mehreren Kassen versichert gewesen sind, Anspruch auf Übertritt zu einer andern Kasse, wenn sie aus ihrer bisherigen Kasse wegen Aufgabe des Wohnortes austreten müssen. Dass der Beschwerdeführer diese Voraussetzung des Freizügigkeitsanspruchs erfüllte, ist unbestritten.
Was insbesondere das Unfallrisiko anbetrifft, so steht einerseits fest, dass der Beschwerdeführer bis 31. Dezember 1973 bei der Öffentlichen Krankenkasse Basel-Stadt gegen Unfall versichert gewesen war, und anderseits, dass sich das Tätigkeitsgebiet der Beschwerdegegnerin auch auf das Unfallrisiko erstreckt (Art. 24 Ziff. 1 der Statuten). Somit hatte der Beschwerdeführer gemäss
Art. 9 Abs. 2 KUVG
grundsätzlich Anspruch darauf, sich bei der Beschwerdegegnerin sowohl gegen Krankheit wie auch gegen Unfall versichern zu lassen.
Während die Krankenversicherung der Öffentlichen Krankenkasse Basel-Stadt das Unfallrisiko automatisch einschliesst, muss bei der Beschwerdegegnerin eine Zusatzversicherung für Unfallschäden abgeschlossen werden. Die Beschwerdegegnerin
BGE 105 V 283 S. 285
bestreitet, dass der Vormund dies für sein Mündel, den Beschwerdeführer, am 16. Januar 1974 getan habe, sondern erst anlässlich der Unfallmeldung am 17. Januar. Am Unfalltag (16. Januar) sei der Beschwerdeführer daher nicht gegen Unfall versichert gewesen und somit sei die Kasse gemäss Art. 12 Ziff. 2 ihrer Statuten für die Unfallfolgen nicht leistungspflichtig.
2.
a) Als der Vormund am 16. Januar 1974 sein Mündel anmeldete, benutzte er das übliche Formular "Aufnahme-Gesuch". In diesem Formular der Beschwerdegegnerin wird nicht darnach gefragt, ob auch gegen Unfall versichert werden will. Zwar wird in Ziff. 4 des Formulars darnach gefragt, ob der Aufnahmebewerber schon gegen Unfall versichert sei. Diese Frage steht aber nicht unter der Rubrik "Gewünschte Versicherungsabteilungen"; ihre Beantwortung bezweckt nicht die Abgrenzung des Versicherungsschutzes, sondern dient der Bestimmung der Leistungspflicht im Schadenfall.
Mit Rücksicht insbesondere darauf, dass bei der Beschwerdegegnerin für das Unfallrisiko eine Zusatzversicherung abgeschlossen werden muss, drängt sich die Frage auf, ob das Aufnahme-Formular den Anforderungen genüge, welche die Praxis an die Ausgestaltung und Vollständigkeit derartiger Formulare stellt (vgl. bezüglich der Vorbehalte für bestehende oder rückfallgefährdete Krankheiten:
BGE 96 V 4
Erw. 3, RSKV 1978 Nr. 309, S. 10; vgl. weiter
BGE 101 II 339
). Diese Frage kann indes aus nachstehendem Grunde offenbleiben.
b) Die Geltendmachung der Freizügigkeit erfolgt durch Vorweisung des von der bisherigen Krankenkasse ausgestellten Mitgliedschaftsausweises (Art. 6 Vo III). Auf diesem Formular hat der Züger die gewünschten Versicherungsleistungen anzugeben, wobei in einer besonderen Rubrik ausdrücklich darnach gefragt wird, ob "Unfalleinschluss" gewünscht werde oder nicht.
Als der Vormund des Beschwerdeführers am 16. Januar 1974 bei der Beschwerdegegnerin vorsprach, legte er den Mitgliedschaftsausweis, den die Öffentliche Krankenkasse Basel-Stadt bereits am 20. Dezember 1973 im Hinblick auf das Zügerrecht des Beschwerdeführers ausgestellt hatte, nicht vor. Hätte er dies vorschriftsgemäss getan, dann wäre die Frage der Unfallversicherung zwangsläufig zur Sprache gekommen und Unklarheiten oder Missverständnisse hätten nicht entstehen können.
BGE 105 V 283 S. 286
Diese Unterlassung hat der Vormund selber zu vertreten, weshalb der Beschwerdeführer sich nicht auf eine ungenügende Ausgestaltung des üblichen Aufnahme-Formulars der Beschwerdegegnerin berufen könnte.
Aus dem gleichen Grunde kann sich der Beschwerdeführer auch nicht darauf berufen, sein Vormund sei am 16. Januar 1974 seitens der Beschwerdegegnerin nicht hinreichend aufgeklärt worden. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, inwieweit eine Aufklärungspflicht durch die Kasse überhaupt anzunehmen wäre, dies insbesondere im Hinblick darauf, dass der Vormund eine verhältnismässig einfache Willenserklärung abzugeben hatte.
3.
Es ist somit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer am 16. Januar 1974, dem Unfalltag, nicht gegen Unfall versichert wurde. Hinsichtlich des Unfallrisikos war er am 16. Januar nicht Mitglied der Beschwerdegegnerin (vgl. Art. 12 Ziff. 2 der Statuten, wonach die Mitgliedschaft von Zügern mit dem Tag der Übertrittsanmeldung beginnt). Da die Leistungspflicht einer Krankenkasse an die Mitgliedschaft gebunden ist, war die Beschwerdegegnerin jedenfalls am 16. Januar 1974 für Unfallschäden nicht leistungspflichtig.
Anderseits ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer ab 17. Januar 1974 in die Unfallversicherung der Beschwerdegegnerin aufgenommen wurde. Im Hinblick darauf macht er geltend, zumindest ab diesem Tage bestehe die Leistungspflicht der Kasse für die Unfallfolgen, und zwar ohne Rücksicht darauf, dass der Unfall sich am Vortag ereignet habe.
a) Gemäss
Art. 9 Abs. 1 KUVG
darf die übernehmende Kasse dem Züger keine Aufnahmebedingungen hinsichtlich seines Gesundheitszustandes entgegenhalten. Diese Bestimmung bereitet keine Anwendungsschwierigkeiten, wenn der Züger so rechtzeitig von seinem Freizügigkeitsanspruch Gebrauch macht, dass seine Mitgliedschaft bei der übernehmenden Kasse zeitlich unmittelbar an das Ende der früheren Mitgliedschaft anschliesst. Die gesetzliche Regel muss indes in gleicher Weise gelten, wenn sich der Züger erst im Verlaufe der dreimonatigen Frist des
Art. 10 Abs. 1 KUVG
anmeldet und damit ein versicherungsloses Intervall schafft. Während dieses Intervalls ist er, da nicht Kassenmitglied, nicht bezugsberechtigt. Wenn er aber innert der dreimonatigen Frist als Züger der neuen Kasse beitritt, hat von diesem Zeitpunkt hinweg die
BGE 105 V 283 S. 287
Bestimmung des
Art. 9 Abs. 1 KUVG
volle Geltung. Dabei kann es keine Rolle spielen, ob eine allfällig bestehende Krankheit bereits zur Zeit der Mitgliedschaft bei der früheren Kasse eingetreten war oder aber während des versicherungslosen Intervalls.
Art. 9 Abs. 1 KUVG
lässt keine Einschränkungen zu, solange die Frist des Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes gewahrt wird.
b) Es fragt sich, ob diese Grundregeln auch gelten für die (zusätzliche) Unfallversicherung, für den Fall also insbesondere, da im versicherungslosen Intervall ein Unfall eintritt.
Gegen eine Gleichstellung von unfallbedingter mit krankheitsbedingter Gesundheitsschädigung lässt sich einwenden, dass die Unfallversicherung nicht zur gesetzlichen Mindestversicherung der Krankenkassen gehört, woraus der Schluss gezogen werden könnte, dass sich
Art. 9 Abs. 1 KUVG
nur auf Krankheiten bezöge. Das ist jedoch im Rahmen des Freizügigkeitsrechts unzutreffend. Wenn der Züger bei der frühern Kasse gegen Unfall versichert war und wenn die übernehmende Kasse diese Versicherungssparte ebenfalls führt, ist sie gemäss
Art. 9 Abs. 2 KUVG
verpflichtet, den Züger auch hierfür im bisherigen Rahmen weiter zu versichern; Art. 9 Abs. 2 betrifft eben gerade jene Versicherungen, die über das gesetzliche Minimum hinausgehen (so z.B. auch ein Taggeld, das höher vereinbart wurde als die gesetzlichen Fr. 2.--, oder eine Spitalzusatzversicherung usw.). Es zeigt sich daraus, dass Abs. 1 des Art. 9 den gesamten bisherigen Versicherungsumfang beschlägt.
Wohl ist nicht zu übersehen, dass ein gewisses Missbrauchsrisiko besteht, wenn der Züger mit dem Übertritt zuwarten kann, bis ein Unfall eingetreten ist, und wenn alsdann die übernehmende Kasse von diesem Zeitpunkt an leistungspflichtig ist. Dieses Risiko besteht indes auch hinsichtlich von Krankheiten, die im versicherungslosen Intervall eingetreten sind, und diesbezüglich ist es nach dem oben Gesagten eindeutig, dass
Art. 9 Abs. 1 KUVG
keine Einschränkungen zulässt. Es besteht kein Anlass, das Unfallrisiko diesbezüglich anders zu behandeln. Im übrigen ist die Gefahr von Missbräuchen stark eingeschränkt, nämlich auf die drei Monate des
Art. 10 Abs. 1 KUVG
. Zudem ist der Anreiz zum Missbrauch doch eher gering: Der Züger könnte allenfalls etwas an Prämien einsparen, hätte aber anderseits in Kauf zu nehmen, dass er für die Zeitspanne vom Unfall bis zum Abschluss der Unfallversicherung
BGE 105 V 283 S. 288
keine Leistungen beanspruchen könnte. Das Missbrauchsrisiko kann daher nicht zu einer Abweichung von der Grundregel des
Art. 9 Abs. 1 KUVG
führen. - Damit ist nicht entschieden, dass in einem konkreten Einzelfall nicht doch Rechtsmissbrauch angenommen werden könnte; diese Frage kann hier aber offenbleiben, weil im vorliegenden Fall nichts darauf hindeutet.
4.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer bei der Beschwerdegegnerin erst ab 17. Januar 1974 gegen Unfall versichert war und dass die Beschwerdegegnerin für die am 16. Januar 1974 entstandenen Unfallkosten nicht aufzukommen hat, dagegen aber hierfür ab 17. Januar 1974 leistungspflichtig ist. Die ab diesem Datum geschuldeten Leistungen hat die Beschwerdegegnerin noch zu ermitteln und dem Vormund des Beschwerdeführers in einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichtes des Kantons Zürich vom 1. März 1978 und die Verfügung der Bezirkskrankenkasse Pfäffikon vom 26. Oktober 1977 aufgehoben werden und die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen wird, damit sie gemäss den Erwägungen verfahre.
| null |
nan
|
de
| 1,979 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f4c17abe-2e04-4413-a24c-5bcda992857d
|
Urteilskopf
92 IV 115
30. Urteil des Kassationshofes vom 30. September 1966 i.S. A. gegen B.
|
Regeste
Art. 28 Abs. 1 und 177 Abs. 1 StGB.
Der Ehemann, dem vorgehalten wird, er habe eine Hure zur Frau, ist Verletzter und daher berechtigt, gegen den Täter Strafantrag zu stellen.
|
Sachverhalt
ab Seite 115
BGE 92 IV 115 S. 115
A.-
Der Gastwirt A. machte am 5. September 1964 auf der Muristrasse in Bern dem Milchhändler B. Vorwürfe, weil dieser den Lieferwagen vorübergehend auf einer Garagezufahrt abgestellt hatte. Die Vorwürfe arteten sogleich in Beschimpfungen aus, die der Milchhändler mit Beschimpfungen erwiderte. Zum Schluss machte A. zu B. die Bemerkung: "U de Dy Frou, die Huer, die Souhuer".
Der Milchhändler stellte gegen den Wirt Strafantrag, den er im Verfahren ausdrücklich auf die seine Frau betreffende Äusserung beschränkte.
B.-
Der Gerichtspräsident IX von Bern und auf Appellation hin am 21. September 1965 auch das Obergericht des Kantons Bern verurteilten A. wegen Beschimpfung zu einer Busse von Fr. 100.--.
BGE 92 IV 115 S. 116
C.-
Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und dieses anzuweisen, dem Verfahren keine weitere Folge zu geben. Er macht geltend, durch die eingeklagte Äusserung sei wohl die Frau des Klägers, nicht aber dieser selber in der Ehre verletzt worden; B. sei daher nicht antragsberechtigt.
D.-
Der Kläger beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen.
Erwägungen
Der Kassationshof zieht in Erwägung:
1.
Ist eine Tat nur auf Antrag strafbar, so kann nach
Art. 28 Abs. 1 StGB
jeder, der durch sie verletzt worden ist, die Bestrafung des Täters verlangen. Verletzt im Sinne dieser Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung nicht jeder, dessen Interessen von der strafbaren Handlung irgendwie, namentlich bloss mittelbar, betroffen werden, sondern nur, wer selber Träger des unmittelbar angegriffenen Rechtsgutes ist (
BGE 86 IV 82
,
BGE 87 IV 106
,
BGE 92 IV 2
).
Gegen wen eine ehrverletzende Behauptung gerichtet sei, beurteilt sich nicht bloss nach ihrem Inhalt, sondern auch nach den Umständen, unter denen sie erhoben wird. Darnach kann im vorliegenden Falle aber nicht zweifelhaft sein, dass die eingeklagte Äusserung einen verdeckten Angriff auf den Kläger enthielt. Frau B., die der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Aussagen nur vom Sehen her kannte, war nicht anwesend, als er sich mit deren Ehemann stritt. A. hatte auch sonst keinen ersichtlichen Grund, die Frau seines Widersachers in ihrer Ehre anzugreifen. Wenn er es gleichwohl tat, so geschah dies offensichtlich nur mit der Absicht, den Kläger als Mann einer angeblichen Hure hinzustellen, also ihn selber verächtlich zu machen. Der Beschwerdeführer schweigt sich denn auch nach wie vor darüber aus, welchen Anlass er sonst gehabt hätte, die Äusserung gerade bei der Gelegenheit zu tun, bei der er sie getan hat. Er räumt in der Beschwerde vielmehr ein, es sei durchaus möglich, dass er damit den Kläger persönlich habe verletzen wollen.
Freilich setzt Strafe wegen Ehrverletzung, wie der Beschwerdeführer richtig einwendet, nach ständiger Rechtsprechung nicht voraus, dass der Täter die Absicht gehabt habe, den andern zu beleidigen oder ihn in seinem Ansehen bei den Mitmenschen zu schmälern. Da die tatsächliche Schädigung des Rufes nicht
BGE 92 IV 115 S. 117
Tatbestandsmerkmal der
Art. 173 ff. StGB
ist, braucht auch der Vorsatz nicht auf eine solche Schädigung gerichtet zu sein. Der Täter handelt schon dann vorsätzlich und ist strafbar, wenn er weiss, dass seine Behauptung den Ruf einer bestimmten Person schädigen kann, und er die Behauptung trotzdem erhebt (
BGE 71 IV 232
,
BGE 79 IV 22
,
BGE 92 IV 97
Erw. 3).
Das heisst aber nicht, dass die Beleidigungsabsicht völlig belanglos sei und der Richter nicht danach zu fragen brauche, wie in der Beschwerde behauptet wird. Wer mit der Äusserung vorwiegend oder sogar ausschliesslich die Absicht verfolgt, den andern herunterzumachen, ist umso strafwürdiger, und wer den Angriff verschleiert, soll deswegen der Strafe nicht entgehen können. Das gilt auch hier. Die eingeklagte Äusserung darf nicht losgelöst von dem beurteilt werden, was ihr vorausgegangen ist. Nach dem angefochtenen Urteil hat A. den B. schon vorher mit derben Schimpfwörtern bedacht, diese aber in gleicher Münze zurückerhalten. Alsdann hat er den Kläger mit der Anspielung auf seine Frau noch auf besondere Weise zu treffen gesucht. Daraus erhellt, dass der ganze Angriff des A. bloss dem Bedürfnis entsprungen ist, seinem Groll und Unmut über den Milchhändler Luft zu machen, der Beschwerdeführer also auch mit dem Hinweis "U de Dy Frou ..." weniger diese als vielmehr den Kläger selber verunglimpfen wollte. Dadurch unterscheidet der vorliegende Fall sich denn auch deutlich von dem in
BGE 86 IV 81
veröffentlichten, wo der Angeschuldigte die Frau X. nicht dem Ehemann und nachmaligen Kläger, sondern einem Dritten gegenüber als Luder bezeichnet hat. Nichts deutete in jenem Falle darauf hin, dass der Angeschuldigte das Schimpfwort als Seitenhieb auf den Ehemann, der gar nicht anwesend war, benützt hätte oder hätte benützen wollen, wie das hier geschehen ist. Die Vorinstanz ist daher mit Recht davon ausgegangen, B. sei durch die Tat verletzt worden, folglich antragsberechtigt.
2.
Dem Kläger das Antragsrecht abzusprechen, wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt. Der Ausdruck Hure enthält eine höchst negative moralische Wertung und gehört deshalb zu den gröbsten Schimpfwörtern, mit denen eine Frau überhaupt benannt werden kann. Er kennzeichnet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Betroffene als Frau, die unbekümmert um die Gebote der Sittlichkeit sich zur Befriedigung der eigenen Wollust oder zu Erwerbszwecken Männern wahllos hingibt.
BGE 92 IV 115 S. 118
Wird einem Manne, wie hier, vorgehalten, er habe (ja nur) eine Hure zur Frau, so ist damit der Vorwurf oder doch die Verdächtigung verbunden, er dulde oder begünstige ihr Gewerbe oder lasse sich gar von ihr unterhalten (vgl.
Art. 198-201 StGB
). Das braucht sich ein Ehemann nicht gefallen zu lassen. Er darf daher vom Richter mit Recht erwarten, dass dieser ihn als Verletzter und damit als Antragsberechtigter im Sinne von
Art. 28 StGB
anerkenne.
Dispositiv
Demnach erkennt der Kassationshof
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
| null |
nan
|
de
| 1,966 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4c2509c-6e3e-4eb7-ab5b-add017729a83
|
Urteilskopf
104 II 163
27. Arrêt de la IIe Cour civile du 16 mai 1978 dans la cause hoirs de B. et consorts contre dame B. et consorts
|
Regeste
Art. 647 Abs. 2 Ziff. 1 ZGB
; 44 bis
Art. 46 OG
.
Das beim Richter erhobene Gesuch eines Miteigentümers um Anordnung der für die Erhaltung des Wertes und der Gebrauchsfähigkeit der Sache notwendigen Verwaltungshandlungen leitet nicht eine Zivilrechtsstreitigkeit ein, so dass gegen den Entscheid der letzten kantonalen Instanz die Berufung an das Bundesgericht nicht zulässig ist (Erw. 3).
|
Sachverhalt
ab Seite 163
BGE 104 II 163 S. 163
Les hoirs de B. et consorts sont copropriétaires, avec dame B. et consorts, de biens immobiliers comprenant un bâtiment de trois appartements. Par la voie de la procédure sommaire, ils ont requis du Tribunal de première instance du canton de Genève la désignation d'urgence d'un représentant des copropriétaires, ayant pour mission de gérer les biens, d'en fixer les loyers et de les encaisser. Ils fondaient leur requête sur l'
art. 647 al. 2 ch. 1 CC
. Le Tribunal l'a rejetée, par le motif que les conditions d'application de la disposition légale invoquée
BGE 104 II 163 S. 164
n'étaient pas réalisées. La Cour de justice a déclaré irrecevable l'appel formé par les hoirs de B. et consorts. Ceux-ci ont recouru en réforme au Tribunal fédéral. Le recours a été déclaré irrecevable.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
La Cour de justice a déclaré l'appel irrecevable par le motif qu'en procédure sommaire le Tribunal statue en dernier ressort (art. 8k et 9 de la loi genevoise d'application du Code civil), un appel n'étant ouvert que si le jugement consacre une violation de la loi (art. 339 de la loi genevoise de procédure civile). Pour se prononcer, elle a donc dû entrer en matière et examiner si la décision du premier juge est fondée au regard du droit fédéral: ainsi, en réalité, elle a statué sur le mérite de la requête et rejeté l'appel au fond.
2.
Pour autant qu'elle peut être déterminée, la valeur litigieuse paraît atteindre 8'000 fr. (
art. 46 OJ
), s'agissant de l'institution d'une administration appelée à conclure des baux à loyer d'une certaine durée, soit, normalement, de plusieurs années.
3.
Reste à savoir si l'on est en présence d'une contestation civile, au sens des
art. 44 et 46 OJ
.
a) Dans l'arrêt Tami contre Tami, du 21 octobre 1971 (
ATF 97 II 320
ss), le Tribunal fédéral s'est prononcé au sujet de l'application de l'
art. 647 al. 2 ch. 1 CC
, sans examiner le problème de l'entrée en matière. Mais la cause se présentait d'une façon différente. La Cour cantonale avait refusé de statuer, par le motif qu'ayant un objet autre que celui visé par l'
art. 647 al. 2 ch. 1 CC
la requête aurait dû être présentée en la forme ordinaire: le Tribunal fédéral a recherché si ce point de vue était fondé ou si, par une fausse application de l'
art. 647 CC
, le recourant avait été privé d'un droit que lui confère la loi fédérale; il a ainsi étudié la disposition précitée à titre préalable. Dans la présente espèce, en revanche, le recours est dirigé contre le rejet au fond d'une requête basée sur l'
art. 647 al. 2 ch. 1 CC
: la question de la recevabilité dans le cadre de la notion de contestation civile doit dès lors être soumise à examen.
b) Selon une jurisprudence maintes fois confirmée, il faut entendre par conte
BGE 104 II 163 S. 165
visant à provoquer une décision définitive sur des rapports de droit civil, et cela quelle qu'ait été la procédure, contentieuse ou gracieuse, suivie par l'autorité cantonale (
ATF 103 II 317
consid. 2c;
ATF 101 II 359
, 368, 369 et les arrêts cités). Relève en revanche de la procédure non contentieuse la décision qui, sans statuer sur l'existence d'un droit, est destinée à garantir l'administration et la conservation des droits ou des intérêts litigieux (cf. M. GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Schweiz, Zurich 1954, p. 2, 9 ss; A. WURZBURGER, Les conditions objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral (
art. 44 50
OJ), thèse Lausanne 1964, p. 13 ss). C'est notamment le cas des sûretés et des mesures relatives à la dévolution des successions, telles l'ordonnance d'une administration d'office (
ATF 98 II 275
276) ou la désignation d'un représentant de la communauté héréditaire (
ATF 72 II 55
).
c) En vertu de l'
art. 647 al. 2 ch. 1 CC
, chaque copropriétaire a le droit de demander que les actes d'administration indispensables au maintien de la valeur et de l'utilité de la chose, par quoi il faut entendre son aptitude à l'usage auquel elle est destinée (
ATF 97 II 324
), soient exécutés et, au besoin, ordonnés par le juge: ces actes peuvent être des actes matériels, comme une réparation, des actes juridiques, tels que l'expulsion d'un locataire, ou même des actes judiciaires (
ATF 97 II 323
consid. 4). Ce qui est en cause, ce n'est pas le règlement définitif et durable d'un rapport de droit civil: c'est la nécessité d'une mesure déterminée, dans le cadre de l'administration en commun. Le recours au juge ne tend pas à la reconnaissance d'un droit contesté, mais simplement à obtenir le moyen de résoudre un litige entre copropriétaires au sujet de la conservation de la chose. Le juge ne dit pas le droit: il exerce une activité administrative en matière privée (cf. GULDENER, op.cit., p. 2); plus que par des considérations d'ordre strictement juridique, sa décision sera dictée par des motifs pratiques et fondée avant tout sur des éléments de fait.
Ainsi, au vu des critères rappelés ci-dessus, la requête fondée sur l'
art. 647 al. 2 ch. 1 CC
ne donne pas lieu à une contestation civile.
|
public_law
|
nan
|
fr
| 1,978 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f4c2fef0-faaa-410a-9dc1-73c081291f95
|
Urteilskopf
100 Ib 350
62. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 10 décembre 1974 dans la cause Germanier contre Département du commerce, de l'industrie et du travail du canton de Genève
|
Regeste
Handelsregister;
Art. 934 Abs. 1 OR
, 52f. HRegV.
Eintragungspflicht eines Zahnarztes, der zwei Kliniken betreibt. Unterscheidung zwischen einem solchen Betrieb und der Ausübung eines freien Berufes.
|
Erwägungen
ab Seite 350
BGE 100 Ib 350 S. 350
A.-
Jean-Yves Germanier, médecin dentiste, a été autorisé le 19 juillet 1972 à exploiter à Genève deux permanences dentaires, l'une 5, chemin Malombré, l'autre 60, avenue Wendt. Par sommation du 18 février 1974, le préposé au registre du commerce l'a invité à requérir son inscription au registre du commerce "pour l'exploitation d'un établissement de médecine dentaire à l'enseigne Permanence dentaire de Malombré, à Genève, à l'adresse 5, chemin de Malombré, avec la mention que la maison exploite un second établissement de même nature à l'adresse 60, avenue Wendt". Germanier a fait opposition, en soutenant pour l'essentiel qu'il exerçait une profession libérale et qu'il n'était dès lors pas assujetti à l'inscription.
B.-
Le 7 juin 1974, le Département du commerce, de l'industrie et du travail du canton de Genève, agissant en qualité d'autorité de surveillance du registre du commerce, a écarté l'opposition et ordonné l'inscription de Jean-Yves Germanier sous sa raison individuelle, conformément à la sommation du 18 février 1974. L'autorité de surveillance considère notamment ce qui suit:
Aucune disposition légale ne dispense d'une manière absolue de l'inscription au registre du commerce les personnes exerçant une profession reconnue, en règle générale, comme profession libérale. En l'espèce, le mode d'exploitation des
BGE 100 Ib 350 S. 351
établissements de l'opposant se distingue fondamentalement de celui d'un cabinet dentaire ordinaire. Une permanence est connue sous une enseigne, c'est-à-dire une désignation anonyme, et la personnalité du médecin ne joue aucun rôle dans le choix du client; astreinte à fonctionner d'une manière ininterrompue 24 heures par jour et tous les jours de l'année, elle occupe un personnel relativement nombreux et doit dès lors être exploitée commercialement. Le 13 mars 1974, l'opposant occupait huit assistants, sans compter le personnel auxiliaire, ce qui exige une organisation complètement différente de celle d'un simple cabinet dentaire.
C.-
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours de droit administratif formé par Jean-Yves Germanier contre cette décision, par les mêmes motifs que ceux de l'arrêt ci-dessus (no 61).
|
public_law
|
nan
|
fr
| 1,974 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
|
Federation
|
f4c4e0c3-165d-44f2-b162-189b8b48bbb3
|
Urteilskopf
116 II 225
42. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. Juni 1990 i.S. T. gegen T. (Berufung)
|
Regeste
Güterrechtliche Auseinandersetzung. Zuordnung einer teilweise unentgeltlich, teilweise entgeltlich erworbenen Liegenschaft. Verzinsung der güterrechtlichen Forderung (
Art. 154 und 240 ZGB
in der Fassung von 1907).
1. Soweit der Wert der in einer Erbteilung übernommenen Liegenschaft dem Nettoerbteil des Übernehmers entspricht, gehört sie zu seinem eingebrachten Gut (E. 3b).
2. Sind mehrere Gütermassen am Erwerb einer Liegenschaft beteiligt gewesen, so ist deren Wert gemäss altem Eherecht proportional auf diese Massen aufzuteilen (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3c).
3. Erhält ein Ehegatte in einer Erbteilung gegen Übernahme bestehender Schulden eine Liegenschaft, so stellt sie nach altem Recht in diesem Umfang Errungenschaft dar (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3d).
4. Wird eine Liegenschaft zu einem günstigen Preis überlassen, ohne dass eine Schenkungsabsicht nachgewiesen ist, liegt keine gemischte Schenkung vor (E. 3e).
5. Wie ist der Anteil des eingebrachten Gutes zu bestimmen, wenn der genaue Wert des Vermögensgegenstandes nicht festgestellt werden kann (E. 3b)?
6. Verzinsung der Vorschlagsforderung bzw. des Liquidationsanteils am Gesamtgut bei der altrechtlichen Gütergemeinschaft (E. 5).
|
Sachverhalt
ab Seite 226
BGE 116 II 225 S. 226
A.-
Otto T. und Elisabeth T. haben am 1. Oktober 1966 geheiratet.
Mit "Erbteilungsvertrag" vom 2. Oktober 1968 übernahm der Ehemann aus dem Nachlass seiner Eltern ein Haus in G. zum Wert von Fr. 38'500.--. Dies entsprach der Höhe der Hypotheken von Fr. 37'000.-- zuzüglich Fr. 1'500.--, die er an eine seiner beiden Schwestern zu bezahlen hatte. Im Jahre 1976 wurde das Haus für Fr. 230'000.-- verkauft und in W. eine neue Liegenschaft mit einer Metzgerei und einem Hotel erworben. Mit öffentlicher Urkunde vom 10. Juni 1987 wurde diese Liegenschaft zusammen mit dem Gewerbe vom Ehemann wiederum veräussert.
B.-
Am 4. März 1986 klagte Otto T. beim Bezirksgericht X. auf Ehescheidung. Mit Urteil vom 8./11. Juli 1988 schied das Gericht die Ehe der Parteien und sprach Elisabeth T. einen
BGE 116 II 225 S. 227
güterrechtlichen Anspruch von Fr. 379'818.05 zu, abzüglich der bereits geleisteten Akontozahlungen von Fr. 55'000.--.
Auf Berufung von Otto T. und Anschlussberufung von Elisabeth T. ermittelte das Kantonsgericht St. Gallen mit Urteil vom 9./12. und 22. Juni 1989 nach Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen einen verbleibenden güterrechtlichen Anspruch der Ehefrau von Fr. 207'276.05, nebst Zins zu 5% ab 2. Dezember 1988.
C.-
Otto T. ficht diesen Entscheid mit Berufung an und verlangt, es sei Ziffer 1 des kantonsgerichtlichen Urteils aufzuheben und der güterrechtliche Anspruch der Beklagten vom Bundesgericht zu beziffern; eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen.
In ihrer Berufungsantwort beantragt Elisabeth T. die Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. Das Kantonsgericht St. Gallen hat keine Vernehmlassung eingereicht.
Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut, soweit darauf einzutreten ist, aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
2.
a) Im vorliegenden Verfahren sind nur noch die güterrechtliche Massenzugehörigkeit der Liegenschaft in G. (bzw. des Verkaufserlöses der später an ihrer Stelle in W. erworbenen) und die Fragen streitig, ob die güterrechtliche Forderung der Ehefrau von der Rechtskraft des Scheidungsurteils an zu verzinsen sei.
b) Es ist insbesondere unbestritten, dass die Ehegatten dem Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft nach den Bestimmungen des ZGB in der Fassung von 1907 unterstanden. Sie hatten noch unter altem Recht einen Ehevertrag abgeschlossen, indem sie rückwirkend auf den Zeitpunkt der Eheschliessung eine Gütergemeinschaft vereinbarten. Gemäss
Art. 10 SchlT ZGB
konnte das Inkrafttreten des neuen Eherechts deshalb nicht von Gesetzes wegen zu einer Änderung des Güterstandes führen. Zudem wurde die Scheidungsklage, welche zur Auflösung des Güterstandes führte, vor dem 1. Januar 1988 eingereicht, so dass das neue Recht auch von daher nicht anwendbar ist (
Art. 9d Abs. 3 SchlT ZGB
). Für die güterrechtliche Auseinandersetzung ist deshalb auf
Art. 154 ZGB
in der alten Fassung abzustellen, der bestimmt, dass das eheliche Vermögen unabhängig vom
BGE 116 II 225 S. 228
Güterstand in das Eigengut des Mannes und das Eigengut der Frau "zerfällt". Nur der Vorschlag wird den Ehegatten nach ihrem vertraglichen Güterstand zugewiesen. Mit Bezug auf die von den Parteien vereinbarte allgemeine Gütergemeinschaft bedeutet dies im wesentlichen, dass jeder Ehegatte jene Vermögenswerte zurücknimmt, welche unter der Güterverbindung sein eingebrachtes Gut wären, und nur das verbleibende Gesamtgut, d.h. die Errungenschaft, hälftig geteilt wird (
BGE 91 II 89
f.). Als Errungenschaft gilt, was während der Dauer des Güterstandes entgeltlich, aber nicht als Ersatzanschaffung für eingebrachtes Gut oder Sondergut, erworben wurde. Weil im Ehevertrag die Gütergemeinschaft rückwirkend auf den Eheabschluss vereinbart wurde, fällt die Dauer des Güterstandes mit der Ehedauer zusammen (vgl.
BGE 91 II 90
E. 2).
3.
a) Das Kantonsgericht St. Gallen betrachtete die Liegenschaft in G. vollständig als Errungenschaft (somit als hälftig zu teilendes Gesamtgut) und sprach dem eingebrachten Gut des Mannes nur eine Ersatzforderung im Betrag von Fr. 1'500.-- zu. Es ging davon aus, dass der Kläger die Liegenschaft wohl aus dem Nachlass seiner Eltern erhalten habe, es sich aber dennoch nicht um einen unentgeltlichen Erwerb handle. Der Kläger habe Hypothekarschulden im Betrag von Fr. 37'000.-- übernommen und überdies einer seiner Schwestern Fr. 1'500.-- bezahlt. Obgleich die Liegenschaft mit Sicherheit im Zeitpunkt der Übernahme einen höheren Wert gehabt habe, sei eine gemischte Schenkung nicht nachgewiesen, weil die Parteien sich des höheren Wertes nicht bewusst gewesen seien. Zudem sei ein wesentlicher Teil des Ausbaus der Liegenschaft während der Ehe durch die Ehegatten erfolgt und schon deshalb der Errungenschaft zuzurechnen. Die (nominale) Ersatzforderung des eingebrachten Gutes gegenüber der Errungenschaft begründete die Vorinstanz damit, dass eine der Schwestern für ihre früheren Arbeiten am Haus den erwähnten Betrag ausbezahlt erhalten habe. Da auch der Kläger vor der Ehe am Haus Arbeiten geleistet habe, stehe ihm ein gleicher Betrag (Fr. 1'500.--) zu. Dieser bleibe aber wertmässig unverändert, obgleich die Liegenschaft in G. und nachfolgend das als Ersatz angeschaffte Gewerbe in W. an Wert zugenommen haben.
Der Kläger bestreitet nicht, dass er die Liegenschaft während der Dauer der Ehe erworben hat. Er macht jedoch geltend, der Erwerb sei teilweise unentgeltlich und teilweise als Ersatzanschaffung für eingebrachtes Gut erfolgt.
BGE 116 II 225 S. 229
b) Der Kläger wendet gegen das vorinstanzliche Urteil ein, der Wert der Liegenschaft in G. habe den Übernahmepreis überstiegen, den er sich in der Erbteilung habe anrechnen lassen. Da sein Erbteil einen Drittel des Nachlasses betrage, müsse auch ein Drittel des den Übernahmepreis übersteigenden Wertes als sein Erbteil und damit als unentgeltlich erworben angesehen werden. In diesem Umfang gehöre die Liegenschaft in G. zu seinem eingebrachten Gut.
Die Vermögenswerte, die einem Ehegatten in einer Erbteilung zugewiesen werden, treten an die Stelle des bei Eröffnung des Erbganges erworbenen Erbteils. Haben sie den gleichen Wert wie dieser, so stellen sie grundsätzlich in ihrer Gesamtheit eingebrachtes Gut dar. Übersteigt der Wert der übernommenen Gegenstände den Erbteil und muss der Ehegatte deshalb seinen Miterben eine Ausgleichszahlung leisten, so handelt es sich im Umfang dieser Ausgleichszahlung um einen entgeltlichen Erwerb. In diesem Umfang liegt eine Ersatzanschaffung für die Errungenschaft, das eingebrachte Gut oder das Sondergut vor, je nachdem, welche Masse für die Gegenleistung aufkam. Handelt es sich beim in der Teilung zugewiesenen Wert um eine Liegenschaft, so ist diese deshalb proportional zu den Wertanteilen auf die entsprechenden Massen aufzuteilen (
BGE 91 II 91
).
Das Kantonsgericht hat in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, dass der Wert der Liegenschaft in G. im Zeitpunkt, in dem sie der Kläger erworben hat, "um einiges höher lag als der Übernahmepreis". Das bedeutet aber, dass der Nachlass wertmässig die Schulden überstieg. Wie der Kläger zu Recht festhält, stand ihm somit ein Erbteil zu, der sein eingebrachtes Gut darstellt. Dieser Masse ist somit auch das Grundstück in G. im Rahmen seines Nettoerbteils zuzurechnen.
Nun hat aber das Kantonsgericht den genauen Betrag, um den das Grundstück damals den Übernahmepreis überstieg - und damit auch den Nettowert des klägerischen Erbteils -, als nicht genau feststellbar bezeichnet. Damit durfte sich die Vorinstanz jedoch nicht begnügen. Wohl ist derjenige, der eingebrachtes Gut behauptet, dafür beweispflichtig (
Art. 215 Abs. 3 ZGB
in der Fassung von 1907; vgl. LEMP, Berner Kommentar, N. 41 zu
Art. 215 ZGB
; DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, Bern 1987, S. 465). Wenn die Vorinstanz aber festhält, dass der Wert der Liegenschaft mit Sicherheit über dem Übernahmepreis lag, so ist damit bewiesen, dass diese teilweise
BGE 116 II 225 S. 230
eingebrachtes Gut darstellte. Zu ermitteln ist nur noch das Ausmass dieses Anteils. Dem Gesetz ist keine Regel zu entnehmen, wie vorzugehen ist, wenn zwar das Vorliegen, nicht aber der genaue Betrag des eingebrachten Gutes nachgewiesen werden kann. Es liegt ein ähnlicher Sachverhalt vor, wie wenn im Haftpflichtrecht das Vorliegen eines Schadens bewiesen ist, dessen Höhe aber nicht genau beziffert werden kann (
Art. 42 Abs. 2 OR
). Entsprechend erscheint es auch hier richtig, wenn der Sachrichter nach seinem pflichtgemässen Ermessen die Höhe des entsprechenden Betrages festlegt. Damit soll allerdings nicht die in Art. 215 Abs. 3 aZGB enthaltene Beweisregel aufgeweicht werden. Von einem strengen Beweis darf deshalb nur abgewichen werden, soweit das eingebrachte Gut als solches nachgewiesen ist und der Beweispflichtige das Möglichste getan hat, um auch die Höhe nachzuweisen (vgl. BREHM, Berner Kommentar, N. 46 ff. zu
Art. 42 OR
). Diese Voraussetzungen sind hier aber gegeben, denn das Kantonsgericht hält in für das Bundesgericht verbindlicher Weise fest, dass sich der damalige Wert der Liegenschaft nicht mehr genau feststellen lasse.
Die Berufung erweist sich somit in diesem Punkt als begründet, und die Vorinstanz wird die Höhe des Nettoerbteils des Klägers festzustellen haben.
c) Das Kantonsgericht hat dem Ehemann für seine Mitarbeit beim Ausbau des Hauses vor der Heirat Fr. 1'500.-- zugesprochen und diese als Beitrag zum Erwerb des Grundstücks dem eingebrachten Gut zugewiesen. Der Kläger scheint geltend machen zu wollen, dass dieser Betrag ungenügend sei. Seine Kritik beschränkt sich aber darauf auszuführen, dass Ansprüche aus Arbeitsleistung "zu Hauf" bestanden hätten. Dies stellt eine unzulässige Kritik an der Beweiswürdigung des Kantonsgerichts dar (
Art. 55 Abs. 1 lit. c OG
).
Indessen ist seine Kritik zu hören und trifft zu, soweit er vorbringt, die Vorinstanz habe bei der Behandlung dieses Betrages die Grundsätze über die güterrechtlichen Ersatzanschaffungen falsch angewendet. Das Bundesgericht hat in
BGE 112 II 385
ff. die Frage, wie Investitionen einer güterrechtlichen Vermögensmasse in eine andere zu behandeln seien, einer neuerlichen Prüfung unterzogen und seine bisherige Rechtsprechung zusammengefasst und bestätigt. Im alten Eherecht steht einer Vermögensmasse, welche zum Erwerb, zur Verbesserung oder Erhaltung eines Vermögensgegenstandes einer anderen güterrechtlichen Masse beigetragen hat, grundsätzlich nur eine Ersatzforderung im Betrage der
BGE 116 II 225 S. 231
aufgewendeten Mittel zu (
BGE 112 II 386
mit Verweisen). In Abweichung von diesem Grundsatz liegt indessen nicht nur eine nominale Ersatzforderung, sondern eine proportionale Beteiligung mehrerer Gütermassen an einem Vermögenswert vor, wenn die Investition einer fremden Gütermasse bereits beim Erwerb erfolgt ist und es sich um eine Liegenschaft handelt (
BGE 112 II 387
).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall ohne Zweifel gegeben. Der Betrag von Fr. 1'500.-- wurde dem Eigengut zugestanden, weil der Ehemann vor der Heirat wie seine Schwester am Ausbau des Hauses mitgewirkt und deshalb gegenüber der Erbschaft eine entsprechende Forderung hatte, die durch die Übernahme der Liegenschaft getilgt wurde. Die Investition des Eigenguts erfolgte somit bereits beim Erwerb des Vermögenswertes zu Alleineigentum, und es handelt sich überdies um eine Liegenschaft.
Die Berufung erweist sich deshalb auch in diesem Punkt als begründet. Dem Eigengut des Klägers ist nicht nur eine nominale Ersatzforderung zuzuerkennen. Dieser Vermögensmasse steht vielmehr auch ein Teil der Wertsteigerungen zu, die dieser Vermögenswert und die anschliessend durch güterrechtliche Surrogation an seine Stelle getretene Liegenschaft in W. erfahren haben. Wie gross dieser Teil ist, kann das Bundesgericht nicht errechnen, weil - wie bereits ausgeführt - dem vorinstanzlichen Urteil der genaue Wert der Liegenschaft in G. im Zeitpunkt des Erwerbs nicht zu entnehmen ist.
d) Neben den Fr. 1'500.--, die der Kläger seiner Schwester bezahlte, übernahm er als Gegenleistung für den Erwerb der Liegenschaft die auf ihr lastenden Schulden. Es fragt sich, welche güterrechtlichen Wirkungen diesen Vorgängen zukommen.
aa) Das Bundesgericht hatte schon mehrfach Gelegenheit, sich dazu zu äussern, wie sich Kreditkäufe bei der Güterverbindung auf die Massenzugehörigkeit auswirken.
Gemäss gefestigter Rechtsprechung ist eine Liegenschaft, welche die Ehefrau mit Kredit kauft, für die güterrechtliche Auseinandersetzung wertmässig der Errungenschaft des Ehemannes zuzurechnen (
BGE 112 II 474
ff.). Das Bundesgericht stellte fest, dass es einen reinen Kreditkauf durch die Ehefrau nach der ursprünglichen Vorstellung des Gesetzgebers in der Güterverbindung gar nicht geben sollte (
BGE 112 II 476
). Die güterrechtliche Zuordnung könne deshalb in keinem Fall in einer diesem Güterstand vollständig entsprechenden Weise erfolgen. Eine Lösung müsse aber von den tragenden Gedanken der Güterverbindung ausgehen,
BGE 116 II 225 S. 232
und es sei darauf zu achten, dass die Interessen beider Ehegatten gleichmässig gewahrt würden und nicht ein Ehegatte einseitig privilegiert werde. Eine solche Privilegierung läge aber vor, wenn die Ehefrau allein darüber befinden könnte, ob sie sich über den Rahmen ihres Sondergutes oder ihres eingebrachten Gutes hinaus durch blosse Schuldenbegründung verpflichten wollte, um dadurch konjunkturelle Mehrwerte der Errungenschaft zu entziehen (
BGE 112 II 477
f.).
Wie die bisher ergangenen Entscheide zeigen, findet eine Zuordnung zur Errungenschaft des Ehemannes aber nicht nur statt, wenn die Liegenschaft ausschliesslich mit Kredit erworben wurde. Vielmehr hat das Bundesgericht regelmässig auch Grundstücke, welche die Ehefrau nur zum einen Teil mit Kredit finanzierte und zum andern Teil unentgeltlich erwarb (
BGE 112 II 478
f.) oder mit eingebrachtem Gut finanzierte, wertmässig im Umfang der grundpfändlichen Belastung der Errungenschaft zugewiesen. Dabei kam es auch nie darauf an, ob die Schulden neu begründet oder bestehende Verpflichtungen übernommen wurden (vgl. den Sachverhalt in
BGE 112 II 474
ff.).
Was für den vollständigen oder teilweisen Kreditkauf durch die Frau gilt, muss für den gleichen Tatbestand auch beim Mann massgebend sein. Das Bundesgericht hat die güterrechtliche Zuordnung des von der Frau mit Kredit erworbenen Vermögenswerts zur Errungenschaft gerade damit begründet, dass eine Gleichbehandlung beider Ehegatten nötig sei und die Zuordnung zur Errungenschaft bei entsprechendem Erwerb durch den Ehemann ausser Zweifel stehe (
BGE 112 II 478
E. 3c). Im vorliegenden Fall kann auch der Umstand, dass die Ehegatten nicht der Güterverbindung, sondern der altrechtlichen Gütergemeinschaft unterstehen, an der güterrechtlichen Zuordnung nichts ändern. Wird die Gütergemeinschaft durch Scheidung aufgehoben, so wird das Gesamtgut in gleicher Weise vom eingebrachten Gut geschieden wie in der Güterverbindung die Errungenschaft.
bb) Der Berufungskläger vermag auch daraus nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, dass unter neuem Recht bei einer teils schenkungsweise oder von Todes wegen und teils unter Übernahme von Schulden erworbenen Liegenschaft nach der Vorstellung des Reformgesetzgebers regelmässig nicht mehr auf einen entgeltlichen Erwerb im Umfang der Hypotheken zu schliessen ist (Protokolle der Kommission des Nationalrates, insbes. S. 1005 ff.; siehe auch: HAUSHEER/GEISER, Güterrechtliche Sonderprobleme, in: Hausheer
BGE 116 II 225 S. 233
(Hrsg.), Vom alten zum neuen Eherecht, Bern 1986, S. 91 f.; DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, Bern 1987, S. 258, Anm. 97, mit Hinweisen). Diese Betrachtungsweise, zu der hier nicht Stellung zu nehmen ist, kann jedenfalls nicht auf das alte Recht übertragen werden, weil es in diesem dem Umstand Rechnung zu tragen gilt, dass die Beteiligung einer güterrechtlichen Masse an Mehrwerten im Unterschied zum neuen Recht dann nicht möglich ist, wenn die Investition erst nach dem Erwerb des Vermögenswerts erfolgt (
BGE 112 II 387
E. 5a mit Hinweis). Wiese man die Hypothek im alten Recht dem Eigengut zu, weil das Grundstück teilweise unentgeltlich erworben wurde, so könnten Amortisationszahlungen aus der Errungenschaft - ein häufiger Vorgang - nur zu Ersatzforderungen zum Nominalwert führen, und die Errungenschaft bliebe trotz ihres wesentlichen Beitrags ohne jeden Anteil am Mehrwert.
cc) Die von PIOTET an der Rechtsprechung zum alten Recht geübte Kritik sodann bezieht sich in erster Linie darauf, dass das Bundesgericht das von der Frau erworbene Grundstück im Rahmen der Grundpfandschulden der Errungenschaft des Mannes zuweist, um die Ehegatten gleich zu behandeln. Die Güterverbindung zeichne sich aber durch eine Ungleichbehandlung der Ehegatten aus, so dass die Gleichbehandlung kein Argument darstellen könne (PIOTET, JdT 1987 I, S. 606 f.). Diese Kritik ist für den vorliegenden Fall ohne Bedeutung, da es sich um den Erwerb eines Grundstückes durch den Ehemann und nicht durch die Ehefrau handelt.
dd) Der Kläger macht des weitern geltend, die Hypothek könne nicht vollständig der Errungenschaft zugerechnet werden, weil sie bereits im Zeitpunkt des Erbgangs bestanden habe und somit im Rahmen seines Erbteils ein Drittel als Nachlassschuld auf ihn übergegangen sei. Eine Übernahme von Schulden als Gegenleistung für den Erwerb des Alleineigentums am Grundstück liege somit nur für die restlichen zwei Drittel vor, d.h. für die auf seine Schwestern entfallenden Teile. Dieser Betrachtungsweise kann mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht gefolgt werden. Eine Unterscheidung zwischen jenem Teil der Schuld, der dem Erben nach seiner Erbquote zufällt, und jenem, den er sich im Teilungsvertrag zu übernehmen verpflichtet, ist schon deshalb nicht angebracht, weil alle Erben für sämtliche Erbschaftsschulden solidarisch haften (
Art. 603 Abs. 1 ZGB
). Diese Haftung besteht sogar nach der Teilung weiter (
Art. 639
BGE 116 II 225 S. 234
ZGB
). Das Bundesgericht weist im Rahmen des Zivilgesetzbuches von 1907 eine in einer Erbteilung erworbene Liegenschaft im Umfang der übernommenen Hypotheken der Errungenschaft zu, weil es sich insoweit beim Erbgang nicht um einen unentgeltlichen Erwerb handelt. Das trifft aber nicht nur für neu begründete oder die eigene Erbquote übersteigende bestehende, sondern für alle Schulden zu, die auf dem in der Erbteilung übernommenen Vermögenswert lasten.
ee) Soweit der Kläger die Zuweisung des Grundstücks im Umfang der grundpfändlich gesicherten Schulden zur Errungenschaft kritisiert, erweist sich die Berufung somit als unbegründet.
e) Wie dargelegt (vorn E. 3b), ist davon auszugehen, dass der Wert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Übernahme den Betrag überstieg, den sich der Kläger in der Erbteilung anrechnen lassen musste, und dass diese Wertdifferenz im Rahmen des klägerischen Erbteils (= 1/3) seinem eingebrachten Gut zuzurechnen ist. Die verbleibenden 2/3 der Wertdifferenz bilden den Nettowert der Erbteile, die den Schwestern des Klägers zustanden. Diese haben ihm ihre Anteile an der Liegenschaft unter dem Verkehrswert überlassen. Darin sieht der Kläger eine gemischte Schenkung. Auch im Umfang dieser unentgeltlichen Zuwendung stelle die Liegenschaft aber sein eingebrachtes Gut dar.
aa) Damit eine gemischte Schenkung vorliegt, genügt es nicht, dass der wirkliche Wert des Gegenstandes den Wert der Gegenleistung übersteigt. Die Parteien müssen sich vielmehr dieser Wertdifferenz bewusst gewesen sein. Der Veräusserer muss mit dem Willen gehandelt haben, dem Erwerber eine unentgeltliche Zuwendung zu machen (
BGE 98 II 358
f.; TERCIER, La partie spéciale du CO, Zürich 1988, S. 114, Rz. 887; CAVIN, Kauf, Tausch und Schenkung, in: SPR Bd. VII/1, S. 186 f.). Die Vereinbarung eines günstigen Preises wegen besonderer Beziehungen zwischen den Vertragsparteien macht den Verkauf noch nicht zu einer Schenkung, auch nicht teilweise (
BGE 102 II 250
mit Hinweisen). Fehlt es am Schenkungswillen, so liegt ein Verkauf zu einem Freundschaftspreis vor, und der Vermögenswert stellt Errungenschaft dar, sofern nicht eine Ersatzanschaffung für eine andere Vermögensmasse nachgewiesen ist (BÜHLER/SPÜHLER, Berner Kommentar, N. 15 zu
Art. 154 ZGB
). Das Kantonsgericht hat in Anwendung dieser Grundsätze das Vorliegen einer gemischten Schenkung abgelehnt, weil anzunehmen sei, "dass nach dem Willen aller Vertragsparteien der Kläger nicht im Sinne einer Schenkung begünstigt werden
BGE 116 II 225 S. 235
sollte". Das Kantonsgericht hat somit den Schenkungswillen als nicht bewiesen erachtet.
f) Zusammenfassend ergibt sich, dass das Kantonsgericht somit zu bestimmen haben wird, welchen Wert die Liegenschaft in G. im Zeitpunkt der Erbteilung hatte. Sodann ist der Nettoerbteil des Klägers zu berechnen. Das Verhältnis zwischen dem Nettoerbteil, erhöht um Fr. 1'500.--, und dem gesamten Wert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Erbteilung ergibt den Bruchteil, zu dem sie dem eingebrachten Gut des Mannes zuzurechnen ist.
Da aus dem Verkaufserlös des Grundstückes in G. die Liegenschaft mit Metzgerei und Hotel in W. gekauft wurde, liegt eine Ersatzanschaffung vor. Dieser Vermögenswert stellt somit ebenfalls teilweise eingebrachtes Gut des Mannes dar. Sein Verkaufserlös ist entsprechend proportional zwischen dem Eigengut und der Errungenschaft aufzuteilen. Ob für den Erwerb dieses Vermögenswerts auch noch weitere Mittel verwendet wurden, ist dem kantonsgerichtlichen Urteil nicht zu entnehmen. Um den Anteil der güterrechtlichen Massen an der Liegenschaft mit Gewerbe bestimmen zu können, wird die Vorinstanz auch diese Frage zu klären haben.
5.
Das Kantonsgericht hat der Beklagten für ihre güterrechtliche Forderung einen Verzugszins zu 5% vom Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils im Scheidungspunkt an zugesprochen. Der Kläger sieht auch darin eine Verletzung von Bundesrecht. Der güterrechtliche Anspruch werde erst mit Rechtskraft des Urteils über die güterrechtliche Auseinandersetzung fällig. Vor der Fälligkeit könne aber kein Verzug eintreten. Überdies genüge auch diese nicht; es bedürfe vielmehr zusätzlich der Mahnung.
a) Die Ausführungen des Klägers lassen vermuten, dass er - wie wohl auch das Kantonsgericht - mit Bezug auf die Zinspflicht von einer Vorschlagsforderung nach Art. 214 aZGB ausgegangen ist.
Bezüglich der Ersatzforderungen hält LEMP fest, dass sich die Pflicht zur Zahlung von Verzugszinsen nach dem Obligationenrecht richtet (LEMP, N. 41 zu Art. 209, mit Verweis auf ZGBR 11, S. 175; KNAPP, Le régime matrimonial de l'union des biens, Neuchâtel 1956, S. 225, Nr. 704, S. 227, Nr. 713). Demgegenüber finden sich keine Äusserungen über die Verzinsung der Vorschlagsforderung nach Auflösung der Güterverbindung. Ausser Zweifel steht allerdings, dass sie mit Auflösung des Güterstandes entsteht (LEMP, N. 6 zu
Art. 214 ZGB
). Das Eherecht von 1907
BGE 116 II 225 S. 236
enthält nur mit Bezug auf die Ersatzforderungen (Art. 209 aZGB), nicht aber für die Vorschlagsbeteiligung eine Bestimmung, die die Fälligkeit regelt.
Gemäss
Art. 75 OR
, welcher nach
Art. 7 ZGB
auch auf andere zivilrechtliche Verhältnisse Anwendung findet, wird eine Forderung sofort fällig, soweit weder durch Vertrag noch durch die Natur des Rechtsverhältnisses etwas anderes bestimmt ist. Inwiefern die besondere Natur des Rechtsverhältnisses bei der Vorschlagsforderung gegen eine sofortige Fälligkeit sprechen sollte, ist nicht ersichtlich. Der Umstand, dass vor Abschluss der güterrechtlichen Auseinandersetzung unter Umständen der genaue Betrag der Beteiligungsforderung nicht bekannt ist, vermag die Fälligkeit nicht zu hindern. Nicht erforderlich ist insbesondere eine gerichtliche Feststellung. Warum beim Vorschlagsanteil etwas anderes gelten soll als bei gewöhnlichen Schulden, ist nicht zu sehen (vgl. BÜHLER/SPÜHLER, N. 63 zu
Art. 154 ZGB
).
Zu Recht macht der Kläger geltend, dass der Verzugszins nicht schon mit der Fälligkeit, sondern erst mit dem Verzug geschuldet ist (
Art. 104 OR
). Er übersieht aber, dass die Ansprüche aus Güterrecht im Scheidungsprozess geltend gemacht werden. Die Erhebung einer Leistungsklage genügt als Mahnung (VON TUHR/ESCHER, S. 137). Dem Urteil des Kantonsgerichts ist zu entnehmen, dass die Beklagte in ihrer kantonalen Anschlussberufung ihre Forderung genau beziffert hat (VON TUHR/ESCHER, S. 136, Anm. 13). Damit sind alle für den Verzug notwendigen Voraussetzungen gegeben, und es ist grundsätzlich Verzugszins geschuldet.
b) Nun trifft es zwar zu, dass nach Art. 154 aZGB trotz des Ehevertrages die Ausscheidung des Vermögens der Ehegatten nach Güterverbindungsrecht vorzunehmen ist. Wie das Bundesgericht in
BGE 113 II 226
aber festgehalten hat, ist Absatz 2 dieser Gesetzesbestimmung in der Fassung von 1907 nicht nur zu entnehmen, dass der Vorschlag nach dem vertraglich vereinbarten Schlüssel unter den Ehegatten aufzuteilen ist, sondern dass sich auch der Teilungsmodus nach dem vertraglichen Güterstand richtet. Mit der Auflösung der Ehe leben wohl die Eigengüter beider Ehegatten wieder auf; am restlichen Vermögen dauert aber das Gesamthandsverhältnis bis zur Auseinandersetzung an (LEMP, Vorbemerkungen zum dritten Abschnitt, N. 17). Die Teilung hat in analoger Anwendung der erbrechtlichen Teilungsregeln (
Art. 610 ff. ZGB
) zu geschehen (LEMP, N. 54 zu
Art. 189 ZGB
), selbst wenn der Güterstand nur intern gilt (
BGE 113 II 227
). Dies
BGE 116 II 225 S. 237
bedeutet, dass allfällige Erträge des Gemeinschaftsvermögens, die vor dem Abschluss der Teilung anfallen, noch in die Teilung einzubeziehen sind.
c) Werden die Erträge des Gesamtgutes bis zum Abschluss der Teilung mitberücksichtigt, können in einem Teilungsprozess insofern Schwierigkeiten entstehen, als Vorgänge berücksichtigt werden müssten, die sich erst nach dem Urteil, aber noch vor Rechtskraft ereignen. Dem können aber Bestimmungen des Prozessrechts wie das Novenverbot entgegenstehen. Es ist deshalb anerkannt, dass sich die Ehegatten auf einen früheren Stichtag einigen können (BÜHLER/SPÜHLER, N. 66 zu
Art. 154 ZGB
). Dies hat zur Folge, dass demjenigen Ehegatten, der an den Werten des ehelichen Vermögens nicht unmittelbar berechtigt ist, der spätere Ertrag entgeht. Ein Ausgleich wird regelmässig dadurch möglich sein, dass der Ehegatte, der über die Vermögenswerte verfügt, vom Stichtag an die Forderung des andern zu verzinsen hat. Ein Verzicht auf den Ertrag bis zum Abschluss der Auseinandersetzung ohne Vereinbarung einer Zinspflicht darf insbesondere dann nicht leichthin angenommen werden, wenn die Einigung auf einen früheren Stichtag für die Abrechnung vor erster Instanz erfolgt ist, der Prozess über die Auseinandersetzung aber noch lange Zeit weiterdauert.
Das Kantonsgericht ging bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung davon aus, dass die Parteien sich dahin geeinigt haben, dass der 30. Juni 1987 als Stichtag massgeblich sein soll. Es berücksichtigte deshalb den nach diesem Datum angefallenen Vermögensertrag nicht mehr. In Anbetracht des relativ langen, sogar über die Rechtskraft im Scheidungspunkt hinausgehenden Verfahrens erscheint es als richtig, den darin liegenden Verzicht der Beklagten auf den später anfallenden Vermögensertrag insofern in Grenzen zu halten, als dafür eine Verzinsung der güterrechtlichen Forderung wenigstens vom Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils im Scheidungspunkt an vorgesehen wird. Es handelt sich dabei freilich nicht um einen Verzugszins, sondern um eine Entschädigung dafür, dass der eine Ehegatte nicht mehr am Ertrag des Gesamtgutes teilhat. Ob diese Entschädigung über oder unter dem tatsächlichen Vermögensertrag liegt, kann bei dieser auf Praktikabilität ausgerichteten Betrachtungsweise entgegen der Ansicht des Klägers keine Rolle spielen.
Soweit der Kläger die im vorinstanzlichen Urteil vorgesehene Zinspflicht rügt, erweist sich die Berufung als unbegründet.
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| 1,990 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
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CH
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Urteilskopf
101 V 77
13. Urteil vom 27. Mai 1975 i.S. Z. gegen OSKA-Krankenversicherung und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
|
Regeste
Eine statutarische Bestimmung, wonach beim Aufenthalt in einer Trinkerheilanstalt (Art. 23 Abs. 2 Vo III) die Zahlung eines auf das gesetzliche Minimum gekürzten Taggeldes vorgesehen wird, verletzt
Art. 3 Abs. 3 KUVG
.
Vorbehalten bleibt im Einzelfall die Kürzung wegen Selbstverschuldens.
|
Sachverhalt
ab Seite 77
BGE 101 V 77 S. 77
A.-
Z. ist bei der OSKA-Krankenversicherung kollektiv für 80% des entgangenen Lohnes versichert. Als Alkoholiker musste er sich in der Trinkerheilanstalt E. einer Entwöhnungskur unterziehen. Am 6. Juli 1973 teilte ihm die Krankenkasse verfügungsweise mit, dass sie ihm für die Dauer seines Anstaltsaufenthaltes ein tägliches Krankengeld von nur Fr. 2.-- ausrichte. Sie stützte sich dabei auf Art. 19 der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kollektiv-Krankenversicherung.
B.-
Gegen diese Verfügung beschwerte sich Z. beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen.
Dieses hat die Beschwerde mit Entscheid vom 13. Dezember 1973 abgewiesen: Zwar erlaube das KUVG den Krankenkassen nicht ausdrücklich, eine statutarische Regelung vorzusehen, wonach bei Aufenthalt in einer Trinkerheilanstalt nur das Minimal-Taggeld von Fr. 2.-- gewährt werde, verbiete dies aber auch nicht. Eine solche Reduktion verstosse insbesondere nicht gegen das Gegenseitigkeitsprinzip, Das Problem unter dem Gesichtspunkt des Selbstverschuldens zu beurteilen wäre nur dann möglich, wenn keine Statutenbestimmung bestände, die ausschliesslich auf das objektive Kriterium des Aufenthalts in einer Trinkerheilanstalt abstellt. Zudem wäre es oft sehr
BGE 101 V 77 S. 78
schwierig oder gar unmöglich, die Verschuldensfrage zu beantworten.
C.-
Z. lässt diesen Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht weiterziehen und beantragen, die Kasse sei zu verpflichten, ihm für die Dauer seines Anstaltsaufenthalts 80% des entgangenen Lohnes Zu bezahlen. Eine Statutenbestimmung, die das Taggeld bei Aufenthalt in einer Trinkerheilanstalt, ungeachtet des Verschuldens des Versicherten, auf Fr. 2.-- reduziere, verstosse gegen die Prinzipien der Verhältnismässigkeit und ... der Gegenseitigkeit.
Die Kasse lässt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen. Der Gesetzgeber selber differenziere bewusst zwischen dem Alkoholismus und den "eigentlichen" Krankheiten. Art. 24 Abs. 3 Vo III über die Krankenversicherung enthalte jedenfalls eine Schlechterstellung des Entwöhnungspatienten. Eine Statutenbestimmung der streitigen Art sei sicherlich zulässig, nachdem weder das KUVG noch die entsprechenden Verordnungen eine Reduktion des Taggeldes bei Trinkerheilkuren auf Fr. 2.-- untersagen würden ...
Auch das Bundesamt für Sozialversicherung stellt den Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit dem Hinweis auf das Urteil vom 19. März 1969 i.S. Kübler äussert sich das Amt dahin, dass das Eidg. Versicherungsgericht eine Statutenbestimmung, welche bei Kuren in Trinkerheilanstalten die Reduktion des Krankengeldes auf das gesetzliche Minimum vorsehe, offenbar als bundesrechtskonform betrachte.
Erwägungen
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:
1.
Es ist streitig, ob die Beschwerdegegnerin berechtigt war, dem Versicherten für die Dauer seiner Alkoholentwöhnungskur in der Heilstätte E. anstelle des versicherten Taggeldes von 80% des Lohnes lediglich das durch
Art. 12bis Abs. 1 KUVG
vorgeschriebene minimale Krankengeld von täglich Fr. 2.-- zu gewähren. Die Kasse stützt sich auf Art. 19 der allgemeinen Versicherungsbedingungen ihrer Kollektiv-Krankenversicherung, der wie folgt lautet:
"Hält sich ein Versicherter auf Anordnung des Arztes in einer Anstalt oder besondern Abteilung einer Anstalt auf, in denen ausschliesslich
BGE 101 V 77 S. 79
Entwöhnungskuren für Trunksüchtige unter ärztlicher Leitung durchgeführt werden, so gewährt die OSKA ein tägliches Krankengeld von Fr. 2.--."
a) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in dem sowohl vom Beschwerdeführer als auch von der Kasse mehrfach zitierten Urteil i.S. Kübler klar dargelegt, dass Trunksucht an sich schon prinzipiell als Krankheit gilt und nicht erst dann, wenn sie Symptom oder Ursache einer andern Erkrankung ist (EVGE 1969 S. 12). Es kann auf jene Ausführungen verwiesen werden. Daraus, dass die Trunksucht eine Krankheit ist, ergibt sich entgegen der Auffassung der Kasse, dass sich der Beschwerdeführer wegen einer eigentlichen Krankheit in der Anstalt E. aufhält.
b) Schon allein vom Zweck des Gesetzes her, der in der Förderung einer sozial gerechten Versicherung besteht, sind die Kassen im Bereich der über das gesetzliche Minimum hinausgehenden, statutarisch vorgesehenen Leistungen nicht absolut frei. Diesem Zweckgedanken widerspräche eine statutarische Bestimmung, wonach der Versicherungsschutz in dem Umfang, als er nicht durch das Gesetz verpflichtend vorgeschrieben ist, bei bestimmten Krankheiten einfach wegfällt. Eine solche Bestimmung würde aber auch direkt dem in
Art. 3 Abs. 3 KUVG
ausdrücklich verankerten Grundsatz der Gegenseitigkeit zuwiderlaufen. Dieses Prinzip beherrscht den Betrieb der Krankenkassen auch hinsichtlich jener Geldleistungen, die sie statutarisch über die zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen und Ansätze hinaus gewähren (
BGE 98 V 84
). Es schliesst aus, dass eine Kasse ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung ihre Leistungen nach verschiedenen Arten von Krankheiten differenziert. Sonst könnten es die Kassen zum vorneherein ablehnen, für Krankheiten, die erfahrungsgemäss eine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben, wie beispielsweise Geisteskrankheiten und Krebs, ein höheres Taggeld als das gesetzliche Minimum von Fr. 2.-- zu gewähren.
c) Die von der Kasse postulierte Lösung würde auch anderweitig zu krassen Ungleichheiten in der rechtlichen Behandlung der Versicherten führen, indem derjenige Versicherte, der sich zur Entwöhnungskur in einer Trinkerheilanstalt aufhält, nur das Minimalkrankengeld bekäme, währenddem jenem Alkoholkranken, welcher sich der gleichen Entwöhnungskur
BGE 101 V 77 S. 80
in einer psychiatrischen Heilanstalt unterzieht, das volle versicherte Krankengeld ausbezahlt würde.
2.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass Art. 19 der allgemeinen Versicherungsbedingungen der Kollektiv-Krankenversicherung und die gestützt darauf verfügte Kürzung des Krankengeldes auf täglich Fr. 2.-- bundesrechtswidrig sind. Die Kasse hat daher dem Beschwerdeführer im Rahmen der übrigen kasseninternen Vorschriften und der gesetzlichen Ordnung das volle versicherte Krankengeld auszurichten. Vorbehalten bleibt eine allfällige Kürzung im Sinn der folgenden Erwägung 3.
3.
Es kann sich fragen, ob die Beschwerdegegnerin unter dem Gesichtspunkt des Selbstverschuldens befugt wäre, das versicherte Krankengeld zu kürzen. Eine derartige Massnahme müsste jedenfalls mit dem Prinzip der Verhältnismässigkeit im Einklang stehen (vgl. EVGE 1969 S. 13 und
BGE 98 V 31
). Ob und gegebenenfalls in welchem Ausmass eine derartige Taggeldkürzung zulässig wäre, lässt sich anhand der Akten nicht beurteilen. Es ist der Krankenkasse anheimgestellt, darüber eine neue beschwerdefähige Verfügung zu erlassen.
Dispositiv
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 13. Dezember 1973 und die Kassenverfügung vom 6. Juli 1973 aufgehoben. Die Kasse wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer im Sinne von Erwägung 2 das volle versicherte Krankengeld auszurichten unter Vorbehalt einer allfälligen Kürzung wegen Selbstverschuldens gemäss Erwägung 3.
| null |
nan
|
de
| 1,975 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f4c784b2-3913-4ea2-87b4-8298653b5f03
|
Urteilskopf
125 I 313
29. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10. Mai 1999 i.S. Bernischer Lehrerinnen- und Lehrerverein gegen Regierungsrat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
|
Regeste
Art. 86 Abs. 1 OG
; Anfechtbarkeit eines Beschlusses über die Sistierung des ordentlichen Gehaltsaufstiegs.
Natur des Rechtssatzes, der Verfügung und der Allgemeinverfügung. Der angefochtene Beschluss, durch den die Gehaltserhöhung des Berner Lehrpersonals für ein bestimmtes Schuljahr sistiert wird, ist eine Allgemeinverfügung (E. 2a). Anfechtbarkeit der Allgemeinverfügung (E. 2b).
Gegen Allgemeinverfügungen ist nach dem Berner Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht jedenfalls dann gegeben, wenn die Streitsache in den Geltungsbereich von
Art. 6 EMRK
fällt (E. 3). Das trifft für Streitigkeiten über rein vermögensrechtliche Ansprüche aus dem öffentlichen Dienstverhältnis zu (E. 4). Überweisung der Sache an das kantonale Verwaltungsgericht (E. 5).
|
Sachverhalt
ab Seite 314
BGE 125 I 313 S. 314
Das bernische Gesetz über die Anstellung der Lehrkräfte vom 20. Januar 1993 (LAG, BSG 430.250) enthält keine Regelung über die Gehälter, sondern stellt in Art. 12 Abs. 1 lediglich fest, dass Lehrkräfte Anspruch auf Gehalt und gegebenenfalls auf Zulagen haben. Nach Art. 12 Abs. 2 legt der Grosse Rat die Grundsätze der Gehaltsordnung durch Dekret fest und regelt der Regierungsrat das Nähere.
Gemäss dem Gehaltskonzept im Dekret über die Anstellung der Lehrkräfte vom 8. September 1994 (LAD, BSG 430.250.1) be- misst sich das den einzelnen Lehrkräften ausbezahlte Gehalt nach einem Grundgehalt (Art. 4 LAD).
Nach Art. 8 LAD erhöht jede sog. Erfahrungsstufe das Grundgehalt um zwei bis drei Prozent (Abs. 1 und 3); dabei wird für jedes - innerhalb oder ausserhalb des Schuldienstes - absolvierte Praxisjahr höchstens eine Erfahrungsstufe angerechnet (Abs. 2).
BGE 125 I 313 S. 315
Gemäss Art. 8 Abs. 5 LAD bestimmt der Regierungsrat Näheres über die Erfahrungsstufen und legt nach lit. c unter anderem fest, unter welchen Voraussetzungen die Anrechnung von Erfahrungsstufen sistiert werden kann.
Gestützt auf Art. 8 Abs. 5 lit. c LAD fasste der Regierungsrat des Kantons Bern am 13. Mai 1998 folgenden Beschluss (Nr. 1077/98):
«1. Für die Lehrkräfte und andere der Lehreranstellungsgesetzgebung unterstellte Personen wird die Anrechnung einer weiteren ordentlichen Erfahrungsstufe, welche im Schuljahr 1998/99 fällig wird, sistiert.
Sinngemäss gilt dies auch für die Vorstufen.
2. Personen im Aufholstatus erhalten im Schuljahr 1998/99 nur die im LAD Artikel 21 Absatz 1 definierten zusätzlichen Erfahrungsstufen.
3. Neueintretende Lehrkräfte mit anrechenbaren Praxisjahren werden im Schuljahr 1998/99 so eingestuft, dass die Einstufung den bereits angestellten Lehrkräften mit gleichviel anrechenbaren Praxisjahren entspricht.
4. Der Regierungsrat entscheidet zu einem späteren Zeitpunkt, ob und wann die für das Schuljahr 1998/99 sistierte Erfahrungsstufe nachgewährt werden kann.
5. Dieser Beschluss tritt am 1. August 1998 in Kraft. Er ist in der Bernischen Amtlichen Gesetzessammlung zu publizieren.»
Der Regierungsrat begründet diesen Beschluss damit, dass das Wachstum der Gehaltsaufwendungen für Lehrkräfte die im Budget und Finanzplan 1998-2001 vorgesehenen Mittel übersteige, sofern nicht einschränkende Massnahmen getroffen würden. Da die Vorgaben gemäss Finanzplan zwingend einzuhalten seien, müsse das Wachstum der Gesamtlohnsumme für Anstellungen nach der Lehreranstellungsgesetzgebung beschränkt bzw. der Gehaltsaufstieg gebremst werden.
Die Erziehungsdirektion orientierte die Lehrerschaft im Amtlichen Schulblatt des Kantons Bern vom 12. Juni 1998 über den Regierungsratsbeschluss Nr. 1077. Dieser ist am 22. Juli 1998 in der Bernischen Amtlichen Gesetzessammlung (BAG 98-31) publiziert worden.
Mit Eingabe vom 9. Juli 1998 hat der Bernische Lehrerinnen- und Lehrerverein gegen den Regierungsratsbeschluss Nr. 1077/98 staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung erhoben und Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Regierungsrat habe mit dem umstrittenen Hoheitsakt die verfassungsrechtlichen Grundsätze über die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen verletzt und den Rahmen der ihm durch Art. 8 Abs. 5 lit. c LAD verliehenen Verordnungskompetenz gesprengt.
BGE 125 I 313 S. 316
Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein
Erwägungen
aus folgenden Erwägungen:
2.
a) Nach Auffassung des Beschwerdeführers sind mit dem angefochtenen Regierungsratsbeschluss Rechtssätze geschaffen worden. Rechtssätze sind Anordnungen genereller und abstrakter Natur, die für eine unbestimmte Vielheit von Menschen gelten und eine unbestimmte Vielheit von Tatbeständen regeln ohne Rücksicht auf einen bestimmten Einzelfall oder auf eine Person. Demgegenüber richtet sich die Verfügung als Einzelakt regelmässig an einen Einzelnen oder an eine bestimmte Anzahl von Adressaten. Sie enthält eine verbindliche Anordnung, durch die eine konkrete Rechtsbeziehung rechtsbegründend, -aufhebend, -gestaltend oder -feststellend geregelt wird; werden entsprechende Regelungsbegehren abgewiesen oder wird darauf nicht eingetreten, so gilt auch das als Verfügung (vgl.
BGE 122 I 328
E. 1a;
BGE 123 V 290
E. 3a). Zwischen Rechtssatz und Verfügung steht die sog. Allgemeinverfügung, die zwar einen konkreten Sachverhalt regelt, sich aber an einen mehr oder weniger grossen, offenen oder geschlossenen Adressatenkreis richtet (vgl.
BGE 101 Ia 73
E. 3a;
BGE 112 Ib 249
E. 2b;
BGE 119 Ia 141
E. 5 c/cc, je mit Hinweisen auf die Lehre).
Der angefochtene Beschluss regelt einen einzelnen bestimmten Sachverhalt, indem er die Anrechnung der Erfahrungsstufe für das Schuljahr 1998/99 auf das Gehalt der Berner Lehrkräfte suspendiert. Er richtet sich an einen grösseren Adressatenkreis - alle dem Gesetz über die Anstellung der Lehrkräfte unterstellten Personen -, der bestimmt bzw. bestimmbar ist. Der Regierungsratsbeschluss ist daher als generell-konkreter Hoheitsakt, als Allgemeinverfügung, zu qualifizieren. Von einer sog. Sammelverfügung unterscheidet er sich nur insofern, als er sich auch auf allenfalls neu in den Dienst eintretende Personen bezieht (vgl. Tobias Jaag, Die Abgrenzung zwischen Rechtssatz und Einzelakt, Zürcher Habilitationsschrift 1985, S. 52 f.). Zudem ist der Beschluss über die Sistierung der Gehaltserhöhung für das Schuljahr 1998/99 - gleich wie etwa der Beschluss über die Erhöhung der Verbandsbeiträge der Studierenden für das folgende Semester (
BGE 103 Ib 315
, nicht publ. E. 3) - ohne weitere Konkretisierungs-Verfügung unmittelbar durchsetzbar.
b) Ihrer Konkretheit wegen werden die Allgemeinverfügungen in der Regel den gewöhnlichen Verfügungen gleichgestellt (BGE 101
BGE 125 I 313 S. 317
Ia 73 E. 3a;
BGE 112 Ib 252
E. 1b, mit Hinweisen). Dies gilt grundsätzlich auch für die Anfechtbarkeit. Ist indessen - wie etwa bei Verkehrsanordnungen - der Kreis der Adressaten offen und werden diese durch den Erlass der Allgemeinverfügung nur virtuell berührt, so muss die Allgemeinverfügung im Anwendungsfall noch vorfrageweise auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft werden können (Entscheid vom 17. März 1976 i.S. D. gegen Gemeinde Tamins, E. 1a, publ. in ZBl 77/1976 S. 353,
BGE 112 Ib 249
E. 2b in fine, anders dagegen
BGE 113 IV 123
, wo eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung als reine Verfügung behandelt worden ist; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3.A. 1998 N. 739, 742, THOMAS MERKLI/ARTHUR AESCHLIMANN/RUTH HERZOG, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, 1997, N. 45 zu Art. 49, TOBIAS JAAG, Die Allgemeinverfügungen im schweizerischen Recht, ZBl 85/1984 S. 433 ff. 454 f., je mit Hinweisen). Ob und inwieweit die Anfechtbarkeit solcher Allgemeinverfügungen auch unmittelbar an deren Erlass gewährleistet sein müsse, ist umstritten (vgl. JAAG, Die Allgemeinverfügung, a.a.O. S. 452; Entscheid des Bundesrates vom 22. Oktober 1985, publ. in ZBl 87/1986 S. 237 f.). Ist dagegen der Adressatenkreis bestimmt oder bestimmbar und kann die Allgemeinverfügung ohne konkretisierende Anordnung einer Behörde angewendet und vollzogen werden, so bildet sie ein der Verfügung gleichgestelltes direktes Anfechtungsobjekt (
BGE 103 Ib 315
, nicht publ. E. 3, s.a. JAAG, Die Allgemeinverfügung, a.a.O. S. 453 mit N. 85 und 87, RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 5 Bc S. 16 f.).
3.
a) Gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. c des Berner Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Mai 1989 (VRPG, BSG 155.21) beurteilt das Verwaltungsgericht als letzte kantonale Instanz Beschwerden gegen Verfügungen und Entscheide, die sich auf öffentliches Recht stützen. Diese Generalklausel wird indes durch Ausnahmebestimmungen eingeschränkt. So erklärt Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen und Entscheide betreffend die Genehmigung von Erlassen oder Allgemeinverfügungen als unzulässig. Was für die Anfechtbarkeit der Allgemeinverfügungen selbst gilt, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Zweck der Ausnahmevorschrift von Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG ist offenbar in erster Linie, die kantonale Genehmigung kommunaler Verkehrsregelungen von der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung
BGE 125 I 313 S. 318
auszunehmen. Andererseits sollen die genehmigungsbedürftigen Allgemeinverfügungen wie die generell-abstrakten Normen nicht direkt im Anschluss an ihren Erlass (bzw. ihre Genehmigung), sondern erst anlässlich ihrer Anwendung im Einzelfall akzessorisch anfechtbar sein. Demnach ginge das Berner Verwaltungsrechtspflegegesetz davon aus, dass die Allgemeinverfügung bzw. deren Genehmigung keiner doppelten Überprüfung durch das Verwaltungsgericht (direkt und akzessorisch) unterliegt. Allerdings steht nach der Doktrin die kantonale Verwaltungsgerichtsbeschwerde dann unmittelbar anschliessend an den Erlass bzw. die Genehmigung der Allgemeinverfügung offen, wenn es zu deren Anwendung keiner Konkretisierung im Einzelfall mehr bedarf (vgl. zum Ganzen MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., N. 15 in fine und N. 16 zu Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG). Wie Art. 77 Abs. 1 lit. c VRPG hinsichtlich der Anfechtbarkeit von Allgemeinverfügungen im Einzelnen zu verstehen sei, kann hier jedoch letztlich offen bleiben.
b) Ungeachtet des in Art. 75 bis 78 VRPG enthaltenen Ausnahmekatalogs ist die Zuständigkeit des Berner Verwaltungsgerichts (oder einer anderen richterlichen Behörde) dort zu bejahen, wo eine konkrete Streitsache in den Geltungsbereich von
Art. 6 EMRK
fällt. Diese Bestimmung gewährleistet für alle Zivil- und Strafsachen im Sinne der Konvention die Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht. Der sich aus
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
ergebende Anspruch auf gerichtlichen Rechtsschutz verlangt nach bundesgerichtlicher Praxis von den Kantonen, dass sie eine richterliche Überprüfung auch in jenen von der Konventionsbestimmung erfassten Fällen vorsehen, wo sie nach der massgebenden kantonalen Gesetzgebung noch nicht besteht. Die gerichtliche Kontrolle ist in dieser Situation direkt gestützt auf
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
zu ermöglichen (
BGE 121 II 219
E. 2c;
BGE 120 Ia 19
E. 6 S. 31, 209 E. 6d S. 215, je mit Hinweisen). Dieser Anforderung wird im Berner Verwaltungsrechtspflegegesetz dadurch entsprochen, dass in Art. 1 Abs. 2 staatliche Abkommen - und damit die EMRK - ausdrücklich vorbehalten werden. In der Praxis bedeutet dies, dass das Verwaltungsgericht auch ohne gesetzliche Grundlage und sogar entgegen den kantonalen Ausnahmevorschriften zuständig zur Behandlung von Streitsachen ist, welche nach Massgabe der EMRK richterlicher Beurteilung bedürfen (BVR 1993 S. 396; vgl. MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., N. 10-13 zu Art. 74 Abs. 1 und N. 1 zu Art. 77 Abs. 1 VRPG, WALTER KÄLIN/URS BOLZ, Handbuch des bernischen Verfassungsrechts, S. 187).
BGE 125 I 313 S. 319
c) Somit fragt sich hier, ob der Streit über die Sistierung der Gehaltserhöhungen nicht «zivilrechtliche Ansprüche» im Sinne von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
betreffe und daher der Rechtsweg an den - kantonalen - Richter offen stehen müsse.
4.
Wie das Bundesgericht unlängst in zwei Entscheiden dargelegt hat (vgl. Urteile vom 11. Juli 1997, E. 3b von 2A.11/1997 publ. in Praxis 1998 Nr. 84 S. 505 f. und E. 4c von 2A.584/1996 publ. in ZBl 99/1998 S. 228 f.), sind Streitigkeiten aus dem öffentlichen Dienstverhältnis nach eigener Rechtsprechung und der Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte noch weitgehend dem Anwendungsbereich von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
entzogen. Grund hiefür ist, dass das Gemeinwesen, das öffentliche Interessen wahrzunehmen hat, die Beziehungen zu seinen Bediensteten soll autonom gestalten können. Das gilt namentlich für die Begründung des Dienstverhältnisses, für Lohneinstufungen und Beförderungen sowie für die Beendigung des Dienstverhältnisses (Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte i.S. Francesco Lombardo vom 26. November 1992, Serie A, Band 249-B, S. 26 Ziff. 17; i.S. Florence Neigel vom 17. März 1997, Recueil des arrêts et décisions, 1997-II S. 410 und i.S. Huber vom 19. Februar 1998, Recueil 1998 I S. 105; Urteil des Bundesgerichtes i.S. B. vom 22. März 1996, publ. in ZBl 98/1997 S. 75 ff. E. 2c und d). Dagegen können Streitigkeiten über rein vermögensrechtliche Ansprüche aus dem Dienstverhältnis zivilrechtlicher Natur sein. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen von Beamten zivilrechtlichen Charakter zuerkannt (zit. Urteil i.S. Francesco Lombardo sowie Urteil i.S. Massa vom 24. August 1993, Serie A Band 265-B S. 20 Ziff. 26) und in neueren Entscheiden Gehaltsansprüche in gleicher Weise behandelt, falls diese als «purement patrimonial» gelten können (Urteile i.S. De Santa, Lapalorcia und Abenavoli vom 2. September 1997, Recueil 1997-V S. 1663 Ziff. 18, S. 1667 Ziff. 21 und S. 1690 Ziff. 16; i.S. Couez und Benkessiouer vom 24. August 1998, Recueil 1998-V S. 2265 Ziff. 24-25 und S. 2287 f. Ziff. 29-31).
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
findet demnach auf dienstrechtliche Besoldungsstreitigkeiten Anwendung, soweit diese nicht bloss Folge dienstrechtlicher Anordnungen sind, die in den Ermessensbereich des Gemeinwesens fallen und nach dem eingangs Erwähnten nicht als zivilrechtlich gelten können. Massgebend für die Unterstellung unter
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
ist mithin, dass dem Gemeinwesen hinsichtlich der umstrittenen Lohnleistung keine Gestaltungsfreiheit zukommt und dass
BGE 125 I 313 S. 320
dem Angestellten gegenüber dem Gemeinwesen - gleich wie gegenüber einem privaten Arbeitgeber - ein subjektiver und individueller Vermögensanspruch zusteht, den die öffentliche Hand kraft gesetzlich umschriebener Verpflichtung zu erfüllen hat (vgl. MERKLI/AESCHLIMANN/HERZOG, a.a.O., N. 11 zu Art. 78 lit. b VRPG mit Hinweisen, RUTH HERZOG,
Art. 6 EMRK
und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Bern 1995, S. 249; s.a. JOCHEN A. FROWEIN/WOLFGANG PEUKERT, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2.A. 1996, N. 24 und 31 zu Art. 6).
Im vorliegenden Fall angefochten ist die Sistierung der Anrechnung einer Erfahrungsstufe und der damit verbundenen Gehaltserhöhung, auf die den Berner Lehrkräften im Rahmen von Art. 8 LAD ein Anspruch zusteht. Dieser Aufschub ist vom Regierungsrat ausschliesslich aus finanzpolitischen Gründen angeordnet worden und steht mit den individuellen Einstufungen und den von den Lehrkräften erbrachten Leistungen in keinem Zusammenhang. Die gegenüber dem ganzen Lehrpersonal verfügte Sistierung betrifft dieses in Gehaltsansprüchen, die nach der aufgezeigten Rechtsprechung als zivilrechtlich im Sinne von
Art. 6 Ziff. 1 EMRK
zu betrachten sind. Streitigkeiten über solche vermögensrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen können - wie in E. 3 dargelegt - dem kantonalen Verwaltungsgericht unterbreitet werden.
5.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist somit mangels Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges (
Art. 86 Abs. 1 OG
) nicht einzutreten. Da der angefochtene Beschluss mit keiner Rechtsmittelbelehrung versehen war und dem Beschwerdeführer aus dieser Unterlassung kein Nachteil erwachsen darf (vgl.
Art. 107 Abs. 3 OG
,
BGE 124 I 255
E. 1a/aa; Art. 26 Abs. 2 der Berner Kantonsverfassung, Art. 44 Abs. 5 i.V.m. Art. 55 Abs. 1 lit. d VRPG), wird die Beschwerde dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern zur Behandlung überwiesen (
BGE 123 II 231
E. 8b S. 238 ff.).
Es werden keine Kosten erhoben.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,999 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
|
CH
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Federation
|
f4c91c14-0cd9-4490-b56f-601bb33e1aea
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Urteilskopf
121 II 430
56. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. Dezember 1995 i.S. Politische Gemeinde Niederhasli gegen Regierungsrat und Kantonsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
|
Regeste
Art. 6 ff. und
Art. 34 Abs. 3 RPG
;
Art. 31 Abs. 4 USG
; Art. 16 f. TVA;
Art. 84 ff. und 97 ff. OG
; Anfechtung der Festsetzung eines Deponiestandortes im Zürcher Richtplan, zulässiges Rechtsmittel, Gemeindeautonomie.
Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit eines Richtplans mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen Verletzung von Umweltschutzrecht des Bundes (vorliegend nicht erfüllt; E. 1c).
Zeitlicher Planungshorizont für die richtplanerische Festlegung von Deponiestandorten im Hinblick auf ihre Funktion (E. 6).
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Sachverhalt
ab Seite 431
BGE 121 II 430 S. 431
Mit Beschluss vom 31. Januar 1995 setzte der Kantonsrat des Kantons Zürich den gesamthaft überarbeiteten Richtplan für den Kanton Zürich fest (Publikation im Zürcher Amtsblatt am 17. März 1995). Dieser sieht im Gebiet Feldmoos in der Gemeinde Niederhasli einen Standort für eine Abfalldeponie vor, welcher bereits im alten Gesamtplan vom 10. Juli 1978 als Reservestandort für die neunziger Jahre figurierte. Die Deponie soll ein Auffüllvolumen von 4 Mio. m3 auf einer Fläche von 21,6 Hektaren (Gestaltungsplanperimeter 33 Hektaren) aufweisen und je ein Kompartiment für Inertstoffe, Reststoffe sowie Reaktorstoffe umfassen.
Die Politische Gemeinde Niederhasli reichte gegen die richtplanerische Standortfestlegung mit Eingabe vom 27. April 1995 staatsrechtliche Beschwerde ein. Sie rügt eine Verletzung ihrer Gemeindeautonomie und beantragt, die Festlegung des Standortes Feldmoos für eine Deponie ersatzlos aufzuheben.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
c) Die Anfechtbarkeit von Plänen mittels staatsrechtlicher Beschwerde gilt nach dem eidgenössischen Raumplanungsgesetz auch für sogenannte
BGE 121 II 430 S. 432
Rahmen- und Sondernutzungspläne im Sinne von Art. 14 ff. des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700). Nach
Art. 34 RPG
können solche von privater Seite wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte angefochten werden; Gemeinden sind befugt, gegen die Nichtgenehmigung ihrer Nutzungsplanung bzw. gegen kantonale Nutzungspläne Beschwerde wegen Verletzung der Gemeindeautonomie zu erheben (
BGE 119 Ia 285
E. 3c S. 290).
In Anwendung der allgemeinen Regeln der Bundesverwaltungsrechtspflege hat das Bundesgericht in neuester Zeit allerdings die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch gegen Nutzungspläne zugelassen, soweit darin enthaltene Anordnungen angefochten werden, die sich auf Bundesverwaltungsrecht stützen oder hätten stützen sollen und kein Ausschlussgrund nach
Art. 99 ff. OG
gegeben ist (BGE
BGE 121 II 72
E. 1b S. 75 f., 39 E. 2b S. 42 f., 8 E. 1 S. 11 f.,
BGE 120 Ib 287
E. 3a S. 292,
BGE 119 Ia 285
E. 3c S. 290 f.,
BGE 118 Ib 66
E. 1c S. 70 f.; unveröffentlichtes Bundesgerichtsurteil vom 12. Mai 1995 i.S. EG Neudorf, E. 1a). Gleiches gilt grundsätzlich auch für kantonale Richtpläne im Sinne von
Art. 6 ff. RPG
, soweit sie solche Anordnungen enthalten. Das trifft im vorliegenden Fall allerdings nicht zu. Die hier umstrittene Planfestsetzung wirkt inhaltlich einzig gegenüber der Gemeinde; diese darf im Gebiet Feldmoos keine bau- und planungsrechtlichen Anordnungen treffen, welche der Erstellung der im Richtplan vorgesehenen Abfalldeponie widersprechen. Die angefochtene Festsetzung räumt keine konkreten Berechtigungen für das weitere Vorgehen ein. Die Standortfestlegung ist somit ein unter dem Vorbehalt nachfolgender Planungs- und Baubewilligungsverfahren stehender planerisch/politischer Akt des übergeordneten Planungsträgers gegenüber dem untergeordneten. Damit überwiegen die Aspekte der kantonalrechtlichen Planung diejenigen einer konkreten bundesumweltschutzrechtlichen Prüfung des Vorhabens (vgl.
BGE 119 Ia 285
E. 3c-e S. 290 ff.).
Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, der angefochtene Richtplanbeschluss enthalte konkrete, für jedermann verbindliche bundesrechtliche Anordnungen. Daran vermag insbesondere der Umstand nichts zu ändern, dass bereits im Richtplanverfahren und bei dessen Vorbereitung von konkreten Projektvorstellungen ausgegangen worden ist und zahlreiche Überlegungen etwa zum Umweltschutzrecht des Bundes mit einbezogen worden sind. Nachfolgende Planungs- und Bewilligungsverfahren bleiben vollumfänglich vorbehalten. Sollte sich dabei zeigen, dass z.B. umweltschutzrechtliche Gründe einem konkreten Deponieprojekt im Gebiet
BGE 121 II 430 S. 433
Feldmoos in Niederhasli entgegenstehen, so könnte dieses trotz der richtplanerischen Standortfestsetzung nicht verwirklicht werden.
6.
a) Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die Bestimmung von
Art. 16 Abs. 2 lit. e der Technischen Verordnung über Abfälle vom 10. Dezember 1990 (TVA; SR 814.015)
, wonach die Abfallplanung den Bedarf an Deponievolumen für die nächsten zwanzig Jahre zu umfassen habe, statuiere einen maximalen bundesrechtlichen Planungshorizont. Sie macht geltend, der Kantonsrat habe diesen Planungshorizont willkürlich überschritten, indem er im Richtplantext ausdrücklich erklärt habe, dass die Festlegungen von Deponiestandorten über den in der TVA vorgeschriebenen Planungshorizont von zwanzig Jahren hinaus erfolgten. Der Ansatz der Deponieplanung des Kantons Zürich, Deponieraum über einen Zeitabschnitt von zwanzig Jahren hinaus festzulegen, um hinreichende Deponiekapazitäten sicherzustellen, sei unzulässig; die Sicherung von Überkapazitäten würde insbesondere der prioritären Zielsetzung des kantonalen Abfallkonzeptes zuwiderlaufen, welches in erster Linie vom Vermeiden, Vermindern und Verwerten von Abfällen ausgehe.
b) Art. 31 Abs. 4 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01) verlangt von den Kantonen, dass sie ihren künftigen Bedarf an Deponien und anderen Entsorgungsanlagen ermitteln und die dafür nötigen Standorte bestimmen, ohne den Zeitraum zu nennen, für welchen die Planung zu erfolgen hat. Nach
Art. 17 TVA
, welcher den Einbezug der Abfallplanung in die Richtplanung verlangt, wäre es zwar denkbar, die maximalen Planungsperioden von zehn Jahren für die Überprüfung und Überarbeitung der Richtpläne (
Art. 9 Abs. 3 RPG
), eventuell diejenige von fünfzehn Jahren für die Ausscheidung von Bauzonen (
Art. 15 lit. b RPG
) zu übernehmen und den Planungshorizont für die Entsorgungsplanung daran anzulehnen (vgl. ANDREAS TRÖSCH, Kommentar zum USG, N. 48 zu
Art. 31 USG
). Indessen unterscheidet sich die Interessenlage bei der richtplanerischen Festsetzung von Deponiestandorten grundlegend von derjenigen, welche diesen Bestimmungen zugrunde liegt: Der relativ kurze Planungshorizont von
Art. 9 Abs. 3 RPG
soll sicherstellen, dass die Richtpläne rechtzeitig an veränderte Verhältnisse angepasst werden und den Bezug zur Wirklichkeit nicht verlieren (DANIEL VOGEL, Pflicht zur räumlichen Planung von Abfalldeponien gemäss
Art. 31 Abs. 4 USG
unter besonderer Berücksichtigung des Zürcher Rechts, Zürich/Entlebuch 1990, S. 58). Mit der Bestimmung von
BGE 121 II 430 S. 434
Art. 15 lit. b RPG
, welche die Bauzonen auf weitgehend überbautes oder innert fünfzehn Jahren zur Überbauung benötigtes Land begrenzt, soll im Interesse einer haushälterischen Bodennutzung, des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen, der Sicherung einer ausreichenden Versorgungsbasis des Landes und der Erhaltung genügender Flächen geeigneten Landwirtschaftslandes (
Art. 1 und 3 RPG
) die Entstehung und Belassung überdimensionierter Bauzonen verhindert werden (
BGE 117 Ia 302
E. 4b S. 307). Davon ausgehend, dass Deponien zur Abfallbeseitigung trotz aller Anstrengungen zur Abfallvermeidung unerlässlich sind, zielen hingegen
Art. 31 Abs. 4 USG
und die Spezialbestimmung von
Art. 16 Abs. 2 lit. e TVA
darauf ab, dass im Sinne der Vorsorge bereits heute ausreichend Deponieraum für die künftigen Bedürfnisse ausgeschieden wird (vgl. BBl 1979 III S. 810; DANIEL VOGEL, a.a.O., S. 45; ANDREAS TRÖSCH, a.a.O., N. 48 zu
Art. 31 USG
). Zur Sicherstellung des künftigen Bedarfs an Deponievolumen und zur Verhinderung eines künftigen Deponienotstandes rechtfertigt es sich danach, die wenigen für Deponien geeigneten Räume, welche zur Verfügung stehen, vorsorglich und in grosszügigen Dimensionen für Materialablagerungen zu reservieren. Insofern kommt der richtplanerischen Festlegung gewissermassen die Bedeutung einer vorsorglichen Massnahme zum Schutze der Umwelt zu (DANIEL VOGEL, a.a.O., S. 45). Mit einer relativ grosszügigen Ausscheidung von Deponiegebieten schaffen sich die Planungsträger zudem eine gewisse planerische Anpassungsfähigkeit, was sie jedoch nicht davon entbindet, in erster Linie dafür besorgt zu sein, die zu deponierende Abfallmenge möglichst gering zu halten (vgl.
Art. 16 Abs. 3 TVA
; DANIEL VOGEL, a.a.O., S. 58).
Art. 16 Abs. 2 lit. e TVA
verlangt im Interesse einer möglichst vorausschauenden Abfallplanung, dass der Bedarf an Deponievolumen für die nächsten zwanzig Jahre ausgewiesen wird (vgl. ANDREAS TRÖSCH, a.a.O., N. 48 zu
Art. 31 USG
). Der in dieser Spezialregelung genannte Zeitraum von zwanzig Jahren kann angesichts der Interessenlage bei der Deponieplanung einzig als Mindestplanungshorizont verstanden werden. Die Rüge, der Kantonsrat habe den Planungshorizont unzulässigerweise überschritten, indem er ihn über zwanzig Jahre hinaus ausgedehnt habe, erweist sich damit als unbegründet.
Eine Beschränkung des maximalen Planungshorizonts für die Festlegung von Deponiestandorten könnte sich gegebenenfalls aus dem Erfordernis eines genügenden öffentlichen Interesses an der Planungsmassnahme ergeben,
BGE 121 II 430 S. 435
insbesondere wenn damit eine Eigentumsbeschränkung verbunden ist (vgl. DANIEL VOGEL, a.a.O., S. 58 f.). Die Beschwerdeführerin macht indessen nicht geltend, die Standortfestsetzung stelle einen unzulässigen Eingriff in ihr Eigentum dar oder verstosse gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip, weshalb dieser Frage nicht weiter nachzugehen ist (
Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
).
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,995 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f4caf68c-ee15-41e6-838a-40e1b31e9ed8
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Urteilskopf
117 IV 63
16. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 15 avril 1991 dans la cause A. c. Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
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Regeste
Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG
; Annahme eines schweren Falles, wenn der Täter durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt.
Bei der Beurteilung, ob der qualifizierte Tatbestand von
Art. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG
erfüllt sei, kommt es nicht auf die verkaufte Drogenmenge an. Im Einklang mit dem Gesetzestext ist einerseits auf den Bruttoumsatz und anderseits auf den erzielten Nettoerlös abzustellen (E. 2a) (Präzisierung der Rechtsprechung).
Ein Betrag in der Grössenordnung von Fr. 110'000.-- stellt einen grossen Umsatz dar (E. 2b).
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Sachverhalt
ab Seite 64
BGE 117 IV 63 S. 64
Lorsqu'il fut interpellé dans des circonstances suspectes, A. était porteur de 1'256 fr. 05. En outre, son amie détenait pour lui un sac de sport, fermé par un cadenas, contenant 108'710 francs en petites coupures ainsi que 30 sachets "mini-grip". Analysant la situation financière de A. et tenant compte de la dissimulation de cet argent, le tribunal est parvenu à la conclusion qu'il ne pouvait pas provenir d'une source licite. Des écoutes téléphoniques et des témoignages ont au surplus permis d'établir que A. s'était livré à un trafic d'héroïne au moyen duquel il avait réalisé un gain de 100 francs par gramme vendu. Le tribunal a déduit du montant du bénéfice que A. avait ainsi vendu plus d'un kilo de cette drogue. Tenant toutefois compte d'une incertitude quant au prix de vente qui n'était pas constant, le tribunal a retenu que l'accusé avait vendu au total 800 g d'héroïne. Il a admis que le cas était grave parce que l'auteur savait ou ne pouvait ignorer que l'infraction portait sur une quantité de stupéfiants qui peut mettre en danger la santé de nombreuses personnes et qu'il s'est livré au trafic par métier, réalisant un chiffre d'affaires ou un gain important. Il a condamné A. à 8 ans de réclusion et 15 ans d'expulsion.
Le Tribunal fédéral a rejeté le pourvoi en nullité de A. qui invoquait une violation de l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup.
BGE 117 IV 63 S. 65
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
a) Le recourant se plaint tout d'abord d'une violation de l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup.
Cette disposition prévoit que le cas est grave notamment lorsque l'auteur "se livre au trafic par métier et qu'il réalise ainsi un chiffre d'affaires ou un gain important".
Selon la jurisprudence actuelle, l'auteur agit par métier s'il résulte du temps et des moyens consacrés à l'activité délictueuse, de la fréquence des actes pendant une durée déterminée, ainsi que des profits escomptés ou obtenus que l'auteur exerce l'activité délictueuse à la manière d'une profession, même accessoire (
ATF 116 IV 330
E. 4 consid. 4). En l'espèce, vu les faits retenus par l'autorité cantonale, le recourant ne conteste pas - à juste titre - qu'il se soit livré au trafic par métier; il n'y a donc pas lieu d'y revenir.
Pour que les conditions de l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup soient réalisées, il faut encore qu'il ait atteint un chiffre d'affaires ou un gain important.
Cette exigence supplémentaire ne figurait pas dans le projet du Conseil fédéral (FF 1973 I 1330); elle a été proposée par la Commission du Conseil national (BO CN 1974 II 1449); le Conseil national l'a adoptée (BO CN 1974 II 1453) et le Conseil des Etats s'est rallié (BO CE 1974 597). Il résulte des débats parlementaires qu'il s'agissait de restreindre la portée de l'ancienne jurisprudence du Tribunal fédéral relative à la notion de métier, afin d'éviter que le cas grave ne soit retenu lorsque l'auteur, nonobstant son état d'esprit et la répétition des actes, n'a retiré que peu d'argent de son activité délictueuse (voir déclaration Alder BO CN 1974 II 1452); déclaration Dillier BO CE 1974 597).
La jurisprudence donne à penser qu'il faut examiner soit la quantité de drogue vendue, soit le profit réalisé (
ATF 106 IV 234
consid. d). Cette impression n'est pas exacte. L'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup distingue d'une part le chiffre d'affaires (Umsatz, cifra d'affari) et d'autre part le gain (Gewinn, guadagno). Il résulte des termes employés que le législateur envisage d'une part le revenu brut du trafic et, d'autre part, le bénéfice net obtenu. Cette interprétation est confirmée par la structure de l'
art. 19 ch. 2 LStup
: la quantité de drogue est envisagée sous let. a, la pluralité de participants sous let. b, tandis que la let. c est consacrée à l'aspect financier du trafic. Les débats parlementaires ne
BGE 117 IV 63 S. 66
permettent en aucune façon de faire une autre supposition. La quantité de drogue peut certes permettre une évaluation du chiffre d'affaires, mais elle ne doit pas être confondue avec les notions de chiffre d'affaires et de gain.
Selon le texte clair de l'
art. 19 ch. 2 let
. c, il faut que l'auteur réalise un chiffre d'affaires important ou un gain important. La jurisprudence s'est jusqu'alors refusée à fixer des limites précises, applicables dans tous les cas (
ATF 106 IV 234
consid. d). Pour admettre que le montant est important, il est légitime, compte tenu de la distinction entre les deux notions, d'exiger une somme plus importante pour le chiffre d'affaires que pour le bénéfice lorsqu'on doit supposer des frais d'acquisition notables.
b) En l'espèce, le recourant reproche aux autorités cantonales d'avoir retenu que le montant de 109'966 fr. 05 constituait son bénéfice, alors que lui-même soutient qu'il s'agit de son chiffre d'affaires et que son bénéfice est inférieur. Rien dans les décisions cantonales ne donne à penser que l'on aurait confondu ou méconnu les notions de chiffre d'affaires ou de bénéfice. En réalité, le recourant s'en prend à l'appréciation des preuves et à l'établissement des faits, ce qui n'est pas admissible dans un pourvoi en nullité, et ne peut être examiné que dans le cadre du recours de droit public déposé parallèlement (
art. 269 et 273 al. 1 let. b PPF
;
ATF 113 IV 22
consid. 3).
De toute manière, même si l'on voulait suivre le recourant, il apparaît d'emblée que le montant de 109'966 fr. 05 constitue un chiffre d'affaires important. Il dépasse même le seuil pour lequel l'
art. 54 ORC
prévoit l'obligation d'une inscription au Registre du commerce. Comme il suffit que le chiffre d'affaires soit important, l'
art. 19 ch. 2 let
. c LStup était manifestement applicable au cas d'espèce, même si l'on voulait suivre la thèse du recourant. Cette disposition n'a donc de toute façon pas été violée.
| null |
nan
|
fr
| 1,991 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f4cc6525-8f57-4ba4-907f-0ae7c82b91cc
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Urteilskopf
99 Ia 154
18. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juli 1973 i.S. Gygax gegen Einwohnergemeinde Hallau und Obergericht des Kantons Schaffhausen.
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Regeste
Art. 4 BV
, Rechtsgleichheit; Beiträge der Grundeigentümer an die Strassenbaukosten.
Das Reglement der Gemeinde Hallau, das die Eigentümer von Grundstücken im Baugebiet grundsätzlich zu Beitragsleistungen verpflichtet, die Eigentümer von Grundstücken der Kernzone jedoch davon befreit, verstösst gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit.
|
Sachverhalt
ab Seite 154
BGE 99 Ia 154 S. 154
A.-
Gemäss Bauordnung vom 31. Mai 1963 ist das Gebiet der Gemeinde Hallau in verschiedene Zonen eingeteilt (u.a. Kernzone, Wohnzonen, Zone für öffentliche Bauten und Anlagen, Freihaltezone, Industriezone). Die Kernzone, in der das Zentrum der Ortschaft liegt, ist am dichtesten besiedelt und mit Strassen bereits weitgehend erschlossen.
Nach Art. 73 des Baugesetzes des Kantons Schaffhausen können die Gemeinden von den Anstössern Beiträge an die Strassenbaukosten verlangen. Die Gemeinde Hallau erliess am 1. Juli 1966 ein Reglement über die Beitragspflicht der Grundeigentümer an öffentliche Verkehrsanlagen (im folgenden: Reglement). Nach Art. 2 Abs. 1 dieses Reglements haben Grundeigentümer, deren Grundstücke durch Neubau oder Ausbau von Strassen, Wegen, Trottoirs und Plätzen eine Wertvermehrung
BGE 99 Ia 154 S. 155
erfahren, an die der Gemeinde dadurch erwachsenden Kosten einen Beitrag zu leisten. Art. 1 Abs. 1 des Reglements hatte ursprünglich folgenen Wortlaut:
"Das Beitragsreglement gilt für das Baugebiet der Gemeinde gemäss Bauzonenplan. Bei der Erschliessung von Industrieland erlässt die Gemeindeversammlung einen besonderen Kostenverteiler."
Am 30. Juni 1967 beschloss die Gemeindeversammlung, den ersten Satz des Art. 1 Abs. 1 wie folgt neu zu fassen: "Das Beitragsreglement gilt für das Baugebiet der Gemeinde gemäss Zonenplan, ausgenommen Kernzone." Diese Änderung wurde damit begründet, dass bei Inkrafttreten des Reglements die Kernzone zum überwiegenden Teil strassenmässig bereits erschlossen gewesen sei. Für die Beitragspflicht an künftige Strassenbauten käme deshalb nur noch ein kleiner Teil der Eigentümer von in der Kernzone gelegenen Grundstücken in Frage. Diese wenigen Grundeigentümer sollten nicht mit Beiträgen belastet werden, während alle übrigen vor dem Erlass des Reglements von der Wertvermehrung durch Strassenerschliessung ohne Entgelt hätten profitieren können.
Die Reglementsänderung wurde vom Regierungsrat des Kantons Schaffhausen am 19. Juli 1967 genehmigt.
B.-
In den Jahren 1967/68 wurden im Gebiet Schmalzgasse/Sellhof/Laame Quartierstrassen ausgebaut und asphaltiert. Dieses Gebiet liegt in der Wohnzone W 2. Karl Gygax ist Eigentümer verschiedener Grundstücke, die an die genannten Quartierstrassen angrenzen. Gemäss Verfügung der Gemeindebehörde vom 26. August 1969 hatte er bestimmte Anstösserbeiträge zu entrichten. Er erhob dagegen Einsprache, welche die kantonale Schätzungskommission für Enteignungen am 26. Oktober 1971 abwies. Gygax wandte sich hierauf mit einem Rekurs an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. Er machte eine Verletzung des Grundsatzes der Rechtsgleichheit geltend, die er damit begründete, dass die Eigentümer von in der Kernzone gelegenen Grundstücken keine Anstösserbeiträge zu entrichten hätten, während die Eigentümer von in andern Bauzonen gelegenen Grundstücken zu Beiträgen herangezogen würden.
Das Obergericht wies den Rekurs am 27. Oktober 1972 ab. Zur Begründung führte es unter anderem aus, die vom Gemeinderat Hallau angeführten Argumente wären eher geeignet,
BGE 99 Ia 154 S. 156
eine Abstufung der Beitragsansätze für die verschiedenen Bauzonen als die volle Befreiung von der Beitragspflicht einre bestimmten Eigentümergruppe zu rechtfertigen. Durch die völlige Befreiung der Eigentümer der in der Kernzone gelegenen Grundstücke werde der Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung aller Eigentümer berührt. Dies könnte sich namentlich dann augenfällig auswirken, wenn ein künftiger Strassenausbau oder eine andere Verkehrsanlage der Erschliessung sowohl von Grundstücken am Rande der Kernzone als auch von Grundstücken anderer Zonen dienen würde, zumal diesfalls nur ein Teil der vom Erschliessungswerk profitierenden Grundeigentümer beitragspflichtig wäre. Der Grundsatz der Rechtsgleichheit sei aber nicht derart krass verletzt, dass es im vorliegenden Fall angezeigt sei, das Beitragsreglement überhaupt nicht anzuwenden.
C.-
Gegen das Urteil des Obergerichts vom 27. Oktober 1972 hat Karl Gygax gestützt auf
Art. 4 BV
staatsrechtliche Beschwerde erhoben.
D.-
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen und der Gemeinderat Hallau beantragen Abweisung der Beschwerde.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2.
Der Beschwerdeführer verlangt, dass das Beitragsreglement wegen der durch die Ausnahme der Kernzone von der Beitragspflicht geschaffenen Rechtsungleichheit für nicht anwendbar erklärt, und dass er von jeder Beitragspflicht befreit werde. Sinngemäss stellt er damit das Begehren, das angefochtene Urteil vom 27. Oktober 1972 sei aufzuheben.
Nach der Rechtsprechung kann die Verfassungswidrigkeit eines Erlasses noch im Anschluss an einen Anwendungsakt mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden (
BGE 97 I 915
, 29 mit Verweisungen). Der im Anschluss an das obergerichtliche Urteil vom 27. Oktober 1972 erhobene Vorwurf, Art. 1 des Beitragsreglements verstosse gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit und stehe daher in Widerspruch zu
Art. 4 BV
, ist somit zulässig.
3.
Auf den ersten Blick mag verständlich scheinen, dass für die Eigentümervon in der Kernzone gelegenen Grundstücken keine Beitragspflicht bestehen soll. Diese Zone ist strassenmässig weitgehend erschlossen. Wie sich aus den Akten ergibt, wurden in der Kernzone vor Inkrafttreten des Beitragsreglements
BGE 99 Ia 154 S. 157
Verkehrsanlagen gebaut, ohne dass die Eigentümer Anstösserbeiträge zu bezahlen hatten. Bestünde die neu eingeführte Beitragspflicht auch für die Kernzone, so hätten in Zukunft nur noch wenige Grundeigentümer dieser Zone Beiträge zu leisten, während alle andern von der frühern Ordnung profitierten, da ihre Gebäude durch die Strassenerschliessung einen Mehrwert erhielten, ohne dass dafür Beiträge geleistet werden mussten.
Schafft indessen eine Gemeinde eine neue Ordnung, mit der sie Anstösserbeiträge einführt, so müssen nach dem neuen Reglement beim Bau neuer Strassen alle Eigentümer, deren Grundstücke den gleichen Mehrwert erhalten, gleich behandelt werden. Massgebend ist nicht, ob die Eigentümer, deren Grundstücke nach Inkrafttreten des Reglements durch Strassenanlagen einen Mehrwert erhalten, gleich behandelt werden wie Eigentümer, deren Grundstücke vor dem Inkrafttreten des Reglements aus dem gleichen Grund eine Wertvermehrung erfahren haben.
Art. 4 BV
verlangt vielmehr, dass durch das neue Reglement alle Grundeigentümer, deren Grundstücke durch neue Strassen einen gleichen Mehrwert erhalten, auch gleichmässig zu Beiträgen herangezogen werden. Das trifft im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zu. Werden in Zukunft Grundstücke der Kernzone durch Strassen erschlossen, so nimmt ihr Wert in gleichem oder ähnlichem Mass zu wie jener von neuerschlossenen Grundstücken in andern Bauzonen. Unter diesen Umständen besteht kein sachlicher Grund, die einen Grundeigentümer von der Beitragspflicht auszunehmen und von den andern - unter Umständen recht hohe - Beiträge zu verlangen. Wie das Obergericht zutreffend ausführt, wäre diese ungleiche Behandlung vor allem dann augenfällig, wenn eine über die Grenze der Kernzone hinweg führende Strasse erstellt würde. An die Baukosten für die nämliche Strasse hätten die einen Anstösser Beiträge zu leisten, während die andern davon völlig befreit wären. In andern Fällen wäre die Ungleichheit zwar nicht derart offensichtlich, sie bestünde indessen gleichwohl.
Im Urteil 97 I 800/1 hat es das Bundesgericht freilich zugelassen, dass in einem Reglement nur die Ersteller von Neu- oder Umbauten, nicht aber die Eigentümer von Altbauten zur Errichtung von Parkplätzen verpflichtet werden, obschon auch diese oder ihre Mieter Motorfahrzeuge halten (vgl. dazu auch
BGE 99 Ia 154 S. 158
H. HUBER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1959, ZBJV 96/1960, S. 364). Dieser Entscheid lässt sich damit rechtfertigen, dass die Eigentümer, die unter der Herrschaft des alten Rechts bauten, sich in einer durch die Ausnützung der Baubewilligung gefestigten Rechtslage befinden. Gleiches oder ähnliches trifft im vorliegenden Fall nicht zu, denn bestimmte Grundeigentümer werden einzig deshalb von der Beitragspflicht ausgenommen, weil früher andere Eigentümer von in der gleichen Zone gelegenen Grundstücken keine Beiträge zu leisten hatten. Dieser Umstand vermag eine rechtlich verschiedene Behandlung durchaus gleicher Verhältnisse nach dem Gesagten nicht zu begründen. Mit der in Art. 1 enthaltenen Bestimmung, wonach die Beitragspflicht für das Baugebiet der Gemeinde Hallau gemäss Bauzonenplan mit Ausnahme der Kernzone gilt, trifft das Reglement rechtliche Unterscheidungen, für die ein vernünftiger Grund in den tatsächlichen Verhältnissen nicht zu ersehen ist. Insoweit verstösst es daher gegen
Art. 4 BV
(
BGE 97 I 782
mit Hinweis auf frühere Urteile). Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 27. Oktober 1972 aufzuheben. Das hat zur Folge, dass der Beschwerdeführer nicht aufgrund von Art. 1 Abs. 1 des Reglements zur Beitragsleistung herangezogen werden kann.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 27. Oktober 1972 aufgehoben.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,973 |
CH_BGE
|
CH_BGE_002
|
CH
|
Federation
|
f4cd074d-8284-444c-87b7-d5a10690ccba
|
Urteilskopf
105 V 29
8. Auszug aus dem Urteil vom 15. Februar 1979 i.S. Schlumpf gegen Ausgleichskasse des Kantons Zug und Verwaltungsgericht des Kantons Zug
|
Regeste
Revision der Rente (
Art. 41 IVG
und 88a IVV).
- Vergleichsbasis, wenn die Rente revidiert wird, nachdem die ursprüngliche Rentenverfügung in der Zwischenzeit mehrmals bestätigt worden ist.
- Hat die Verwaltung eine Rente revidiert, ohne dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, so kann der Richter die Revisionsverfügung gegebenenfalls mit der substituierten Begründung schützen, dass die ursprüngliche Rentenverfügung zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist.
|
Erwägungen
ab Seite 30
BGE 105 V 29 S. 30
Aus den Erwägungen:
1.
...
b) Ändert sich der Grad der Invalidität des Rentenbezügers in einer für den Anspruch erheblichen Weise, so ist die Rente laut
Art. 41 IVG
für die Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben. Nach der Rechtsprechung ist die Invalidenrente nicht nur bei wesentlicher Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann revidierbar, wenn sich die erwerblichen Auswirkungen (bzw. - im Falle einer Hausfrau - die Auswirkungen in bezug auf die Betätigung im üblichen Aufgabenbereich) des an sich gleich gebliebenen Gesundheitsschadens erheblich verändert haben (EVGE 1968 S. 188 f.); zudem kann auch eine Wandlung des Aufgabenbereichs einen Revisionsgrund darstellen (ZAK 1974 S. 53 Erw. 3).
Hinsichtlich der zeitlichen Vergleichsbasis ist festzuhalten, dass einer Verfügung, welche die ursprüngliche Rentenverfügung bloss bestätigt, in dieser Beziehung keine Rechtserheblichkeit zukommt; als Vergleichsbasis sind vielmehr einerseits der Sachverhalt im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung und anderseits derjenige zur Zeit der streitigen Revisionsverfügung zu berücksichtigen (ZAK 1969 S. 130 Erw. 1; unveröffentlichte Urteile Ambühl vom 11. Januar 1979 und Bernet vom 12. Mai 1977).
c) Der erwähnten Revisionsordnung geht jedoch der Grundsatz vor, dass die Verwaltung befugt ist, jederzeit von Amtes wegen auf eine formell rechtskräftige Verfügung zurückzukommen, wenn diese zweifellos unrichtig und ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Unter diesen Voraussetzungen kann die Verwaltung eine Rentenverfügung auch dann abändern, wenn die Revisionsvoraussetzungen des
Art. 41 IVG
nicht erfüllt sind (
BGE 99 V 103
f.,
BGE 98 V 104
Erw. 5). Wird die zweifellose Unrichtigkeit der ursprünglichen Rentenverfügung erst vom Richter festgestellt, so kann er die auf
Art. 41 IVG
gestützte Revisionsverfügung der Verwaltung mit dieser substituierten Begründung schützen (unveröffentlichte Urteile Chatton vom 6. Februar 1979, Valente vom 26. Oktober 1977, Di Jorio und Bernet vom 12. Mai 1977).
| null |
nan
|
de
| 1,979 |
CH_BGE
|
CH_BGE_007
|
CH
|
Federation
|
f4d068e1-1705-40e3-b101-1d3276822679
|
Urteilskopf
111 Ia 191
35. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Juni 1985 i.S. Hanspeter Bartsch und "Grüne Spatzen" sowie Erich Grädel und SAP gegen Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerden)
|
Regeste
Grossratswahlen im Kanton Basel-Stadt. Unzulässigkeit der Unterlistenverbindung.
Das Bundesgericht schliesst sich der Argumentation des Grossen Rates des Kantons Basel-Stadt als oberster kantonaler Behörde an, wonach der basel-städtische Gesetzgeber die Zulässigkeit der Unterlistenverbindung durch qualifiziertes Schweigen ausgeschlossen hat (E. 3 und 4).
|
Sachverhalt
ab Seite 191
BGE 111 Ia 191 S. 191
Die Progressiven Organisationen Basel (POB), die Partei der Arbeit (PdA), die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) und der Verein "Grüne Spatzen" vereinbarten für die basel-städtischen Grossratswahlen vom 27., 28. und 29. Februar 1984 eine Listenverbindung. Die SAP und die "Grünen Spatzen" erklärten im Einvernehmen mit den beiden andern Organisationen, innerhalb dieser Listengruppe eine Unterlistenverbindung eingehen zu wollen. Das Kontrollbüro des Polizei- und Militärdepartements des Kantons Basel-Stadt teilte der SAP und den "Grünen Spatzen"
BGE 111 Ia 191 S. 192
mit, dass bei kantonalen Wahlen eine Unterlistenverbindung mangels gesetzlicher Grundlage unzulässig sei. Die von ihnen vereinbarte Unterlistenverbindung werde daher auf den amtlichen Wahlzetteln nicht aufgeführt, nicht öffentlich bekanntgemacht und bei der Verteilung der Mandate für den Grossen Rat, Amtsperiode 1984 bis 1988, nicht berücksichtigt. Ungeachtet eines dagegen erhobenen Rekurses wurden die Wahlen wie angekündigt durchgeführt. Die im Kantonsblatt Basel-Stadt vom 11. Februar 1984 veröffentlichten Ergebnisse zeigten, dass im Wahlkreis Grossbasel-West bei der Verteilung der Mandate innerhalb der Listengruppe POB/PdA/SAP/"Grüne Spatzen" der im zweiten Umgang zu verteilende Sitz als fünftes Mandat den POB zufiel, womit Georges Degen als gewählt galt. Im Wahlkreis Kleinbasel fiel innerhalb dieser Listengruppe bei der zweiten Verteilung ein Mandat den POB und bei der dritten Verteilung ein Sitz der PdA zu; damit erhielt die PdA insgesamt zwei Sitze; der zweite Sitz fiel Luise Stebler zu. Die SAP und die "Grünen Spatzen" erhoben Wahleinsprache, da sie bei Berücksichtigung der Unterlistenverbindung das Mandat Luise Steblers beziehungsweise jenes Georges Degens erlangt hätten. Am 22. März 1984 validierte der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt die Wahlen unter gleichzeitiger Abweisung der Einsprachen.
Erich Grädel und die SAP sowie Hanspeter Bartsch und die "Grünen Spatzen" führen mit Eingaben vom 2. beziehungsweise 7. Mai 1984 staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Sie rügen eine Verletzung des Stimm- und Wahlrechts und beantragen im wesentlichen, die Validierung der Wahl von Luise Stebler beziehungsweise von Georges Degen durch den Grossen Rat des Kantons Basel-Stadt aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
a) Im Kanton Basel-Stadt wird der Grosse Rat wahlkreisweise nach dem Proporzsystem gewählt (
§
§ 52 ff. WG
). Die Sitze werden im Verhältnis zur Listenstimmenzahl verteilt (
§ 65 WG
), die auf der Methode Hagenbach-Bischoff beruht. In der ersten Verteilung erhält jede Liste sovielmal einen Sitz zugeteilt, als die Wahlzahl in ihrer Gesamtstimmenzahl enthalten ist (
§ 65 Abs. 3 WG
). Die übriggebliebenen Sitze werden den einzelnen Listen in weiteren Verteilungen nach dem jeweils grössten Quotienten zugeteilt
BGE 111 Ia 191 S. 193
(
§ 65 Abs. 4 WG
). Das Wahlgesetz lässt auch die Listenverbindung zu; die Vorschrift von
§ 57 WG
lautet (Fassung vom 11. Oktober 1979):
§ 57. Die so entstandenen definitiven Wahlvorschläge heissen Listen.
Sie werden jede auf einem besonderen Blatt nach der vorgeschlagenen
Reihenfolge der Kandidaten gedruckt und für jeden Wahlkreis mit einer
Ordnungsnummer versehen. An diesen Listen darf nichts mehr geändert
werden. Die Wahlvorschläge einer Partei oder Gruppe sollen in allen
Wahlkreisen die gleiche Nummer erhalten.
2 Zwei oder mehreren Wahlvorschlägen kann bis spätestens am
fünftletzten Montag vor dem Wahltag die übereinstimmende Erklärung der
Unterzeichner (oder ihrer Vertreter) beigefügt werden, dass die
Vorschläge miteinander verbunden seien (verbundene Listen). Eine Gruppe
miteinander verbundener Listen gilt gegenüber andern Listen als eine
Liste.
3 Die Listenbezeichnung und eine allfällige Erklärung betreffend
Listenverbindung werden auf der Liste abgedruckt.
4 Wenn Wahlvorschläge gleiche Überschriften tragen, so fordert das
Polizei- und Militärdepartement die Vertreter der Vorschläge auf, die
notwendigen Unterscheidungen anzubringen. Sofern dies nicht innert zwei
Tagen geschieht, werden diese Listen durch eine weitere besondere
Ordnungsnummer unterschieden.
5 Das Polizei- und Militärdepartement macht die Listen mit ihren
Bezeichnungen und ihren Ordnungsnummern öffentlich bekannt. Bei
verbundenen Listen wird die Listenverbindung mitgeteilt.
Die Behandlung der Listenverbindung bei der Zuteilung der Sitze wird in
§ 65 Abs. 5 WG
wie folgt geregelt:
5 Jede Gruppe miteinander verbundener Listen wird bei der Verteilung
der Sitze zunächst als eine einzige behandelt. Die Gesamtzahl der auf sie
entfallenden Sitze wird sodann auf die Einzellisten der Gruppe unter
entsprechender Anwendung der Vorschriften dieses Paragraphen verteilt.
Die Unterlistenverbindung wird im basel-städtischen Wahlgesetz weder ausdrücklich geregelt noch erwähnt.
b) Es ist unbestritten, dass bei Berücksichtigung der Unterlistenverbindung SAP/"Grüne Spatzen" im Wahlkreis Kleinbasel ein Sitz der SAP zugefallen wäre, während die PdA einen Sitz, jenen von Luise Stebler, verloren hätte. Ebensowenig ist bestritten, dass im Fall der Beachtung der Unterlistenverbindung im Wahlkreis Grossbasel-West das Georges Degen zugefallene Mandat der POB von den "Grünen Spatzen" gewonnen worden wäre.
c) Die SAP und die "Grünen Spatzen" machen geltend, die Unterlistenverbindung hätte zugelassen und berücksichtigt werden müssen. Nach Ansicht der SAP ergibt sich das entweder durch Auslegung aus dem Wortlaut von
§ 57 Abs. 2 WG
oder durch Lückenfüllung. Eine solche ergebe sich aus sinngemässer Auslegung
BGE 111 Ia 191 S. 194
und Analogieschluss. Die "Grünen Spatzen" räumen zwar ein, dass das Gesetz die Unterlistenverbindung nicht ausdrücklich regle; doch besteht auch ihrer Meinung nach im Wahlgesetz eine auslegungsbedürftige Lücke. Die Unterlistenverbindung sei der logische Ausbau der Listenverbindung und diene der besseren Ausnützung der Stimmkraft und der besseren Proportionalität. Sie entspreche somit der im Wahlgesetz enthaltenen Grundidee des Verhältniswahlsystems. Die Vermutung spreche für die Zulässigkeit der Unterlistenverbindung.
Der Grosse Rat begründet demgegenüber den angefochtenen Entscheid damit, dass die Nichterwähnung der Unterlistenverbindung im Gesetz als qualifiziertes Schweigen auszulegen sei. Zudem liege keine hinreichende und vorbehaltlose Zustimmung aller an der Listenverbindung beteiligten Parteien zur Unterlistenverbindung vor. Schliesslich sei die Unterlistenverbindung weder veröffentlicht noch auf den Wahllisten abgedruckt worden; es fehle somit auch an einer gehörigen Bekanntgabe an die Wähler.
4.
a) Bei Stimm- und Wahlrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, die den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts regeln oder mit diesem eng zusammenhängen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst es sich der Argumentation der obersten kantonalen Behörde an; als solche gelten das Parlament und das Volk (
BGE 109 Ia 47
E. 3b mit Hinweisen).
b) Wie erwähnt, enthält das basel-städtische Wahlgesetz keine ausdrückliche Regelung über die Unterlistenverbindung; es nennt dieses Institut auch nicht. Es stellt sich daher die Frage, ob sich eine Regelung der Unterlistenverbindung durch Auslegung ermitteln lasse, ob eine Gesetzeslücke vorliege, die zu Gunsten der Unterlistenverbindung auszufüllen sei, oder ob der Gesetzgeber die Unterlistenverbindung durch sogenannt qualifiziertes Schweigen bewusst ausgeschlossen habe.
c) Der Wortlaut der Vorschriften von
§ 57 Abs. 2 und
§ 65 Abs. 5 WG
ist klar und eindeutig. Keine der Bestimmungen lässt darauf schliessen, dass auch Untergruppen innerhalb der einzelnen Listengruppen geregelt werden sollten. Die Unterlistenverbindung ist denn auch nicht genau dasselbe wie eine Listenverbindung auf unterer Stufe; den unterverbundenen Listen stehen nicht mehr sämtliche an der Wahl teilnehmenden Listen, sondern nur noch jene innerhalb der Obergruppenverbindung gegenüber. Schon dieser
BGE 111 Ia 191 S. 195
qualitative Unterschied spricht gegen die Annahme, dass unter dem Begriff "Listenverbindung" gemäss
§ 57 WG
auch die Unterlistenverbindung verstanden werden kann. Zu keinem andern Ergebnis führt der Beizug der Gesetzesmaterialien. Soweit ersichtlich, war nie von der Unterlistenverbindung die Rede. Auch das heutige Verständnis der Begriffe bestätigt das. Wo heute in Bund und Kantonen die Unterlistenverbindung positiv oder negativ geregelt ist, sprechen die Gesetze stets von der "Unterlistenverbindung" im Unterschied zur "Listenverbindung". Die Auslegung der massgebenden Vorschriften lässt somit den Schluss nicht zu, dass die Unterlistenverbindung im basel-städtischen Wahlgesetz geregelt sei.
Mehr für sich hat die Annahme, dass eine Gesetzeslücke vorliege, die durch eine Regelung der Unterlistenverbindung auszufüllen wäre. Es ist unbestritten, dass im Kanton Basel-Stadt bisher noch nie eine Unterlistenverbindung vorgekommen ist und dass davon weder bei der Totalrevision des Wahlgesetzes von 1976 noch bei der Teilrevision von 1979 jemals die Rede war. Weshalb der Gesetzgeber die Unterlistenverbindung weder positiv noch negativ ausdrücklich geregelt hat, lässt sich nicht belegen. Es ist daher durchaus denkbar, dass an das Problem der Unterlistenverbindung gar nicht gedacht wurde, weil es gar nie aktuell geworden war. Da das Wahlgesetz im übrigen eine vollständige Regelung enthält, ist die Annahme einer Gesetzeslücke nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Namentlich angesichts des Umstandes, dass der basel-städtische Gesetzgeber die frühere bundesrechtliche Regelung (Art. 7 des Bundesgesetzes betreffend die Wahl des Nationalrates vom 14. Februar 1919) 1923 und durch die unveränderte Belassung wiederum 1979 wörtlich übernommen hat und dass die Unterlistenverbindung bei eidgenössischen Wahlen als zulässig erachtet und auch zugelassen worden war, erscheint eine Lückenfüllung zu Gunsten der Unterlistenverbindung als naheliegende Lösung. Dies um so mehr, als die Unterlistenverbindung als logische Folge der Listenverbindung aufgefasst werden kann.
Ebenso gute Gründe sprechen jedoch für die Annahme des Grossen Rates, wonach ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vorliege. Es ist unbestritten, dass den Mitgliedern der vorberatenden Kommission des Grossen Rates zur Revision des früheren, aus dem Jahre 1911 stammenden Wahlgesetzes der Vorentwurf für ein Bundesgesetz über die politischen Rechte vom Juni 1973 bekannt war. Dieser sah die Unterlistenverbindung ausdrücklich vor.
BGE 111 Ia 191 S. 196
Auch wenn aus den Protokollen nicht hervorgeht, dass hierüber jemals gesprochen worden wäre, ist es ohne weiteres denkbar, in diesem Schweigen eine Willensäusserung des Gesetzgebers zu sehen. Dafür, dass der Gesetzgeber die Unterlistenverbindung bewusst nicht gewollt habe, spricht namentlich sein Bestreben, das kantonale Wahlgesetz an das damals in Vorbereitung stehende Bundesgesetz über die politischen Rechte anzupassen.
Ein Vergleich der vorstehend umrissenen Lösungsmöglichkeiten zeigt, dass eine Regelung der Unterlistenverbindung nicht auf dem Weg der Auslegung ermittelt werden kann. Dagegen kommen die Annahme einer Gesetzeslücke, die durch eine Ordnung der Unterlistenverbindung auszufüllen wäre, sowie jene eines qualifizierten Schweigens des Gesetzgebers als naheliegende Lösungen in Frage. Da beide im wesentlichen als gleichwertig zu betrachten sind, liegt ein ausgesprochener Zweifelsfall vor. Das Bundesgericht schliesst sich daher praxisgemäss der Argumentation des Grossen Rates als oberster kantonaler Behörde an (E. 4a). Demzufolge ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber des Kantons Basel-Stadt die Zulässigkeit der Unterlistenverbindung durch qualifiziertes Schweigen ausgeschlossen habe. Unter diesen Umständen kann im angefochtenen Validierungsbeschluss keine Verletzung des Stimm- und Wahlrechts gesehen werden.
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public_law
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nan
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de
| 1,985 |
CH_BGE
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CH_BGE_002
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CH
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Federation
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f4ddf9e8-7271-4c95-8a32-abc3cefef46f
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Urteilskopf
108 II 548
101. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 26 août 1982 dans la cause C. contre G. (recours de droit administratif).
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Regeste
Grundbuch. Abweisung einer Anmeldung betreffend Eintragung eines Käufers als Grundeigentümer.
Die Prüfungsbefugnis des Grundbuchverwalters bezüglich der Beilagen zum Kaufvertrag geht grundsätzlich nicht weiter als diejenige bezüglich des Kaufvertrages selbst.
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Erwägungen
ab Seite 548
BGE 108 II 548 S. 548
Extrait des considérants:
4.
Le pouvoir d'examen du conservateur du registre foncier appelé à procéder à une inscription est limité. Selon l'
art. 965 al. 3 CC
, le conservateur ne peut que contrôler si les formes auxquelles est subordonnée la validité du titre ont été observées. Sans doute ces termes de la loi sont-ils trop étroits (HOMBERGER, n. 43 ad
art. 965 CC
). Il n'en demeure pas moins que les autorités du registre foncier n'ont en principe pas à examiner la validité du titre sur lequel se fonde le requérant: il faut, pour qu'elles rejettent la réquisition, que l'acte juridique qui lui sert de fondement apparaisse manifestement nul (
ATF 107 II 213
consid. 1 et les références).
En l'espèce, la régularité de la forme de l'acte de vente comme tel n'est pas litigieuse. Ce qui l'est, en revanche, c'est celle des pièces annexes dont la production est imposée par la législation spéciale concernant le transfert d'immeubles agricoles. L'
art. 13 LPR
est complété et précisé par la législation d'application cantonale, notamment par l'art. 1er du règlement d'exécution des 8 janvier et 2 mars 1954 concernant la loi d'application dans le canton de Fribourg de la loi fédérale sur le maintien de la propriété foncière rurale. Aux termes de cette disposition, le notaire qui présente l'acte de vente au registre foncier peut joindre à la liste des titulaires d'un droit de préemption les déclarations de ces titulaires renonçant à leur droit. Selon l'art. 2 du même règlement, lorsque le conservateur estime que la vente donne ouverture au droit de préemption, il avise immédiatement les titulaires qui n'ont pas renoncé à leur droit et sursoit à statuer sur la réquisition d'inscription.
On doit admettre que le pouvoir d'examen du conservateur n'est pas plus étendu dans la mesure où il vise les pièces annexes à l'acte de transfert que dans la mesure où il concerne l'acte de transfert lui-même. En effet, aucune disposition de la législation spéciale ne prévoit un contrôle plus ample que celui qui découle des
art. 965 ss CC
et 14 ss ORF.
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public_law
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nan
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fr
| 1,982 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
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CH
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f4e04b1c-54bf-433d-bfca-2f024b10c84b
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Urteilskopf
81 II 138
24. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Mai 1955 i. S. Schwerzmann gegen Baugenossenschaft Urania.
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Regeste
Liegenschaftskauf, Gewährleistung.
Haftung für Mindermass beim Verkauf von Bauland,
Art. 219 Abs. 2 OR
. Gewährspflicht des Verkäufers auch ohne ausdrückliche Haftungsübernahme, wenn er die Unrichtigkeit des im Grundbuch angegebenen Masses gekannt und den Käufer darüber absichtlich getäuscht hat (Erw. 3 u. 4).
Die Verjährungsfrist für diesen Gewährleistungsanspruch beträgt 10 Jahre (Erw. 5).
Berechnung des Minderwerts (Erw. 6.)
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Sachverhalt
ab Seite 138
BGE 81 II 138 S. 138
A.-
Mit Vertrag vom 23. Januar 1946 verkaufte Schwerzmann an die Baugenossenschaft Urania das Grundstück Nr. 467 an der Baarerstrasse in Zug zum Preise von Fr. 105'000.--. Im Kaufvertrag wurde gestützt auf den Grundbuchplan, der den Kaufverhandlungen zu Grunde gelegen hatte, ein Flächenmass von 2112 m2 angegeben.
BGE 81 II 138 S. 139
Im Jahre 1949 stellte sich heraus, dass Schwerzmann schon 1938 vom Grundstück Nr. 467 einen Streifen von 170 m2 an den Kanton Zug verkauft hatte, der das Land zur Erstellung eines Trottoirs zu verwenden beabsichtigte. Dieser Kauf war zwar im Kaufregister eingetragen worden, dagegen unterblieb die Nachführung im Vermessungswerk. Im Zeitpunkt des Kaufvertrags mit der "Urania" war das Trottoir noch nicht erstellt.
B.-
Da die "Urania" somit weniger als die im Kaufvertrag angegebenen 2112 m2 Boden erhalten hatte, verlangte sie mit Klage vom 7. Dezember 1951 unter Berufung auf die Vorschriften über die Gewährleistung beim Kauf von Schwerzmann Minderung des Kaufpreises um den Betrag von Fr. 9301.-- nebst Zins.
Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage, da die Voraussetzungen für eine Gewährspflicht nicht gegeben seien und ein allfälliger Anspruch der Klägerin zudem verjährt wäre.
C.-
Das Kantonsgericht Zug wies mit Urteil vom 2./23. Juli 1952 die Klage mit der Begründung ab, der Gewährleistungsanspruch der Klägerin sei gemäss
Art. 210 Abs. 1 OR
verjährt, und der Nachweis einer absichtlichen Täuschung der Klägerin durch den Beklagten, die nach
Art. 210 Abs. 3 OR
eine Verlängerung der Verjährungsfrist bewirken würde, sei nicht erbracht.
Das Obergericht Zug hob diesen Entscheid mit Urteil vom 19. Mai/24. Juni 1953 auf. Es nahm an, der Verkäufer habe die Käuferin absichtlich getäuscht, verwarf demzufolge die Verjährungseinrede des Beklagten und wies die Sache an die erste Instanz zurück.
Daraufhin schützte das Kantonsgericht die Klage mit Urteil vom 21./22. Oktober 1953 im Betrage von Fr. 5717.80 nebst Zins.
Die vom Beklagten hiegegen erhobene Berufung wurde vom Obergericht mit Urteil vom 13. Juli/3. August 1954 unter Bestätigung des angefochtenen Entscheides abgewiesen.
BGE 81 II 138 S. 140
D- - Mit der vorliegenden Berufung stellt der Beklagte das Begehren, es sei in Aufhebung des obergerichtlichen Zwischenentscheides vom 19. Mai/24. Juni 1953 und des Endentscheides vom 13. Juli/3. August 1954 die Klage abzuweisen, eventuell die Sache zur Beweisergänzung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Berufungsbeklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
.....
2.
Die Klägerin fordert Minderung des Kaufpreises wegen Mindermasses des vom Beklagten erworbenen Grundstücks. Mindermass ist an sich ein Quantitätsfehler, der im allgemeinen keinen Sachmangel darstellt. Das Gesetz behandelt jedoch in
Art. 219 OR
den Flächeninhalt als Eigenschaft des Grundstückes und unterstellt ihn den Bestimmungen über die Gewährleistung. Der von der Klägerin erhobene Minderungsanspruch ist danach grundsätzlich zulässig.
3.
Da nach den Ausführungen der Vorinstanz im Kanton Zug gemäss § 91 EG zum ZGB dem Eintrag eines öffentlich beurkundeten Kaufvertrages im Kaufregister Grundbuchwirkung zukommt, und in der Stadtgemeinde Zug das amtliche Vermessungswerk vollständig durchgeführt ist, gelangt hinsichtlich der Frage der Gewährleistungspflicht des Verkäufers für das Mass
Art. 219 Abs. 2 OR
zur Anwendung (
BGE 62 II 163
Erw. 3). Danach hat der Verkäufer dem Käufer für Mindermass grundsätzlich nur Ersatz zu leisten, wenn er die Gewährleistung dafür ausdrücklich übernommen hat. Fehlt eine ausdrückliche Haftungsübernahme, so entfällt somit eine Ersatzpflicht des Verkäufers, selbst wenn das verkaufte Grundstück nicht das im Grundbuch und im Kaufvertrag angegebene Flächenmass aufweisen sollte.
Diese Regelung, die auf der Erwägung beruht, dass sich
BGE 81 II 138 S. 141
beide Parteien auf die amtliche Vermessung sollen verlassen können, gilt aber nach der Rechtsprechung (
BGE 62 II 163
) selbstverständlich nur unter der Voraussetzung, dass der Verkäufer die Unrichtigkeit des Grundbuches nicht gekannt hat. Er kann sich daher einem Gewährleistungsanspruch nicht unter Berufung auf
Art. 219 Abs. 2 OR
entziehen, wenn er die Unrichtigkeit des Grundbucheintrags gekannt und den Käufer über den Flächeninhalt des Grundstücks absichtlich getäuscht hat. Das liegt in der Linie des Gesetzes, das bei absichtlicher Täuschung auch die vertragliche Aufhebung oder Beschränkung der Gewährspflicht (Art. 199), die Beschränkung wegen versäumter Anzeige (Art. 203) und die kurze einjährige Klageverjährung (
Art. 210 Abs. 3 OR
) ausschliesst. Fallen aber nach diesen Bestimmungen, die auch auf den Grundstückkauf entsprechend anwendbar sind (Art. 221), bei Täuschung im allgemeinen vorgesehene Beschränkungen der Gewährspflicht dahin, so ist nicht einzusehen, aus welchem Grunde im Falle des
Art. 219 Abs. 2 OR
die Geltendmachung der absichtlichen Täuschung (mangels ausdrücklicher Übernahme der Gewährleistung) ausgeschlossen sein sollte. Reicht doch selbst die Grundbuchwirkung sogar Dritten gegenüber nicht weiter als ihr guter Glaube (ZGB Art. 973 und 975 Abs. 2). Würde man den Massen, welche im Grundbuch auf Grund amtlicher Vermessung unrichtig angegeben sind, selbst bei bösem Glauben des Eingetragenen unbedingte Geltung zuerkennen, so erhielte damit der Eingetragene geradezu einen Freibrief für absichtliche Täuschungen. Das wäre unvereinbar mit einem Rechtssystem, das hinsichtlich der Ausübung von Rechten und der Erfüllung von Rechtspflichten von den Grundsätzen von Treu und Glauben getragen ist.
4.
Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz angenommen, dass der Beklagte die Klägerin über das Flächenmass absichtlich getäuscht habe. Der Beklagte bestreitet dies auch in der Berufung noch. Allein zu Unrecht. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wusste er, dass er 1938
BGE 81 II 138 S. 142
einen Streifen Land an den Kanton verkauft hatte. Ebenso ersah er aus der im Grundbuchauszug angegebenen m2-Zahl und aus dem Grundbuchplan, dass der Landverkauf von 1938 in diesen beiden Urkunden nicht berücksichtigt worden war. Diese Tatsache verschwieg er der Klägerin bei der Besichtigung des Grundstücks. Der Irrtum, in dem die Klägerin sich infolgedessen hinsichtlich des Flächenmasses des Grundstücks befand, war, wie die Vorinstanz weiter festgestellt hat, für den Willensentschluss der Klägerin, den Vertrag zum vereinbarten Preis abzuschliessen, von entscheidender Bedeutung. Alle diese Feststellungen der Vorinstanz sind tatsächlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich (
Art. 63 Abs. 2 OG
). Was der Beklagte in der Berufungsschrift vorbringt zur Begründung seines Standpunktes, dass die Vorinstanz ihm zu Unrecht absichtliche Täuschung zur Last lege, ist als blosse Kritik an der Beweiswürdigung, auf Grund deren die Vorinstanz zu den oben erwähnten Feststellungen gelangt ist, nicht zu hören. Ebenso geht die Behauptung des Beklagten fehl, es liege eine Verletzung von
Art. 8 ZGB
vor, weil der von der Klägerin zu leistende Beweis der Täuschung nicht erbracht sei, solange ernsthafte Gründe gegen eine solche sprechen. Denn die Vorinstanz ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin für den bösen Glauben des Beklagten hinsichtlich des in Grundbuchauszug und Plankopie angegebenen Flächenmasses beweispflichtig sei. Sie hat aber diesen Beweis auf Grund einer vom Bundesgericht nicht nachprüfbaren Beweiswürdigung als erbracht angesehen.
Dass die Vorinstanz von einem rechtlich unzutreffenden Begriff der Täuschung ausgegangen sei, indem sie aus den oben wiedergegebenen Tatsachen den Rechtsschluss auf das Vorliegen einer absichtlichen Täuschung zog, behauptet der Beklagte mit Recht nicht. Diese rechtliche Folgerung drängt sich in der Tat auf. Die Gewährspflicht des Beklagten ist deshalb grundsätzlich zu bejahen.
5.
Der Beklagte wendet ein, der Gewährleistungsanspruch
BGE 81 II 138 S. 143
der Klägerin sei verjährt. Denn die auf Grund absichtlicher Täuschung sich ergebende Haftung sei keine vertragliche, sondern eine ausservertragliche, nämlich eine solche aus unerlaubter Handlung nach
Art. 41 OR
, und sie verjähre daher nach
Art. 60 OR
in einem Jahre. Die Vorinstanz verletze daher Bundesrecht durch die Anwendung von
Art. 210 Abs. 3 und
Art. 127 OR
; diese letztere Bestimmung käme nur bei vertraglicher Haftung zur Anwendung.
Der Beklagte lässt jedoch ausser acht, dass die Klägerin gar keine ausservertraglichen Ansprüche geltend macht, sondern einen Gewährleistungsanspruch. Wenn der Gesetzgeber im Grundstückkauf den Fall des Mindermasses ausdrücklich den Bestimmungen über die Gewährleistung unterstellt, ihn also als Anspruch aus Vertrag behandelt, so muss das auch im Falle der absichtlichen Täuschung gelten. Es besteht kein Grund, den vom Gesetzgeber als Gewährleistung qualifizierten Tatbestand nicht durchwegs als solchen zu behandeln. Das hat der Gesetzgeber auch in verschiedenen andern Sonderbestimmungen des Gewährleistungsrechts getan, so insbesondere in den bereits erwähnten Fällen von
Art. 199, 203 und 210 Abs. 3 OR
. Demnach wird auch im Falle absichtlicher Täuschung die einjährige Frist des Art. 210 Abs. 1 und 2 für die Verjährung des der Klägerin zustehenden Minderungsanspruches (Art. 205 in Verbindung mit
Art. 221 OR
) gemäss Art. 210 Abs. 3 verlängert. Das bedeutet folgerichtig auch Unanwendbarkeit der Bestimmung über die Verjährung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung - wie auch der Präklusivfrist des
Art. 31 OR
- und Anwendung der in Art. 127 vorgesehenen Verjährungsfrist von 10 Jahren (so schon HAFNER zu
Art. 259 a OR
; ferner OSER-SCHÖNENBERGER, OR Art. 210 N. 9). Die Verjährung entsprechend derjenigen eines Deliktsanspruchs spätestens ein Jahr, nachdem der Käufer die Täuschung erkannt hat, eintreten zu lassen (so BECKER, OR Art. 210 N. 4), wäre nicht gerechtfertigt angesichts der vom Gesetz ausdrücklich
BGE 81 II 138 S. 144
vorgesehenen Unterstellung des Tatbestandes unter das Recht der Gewährleistung.
Beträgt somit die Verjährung des der Klägerin zustehenden Preisminderungsanspruchs 10 Jahre, so ist die Einrede des Beklagten abzuweisen.
6.
Eventuell bestreitet der Beklagte das Vorliegen eines Schadens. Er macht unter Hinweis aufBGE 62 II 162geltend, beim Grundstückkauf bilde das Grundstück als solches den Kaufgegenstand, nicht eine bestimmte Zahl von m2 Boden. Allein das schliesst die Errechnung des Minderwertes auf Grund des m2-Preises nicht aus; es handelt sich dabei lediglich um die Anwendung eines Hilfsmittels der Schadensberechnung. So hat es auch die Vorinstanz verstanden. Sie hat damit den Minderwert nach dem Verhältnis des objektiven Werts der mängelfreien Sache zum Wert der um das Mindermass verringerten festgestellt, wie es den Grundsätzen des Gewährleistungsrechts entspricht. Die an die Erörterung des Kaufpreises geknüpften Ausführungen des Beklagten sind daher belanglos.
Der Beklagte wendet weiter ein, die Klägerin müsse sich die Vorteile anrechnen lassen, welche ihr daraus erwüchsen, dass der Kanton auf dem fehlenden Land ein Trottoir erstellen werde. Allein diesen Vorteil hätte die Klägerin auch gehabt, wenn das fehlende Land zunächst in ihr Eigentum übergegangen wäre, und dazu hätte sie noch den Erlös für die Abtretung des Landes an den Kanton erhalten. Der Minderwert aus dem Mindermass trifft somit unter allen Umständen sie, weshalb sie Anspruch auf seinen Ersatz hat.. ..
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 13. Juli 1954 bestätigt.
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public_law
|
nan
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de
| 1,955 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
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CH
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Federation
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f4e1ae7d-602b-441a-abe1-7290f56fd3ce
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Urteilskopf
91 I 343
55. Extrait de l'arrêt du 14 décembre 1965 dans la cause Ackermann et consorts contre Conseil d'Etat du canton de Vaud.
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Regeste
1. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ist es dem Bürger nicht gestattet, sich unter Berufung auf
Art. 4 BV
über eine zugunsten eines Dritten getroffene Massnahme zu beschweren, wenn die Behörde ihm die gleiche Vergünstigung einräumen wollte, er sie aber abgelehnt hat (Erw. 2).
2. Der Grundeigentümer ist zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die einem Dritten erteilte Baubewilligung (oder einen Plan, der eine solche Bewilligung in sich schliesst) immer dann legitimiert, wenn er rechtlich geschützte Interessen geltend gemacht. Prüfungverschiedener Bestimmungen der waadtländischen Baugesetzgebung darauf hin, ob sie Interessen der Nachbarn schützen (Erw. 3).
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Sachverhalt
ab Seite 344
BGE 91 I 343 S. 344
A.-
Les sociétés immobilières Saugiaz-Renens C et D SA, Isidore Ackermann et la société anonyme Tesa SA sont respectivement propriétaires des parcelles inscrites au registre foncier de la commune de Renens sous nos 1289, 1290, 484 et 485, et situées entre les rues ou avenue de la Mèbre, de la Savonnerie, de l'Industrie et de l'Eglise catholique. Ces terrains sont actuellement bâtis dans une plus ou moins grande mesure. Ceux des sociétés Saugiaz C et D l'ont été en vertu d'un plan qui concernait leurs fonds et d'autres encore, mais à l'exclusion de celui de Tesa SA Ce plan n'avait pas été adopté par le Conseil communal de Renens ni approuvé par le Conseil d'Etat. Il avait fait l'objet d'une simple convention passée le 29 avril 1954 entre la Municipalité de Renens et les propriétaires intéressés.
B.-
En 1964, la Municipalité de Renens établit un projet de plan de quartier visant uniquement la parcelle no 485 de Tesa SA Soumis à l'enquête publique du 4 novembre au 4 décembre 1964, ce projet souleva l'opposition de plusieurs propriétaires voisins, dont les sociétés Saugiaz C et D et Isidore Ackermann. Le 22 avril 1965, le Conseil communal de Renens adopta ce plan sous la réserve suivante: "La limite Nord de construction de la zone A 3 (construction en terrasse) est ramenée de deux mètres au Sud, en bordure de l'assiette de la Servitude no 251236." Le 10 août 1965, le Conseil d'Etat approuva le plan et le règlement y relatif, sous réserve des droits des tiers. Il écarta les oppositions qui avaient été faites.
C.-
Agissant par la voie du recours de droit public, les sociétés Saugiaz C et D et Isidore Ackermann requièrent le Tribunal fédéral d'annuler la décision du Conseil d'Etat, du 10 août 1965. Les recourants, qui agissent par des mémoires
BGE 91 I 343 S. 345
séparés, mais fondés pour l'essentiel sur les mêmes faits et moyens, se plaignent de violations des art. 4, 5, 6 Cst., 6 Cst. vaud. (garantie de la propriété), et de diverses prescriptions de la loi vaudoise sur les constructions et l'aménagement du territoire (LCAT).
Le Conseil d'Etat, la commune de Renens et Tesa SA concluent principalement à l'irrecevabilité, subsidiairement au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
2.
Selon les recourants, la décision attaquée favorise un propriétaire par rapport à d'autres et viole ainsi le principe de l'égalité de traitement. Toutefois, le principe de la bonne foi, que les administrés doivent respecter comme l'administration (arrêt Bender et Dorsaz du 15 septembre 1965, RO 91 I 320), interdit à un citoyen de se plaindre d'une mesure adoptée en faveur d'un tiers, lorsque l'autorité lui a proposé la même mesure et qu'il l'a refusée. Or en l'espèce, si le plan litigieux ne concerne effectivement que la parcelle de Tesa SA, c'est parce que les recourants n'ont pas voulu qu'il fût étendu à leurs parcelles. Supposé qu'ils soient victimes ainsi d'une inégalité de traitement, il ne peuvent dès lors s'en prendre qu'à eux-mêmes.
3.
Les recourants se plaignent d'une violation de la garantie de la propriété. Dans leurs mémoires cependant, ce grief n'est pas motivé spécialement. Il se confond en réalité avec les arguments tirés des art. 41, 47 et 62 LCAT, de l'existence du plan de 1954 et de l'absence d'intérêt public. A propos de la recevabilité de ces moyens, il convient de rappeler que l'arrêt Koller et Uehlinger, du 26 mai 1965, élargissant la jurisprudence antérieure (RO 90 I 185 et arrêts cités), a reconnu aux propriétaires d'immeubles le droit d'attaquer le permis de bâtir accordé à un tiers dans toute la mesure où ils font valoir des intérêts juridiquement protégés, par exemple l'intérêt au respect d'une prescription qui interdit les immissions incommodantes. La possibilité de s'en prendre à l'octroi d'un permis de bâtir proprement dit comprend celle de contester la validité d'un plan dont l'adoption implique la délivrance d'une autorisation de construire. Tel est le cas en l'espèce. Les recourants auront dès lors qualité pour agir si les règles qu'ils invoquent protègent leurs intérêts juridiques.
BGE 91 I 343 S. 346
a) Aux termes de l'art. 41 LCAT, "les communes peuvent, lorsqu'il s'agit de terrains non bâtis, ou relativement peu bâtis, subordonner la construction de bâtiments neufs, la reconstruction et la transformation de bâtiments déjà existants à l'adoption préalable d'un plan de quartier". Quelle que soit sa portée, cette disposition ne tend pas à protéger les intérêts des propriétaires d'immeubles contigus aux parcelles, objet d'un plan de quartier. Les recourants, propriétaires de fonds attenants au terrain visé par le plan, n'ont dès lors pas qualité pour se plaindre de sa violation.
b) L'art. 47 LCAT dispose que "le plan et le règlement adoptés par la municipalité font l'objet d'une enquête publique, même en cas d'accord des intéressés". A la différence de l'art. 41 LCAT, cette disposition protège à tout le moins les intérêts des propriétaires d'immeubles sis près de ceux que vise le plan de quartier. Possédant de tels immeubles, les recourants ont qualité pour se prévaloir d'une inobservation de l'art. 47 LCAT.
Sur le fond, il est constant que, si le plan adopté par la municipalité a été mis à l'enquête, il n'en est pas allé de même de sa modification par le Conseil communal. Toutefois, cette modification a été apportée à la suite de l'opposition des recourants et dans leur intérêt. Il n'était dès lors pas arbitraire de faire abstraction d'une nouvelle mise à l'enquête, que l'art. 47 LCAT n'imposait du reste pas expressément (cf. arrêt non publié Le Bouleau SA, du 8 mars 1961).
c) Suivant l'art. 62 LCAT, "dans l'élaboration des plans d'extension, la municipalité veille, tant par l'orientation des voies que par la hauteur et le groupement des constructions, à assurer aux occupants le maximum d'air, de lumière, d'insolation et de vue". Il n'est pas nécessaire d'examiner si cette disposition est applicable aux plans de quartier. En effet, elle oblige la municipalité à veiller au bien-être des "occupants", c'est-à-dire des habitants des constructions édifiées sur le territoire inclus dans le plan. Elle ne protège donc pas les intérêts des propriétaires d'immeubles voisins, tels les recourants. Ceux-ci n'ont par conséquent pas qualité pour soutenir qu'elle n'a pas été respectée en l'espèce.
d) Le plan approuvé par la Municipalité en 1954, qui, faute d'avoir été soumis au Conseil communal et au Conseil d'Etat, n'est pas un plan de quartier au sens des art. 41 ss. LCAT, ne concerne pas l'immeuble de Tesa SA Les recourants ne
BGE 91 I 343 S. 347
peuvent donc en déduire aucun droit de s'opposer à l'aménagement de ce fonds. Par suite, ils n'ont pas qualité pour soutenir qu'il est violé par l'adoption du plan litigieux.
e) Enfin, les recourants ne peuvent se plaindre de l'absence d'intérêt public que s'ils sont recevables à faire valoir que des dispositions protégeant leurs droits ont été violées. Or la seule prescription de ce genre est l'art. 47 LCAT, dans l'application duquel la question de l'intérêt public ne joue pas de rôle. Sur ce point, le recours est mal fondé.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Rejette les recours en tant qu'ils sont recevables.
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public_law
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nan
|
fr
| 1,965 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
|
CH
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Federation
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f4e2263f-a95c-4e76-9b3d-5feb5dcb1aef
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Urteilskopf
82 IV 5
2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 9. März 1956 i. S. Lauper gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt.
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Regeste
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 2 StGB
,
Art. 277 BStP
.
Die kantonale Behörde hat bei Verweigerung des bedingten Strafvollzuges wegen Einsichtslosigkeit des Täters in ihrem Urteil darzulegen, inwiefern sich dieser einsichtslos gezeigt hat.
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Erwägungen
ab Seite 4
BGE 82 IV 5 S. 4
Aus den Erwägungen:
Wie der Kassationshof schon öfters ausgeführt hat, ist Einsicht in die Verwerflichkeit der verübten Tat erste Voraussetzung einer dauernden Besserung und damit des bedingten Strafvollzuges. Auf Einsichtslosigkeit darf jedoch aus dem Leugnen des Angeklagten nicht schlechthin geschlossen werden. Wer seinen Fehler einsieht und nur aus Angst vor der Strafe, aus Rücksicht auf Angehörige oder aus sonst einem Grunde leugnet, der die Besserungsabsichten nicht beeinträchtigt, hat nicht schon wegen des Leugnens allein die Strafe verwirkt (vgl. nicht publiziertes Urteil des Kassationshofes vom 25. Februar 1949 i.S. Boden). In Hinsicht auf das Gebot einer einheitlichen Gesetzesanwendung ist es daher unerlässlich, dass die kantonale Behörde in ihrem Urteil darlegt, inwiefern sich der Täter einsichtslos gezeigt hat. Nur auf diese Weise lässt sich beurteilen, ob ein Mass von Einsichtslosigkeit gegeben ist, das die schlechte Prognose rechtfertigt.
| null |
nan
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de
| 1,956 |
CH_BGE
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CH_BGE_006
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CH
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Federation
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f4ebc414-516a-4807-b6b0-92a31834f683
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Urteilskopf
118 II 459
88. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. August 1992 i.S. Bernard Henrion gegen BMG Ariola (Schweiz) AG (Berufung)
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Regeste
Urheberrecht; Dauer des Leistungsschutzes; unlauterer Wettbewerb (
Art. 4 Abs. 2 und
Art. 36 URG
;
Art. 5 lit. c UWG
).
1. Die Rechte des Tonträgerherstellers nach
Art. 4 Abs. 2 URG
erlöschen nach fünfzig Jahren (E. 2-4).
2. Im Verhältnis zum Wettbewerbsrecht gehen die sondergesetzlichen Schutzvorschriften vor (E. 4a).
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Sachverhalt
ab Seite 459
BGE 118 II 459 S. 459
A.-
Die Parteien sind in der Musikbranche tätig und vertreiben Tonträger, die BMG Ariola (Schweiz) AG (Beklagte) namentlich solche der Marke "Radio Corporation of America" (RCA). Diese produzierte Ende der fünfziger Jahre Schallplattenaufnahmen mit Liedern von Elvis Presley. Bernard Henrion (Kläger), Inhaber der Einzelfirma "Gold Records", startete im September 1987 eine Verkaufsaktion über die Presseorgane "Tagblatt der Stadt Zürich" und "Glücks-Post" sowie den "Ex Libris"-Verlag. Er bot verschiedene
BGE 118 II 459 S. 460
Tonträger an, namentlich die Compact Disc "Just Elvis", deren Herstellerin sich mit "LOR-DISC" bezeichnete. Nach Interventionen der Beklagten und der International Federation of Phonogram and Videogram Producers (IFPI) Schweiz setzten die beiden Medien- und das Verlagsunternehmen die Aktion ab.
B.-
Auf Begehren des Klägers verbot der Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Zürich der Beklagten mit Verfügung vom 16. November 1987, gegenüber Dritten zu äussern, der Kläger bzw. Gold Records habe in illegaler Weise etwas mit Tonträger-Piraterie zu tun. Einen Rekurs gegen diese Verfügung wies die II. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich am 26. Januar 1988 ab.
C.-
Bernard Henrion klagte hierauf am 25. Februar 1988 gegen die BMG Ariola (Schweiz) AG. Er forderte, der Beklagten seien Äusserungen zu verbieten, die ihn mit Tonträger-Piraterie in Verbindung bringen, die Feststellung der Widerrechtlichkeit derartiger Äusserungen, die Mitteilung des Entscheids an bestimmte Dritte sowie die Zusprechung von Schadenersatz und Genugtuung. Die Beklagte erhob Widerklage auf Feststellung der Unrechtmässigkeit des Vertriebs der Compact Disc "Just Elvis", auf Verbot des Inverkehrbringens der unrechtmässig hergestellten Compact Discs sowie auf Schadenersatz und Herausgabe des erzielten Gewinns. Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess die Klage am 20. Dezember 1991 insoweit gut, als es der Beklagten die Äusserung verbot, der Kläger habe im Inserat des Tagblattes der Stadt Zürich vom 17. September 1987 neben den Compact Discs "Just Elvis" und "Buona Sera" noch andere Compact Discs anbieten lassen, die nicht legal seien, sowie der Kläger bzw. Gold Records versuche immer wieder, Schwarzdrucke auf den Markt zu bringen; im übrigen wies es die Klage ab. In teilweiser Gutheissung der Widerklage wurde sodann dem Kläger verboten, die Compact Disc "Just Elvis" in Verkehr zu bringen.
Auf Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers strich das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 8. Mai 1992 einen Teil der handelsgerichtlichen Begründung. Im übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat.
Der Kläger hat gegen das Urteil des Handelsgerichts Berufung eingelegt, die vom Bundesgericht abgewiesen wird.
BGE 118 II 459 S. 461
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Streitig ist einzig die Frage, wie lange die Rechte eines Tonträgerherstellers an der Aufnahme geschützt sind. Der Kläger macht geltend, die umstrittenen Presley-Titel seien vor mehr als dreissig Jahren aufgenommen worden. Die Schutzfrist des Tonträgerherstellers sei gesetzlich nicht geregelt und vorliegend längst verstrichen. Die Auffassung der Vorinstanz, die zeitliche Dauer der Schutzrechte gemäss
Art. 4 Abs. 2 URG
betrage fünfzig Jahre, sei bundesrechtswidrig.
a) Dass auf die Streitsache schweizerisches Recht anzuwenden ist, ist zu Recht unbestritten.
b) Das Handelsgericht stützt sich auf
Art. 4 Abs. 2 URG
sowie
Art. 5 lit. c UWG
und geht hinsichtlich der Schutzdauer des Tonträgerherstellers von einer echten Lücke praeter legem aus. Das geltende URG kenne nur eine Frist, nämlich jene von fünfzig Jahren für den Schutz des Werkes (
Art. 36 URG
). Angesichts der Nähe der Rechte des Tonträgerherstellers zum Urheberrecht sei es angebracht, hier ebenfalls von einer fünfzigjährigen Schutzfrist auszugehen, welche mit dem Ablauf des Herstellungsjahres zu laufen beginne.
c) Wird ein literarisches oder musikalisches Werk durch persönliche Betätigung von Ausübenden auf Instrumente übertragen, die dazu dienen, es mechanisch vorzutragen oder aufzuführen, ist diese Übertragung als eine unter den Schutz des Gesetzes fallende Wiedergabe anzusehen (
Art. 4 Abs. 2 URG
). Diese Norm findet sich im Abschnitt der allgemeinen Bestimmungen und steht unter der Marginalie zu
Art. 1 URG
"Geschützte Werke". Das Gesetz selbst enthält nur eine Schutzfrist (
Art. 36 URG
). Es ist zu prüfen, ob diese werkbezogene Schutzdauer von fünfzig Jahren seit dem Tod des Urhebers auf die vorliegende Streitsache analog Anwendung findet oder, falls dies zu verneinen ist, welche zeitliche Beschränkung anzuwenden ist.
3.
a) Gibt das URG über die Schutzdauer von Tonträgern keine Antwort, liegt eine Lücke vor, welche gemäss den in
Art. 1 Abs. 2 und 3 ZGB
enthaltenen Grundsätzen zu füllen ist (
BGE 107 II 379
E. d). Der Richter hat hiezu die Ratio des Gesetzes oder der Norm zu ermitteln (
BGE 116 II 527
E. b,
BGE 114 II 407
E. 3). Dabei können sich aus der Entstehungsgeschichte Hinweise ergeben. Zu berücksichtigen sind die Interessen, deren Schutz durch das Gesetz oder die Norm beabsichtigt ist, sowie die Praktikabilität einer Lösung
BGE 118 II 459 S. 462
Mitzuberücksichtigen ist aber auch eine laufende Gesetzesrevision (
BGE 110 II 296
E. a).
b) aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bezweckt
Art. 4 Abs. 2 URG
unter anderem, die Hersteller von Tonträgern (Schallplatten, Compact Discs, Kassetten, Musikdosen) vor unerlaubter Nachpressung und Inverkehrsetzung unrechtmässig hergestellter Tonträger zu schützen. Die Tonträgerhersteller sind nach dieser Rechtsprechung nicht Inhaber von Urheberrechten, sondern können sich lediglich auf einen Schutz wettbewerbsrechtlicher Art berufen (
BGE 85 II 439
ff.,
BGE 87 II 322
,
BGE 110 II 414
E. a). Das Wettbewerbsrecht bezweckt aber ausschliesslich, den Missbrauch des freien wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende oder andere gegen Treu und Glauben verstossende Mittel zu bekämpfen. In Zusammenhang mit Tonträgern im Sinne von
Art. 4 Abs. 2 URG
geht es namentlich um den Schutz gegen die Nachahmung des Tonträgers (
BGE 85 II 439
E. d), den Schutz gegen unlautere Wettbewerbshandlungen (
BGE 87 II 326
E. b), den Schutz gegen die unbefugte Nachpressung von Schallplatten und gegen die Inverkehrsetzung der so hergestellten Erzeugnisse (
BGE 87 II 335
E. 6). Einen darüber hinausgehenden Schutz des Platten- oder Tonträgerherstellers verneinte das Bundesgericht (
BGE 87 II 335
E. 6). Es begründete dies damit, dass eine solche Erstreckung ein auf den Fabrikanten übergegangenes Urheberrecht des ausübenden Künstlers oder mindestens ein sogenanntes Nachbarrecht zu einem solchen voraussetzen würde (
BGE 87 II 338
E. 7a; dazu auch PEDRAZZINI, Über den Leistungsschutz der Interpreten, der Ton- und Tonbildträgerhersteller und der Sendeunternehmen, ZSR 96/1977 II 1ff., 68 f.).
bb) Der Hersteller von Tonträgern kann nach dieser Rechtsprechung lediglich wettbewerbsrechtlichen Schutz beanspruchen. Nach
Art. 5 lit. c UWG
(in Kraft seit 1. März 1988) handelt unlauter, wer das marktreife Arbeitsergebnis eines andern ohne angemessenen eigenen Aufwand durch technische Reproduktionsverfahren als solches übernimmt und verwertet. Geschützt ist danach nicht das Arbeitsergebnis per se, sondern nach wie vor der lautere Wettbewerb. Der Schutz materialisierter Arbeitsergebnisse hat sich in diesen Kontext einzufügen und wird durch das Lauterkeitsrecht nur in dem Umfang gewährleistet, in dem der lautere Wettbewerb gefährdet wird (CHRISTIAN HILTI, Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz statt Nachbarrechte?, Diss. Zürich 1986, S. 99). Nach aUWG konnte sich der Hersteller von Tonträgern als Wettbewerbsteilnehmer auf die Generalklausel von
Art. 1 Abs. 1 aUWG
berufen (PEDRAZZINI,
BGE 118 II 459 S. 463
a.a.O., S. 71 f.; auch HILTI, a.a.O., S. 80 f.); ferner war er vor Nachahmung seiner Leistung dann geschützt, wenn dadurch eine Verwechslungsgefahr im Sinn von
Art. 1 Abs. 2 lit. d aUWG
entstand (PEDRAZZINI, a.a.O., S. 70; HILTI, a.a.O., S. 83 f.). Im Rahmen der Revision des UWG ist dieser Leistungsschutz ausdrücklich verankert und der bisherigen Rechtsprechung, wonach der in
Art. 4 Abs. 2 URG
vorgesehene Schutz des Tonträgerherstellers wettbewerbsrechtlicher Natur ist, Rechnung getragen worden.
c) Den Materialien zum geltenden URG lässt sich zur Frage des Leistungsschutzes für Tonträgerhersteller nichts entnehmen. Die allgemeine urheberrechtliche Schutzdauer betrug gemäss
Art. 37 URG
(Fassung von 1918; dazu BBl 1918 III 571 ff.) dreissig Jahre (BBl 1918 III 671). Sie beträgt seit 1. Dezember 1955 fünfzig Jahre (AS 1955 855; dazu BBl 1954 II 639 ff., 663 und BBl 1984 III 176).
Seit 1958 wird an einer Totalrevision des URG von 1922/1955 gearbeitet (BBl 1984 III 178). Ein erster Vorentwurf datiert von 1971, der zweite von 1981. Letzterer wurde überarbeitet und mit Botschaft vom 29. August 1984 der Bundesversammlung unterbreitet (BBl 1984 III 173 ff.). In diesem Entwurf wurde
Art. 4 Abs. 2 URG
ersatzlos gestrichen. Die Bestimmung sei wettbewerbsrechtlicher Natur und habe somit im Urheberrecht keinen Platz. Die Frage eines Leistungsschutzes für Tonträgerhersteller sei vielmehr im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb oder allenfalls eines neuen Leistungsschutzgesetzes zu prüfen (BBl 1984 III 193 f.). Der Ständerat wies jedoch die Vorlage gerade deswegen am 3. Oktober 1985 an den Bundesrat zurück mit dem Auftrag zu prüfen, wie der Schutz der Produzenten und der verschiedenen Nutzerkreise verbessert werden könnte (Amtl.Bull./SR 1985 584 ff., 590); gleich entschied am 10. Juni 1986 der Nationalrat (Amtl.Bull./NR 1986 695 ff., 711).
Im Gesetzesentwurf vom 19. Juni 1989 wurden die verwandten Schutzrechte, namentlich jene des Tonträgerherstellers, berücksichtigt (BBl 1989 III 477 ff., 486 ff.). Art. 36 E-URG (1989) sieht unter dem dritten Titel "Verwandte Schutzrechte" vor, dass der Hersteller von Ton- und Tonbildträgern das ausschliessliche Recht habe, die Aufnahmen zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsexemplare anzubieten, zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten (BBl 1989 III 624). Art. 39 E-URG (1989) regelt die Schutzdauer. Danach beginnt der Schutz mit der Darbietung des Werks durch den ausübenden Künstler, mit der Herstellung der Ton- und Tonbildträger sowie mit der Ausstrahlung der Sendung und erlischt nach fünfzig
BGE 118 II 459 S. 464
Jahren (BBl 1989 III 625). Die Regelung lehnt sich in der Sache an das Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen, abgeschlossen in Rom am 26. Oktober 1961 (Rom-Abkommen, BBl 1989 III 696 ff.) sowie an das Übereinkommen zum Schutz der Hersteller von Tonträgern gegen die unerlaubte Vervielfältigung ihrer Tonträger, abgeschlossen am 29. Oktober 1979 (Genfer Tonträger-Übereinkommen; BBl 1989 III 708 ff.) an. Zur Schutzdauer führte der Bundesrat aus, diese folge der international feststellbaren Tendenz, über die Mindestschutzdauer des Rom-Abkommens von zwanzig Jahren hinauszugehen (BBl 1989 III 553). Die Bestimmungen von Art. 36 und 39 E-URG gaben in der Detailberatung der beiden Räte, im Ständerat am 6. März 1991 (Amtl.Bull./SR 1991 118 und 120) und im Nationalrat am 28. Januar 1992 (Amtl.Bull./NR 1992 44 f.), zu keinen weiteren Bemerkungen Anlass. Dem Entwurf wurde diesbezüglich vorbehaltlos zugestimmt. Im übrigen sah bereits die parlamentarische Initiative Morf vom 5. Oktober 1983 zum Erlass eines Bundesgesetzes zum Schutz der Interpreten, der Hersteller von Ton-, Bild- und Tonbildträgern sowie von Sendeunternehmen eine Schutzdauer von fünfzig Jahren vor (Art. 8 der Initiative; Amtl.Bull./NR 1986 695; Ausführungen dazu bei HILTI, a.a.O., S. 61 ff.).
d) Ebenfalls in Zusammenhang mit
Art. 5 lit. c UWG
wird eine zeitliche Befristung des Leistungsschutzes verlangt. In den Materialien wird ausdrücklich festgehalten, dass mit einer zeitlichen Befristung des wettbewerbsrechtlich gewährleisteten Schutzes gemäss
Art. 5 lit. c UWG
jene des urheberrechtlichen oder gewerblichen Rechtsschutzes nicht unterlaufen werden dürfe (BBl 1983 II 1009 ff., 1048 f.; Amtl.Bull./NR 1985 I 842). Die Dauer des Schutzes werde von den Gerichten im Lichte der Generalklausel des UWG beurteilt und entschieden werden müssen (Amtl. Bull./NR 1985 I 842). Nach TROLLER (Immaterialgüterrecht, Band II, 3. Aufl. 1985, S. 958) soll der wettbewerbsrechtliche Schutz nach Art. 5 lit. c. UWG erst enden, wenn eine Nachahmung der Arbeitsleistung den Erstleistenden im Wettbewerb nicht mehr benachteiligt. Er verwirft dagegen die Amortisationstheorie, wonach der Schutz so lange zu gewähren ist, bis der Aufwand amortisiert ist (zur Amortisationstheorie das Handelsgericht des Kantons Zürich in einem Urteil vom 19. September 1969, SJZ 66/1970 326 ff. Nr. 141; BAUDENBACHER, Das neue Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, recht 1988 73 ff., 82 Anm. 64; BAUDENBACHER, Die Revision des schweizerischen UWG, GRUR Int.
BGE 118 II 459 S. 465
1981 167 f.; Zusammenfassung der verschiedenen Standpunkte zur Amortisationsthese bei MARKUS FIECHTER, Der Leistungsschutz nach
Art. 5 lit. c UWG
, Diss. St. Gallen 1992, S. 197 f.). Der Auffassung TROLLERS stimmt HILTI (a.a.O., S. 107 f.) grundsätzlich zu, wobei zu berücksichtigen sei, dass eine gewisse Benachteiligung des Erstleistenden gegenüber dem Zweitleistenden, d.h. jenem, der vervielfältigt, wettbewerbsimmanent sei und damit lauterer und unlauterer Vorteil voneinander abzugrenzen seien. Für eine zeitliche Beschränkung des Leistungsschutzes spricht sich auch BAUDENBACHER aus, um eine Unterlaufung des Numerus clausus der gewerblichen Schutzrechte zu verhindern (GRUR Int. 1981 168). Die Meinung der verschiedenen Autoren geht dahin, dass die Dauer des Schutzes von Fall zu Fall in Abwägung der gegenseitigen Interessen zu bestimmen sei. Die Frage kann jedoch offenbleiben, da es vorliegend um die zeitliche Beschränkung des sondergesetzlichen Schutzes nach
Art. 4 Abs. 2 URG
geht.
e) Rechtsvergleichend sind vor allem die bereits zitierten Abkommen von Rom und Genf (BBl 1989 III 696 ff. bzw. BBl 1989 III 708 ff.) zu erwähnen, welche beide eine Mindestschutzdauer für die Tonträgerhersteller von zwanzig Jahren vorsehen. Nach deutschem Recht erlischt das Recht fünfundzwanzig Jahre nach dem Erscheinen des Tonträgers, jedoch bereits fünfundzwanzig Jahre nach der Herstellung, wenn der Tonträger innerhalb dieser Frist nicht erschienen ist (§ 85 Abs. 2 UrhG; dazu FROMM/NORDEMANN, Urheberrecht (UrhG), 7. Aufl. 1988, §§ 85/86; MESTMÄCKER/SCHULZE, Kommentar zum deutschen Urheberrecht, N 5 zu §§ 85/86). Frankreich hat 1985 bei der Einführung der verwandten Schutzrechte anlässlich der Urheberrechtsrevision ebenfalls eine fünfzigjährige Schutzfrist normiert (Art. 30 de la Loi no 85-660 du 3 juillet 1985, Propriété littéraire et artistique).
4.
a) Art. 36 E-URG und
Art. 5 lit. c UWG
sind Ausfluss der Entwicklung und der vielseitigen Möglichkeiten der modernen Technik, welche die Voraussetzungen schafft, fertige Arbeitsprodukte Dritter durch technische Reproduktion zu verwerten. Dieser Umstand verlangt nach einem verstärkten Schutz des Herstellers der Erstleistung.
Die Materialien zum URG-Entwurf von 1989 und der Werdegang dieses Entwurfes zeigen klar die Tendenzen auf. Die sogenannten Nachbarrechte des Urheberrechts sollen auch sondergesetzlich, d.h. im Rahmen des URG geschützt werden; der Leistungsschutz soll demnach nicht mehr ausschliesslich wettbewerbsrechtlicher Natur
BGE 118 II 459 S. 466
sein, wie dies der bisherigen Rechtsprechung (
BGE 85 II 431
ff.,
BGE 87 II 320
ff., zuletzt in
BGE 110 II 414
E. a) entsprach.
Zur Frage, auf welche Schutznorm sich der Tonträgerhersteller in erster Linie zu berufen hat, gilt der Grundsatz, dass zunächst die sondergesetzlichen Schutzvorschriften auszuschöpfen sind. Erst danach kann sich der Betroffene auf einen ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz berufen. Ein ergänzender Lauterkeitsschutz kommt nur dann zum Tragen, wenn spezifisch wettbewerbsrechtliche Motive, die keine Parallelitäten zum sondergesetzlichen Schutz aufweisen oder klarerweise mit den lauterkeitsrechtlichen Grundsatzwertungen korrespondieren, eine Beschränkung der Nutzungsfreiheit gebieten (dazu
BGE 92 II 206
E. 6,
BGE 84 II 584
; FIECHTER (a.a.O., S. 189, weitere Nachweise in Fn. 14; dazu auch FROMM/NORDEMANN, UrhG, a.a.O., N 7 zu §§ 85/86).
b) Das Handelsgericht geht von einer Schutzdauer von fünfzig Jahren aus, da das Schutzrecht des Tonträgerherstellers trotz allem urheberrechtlicher Natur sei und das geltende Urheberrechtsgesetz lediglich eine einzige Schutzfrist vorsehe. Diesem Auslegungsergebnis der Vorinstanz ist zuzustimmen. Die Lücke der zeitlichen Beschränkung des Leistungsschutzes nach
Art. 4 Abs. 2 URG
ist in möglichst weitgehender Anlehnung an die Prinzipien des geltenden URG auszufüllen. Die Annahme einer fünfzigjährigen Schutzfrist verträgt sich durchaus mit dem System des geltenden Rechts (
Art. 36 URG
) wie auch mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts zur rechtlichen Natur des Leistungsschutzes nach
Art. 4 Abs. 2 URG
. Die Lösung widerspricht auch nicht dem neu in
Art. 5 lit. c UWG
vorgesehenen Leistungsschutz, da ebenfalls dieser Schutz nicht unbefristet sein kann; es ergeben sich auch keine Schwierigkeiten aus dem Nebeneinander von URG und UWG, da nach dem Gesagten (E. 4a hievor) der sondergesetzliche Schutz ohnehin vorgeht. Ausschlaggebend ist dabei, dass die Annahme einer Schutzdauer von fünfzig Jahren der bevorstehenden URG-Revision, welche für den urheberrechtlichen Leistungsschutz diese vorsieht (dazu E. 3c hievor), vollumfänglich Rechnung trägt. Im Rahmen der richterlichen Lückenfüllung ist eine Gesetzesrevision, die abgeschlossen ist, und welcher die Legislative zugestimmt hat, zu berücksichtigen, und die Lücke in Übereinstimmung mit der neuen Regelung zu schliessen. Es ginge nicht an, dass der Richter kurz vor Inkrafttreten einer Bestimmung, welche die zu beurteilende Streitfrage zum Gegenstand hat, sich über den Willen des Gesetzgebers hinwegsetzte und die Lücke
BGE 118 II 459 S. 467
abweichend von dessen Regelungsabsicht füllte. Darüber hinaus steht die Lösung in Einklang mit der internationalen Tendenz zur Verlängerung der in den einzelnen Abkommen vorgesehenen Mindestschutzdauer.
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public_law
|
nan
|
de
| 1,992 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
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CH
|
Federation
|
f4ee88f6-a255-4a08-93b5-8dc7274cecd4
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Urteilskopf
127 III 83
13. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Dezember 2000 i.S. X. AG gegen Y. AG (Berufung)
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Regeste
Unverjährbarkeit der Einrede der Täuschung (
Art. 60 Abs. 3 OR
); Verhältnis zwischen Ansprüchen aus kaufrechtlicher Sachgewährleistung und Vertragsanfechtung wegen Willensmängeln.
Frist für die einredeweise Geltendmachung von Willensmängeln (
Art. 31 Abs. 1 und
Art. 60 Abs. 3 OR
) (E. 1a).
Genehmigung des Vertrages durch Geltendmachung von kaufrechtlichen Sachgewährleistungsrechten (E. 1b).
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Sachverhalt
ab Seite 84
BGE 127 III 83 S. 84
Im Dezember 1993 verkaufte die Y. AG (Klägerin) der X. AG (Beklagte) einen Posten Damenkleider zu reduziertem Preis. Am 13. Januar 1994 holte die Beklagte die gekaufte Ware bei der Klägerin in Z. ab. Gleichentags stellte die Klägerin der Beklagten die Kleider mit Fr. 337'020.- in Rechnung.
Mit Schreiben vom 15. Februar 1994 teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe bei einer stichprobeweisen Qualitätskontrolle der Kleider Mängel festgestellt. Im März 1994 bot die Klägerin nach einer Besichtigung der beanstandeten Kleider an, diese zurückzunehmen und zu ersetzen. Die Beklagte äusserte sich nicht zu diesem Angebot. Die Klägerin hielt die Beklagte in der Folge verschiedene Male vergeblich zur Bezahlung des Kaufpreises an. Die Beklagte weigerte sich unter Hinweis auf die geltend gemachten Mängel, die Ware zu übernehmen und zu bezahlen.
Am 10. Oktober 1995 reichte die Klägerin beim Kantonsgericht Schaffhausen Klage ein mit dem Begehren, die Beklagte sei zur Bezahlung von Fr. 337'020.- nebst Zins zu verurteilen. Die Beklagte schloss auf Abweisung der Klage und beantragte widerklageweise, es sei der Kaufvertrag vom Dezember 1993 zu wandeln und die Klägerin zu verpflichten, ihr den Betrag von Fr. 90'790.- (später erhöht auf Fr. 126'790.-) nebst Zins zu bezahlen, unter Vorbehalt der Nachklage, eventualiter sei der Kaufpreis zu mindern. Im Laufe des Verfahrens brachte die Beklagte vor, sie sei von der Klägerin getäuscht worden.
Das Kantonsgericht Schaffhausen und das hierauf mit der Sache befasste Obergericht hiessen die Klage mit Urteilen vom 24. August 1999 bzw. 11. August 2000 gut. Die Beklagte führt gegen den obergerichtlichen Entscheid sowohl staatsrechtliche Beschwerde wie auch eidgenössische Berufung. In der Berufung verlangt sie die Aufhebung des angefochtenen Entscheides sowie die Abweisung der Klage und die Gutheissung der Widerklage, eventualiter die Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
Die Beklagte rügt zunächst, die Vorinstanz habe
Art. 31 Abs. 1 OR
zu Unrecht angewendet und dabei verkannt, dass sie die Täuschung einredeweise geltend mache. Ausserdem vertritt sie die Ansicht, die Vorinstanz habe ihr Schreiben vom 23. November 1994, welches der Klägerin innert Jahresfrist nach Entdeckung des Mangels zugestellt wurde, zu Unrecht nicht als Anfechtungserklärung genügen lassen.
BGE 127 III 83 S. 85
a) Nach
Art. 31 Abs. 1 OR
gilt der Vertrag als genehmigt, wenn der durch Irrtum, Täuschung oder Furcht beeinflusste Teil dem andern binnen Jahresfrist weder eröffnet, dass er den Vertrag nicht halte, noch eine bereits erfolgte Leistung zurückfordert. Aus der Unverjährbarkeit der Einrede gegen die Erfüllung einer aus unerlaubter Handlung entstandenen Forderung gemäss
Art. 60 Abs. 3 OR
wird dagegen abgeleitet, dass der Getäuschte die Jahresfrist nicht einhalten muss, sofern er seine Leistung noch nicht erbracht hat (
BGE 106 II 346
E. 3a S. 349;
BGE 84 II 621
E. 2b,c S. 625;
BGE 66 II 158
E. 5 S. 160; BERTI, Basler Kommentar, N. 15 zu
Art. 60 OR
; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Bd. I, S. 342 insbesondere Fn. 56; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl., S. 223 insbesondere Fn. 108; SCHMIDLIN, Berner Kommentar, N. 135 zu
Art. 31 OR
; BREHM, Berner Kommentar, N. 108 ff. zu
Art. 60 OR
; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, 2. Aufl., S. 356; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY, Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Bd. I, 7. Aufl., N. 903).
Die Vorinstanz hat offen gelassen, ob die Beklagte tatsächlich getäuscht worden ist. Sie hat den Vertrag als genehmigt erachtet, weil sich die Beklagte innert der Jahresfrist von
Art. 31 Abs. 1 OR
nicht auf den Willensmangel bzw. die absichtliche Täuschung berufen habe. Die Fiktion der Genehmigung eines vom Betroffenen noch nicht erfüllten Vertrages mit Ablauf eines Jahres setzt jedoch voraus, dass der Willensmangel nicht durch eine unerlaubte Handlung begründet worden ist. Die Rüge der Beklagten ist berechtigt, dass die Vorinstanz diesen Grundsatz verkannt hat, der sich sinngemäss aus
Art. 60 Abs. 3 OR
ergibt. Die Beklagte hat die Einrede der Unverbindlichkeit des Vertrages nicht gemäss
Art. 31 Abs. 1 OR
verwirkt. Es kann sich nur fragen, ob sie den Vertrag ausdrücklich oder sinngemäss durch ihr Verhalten genehmigt hat, wie die Klägerin in ihrer Antwort und die Vorinstanz in ihren Bemerkungen vertreten.
b) Nach ständiger Rechtsprechung hat der Käufer die Wahl, ob er bei sachlich mangelhafter Erfüllung durch den Verkäufer gemäss
Art. 197 ff. OR
auf Gewährleistung klagen oder den Vertrag wegen eines Willensmangels im Sinne der
Art. 23 ff. OR
anfechten will (
BGE 114 II 131
E. 1a S. 134;
BGE 109 II 319
E. 2 S. 322). Insbesondere ist die Anfechtung wegen absichtlicher Täuschung wahlweise neben der Sachgewährleistung zulässig (HONSELL, Basler Kommentar, N. 12 der Vorbemerkungen zu
Art. 197-210 OR
). Dabei hat sich der Käufer aber bei seinem Entschluss für einen der ihm zur Verfügung
BGE 127 III 83 S. 86
stehenden Rechtsbehelfe behaften zu lassen (
BGE 108 II 102
E. 2a S. 104). Entscheidet er sich insbesondere für die Gewährleistung, so genehmigt er gleichzeitig den Vertrag nach
Art. 31 OR
, da die Sachmängelregelung den Vertragsabschluss voraussetzt (
BGE 88 II 410
E. 2 S. 412; SCHMIDLIN, Berner Kommentar, N. 139 zu
Art. 28 OR
).
Die Beklagte hat mit der Klageantwort vom 12. Dezember 1995 beantragt, es sei der Kaufvertrag zwischen den Parteien betreffend ca. 11'000 Stück Damenkonfektion vom Dezember 1993 gemäss
Art. 205 Abs. 1 OR
zu wandeln und es sei die Klägerin widerklageweise zu verpflichten, ihr unter Vorbehalt der Nachklage den Betrag von Fr. 90'790.- zu bezahlen, eventualiter sei der Kaufpreis zu mindern. Die Beklagte, die anwaltlich vertreten war und sich damit der Rechtsfolgen ihres Begehrens bewusst sein musste, hat sich mit diesen Anträgen für den Rechtsbehelf der Sachgewährleistung entschieden. Sie hat damit den Vertrag genehmigt und ist darauf zu behaften. Die Vorinstanz hat im Ergebnis zutreffend die Berufung der Beklagten auf Willensmängel abgewiesen.
| null |
nan
|
de
| 2,000 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
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f4f03f9b-c68c-41d9-b01d-a7204004355a
|
Urteilskopf
140 III 644
93. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Gemeinde Niederrohrdorf gegen Obergericht des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als obere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_385/2014 vom 24. Oktober 2014
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Regeste
Art. 14 Abs. 1 SchKG
, Art. 76 Abs. 1 lit. b,
Art. 89 Abs. 1 und 2 lit. c BGG
; administrative Aufsicht über die Betreibungsämter.
Beschwerde einer Gemeinde gegen die kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibung und Konkurssachen, welche die Einführung eines EDV-Programms für die Betreibungsämter im Kanton angeordnet hat (E. 2 und 3).
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Sachverhalt
ab Seite 644
BGE 140 III 644 S. 644
A.
A.a
In den Jahren 2009/2010 traten mit der bei der überwiegenden Anzahl der aargauischen Betreibungsämter installierten Software Probleme auf (keine Updates, Reaktionszeit bei Problemen bis zu 14 Tagen, Totalausfall bei zwei Ämtern). Das Obergericht des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als obere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde, kam zum Schluss, dass für die aargauischen Betreibungsämter eine neue Software gesucht werden müsse; das bestehende Programm "x" der A. AG habe trotz Stabilisierungsmassnahmen im Urteil von Fachleuten das "End of life" erreicht.
BGE 140 III 644 S. 645
A.b
An der Sitzung vom 9. Januar 2012 besprachen sich die Vertreter der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde, des Betreibungsinspektorates, der Justizverwaltung, des Betreibungsbeamtenverbandes und der Gemeindeverbände (Gemeindeammännerverband, Verband der Finanzfachleute; der Gemeindeschreiberverband signalisierte Desinteresse). Sämtliche Beteiligten kamen zum Schluss, das Projekt einer neuen Betreibungssoftware in Angriff zu nehmen. Die beteiligten Gemeindevertretungen wünschten keine Mitwirkung in der Projektgruppe, sondern begnügten sich mit der Orientierung über die Projektschritte.
A.c
Mit Beschluss vom 14. Mai 2012 hiess die obere kantonale Aufsichtsbehörde den einstimmigen Antrag des Steuerungsausschusses gut, künftig eine einheitliche Software für die aargauischen Betreibungsämter vorzusehen. Am 21. Dezember 2012 wurde der Beschaffungsauftrag öffentlich ausgeschrieben. Nach dem Evaluationsverfahren erteilte die obere kantonale Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 15. Mai 2013 den Zuschlag an die B. AG. Der Zuschlag blieb (beim Verwaltungsgericht Aargau) unangefochten und erwuchs in Rechtskraft.
A.d
Mit Voranzeige vom 27. Februar 2014 wurde die Installation und Einführung der neuen Software beim Betreibungsamt Niederrohrdorf auf den 2. Juli 2014 und die Schulung der Mitarbeiter des Betreibungsamtes auf den 24. und 26. Juni 2014 angesetzt.
B.
Am 13. März 2014 (Postaufgabe) gelangte die Gemeinde Niederrohrdorf an die obere kantonale Aufsichtsbehörde und teilte mit, dass sie den Software-Wechsel nicht akzeptiere, da dieser mit unverhältnismässigen Mehrkosten verbunden sei; das bisherige Produkt der A. AG erfülle sämtliche Anforderungen. Die Gemeinde stellte im Wesentlichen den Antrag, auf die zwingende Einführung der neuen Software zu verzichten bzw. den Einsatz der bisherigen Software zu erlauben.
Mit Beschluss vom 20. März 2014 wies die obere kantonale Aufsichtsbehörde das Gesuch der Gemeinde Niederrohrdorf ab, soweit darauf eingetreten wurde. Weiter wurde das Betreibungsamt Niederrohrdorf angewiesen, die Installation und Einführung der neuen Software "zu dulden"; die Mitarbeiter des Betreibungsamtes wurden angewiesen, an der Schulung teilzunehmen.
C.
Mit Eingabe vom 6. Mai 2014 (Postaufgabe) hat die Gemeinde Niederrohrdorf Beschwerde in Zivilsachen und
BGE 140 III 644 S. 646
Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die beschwerdeführende Gemeinde beantragt, den Beschluss des Obergerichts des Kantons Aargau, Schuldbetreibungs- und Konkurskommission als obere betreibungsrechtliche Aufsichtsbehörde, vom 20. März 2014 aufzuheben. In der Sache sei ihr zu gestatten, in ihrem Betreibungsamt nicht die neue Software ("y" der B. AG), sondern weiterhin die bisherige Software (der A. AG) einzusetzen. Eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Für den Fall des Nichteintretens auf die Beschwerde sei die Nichtigkeit des Beschlusses der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde festzustellen. (...)
Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.
(Auszug)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Anordnung der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde gegenüber den Betreibungsämtern im Kanton, ein bestimmtes EDV-Programm zu benützen.
2.1
Entscheide in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen unterliegen der Beschwerde in Zivilsachen (
Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG
). Der angefochtene Entscheid hat allerdings nicht ein Zwangsvollstreckungsverfahren zum Gegenstand, in welchem die Aufsichtsbehörde als Rechtsmittelbehörde entschieden (
Art. 17 SchKG
) oder in welches sie von Amtes wegen eingegriffen hat (
Art. 22 SchKG
); die Aufsichtsbehörde hat auch nicht in allgemeiner Form Weisungen zur gesetzmässigen Ausführung von Zwangsvollstreckungshandlungen erteilt (
Art. 13 SchKG
). Ebenso wenig geht es um ein Disziplinar- oder Verantwortlichkeitsverfahren gemäss Art. 14 Abs. 2 bzw.
Art. 5 SchKG
, welche ebenfalls der Beschwerde in Zivilsachen unterstellt werden, weil die Einhaltung von SchKG-Bestimmungen im Vordergrund steht (vgl. KLETT/ESCHER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 6, 7 zu
Art. 72 BGG
, mit Hinweisen zur Rechtsprechung).
2.2
Die im angefochtenen Beschluss enthaltene Anordnung der kantonalen Aufsichtsbehörde gegenüber den Betreibungsämtern, ein bestimmtes EDV-Programm zu benützen, ist administrativer Natur. Die kantonale Aufsichtsbehörde übt gemäss
Art. 14 Abs. 1 SchKG
(neben der rechtlichen Aufsicht gemäss
Art. 13 Abs. 1 SchKG
) die administrative Aufsicht über die Zwangsvollstreckungsorgane aus. In diesem Rahmen hat sie neben den personellen und räumlichen
BGE 140 III 644 S. 647
Mitteln u.a. auch die geeigneten Informatikmittel zu prüfen (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite et la faillite, Bd. I, 1999, N. 6 zu
Art. 14 SchKG
; MARTIN, La surveillance en matière de poursuites et faillites [...], SJ 2008 II S. 138, 193 f.). Bei allfälligen Mängeln hat die kantonale Aufsichtsbehörde Massnahmen anzuordnen, denn die Organisation der Betreibungs- und Konkursämter ist Sache der Kantone (
Art. 2 und
Art. 3 SchKG
;
BGE 119 III 1
E. 3 S. 3; GILLIÉRON, a.a.O., N. 7, 8 zu
Art. 14 SchKG
). Es liegt in der alleinigen Kompetenz der Kantone, darüber zu entscheiden, ob sie z.B. einem Betreibungsamt die Zusammenarbeit mit einem bestimmten EDV-Anbieter erlauben wollen oder nicht (
BGE 122 III 34
E. 2 S. 35). Sodann sieht das aargauische Recht in § 17 Abs. 1 EG SchKG/AG (SAR 231.200) vor, dass "für die administrative Aufsicht [...] ausschliesslich die obere Aufsichtsbehörde zuständig ist".
2.3
Ob der Entscheid, welche personellen, räumlichen oder - wie hier - elektronischen Mittel zur Organisation der Betreibungs- und Konkursämter einzusetzen sind, als eine "Schuldbetreibungs- und Konkurssache" im Sinne von
Art. 72 Abs. 2 lit. a BGG
betrachtet werden kann oder ob es sich eher um eine Entscheidung in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts handelt (vgl.
Art. 82 lit. a BGG
), muss nicht abschliessend erörtert werden. Die Frage ist für den Ausgang der Beschwerde - wie sich aus dem Folgenden ergibt - nicht ausschlaggebend.
3.
Die beschwerdeführende Gemeinde sieht sich durch die Einführung der Software für die aargauischen Betreibungsämter bzw. den damit verbundenen Mehrkosten von insgesamt Fr. 43'000.- für die Jahre 2014 bis 2019 in ihren finanziellen Interessen bzw. eigenen Rechten, insbesondere in ihrer Autonomie verletzt.
3.1
Gemäss
Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG
ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, wer durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Nach der Rechtsprechung ist ein Betreibungsamt in begrenztem Umfang zur betreibungsrechtlichen Beschwerde berechtigt, u.a. zur Geltendmachung fiskalischer Interessen des durch ihn vertretenen Kantons (
BGE 119 III 4
E. 1 S. 5; vgl. LORANDI, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, 2000, N. 55 zu
Art. 18 SchKG
). Diese Praxis gilt auch für die Beschwerdelegitimation gemäss
Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG
(
BGE 134 III 136
E. 1.3 S. 138; vgl. LEVANTE, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über
BGE 140 III 644 S. 648
Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 45 zu
Art. 19 SchKG
). Aus dieser Praxis kann die Gemeinde als Beschwerdeführerin nichts für sich ableiten: Zum einen führt sie nicht für das Betreibungsamt Beschwerde, zum anderen beruft sie sich nicht auf die finanziellen Interessen des Kantons, sondern der Gemeinde.
3.2
Die Beschwerdeberechtigung gemäss
Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG
entspricht
Art. 89 Abs. 1 BGG
, weshalb die Rechtsprechung zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beigezogen werden kann (KLETT, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 4 zu
Art. 76 BGG
). Ausser Frage steht, dass die beschwerdeführende Gemeinde vom angefochtenen Entscheid nicht wie eine Privatperson betroffen ist; mit dem behaupteten Mehrbetrag ist sie nur als Gemeinwesen betroffen. Ausnahmsweise kann nach der Rechtsprechung ein Gemeinwesen zur Beschwerde legitimiert sein, wenn es durch einen Entscheid in seinen Hoheitsrechten berührt ist und ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder der Abänderung des angefochtenen Entscheides hat. Ein allgemeines Interesse an einer korrekten Anwendung des Rechts genügt jedoch nicht, ebenso wenig irgendein vermögensrechtliches Interesse, das sich direkt oder indirekt aus der Ausübung öffentlicher Aufgaben ergibt (
BGE 140 I 90
E. 1.2.1, 1.2.2 S. 93 f.). Vorliegend besteht jedoch kein Anlass zur Vermutung, dass der angefochtene Entscheid das System des kantonalen oder interkommunalen Finanzausgleichs selber in Frage stelle (vgl.
BGE 140 I 90
E. 1.2.2 S. 93 f.); es ist auch nicht anzunehmen, dass der behauptete Mehrbetrag genügen würde, um die finanzielle Existenz der Gemeinde zu gefährden (vgl.
BGE 140 I 90
E. 1.2.6 S. 95). Weder das hier angeblich auf dem Spiel stehende finanzielle Interesse noch die streitige Rechtsfrage vermögen wesentliche Interessen im Zusammenhang mit den Hoheitsrechten der beschwerdeführenden Gemeinde zu berühren.
3.3
Die Berechtigung des Gemeinwesens zur Beschwerde in Zivilsachen gemäss
Art. 76 Abs. 2 BGG
fällt vorliegend ausser Betracht, da sie ausschliesslich Bundesbehörden erfasst. Selbst aus
Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG
kann die beschwerdeführende Gemeinde nichts für sich ableiten.
3.3.1
Gestützt auf die letzterwähnte Bestimmung des BGG kann eine Gemeinde die Verletzung von verfassungsmässigen Garantien rügen; dabei ist insbesondere die Gemeindeautonomie (
Art. 50 Abs. 1 BV
)
BGE 140 III 644 S. 649
gemeint (
BGE 140 I 90
E. 1.1 S. 92). Damit die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offensteht, muss die Gemeindeautonomie jedoch Gegenstand eines zulässigen Beschwerdegrundes sein, was voraussetzt, dass die beschwerdeführende Gemeinde diese in einer ausreichend begründeten Weise anruft (
Art. 106 Abs. 2 BGG
;
BGE 140 I 90
E. 1.1 S. 92).
3.3.2
Die obere kantonale Aufsichtsbehörde hat festgehalten, dass sie gemäss [recte]
Art. 14 Abs. 1 SchKG
i.V.m. § 17 EG SchKG/AG für die administrative Aufsicht über die Betreibungsämter ausschliesslich zuständig sei. Die administrative Aufsicht umfasse (gemäss § 17 Abs. 2 EG SchKG/AG) "insbesondere die Durchführung von Inspektionen der Betreibungsämter sowie den Erlass von Weisungen". Der Einwohnergemeinde stehe hingegen gemäss § 3 EG SchKG/AG die Kompetenz zu, die Betreibungsbeamtin oder den Betreibungsbeamten und deren Stellvertreter anzustellen sowie die Besoldung des Personals des von ihnen betriebenen Betreibungsamtes zu regeln. Der Beschluss der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde, für die Betreibungsämter im Kanton nur eine einheitliche Software zuzulassen, stütze sich auf ihre abschliessende administrative Aufsichtskompetenz. Die Anordnung der beschwerdeführenden Gemeinde gegenüber dem Betreibungsamt, eine bestimmte Software entgegen der Anordnung der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde zu verwenden, sei kompetenz- und gesetzwidrig.
3.3.3
Die beschwerdeführende Gemeinde beruft sich auf die Gemeindeautonomie. Aus der Beschwerdeschrift geht jedoch nicht hervor, inwiefern die Garantie verletzt sein soll. Die beschwerdeführende Gemeinde begnügt sich im Wesentlichen mit der Behauptung, dass die obere Aufsichtsbehörde ihre Aufsichtsbefugnisse überschreite, da jede Gemeinde selber entscheiden dürfe, welche Software sie in ihrem Betreibungsamt einsetzen wolle, solange diese die bundesrechtlichen Anforderungen erfülle. Sie setzt indessen nicht auseinander, was auch nicht aus den kantonalen und bundesrechtlichen Bestimmungen zur administrativen Aufsicht hervorgeht (vgl.
Art. 14 Abs. 1 SchKG
i.V.m. § 17 EG SchKG/AG; vgl. E. 2.2), inwiefern die Gemeinde über irgendeine Entscheidungsfreiheit bezüglich der bestrittenen Aufgabe (Aufsicht und Weisung betreffend Einsatz von EDV-Mitteln) verfügt, was indessen das Wesen der Gemeindeautonomie ausmacht (
BGE 140 I 90
E. 1.1 S. 92). Inwiefern die Vorinstanz mit
Art. 14 Abs. 1 SchKG
i.V.m. § 17 EG SchKG/AG zu
BGE 140 III 644 S. 650
Unrecht eine abschliessende Regelung angenommen habe, weil diese zwingend und vollständig sei, also eine für den ganzen Kanton einheitliche Ordnung schaffen wolle (vgl. PFISTERER, Neuere Entwicklung der Gemeindeautonomie im Kanton Aargau, ZBJV 1989 S. 10 ff., mit Hinweisen auf die Rechtsprechung), und damit den Autonomieschutz verkannt habe, wird nicht dargelegt. Die Beschwerde genügt hinsichtlich der gerügten Verletzung der Gemeindeautonomie den Begründungsanforderungen nicht.
3.3.4
Die beschwerdeführende Gemeinde rügt ferner die Verletzung anderer verfassungsmässiger Rechte. In der Beschwerdeschrift wird - mit Blick auf die Rechtzeitigkeit der Beschwerdeführung - nicht dargelegt, inwiefern aus einer fehlenden Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Entscheid überhaupt ein Nachteil entstanden sei, welcher den Schutz von
Art. 9 BV
erfordere. Ebenso wenig legt die beschwerdeführende Gemeinde dar, inwiefern die Auffassung der Vorinstanz, dass die Einwohnergemeinde gemäss
Art. 14 Abs. 1 SchKG
i.V.m. § 17 EG SchKG/AG für die administrative Aufsicht über die Betreibungsämter nicht zuständig sei, gegen das Willkürverbot (
Art. 9 BV
) verstossen soll. Was in der Beschwerdeschrift unter dem Titel "Gehörsverletzung" im Rahmen des Evaluationsprozesses der Software oder als "Vorbefassung" der Vorinstanz vorgebracht wird, insbesondere weil einzelne Gerichtspersonen am - nicht im SchKG geregelten, sondern nach Beschaffungsrecht geführten - Submissionsverfahren (vgl. Submissionsentscheid bzw. Beschluss vom 15. Mai 2013) mitgewirkt haben, betrifft nicht das Verfahren der administrativen Aufsicht über die Betreibungsämter, sondern den Umstand, dass sie mit dem Ergebnis der administrativen Aufsicht nicht zufrieden ist. Diese Vorbringen sowie der weitere Antrag, die Nichtigkeit (vgl.
Art. 22 SchKG
) des angefochtenen Entscheides festzustellen, vermögen den Begründungsanforderungen nicht zu genügen.
3.4
Nach dem Dargelegten kann auf die Beschwerde mangels hinreichender Beschwerdelegitimation (Art. 76 Abs. 1 lit. b bzw.
Art. 89 Abs. 1 und 2 BGG
) sowie ungenügender Beschwerdebegründung (
Art. 106 Abs. 2 BGG
) insgesamt nicht eingetreten werden. Es bleibt anzufügen, dass die "subsidiär" erhobene Verfassungsbeschwerde weder betreffend Beschwerderecht (
Art. 115 BGG
) noch Beschwerdegründe (
Art. 116 BGG
) weiterhelfen kann.
| null |
nan
|
de
| 2,014 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f4f181be-f3fd-43ec-bd26-9984fa5d57f6
|
Urteilskopf
138 I 297
28. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause Fédération X. contre Service des contributions du canton de Neuchâtel et Kantonales Steueramt Zürich (recours en matière de droit public)
2C_482/2011 du 25 juillet 2012
|
Regeste
Art. 127 Abs. 2 und 3 BV
,
Art. 28 Abs. 1 StHG
; interkantonale Doppelbesteuerung, Schlechterstellungsverbot, Beteiligungsabzug, Kapitalanlageliegenschaften.
Begriff und Mechanismus des Beteiligungsabzugs bei einem Beteiligungsertrag, der höher ist als der Gesamtgewinn (E. 2). Wenn der Beteiligungsabzug höher als 100 % ist, führt das Schlechterstellungsverbot auf dem Gebiet der interkantonalen Doppelbesteuerung dazu, dass der Sitzkanton der Kapitalanlageliegenschaft verpflichtet wird, den Überschuss des nicht verwendeten Abzugs anzurechnen (E. 3-5).
|
Sachverhalt
ab Seite 298
BGE 138 I 297 S. 298
La société X., dont le siège est à A. dans le canton de Neuchâtel, est membre de la Fédération X. (ci-après: la Fédération), dont le siège est à Zurich. Cette dernière est propriétaire de deux immeubles à B. et à C. dans le canton de Neuchâtel qu'elle loue principalement à la société X. sans y exercer elle-même une activité.
Dans sa déclaration d'impôt à l'intention du canton de Neuchâtel pour la période fiscale 2004, la Fédération a déclaré un bénéfice global de 56'094'915 fr. et un capital de 1'591'209'221 fr. réparti entre les cantons de Zurich et de Neuchâtel. Il ressort des comptes qu'elle a obtenu un rendement de participations de 75'327'127 fr.
Dans la décision de taxation du 4 mars 2008, le Service cantonal des contributions du canton de Neuchâtel a imposé le capital tel que déclaré et un rendement immobilier. Par décision sur réclamation du 10 juillet 2008, il a ramené le bénéfice imposable immobilier dans le canton de Neuchâtel à 2'470'100 fr. et fixé l'impôt cantonal à 247'000 fr. et l'impôt communal également à 247'000 fr.
Par arrêt du 3 mai 2011, le Tribunal cantonal du canton de Neuchâtel a rejeté le recours déposé par la Fédération contre l'arrêt rendu le 9 septembre 2009 par le Tribunal fiscal de La Chaux-de-Fonds qui confirmait la décision sur réclamation du 10 juillet 2008. Il a jugé en substance que les deux immeubles de la Fédération constituaient des immeubles de placement, qu'aucune réduction pour participations ne pouvait être accordée en relation avec le revenu immobilier dans le canton de Neuchâtel et qu'il n'existait aucune perte de répartition à mettre à charge du canton de Neuchâtel.
Agissant par la voie du recours en matière de droit public, la Fédération demande au Tribunal fédéral, sous suite de frais et dépens, d'annuler l'arrêt rendu le 3 mai 2011 par le Tribunal cantonal du canton de Neuchâtel et de renvoyer la cause pour nouvelle décision au sens des considérants. Elle se plaint de la violation de l'interdiction de la double imposition intercantonale et du principe de l'imposition selon la capacité contributive.
Le Tribunal fédéral a admis le recours.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
2.
2.1
En vertu de l'art. 28 al. 1 de la loi fédérale du 14 décembre 1990 sur l'harmonisation des impôts directs des cantons et des communes
BGE 138 I 297 S. 299
(LHID; RS 642.14), lorsqu'une société de capitaux ou une société coopérative possède 10 % au moins du capital-actions ou du capital social d'une autre société ou participe pour 10 % au moins au bénéfice et aux réserves d'une autre société ou possède une participation représentant une valeur vénale d'au moins un million de francs, l'impôt sur le bénéfice est réduit proportionnellement au rapport entre le rendement net des participations et le bénéfice net total. Le rendement net des participations correspond au revenu de ces participations diminué des frais de financement y relatifs et d'une contribution de 5 % destinée à la couverture des frais d'administration, sous réserve de la preuve de frais d'administration effectifs inférieurs ou supérieurs à ce taux. Sont réputés frais de financement les intérêts passifs ainsi que d'autres frais économiquement assimilables à des intérêts passifs.
2.2
Le canton de Neuchâtel a adopté un régime de réduction pour participations en faveur des sociétés de capitaux et des sociétés coopératives qui résultent des art. 95 et 96 de sa loi du 21 mars 2000 sur les contributions directes (LCdir; RSN 631.0). Le canton de Zurich en a fait de même, comme cela ressort du § 72 de sa loi du 8 juin 1997 sur les impôts (LS 631.1). Le contenu de ces dispositions correspond à celui de l'
art. 28 al. 1 LHID
ainsi qu'à celui des art. 69 ss de la loi fédérale du 14 décembre 1995 sur l'impôt fédéral direct (LIFD; RS 642.11), ce qui rend le régime de réduction pour participations applicable dans tous les cantons ainsi qu'en matière d'impôt fédéral direct (X. OBERSON, Droit fiscal suisse, 3
e
éd. 2007, p. 230; A. WIDMER, La réduction pour participations ["privilège holding"], 2002, p. 24; M. GRETER, Der Beteiligungsabzug im harmonisierten Gewinnsteuerrecht, 2000, p. 63).
2.3
Cet allégement a pour but d'éviter la multiple imposition économique qu'entraînerait, à son défaut, l'interposition d'une ou de plusieurs sociétés, du fait que le rendement qui découle d'une participation est déjà imposé au titre de bénéfice auprès de la société-fille et le sera également, lors de sa distribution, chez les actionnaires de la société-mère. Il consiste en une réduction de l'impôt sur le bénéfice net, qui doit être préalablement calculé sur l'ensemble des revenus de la société comme s'il s'agissait d'une imposition ordinaire. Selon la méthode choisie par le législateur fédéral, la réduction proportionnelle du montant de l'impôt s'effectue une fois établi l'impôt sur le bénéfice net (arrêt A.692/1987 du 28 avril 1989 consid. 2a, in Archives 58 p. 220 rendu sous l'empire de l'AIFD; OBERSON, op. cit.,
BGE 138 I 297 S. 300
p. 230; W. MAUTE, Der Beteiligungsabzug im interkantonalen Verhältnis, RF 46/1991 p. 489; WIDMER, op. cit., p. 20). Ce mécanisme d'allègement constitue un système d'exemption indirecte (sur la question voir: WIDMER, op. cit., p. 19 s.), parce que la réduction est opérée directement sur la cote d'impôt calculée sur le bénéfice net tel qu'il résulte de l'
art. 24 LHID
au taux légal ordinaire sans qu'il y ait lieu au demeurant de distinguer dans ce montant la part de l'impôt qui grève les revenus de participations de celle qui grève les revenus immobiliers. Lorsque la réduction atteint ou dépasse 100 % - ce qui peut se produire lorsque le revenu provenant des autres activités de l'entreprise est nul ou négatif - l'impôt sur le bénéfice est ramené à zéro. La part de réduction excédentaire est perdue; elle ne peut donner lieu à report (cf. GRETER, op. cit., p. 131) en l'absence de base légale à cet effet, comme il en existe une pour le report de pertes (cf.
art. 25 al. 2 LHID
).
2.4
Pour la période fiscale 2004, la recourante a bénéficié, dans le canton de Zurich, d'une réduction pour participations de 134,285 % (rendement de participations de 75'327'127 fr./bénéfice global de 56'094'915 fr.) ramenant l'impôt sur le bénéfice net attribué au canton du siège, soit Zurich, à zéro. Cet aspect de l'imposition de la recourante n'est pas remis en cause par les parties.
2.5
Pour la même période fiscale 2004, considérant les immeubles situés sur son territoire comme immeubles de placement, ce qui n'est plus contesté par la recourante devant le Tribunal fédéral, le canton de Neuchâtel a imposé un rendement immobilier de 2'470'000 fr., ce qui conduit à un impôt cantonal sur le bénéfice de 247'000 fr. et à un impôt communal de 247'000 fr., soit au total à 494'000 fr.
3.
Invoquant l'
art. 127 al. 2 et 3 Cst.
, la recourante se plaint d'imposition discriminatoire de la part du canton de Neuchâtel ainsi que de la violation du principe de l'imposition selon la capacité économique.
3.1
Le principe de l'interdiction de la double imposition de l'
art. 127 al. 3, 1
re
phrase Cst. s'oppose à ce qu'un contribuable soit concrètement soumis, par deux ou plusieurs cantons, sur le même objet, pendant la même période, à des impôts analogues (double imposition effective) ou à ce qu'un canton excède les limites de sa souveraineté fiscale et, violant des règles de conflit jurisprudentielles, prétende prélever un impôt dont la perception est de la seule compétence d'un autre canton (double imposition virtuelle).
BGE 138 I 297 S. 301
En outre, le Tribunal fédéral a déduit de l'
art. 127 al. 3, 1
re
phrase Cst. (
art. 46 al. 2 aCst.
), le principe de l'interdiction du traitement fiscal discriminatoire. Selon ce principe, un canton ne peut pas imposer plus lourdement un contribuable du fait qu'il est assujetti aux impôts dans un autre canton (
ATF 137 I 145
consid. 2.2 p. 147). En d'autres termes, il est interdit à un canton d'imposer sans raison objective un contribuable qui a des domiciles fiscaux hors canton différemment ou plus lourdement qu'un contribuable qui a son domicile fiscal exclusivement dans ce canton (P. LOCHER, Einführung in das interkantonale Steuerrecht, 3
e
éd., 2009, p. 16 s.; D. DE VRIES REILINGH, Le droit fiscal intercantonal et le droit fiscal international de la Suisse, 2011, p. 35 n° 85 et p. 36 n° 87). Il y a en particulier imposition discriminatoire, lorsqu'un contribuable qui est assujetti à l'impôt dans plusieurs cantons est imposé sur un revenu ou un bénéfice net supérieur à son revenu ou son bénéfice net global (
ATF 107 Ia 41
consid. 1a p. 42;
ATF 104 Ia 256
consid. 4 p. 260;
ATF 100 Ia 244
consid. 4a p. 251 et les références citées), ce qui serait en outre contraire au principe de l'imposition selon la capacité ancré à l'
art. 127 al. 2 Cst.
, selon lequel les contribuables doivent supporter une charge fiscale qui correspond à leur capacité économique (
ATF 137 I 145
).
3.2
En l'espèce, si le siège de la recourante se situait dans le canton de Neuchâtel, où se trouvent également les immeubles de placement de la recourante, le bénéfice net imposable s'élèverait à 58'564'915 fr. (bénéfice net "attribué au canton de Zurich" + revenus immobiliers "attribués au canton de Neuchâtel") et la réduction pour participations à plus de 126 % (rendement de participations de 75'327'127 fr./bénéfice net imposable de 58'564'915 fr.), ce qui aurait pour effet, dans ce cas de figure, de ramener l'impôt cantonal du canton de Neuchâtel sur le bénéfice net à zéro. Il s'ensuit que le prélèvement par le canton de Neuchâtel d'un impôt sur le rendement immobilier conduit à ce que la recourante est imposée plus lourdement du simple fait qu'elle est assujettie à l'impôt dans le canton de Zurich et dans le canton de Neuchâtel. Elle paie 494'000 fr. d'impôts en plus que si elle n'était assujettie à l'impôt cantonal sur le bénéfice net que dans le seul canton de Neuchâtel. La recourante est par conséquent soumise à une imposition discriminatoire, contraire à l'
art. 127 al. 3 Cst.
Il n'est dans ces conditions pas nécessaire d'examiner la cause sous l'angle de l'imposition selon la capacité contributive.
3.3
L'instance précédente, les administrations fiscales des cantons de Neuchâtel et de Zurich ainsi que l'Administration fédérale des
BGE 138 I 297 S. 302
contributions considèrent toutefois que l'imposition décidée par le canton de Neuchâtel ne viole pas l'interdiction de la double imposition intercantonale, ce qu'il convient d'examiner ci-dessous.
4.
Dans une première objection, les administrations fiscales soutiennent en substance que les immeubles de placement constituent un domicile fiscal spécial qui confère un droit exclusif d'imposition en faveur du canton de situation et que la recourante ne souffre en l'espèce d'aucune perte de répartition.
4.1
En matière de double imposition intercantonale, le bénéfice imposable des entreprises intercantonales est réparti par quote-part entre les établissements stables, y compris le siège, en fonction de l'importance qu'ils jouent dans son acquisition, selon la méthode directe ou indirecte (parmi d'autres auteurs, HÖHN/MÄUSLI, Interkantonales Steuerrecht, 4
e
éd., 2000, p. 404 ss; D. DE VRIES REILINGH, La double imposition intercantonale, 2005, p. 180 ss, 189 ss et les références citées). En revanche, lorsqu'une entreprise intercantonale possède un immeuble de placement dans un canton où elle n'a ni siège ni établissement stable, le canton de situation de l'immeuble se voit attribuer le droit exclusif d'imposer les revenus provenant de cet immeuble au titre de for fiscal spécial. Cette règle de répartition objective vaut tant pour le revenu ordinaire que pour le gain d'aliénation de l'immeuble ainsi qu'en matière d'impôt sur le capital (
ATF 132 I 220
consid. 3.1 p. 223 s. et les références citées).
Ces deux règles constituent des règles de conflit dites qualitatives en ce qu'elles déterminent quels éléments de revenus ou de fortune chaque canton peut imposer. A cet égard, la règle du droit exclusif d'imposition du canton de situation d'un immeuble de placement a été confirmée en maintes reprises par le Tribunal fédéral encore récemment (
ATF 137 I 145
consid. 4.2 p. 150 s.). Cette règle ne doit pas être confondue avec les règles de conflit quantitatives qui définissent sur le plan intercantonal la mesure dans laquelle chaque canton peut imposer un élément de revenu ou de fortune (cf. à ce sujet, JEAN-BLAISE PASCHOUD, L'imposition des immeubles de placement en droit intercantonal, RF 39/1984 p. 532 ss et 583 ss, 536). C'est en relation avec ce dernier aspect quantitatif que la jurisprudence du Tribunal fédéral a évolué.
4.2
Dans sa jurisprudence récente en relation avec l'imposition des immeubles dans les rapports intercantonaux, le Tribunal fédéral a en effet clairement réévalué l'importance de l'interdiction de
BGE 138 I 297 S. 303
l'imposition discriminatoire et du principe de l'imposition selon la capacité contributive (
ATF 137 I 145
consid. 4.2 p. 150 s. et la doctrine citée): tout en affirmant le principe de l'imposition exclusive par le canton de situation de l'immeuble de placement, il a rappelé le principe fondamental selon lequel les cantons ne sauraient imposer les contribuables sur un revenu plus important que sur celui réalisé, ce qui contraignait le canton du lieu de situation de l'immeuble à prendre en compte la situation des contribuables (entreprise ou personne privée) et leur capacité contributive. Afin d'éviter "les pertes de répartition", ce canton doit déduire du gain immobilier les pertes d'exploitation que l'entreprise a subies dans le canton de siège ou dans d'autres cantons où se trouvent des immeubles d'exploitation (
ATF 131 I 249
consid. 6.3 p. 261 s.). Cette obligation de déduction a été étendue aussi bien aux immeubles privés (
ATF 131 I 285
consid. 4.1 p. 290) qu'aux immeubles de placement d'une entreprise (
ATF 132 I 220
consid. 5 p. 227).
4.3
Il est vrai en l'espèce que la recourante ne subit pas de pertes de répartition. Il n'y a toutefois aucune raison de limiter l'interdiction de l'imposition discriminatoire en matière de double imposition intercantonale déduite de l'
art. 127 al. 3 Cst.
à la seule hypothèse des pertes de répartition. La définition de l'interdiction de l'imposition discriminatoire qui résulte de la jurisprudence est plus large (cf. consid. 3.1 ci-dessus) que celle exemplative résultant de son application aux pertes de répartition sanctionnant l'imposition d'un revenu ou d'un bénéfice net supérieur au revenu ou au bénéfice net global du contribuable ayant des domiciles fiscaux dans plusieurs cantons (cf. consid. 3.2 ci-dessus). Il a par ailleurs été démontré que la recourante subit bien une imposition discriminatoire (cf. consid. 3.2 ci-dessus) qui peut être éliminée en contraignant le canton de situation de l'immeuble, le canton de Neuchâtel, à placer la recourante dans la position qui serait la sienne si elle était soumise à la souveraineté fiscale de ce seul canton et absorber le surplus de réduction pour participations inutilisé. Cette solution est aussi celle admise par la doctrine qui a examiné la question (PETER MÄUSLI, Stärkere Gewichtung des Schlechterstellungsverbotes in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts, in Entwicklungen im Steuerrecht, Michael Beusch/ISIS [éd.], 2009, p. 438 ss; TEUSCHER/LOBSIGER, Steuerausscheidung bei Unternehmen, in Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, vol. III/1: Interkantonales Steuerrecht, Zweifel/Beusch/Mäusli [éd.], 2011, p. 318 n° 18).
BGE 138 I 297 S. 304
L'attribution du droit exclusif d'imposition du canton de situation de l'immeuble de placement tel qu'exigée de longue date par la jurisprudence en raison du rattachement particulièrement fort de l'immeuble au sol n'est pas remise en cause, seule la mesure dans laquelle ce canton peut imposer le revenu immobilier est corrigée. Dans le cas présent, force est d'admettre que le rapport entre rendement de participations et bénéfice net total conduit à réduire cette mesure à zéro. Tel ne sera pas toujours le cas. L'objection des administrations fiscales doit donc être rejetée.
5.
Les administrations fiscales soutiennent aussi que cette solution viole l'
art. 28 al. 1 LHID
. Selon elles, les revenus provenant des immeubles sis sur le territoire du canton de Neuchâtel ne sont pas des rendements de participations soumis à imposition multiple, de sorte que, dans le canton de Neuchâtel, leur imposition échappe à une éventuelle réduction pour participations, conformément à la lettre de l'
art. 28 LHID
dont le respect, selon ces derniers, doit l'emporter, au titre de l'
art. 190 Cst.
, sur les droits fondamentaux tirés de l'
art. 127 al. 2 et 3 Cst.
5.1
En matière intercantonale, les sociétés de capitaux et les coopératives peuvent en principe se prévaloir de l'
art. 28 al. 1 LHID
dans tous les cantons auxquels une quote-part du bénéfice global a été attribuée en raison de l'existence d'un domicile fiscal (accessoire) secondaire (siège ou établissement stable). Selon la doctrine, elles ne peuvent en revanche se prévaloir de l'
art. 28 al. 1 LHID
dans un canton où elles ne disposent que d'un for fiscal (accessoire) spécial parce que les rendements immobiliers exclusivement imposables dans le canton de situation de l'immeuble ne constituent par définition pas un rendement de participations (parmi d'autres auteurs, HÖHN/MÄUSLI, op. cit., p. 404 ss; DE VRIES REILINGH, La double imposition intercantonale, op. cit., p. 180 ss, 189 ss et les références citées).
Cette conclusion est en principe correcte. En effet, en pareille hypothèse, il n'est pas possible de calculer dans le canton du for spécial d'imposition le rapport entre le rendement de participations, qui fait défaut par définition (de ce que l'on entend par revenus de l'immeuble de placement, qui ne constitue pas un rendement de participations), et la part du bénéfice net attribué à ce for. Par conséquent, il est exclu d'invoquer l'application directe de la réduction pour participations des
art. 28 al. 1 LHID
ainsi que 95 et 96 LCdir. C'est uniquement dans ce sens que l'objection des autorités intimées, qui mettent en exergue l'absence de rendement de participations dans le canton de Neuchâtel, est justifiée.
BGE 138 I 297 S. 305
En l'espèce toutefois, l'imposition ramenée à zéro de la recourante dans le canton de Neuchâtel se fonde uniquement sur le mécanisme constitutionnel de l'
art. 127 al. 3 Cst.
prohibant l'imposition discriminatoire (cf. 3 ci-dessus), en aucune manière en revanche sur les art. 95 et 96 LCdir (respectivement 28 LHID), dont les conditions d'application ne sont pas réunies dans le canton de Neuchâtel. Il n'est par conséquent pas nécessaire d'examiner les développements des autorités intimées à propos de l'
art. 190 Cst.
|
public_law
|
nan
|
fr
| 2,012 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
|
CH
|
Federation
|
f4f34d73-0eda-46e8-91cc-6deb72925552
|
Urteilskopf
110 Ib 160
27. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. Februar 1984 i.S. Kantonaler Fischereiverein Graubünden sowie Aqua Viva und Mitbeteiligte gegen Kraftwerke Ilanz AG und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 103 lit. c. OG i.V.m.
Art. 12 NHG
.
1. Anerkennung der Legitimation der Stiftung World Wildlife Fund (Schweiz) zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 2).
2. Die Legitimation zur Anfechtung einer Verfügung gibt den zur Beschwerde berechtigten Vereinigungen keinen Anspruch auf den Erlass neuer erstinstanzlicher Verfügungen (E. 2a bis c).
Art. 43 WRG
; Art. 24 bis 26 FG. Schutz wohlerworbener Rechte bei der Erteilung fischereirechtlicher Bewilligungen.
1. Grundsatz (Zusammenfassung des Urteils vom 17. Juni 1981,
BGE 107 Ib 148
ff.; E. 5a).
2. Auseinandersetzung mit der Kritik (E. 5b).
3. Inhalt von
Art. 26 FG
(E. 6).
|
Sachverhalt
ab Seite 161
BGE 110 Ib 160 S. 161
Auf Grund von vier Urteilen des Bundesgerichts vom 17. Juni 1981, die zum Teil in der amtlichen Sammlung veröffentlicht worden sind (
BGE 107 Ib 140
ff., 151 ff.), erteilte die Regierung des Kantons Graubünden der Kraftwerke Ilanz AG am 6. September 1982 die fischereirechtliche Bewilligung für den Bau der Wasserkraftwerke Ilanz I und Ilanz II unter zahlreichen Bedingungen und Auflagen. Der Kantonale Fischereiverein Graubünden sowie die Aqua Viva und fünfzehn Mitbeteiligte, unter anderem die Stiftung World Wildlife Fund (Schweiz), führen dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie machen in verschiedener Hinsicht eine Verletzung von Bundesrecht geltend und beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Regierung zurückzuweisen. Sie wollen damit im wesentlichen erreichen, dass den zur Elektrizitätsgewinnung genutzten Gewässern höhere Restwassermengen zugeführt werden. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Mit der Legitimation der Beschwerdeführer hatte sich das Bundesgericht schon in den Urteilen vom 17. Juni 1981 über die Beschwerden gegen die erste fischereirechtliche Bewilligung für die Kraftwerkanlage Ilanz I und II zu befassen. Dabei anerkannte es die Beschwerdebefugnis des Kantonalen Fischereivereins Graubünden sowie jene der betroffenen Grundeigentümer nach
Art. 103 lit. a OG
(Urteil i.S. A 35/80, E. 1b, S. 8/9 und A 38/80, E. 2a, S. 8 ff.). Die Legitimation der Aqua Viva, des Rheinaubundes, des Schweizerischen Bundes für Naturschutz, der Schweizerischen Gesellschaft für Umweltschutz und der Schweizerischen Stiftung für Landschaftsschutz und Landschaftspflege anerkannte das Gericht nach
Art. 103 lit. c OG
in Verbindung mit Art. 12 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG; Urteil i.S. A 38/80, E. 2b, S. 10 ff. veröffentlicht in: ZBl 82/1981, S. 551/552). Es liess einzig die Frage offen, ob die Stiftung World
BGE 110 Ib 160 S. 162
Wildlife Fund (Schweiz) ebenfalls gestützt auf
Art. 12 NHG
Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen könne. Diese Frage ist zu bejahen. Der World Wildlife Fund (Schweiz) ist eine Stiftung ohne Erwerbszweck. Gemäss Ziffer 4 der Stiftungsurkunde setzt er sich "für die weltweite Erhaltung der Umwelt und der Natur und ihrer verschiedenen Erscheinungsformen" ein. Er ist in der ganzen Schweiz tätig. Es erscheint daher als gerechtfertigt, ihn als beschwerdeberechtigte Organisation im Sinne von
Art. 12 NHG
anzuerkennen. Im übrigen hat ihn das Bundesamt für Forstwesen mit Verfügung vom 20. Juli 1982 hinsichtlich der Zustellung von Akten den gesamtschweizerischen Organisationen des Natur- und Heimatschutzes gleichgestellt. Somit sind sämtliche Beschwerdeführer grundsätzlich zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. Der Umfang der Beschwerdebefugnis bedarf freilich im einzelnen der näheren Prüfung.
a) Nicht einzutreten ist auf die Rüge der Aqua Viva und der Mitbeteiligten, die Regierung habe es zu Unrecht unterlassen, die Kraftwerke Vorderrhein AG in das Verfahren einzubeziehen und zur Lieferung einer höheren Restwassermenge zu verpflichten.
Die gestützt auf
Art. 12 NHG
beschwerdeführenden Vereinigungen sind zwar befugt, im kantonalen Verfahren schon Verfügungen unterer Instanzen anzufechten. Das Beschwerderecht setzt jedoch eine Verfügung als Anfechtungsobjekt voraus (ROBERT IMHOLZ, Die Zuständigkeiten des Bundes auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes, Diss. Zürich 1975, S. 76/77).
Art. 12 NHG
gibt den Vereinigungen keinen auf dem Rechtsweg durchsetzbaren Anspruch auf den Erlass erstinstanzlicher kantonaler Verfügungen. Hätte der Gesetzgeber den gesamtschweizerischen Vereinigungen des Natur- und Heimatschutzes ein allgemeines Aufsichts- und Interventionsrecht einräumen wollen, so hätte er das ausdrücklich anordnen müssen.
Ebensowenig steht den beschwerdeführenden Grundeigentümern das Recht zu, eine an die Kraftwerke Vorderrhein AG gerichtete Verfügung zu verlangen, die dieses Unternehmen entgegen der ihr erteilten Konzession zu einer erhöhten Restwasserabgabe verpflichten würde. Dessen Wassernutzung ändert am bestehenden Abfluss des Vorderrheins zwischen Tavanasa und Ilanz nichts.
Soweit die Aqua Viva und die Mitbeteiligten jedoch geltend machen, die von der Regierung festgelegten Restwassermengen
BGE 110 Ib 160 S. 163
könnten ohne Mitwirkung der Kraftwerke Vorderrhein AG gar nicht durchgesetzt werden, ist auf die Beschwerde einzutreten. Dieses Argument richtet sich materiell gegen den angefochtenen Regierungsbeschluss.
b) Nicht einzutreten ist auf den Antrag der Aqua Viva und der Mitbeteiligten, die der Kraftwerke Ilanz AG erteilte Konzession gegen angemessene Entschädigung zu schmälern oder zurückzuziehen.
Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Regierung der Kraftwerke Ilanz AG nur die fischereirechtliche Bewilligung sowie die Ausnahmebewilligung zur Beseitigung der Ufervegetation erteilt. Für die Einschränkung oder den Rückzug der Konzession wäre ein selbständiges Verfahren erforderlich, in das die Konzessionsgemeinden einbezogen werden müssten. Der Entscheid über die Einleitung eines solchen Verfahrens steht allein den Konzessionsgemeinden beziehungsweise der Regierung zu.
c) Die Legitimation der Beschwerdeführer, die mit der Ausnahmebewilligung zur Beseitigung der Ufervegetation verbundene fischereirechtliche Bewilligung anzufechten, hat nicht zur Folge, dass auf die weitergehenden Forderungen einzugehen ist.
Soweit das Eidgenössische Departement des Innern geltend macht, die Regierung habe auch einen entschädigungspflichtigen Eingriff in die Konzession zu prüfen, um einem allenfalls überwiegenden öffentlichen Interesse der Fischerei ausreichend Rechnung zu tragen, kann hierauf schon deshalb nicht eingetreten werden, weil das Departement keine Verwaltungsgerichtsbeschwerde ergriffen hat, wozu es nach
Art. 103 lit. b OG
befugt gewesen wäre.
5.
a) Bei der fischereirechtlichen Beurteilung der Beschwerden ist von den Grundsätzen auszugehen, die das Bundesgericht in seinen Urteilen vom 17. Juni 1981 aufgestellt hat. Danach sind die Wassernutzungsrechte, die der Beschwerdegegnerin in den Jahren 1962 bis 1964 erteilt wurden, von Gesetzes wegen wohlerworbene Rechte (Art. 43 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916, WRG). Durch spätere Gesetze kann ein solches Recht grundsätzlich nicht aufgehoben oder eingeschränkt werden. Rechte, die durch Konzessionen verliehen wurden, können somit durch die künftige Gesetzgebung nicht entschädigungslos aufgehoben oder sonstwie in ihrer Substanz beeinträchtigt werden. Dagegen ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, Gesetze anzuwenden, die
BGE 110 Ib 160 S. 164
nach der Verleihung in Kraft treten, sofern die neuen Normen keinen Eingriff in die Substanz des wohlerworbenen Rechts zur Folge haben (
BGE 107 Ib 145
E. 3b). Auf Grund der später in Kraft getretenen Bundesgesetze über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG; namentlich Art. 22 Abs. 2) und über die Fischerei vom 14. Dezember 1973 (FG; namentlich Art. 24 bis 26 dürfen daher nur solche Einschränkungen angeordnet werden, die nicht in die Substanz der wohlerworbenen Rechte eingreifen. Das bedeutet für die Anwendung des Fischereigesetzes, dass keine Massnahmen im Rahmen der Vorschrift für Neuanlagen (
Art. 25 FG
), sondern nur solche im Rahmen der Bestimmung für bestehende Anlagen (
Art. 26 FG
) zulässig sind (
BGE 107 Ib 140
ff., namentlich 150 E. 6b sowie 154 E. 3d). Das Bundesgericht hat daher im vorliegenden Fall mangels einer Rüge der Verletzung von
Art. 22 NHG
einzig zu prüfen, ob sich der angefochtene Regierungsbeschluss im Rahmen von
Art. 26 FG
hält.
b) Die erwähnten Entscheide des Bundesgerichts sind auf Kritik gestossen. So bemerkt Alfred Kölz, sie führten dazu, dass für die Anwendung des neuen Rechts der Grundsatz der Gesetzmässigkeit verletzt und das öffentliche Interesse erheblich zurückgedrängt werde (ZSR 1983 II 180/181). Dem ist entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber die Gesetzesbeständigkeit des verliehenen Rechts selbst gewollt hat (
Art. 43 Abs. 2 WRG
). Zudem kann der Konzessionärin auch im Licht des Vertrauensgrundsatzes die ausserordentlich lange Dauer kaum vorgehalten werden, während der sie die Konzession nicht ausgeübt hat; die Konzessionsgemeinden und die Regierung haben die Dauer auf Gesuch der Konzessionärin hin aus freiem Entschluss wiederholt verlängert, ohne neue Vorbehalte anzubringen. In diesem Zusammenhang fallen sodann die bereits getätigten Aufwendungen für Projektierung und Baubeginn sowie die Waldrodung (Urteil des Bundesgerichts vom 2. August 1982) ins Gewicht. Dem geradezu routinemässig angebrachten Vorbehalt künftiger Gesetze konnte daher bei Berücksichtigung aller Umstände nicht eine Bedeutung beigemessen werden, die das eingeräumte Nutzungsrecht in Frage gestellt hätte. Es widerspricht daher weder dem Vertrauensgrundsatz noch dem Prinzip der Gesetzmässigkeit, im vorliegenden Fall die für bestehende Anlagen geschaffene Regel von
Art. 26 FG
analog anzuwenden.
6.
Art. 26 FG
lautet wie folgt:
BGE 110 Ib 160 S. 165
"Art. 26 Massnahmen für bestehende Anlagen
Für bestehende Anlagen sind ebenfalls Massnahmen zum Schutze oder zur Wiederherstellung von Fischgewässern vorzuschreiben, sofern die damit verbundenen Schwierigkeiten und die entstehende wirtschaftliche oder finanzielle Belastung nicht übermässig gross sind."
Diesen Anforderungen genügen die von der Regierung angeordneten Massnahmen, sofern sie vom technischen, wirtschaftlichen und finanziellen Standpunkt aus für den Werkeigentümer zumutbar sind und der Fischerei in materieller und ideeller Hinsicht nachweisbar einen entsprechenden Gewinn bringen (
BGE 107 Ib 150
E. 6b). Die Schwierigkeiten und die Belastung gelten dann nicht als übermässig gross, wenn die angeordneten Massnahmen im Hinblick auf den Nutzen für die Fischerei als angemessen zu beurteilen sind.
(In den folgenden Erwägungen kommt das Bundesgericht zum Ergebnis, dass der angefochtene Regierungsbeschluss
Art. 26 FG
nicht verletzt.)
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public_law
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nan
|
de
| 1,984 |
CH_BGE
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CH_BGE_003
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CH
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Federation
|
f4f87ee6-9886-406c-88a6-37060041bc17
|
Urteilskopf
115 II 93
17. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. März 1989 i.S. X. gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Eintragung im Handelsregister, Haftung für Gebühren.
Nach Art. 21 Abs. 1 GebT haften auch Notare für die Gebühren und Auslagen des Handelsregisteramtes, wenn sie von ihm eine Handlung verlangen. Ob sie sich im Auftrag Dritter oder von sich aus an das Amt wenden, ist gleichgültig.
|
Sachverhalt
ab Seite 93
BGE 115 II 93 S. 93
A.-
X. meldete im Februar 1987 drei Gesellschaften, über deren Gründungen er als Notar öffentliche Urkunden erstellt hatte, beim Handelsregisteramt Basel-Stadt zur Eintragung an. Er ersuchte das Amt sodann um mehrere Registerauszüge. Das Amt stellte ihm fünf Rechnungen im Betrage von insgesamt Fr. 1'300.--, die nicht bezahlt wurden.
Mit Verfügung vom 17. Mai 1988 forderte das Handelsregisteramt X. zur Zahlung auf, weil er nach Art. 21 Abs. 1 des Gebührentarifs (GebT) als Anmelder und Gesuchsteller für die Gebühren und Auslagen des Amtes hafte. X. beschwerte sich dagegen beim Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt, das am 12. Oktober 1988 die Verfügung des Amtes sinngemäss bestätigte.
B.-
X. führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn wegen unzulässiger Anwendung des Gebührentarifs aufzuheben.
BGE 115 II 93 S. 94
Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement hat sich auf einige grundsätzliche Bemerkungen beschränkt und auf einen Antrag verzichtet.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 21 Abs. 1 GebT erwähne den Notar nicht; dieser gehöre auch nicht zu den Personen, die gemäss
Art. 934 OR
und
Art. 52 HRegV
zur Anmeldung verpflichtet seien. Seine Anmeldung begründe daher noch kein relevantes Haftungsverhältnis. Indem die Vorinstanz aus der streitigen Tarifbestimmung eine persönliche Haftung des beurkundenden Notars ableite, greife sie zudem in unzulässiger Weise in ein Rechtsverhältnis ein, das durch
Art. 32 ff. OR
abschliessend geregelt werde.
a) Wer zur Anmeldung einer Eintragung berechtigt oder verpflichtet ist, wer eine Anmeldung einreicht oder eine Amtshandlung verlangt, haftet gemäss Art. 21 Abs. 1 GebT persönlich für die Bezahlung der Gebühren und Auslagen; mehrere Personen haften solidarisch. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist eindeutig und lässt keinen Raum zu einem Streit darüber, ob sie auch für Notare gelte, wenn diese sich im Auftrag Dritter oder von sich aus an ein Handelsregisteramt wenden, um es zu einer Eintragung zu veranlassen oder von ihm eine andere Handlung zu verlangen. Dass ein solidarisch Haftender selber zur Anmeldung einer Eintragung berechtigt oder mit einem Anmeldepflichtigen identisch sein müsse, wie der Beschwerdeführer unter Hinweis auf
Art. 934 OR
und
Art. 52 HRegV
anzunehmen scheint, ist diesen Bestimmungen nicht zu entnehmen. An der Haftung der anmeldenden Person für Gebühren und Auslagen ändert auch Art. 21 Abs. 3 GebT nichts, wonach Gebühren im voraus zu entrichten sind. Wenn das Amt namentlich Urkundspersonen gegenüber von einem Vorschuss absieht, heisst das nicht, dass es sie nicht für haftbar halte oder von vornherein aus der Haftung entlasse.
Die Auffassung der Vorinstanz entspricht nicht nur dem klaren Wortlaut des Art. 21 Abs. 1 GebT, sondern auch dem Sinn und Zweck der Bestimmung. Die Wendung "wer eine Anmeldung einreicht oder eine Amtshandlung verlangt" wäre sinnlos und daher überflüssig, wenn tatsächliche oder scheinbare Vertreter
BGE 115 II 93 S. 95
davon auszunehmen wären. Es lässt sich im Ernst auch nicht sagen, die unmittelbare Haftung dessen, der eine Eintragung anmeldet oder vom Amt etwas anderes, z.B. Auszüge verlangt wie der Beschwerdeführer, finde im Gesetz keine Grundlage. Das öffentliche Registerrecht mit seinen Verfahren, die auf dem Antragsprinzip beruhen, muss seiner Natur und seinem Zweck entsprechend rasch und einfach gehandhabt werden (
BGE 104 Ib 322
mit Hinweisen). Das gilt namentlich für die Eintragungen, die unverzüglich vorzunehmen sind (
Art. 19 Abs. 2 HRegV
), aber zu den häufigsten Amtshandlungen gehören, wie die Statistik zeigt (SHAB Nr. 13 vom 19. Januar 1989 S. 247). Dazu kommt, dass die Überprüfungsbefugnis des Registerführers stark eingeschränkt ist (
BGE 107 II 247
/48 und
BGE 91 I 362
mit Hinweisen), es folglich nicht seine Aufgabe sein kann, einem allfälligen Vertretungsverhältnis nachzuforschen, wenn nicht ersichtlich ist, für wen eine Amtshandlung beantragt wird. Die Oberaufsichtsbehörde nimmt deshalb mit Recht an, dass der Bundesrat sich angesichts der besondern Bedürfnisse der Registerbehörden gestützt auf
Art. 929 Abs. 1 OR
für befugt halten durfte, eine autonome Haftungsregelung zu schaffen, die unter Umständen über den Grundsatz des
Art. 32 Abs. 1 OR
hinausgeht (HUBER, N. 105 ff. zu
Art. 6 ZGB
). Dass diese Regelung den Registerbehörden das Gebührenwesen erheblich erleichtert und daher auch sachlich gerechtfertigt ist, liegt auf der Hand.
b) Das ist auch dem Hinweis des Beschwerdeführers auf einen Entscheid entgegenzuhalten, in dem die Justizdirektion des Kantons Bern am 29. Oktober 1988 seine Haftung in einem ähnlichen Fall verneint hat. Dieser Entscheid deckt sich zwar mit der Argumentation des Beschwerdeführers, widerspricht aber den vorstehenden Erwägungen. Er geht gestützt auf die Eintragungspflicht juristischer Personen gemäss
Art. 22 Abs. 2 HRegV
von der irrtümlichen Annahme aus, dass der Kreis der Haftenden auf anmeldepflichtige und -berechtigte Personen der Verwaltung zu beschränken sei. Das leuchtet namentlich dann nicht ein, wenn notarielle Entwürfe, deren Prüfung gemäss Art. 9 Ziff. 4 GebT ebenfalls gebührenpflichtig ist, dem Amt schon vor der Gründung einer Gesellschaft unterbreitet werden, was nach der Vernehmlassung der Vorinstanz in vielen Fällen vorkommen soll. Die Auslegung der streitigen Vorschrift durch die Vorinstanz ist umso weniger zu beanstanden, als Vertreter einer persönlichen Haftung dadurch vorbeugen können, dass sie einen Vorschuss verlangen,
BGE 115 II 93 S. 96
wenn das Amt gemäss Art. 21 Abs. 3 GebT von einem solchen absieht.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,989 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
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Federation
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f4f9feaa-e1a1-4727-b540-23ed383c2f58
|
Urteilskopf
111 IV 97
24. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. August 1985 i.S. D. gegen Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
|
Regeste
Art. 15 Abs. 1 ARV
; Bedienung des Fahrtenschreibers.
Der berufsmässige Lastwagenchauffeur darf während der Beladearbeiten den Fahrtenschreiber nicht auf "Ruhezeit" schalten, wenn er anwesend sein muss, um bei allfälligen Schwierigkeiten jederzeit und rasch einschreiten zu können.
|
Sachverhalt
ab Seite 97
BGE 111 IV 97 S. 97
Anlässlich einer Verkehrsüberwachung am 2. November 1984 wurde der Lastwagenlenker D. angehalten und kontrolliert. Dabei wurde durch die Polizei festgestellt, dass er die Zeit, in welcher er sich in der Führerkabine aufhält und wartet, bis ab- oder aufgeladen worden ist, nicht als Arbeitszeit durch den Fahrtenschreiber registrieren lässt.
Die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden sprach D. am 19. März 1985 der Übertretung von Art. 15 in Verbindung
BGE 111 IV 97 S. 98
mit
Art. 28 ARV
schuldig und büsste ihn deswegen mit Fr. 60.--. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden am 3. Mai 1985 ab.
Dagegen richtet sich die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, der Beschwerdeführer sei in Aufhebung des angefochtenen Entscheids freizusprechen; eventuell sei er schuldig zu sprechen, wobei im Sinne von
Art. 20 StGB
von einer Bestrafung Umgang zu nehmen sei.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
a) Der Beschwerdeführer transportierte Sägemehl, welches durch ein Gebläse aus dem Lager der Sägerei gesogen und auf den Lastwagen geblasen wurde. Er vertritt die Ansicht, dass er während des Ladevorganges keinerlei Arbeit zu leisten habe und dabei "vielleicht durchaus" in der Kabine des Lastwagens sitze; das heisse aber nicht, dass er dabei nicht Pause machen oder gar irgendwelche andere Arbeiten verrichten würde. Im übrigen hatte er im kantonalen Verfahren ausgeführt, er müsse nur dann eingreifen, wenn es mit dem Gebläsemotor Schwierigkeiten gebe.
b) Als Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes gilt auch die blosse Präsenzzeit (
Art. 2 Abs. 2 lit. e ARV
), deren Merkmal darin besteht, dass der Arbeitnehmer anwesend sein muss, jedoch - im Unterschied zu den Pausen - in der Gestaltung der Wartezeit nicht frei ist (Bundesamt für Polizeiwesen (BAP), Wegleitung zur ARV, 1982, S. 4). Die Vorinstanz ist der Auffassung, gemäss
Art. 73 VRV
sei der Fahrzeugführer u.a. auch für die Ladung verantwortlich und somit verpflichtet, das Beladen zu überwachen; deshalb könne diese Zeit im Sinne von
Art. 8 Abs. 5 ARV
nicht als Pause angerechnet werden.
Ob diese Meinung zutrifft, kann offen bleiben. Der Beschwerdeführer hatte nach den eigenen, unwidersprochenen Aussagen jeweils dann einzugreifen, wenn es Schwierigkeiten mit dem Gebläsemotor gab. Er musste also im oder beim Lastwagen bereit sein, um gegebenenfalls auftretende Unregelmässigkeiten bei diesem Motor sofort beheben helfen zu können. Ähnlich wie bei der Wartezeit des Taxichauffeurs auf dem Standplatz (BAP, a.a.O. S. 4) handelt es sich auch hier um einen typischen Fall von Präsenzzeit, bei deren Gestaltung der Arbeitnehmer nicht frei ist. Es besteht denn auch ein wesentlicher Unterschied zur Situation eines
BGE 111 IV 97 S. 99
Carchauffeurs, der auf die Rückfahrt der Fahrgäste warten muss. Dieser verabredet mit seinen Passagieren einen Zeitpunkt und kann die dazwischenliegende Zeit z.B. mit einem Restaurantbesuch, Spazierengehen oder auch Schlafen ausfüllen. Der Beschwerdeführer musste demgegenüber bei auftretenden Schwierigkeiten jederzeit und rasch einschreiten können. Indem er unter diesen Umständen den Fahrtenschreiber auf "Ruhezeit" schaltete, verstiess er gegen
Art. 15 Abs. 1 ARV
.
3.
Der Beschwerdeführer macht eventualiter geltend, er habe mit Rechtsirrtum gehandelt, da die zitierte Wegleitung des BAP nur den Schluss zulasse, die inkriminierte Wartezeit sei als Pause aufzufassen. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. In der genannten Wegleitung wird z.B. schon die Wartezeit eines Taxifahrers ausdrücklich als Arbeitszeit aufgeführt; ebenso ist nach den dortigen Erörterungen die Wartezeit des Carchauffeurs dann Arbeitszeit, wenn dieser gewisse Aufgaben (z.B. Heizen des Wagens) wahrnehmen muss (BAP, a.a.O. S. 4). Diese Ausführungen lassen keineswegs die Meinung entstehen, ein Lastwagenchauffeur, der bei den Beladearbeiten zur Verfügung stehen muss, um allenfalls einen Gebläsemotor in Ordnung bringen zu helfen, pausiere während dieser Zeit.
| null |
nan
|
de
| 1,985 |
CH_BGE
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CH_BGE_006
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CH
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Federation
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f4fb6f8c-d762-4039-954b-15a789176c01
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Urteilskopf
93 III 23
6. Entscheid vom 5. April 1967 i.S. Kredit- und Verwaltungsbank Zug in Konkursliquidation.
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Regeste
Bankenkonkurs, Freihandverkauf einer Forderung der Masse.
Befugnisse der Konkursverwaltung (
Art. 36 Abs. 2 BankG
, Art. 253 Abs. 2 und 256 Abs. 1 SchKG) und Rechte der Gläubiger (Erw. 1).
Ist ein Guthaben der Masse zwar unbestritten und fällig, aber schwer einbringlich, so darf die Konkursverwaltung davon absehen, es gemäss
Art. 243 Abs. 1 SchKG
einzuziehen. Fall einer Forderung gegen überschuldete Firmen im Ausland (Erw. 2).
Voraussetzungen, unter denen die Konkursverwaltung ein solches Guthaben durch Freihandverkauf (
Art. 256 Abs. 1 SchKG
) verwerten darf, ohne den Konkursgläubigern gemäss Art. 79 Abs. 2 KV Gelegenheit zu geben, die Abtretung nach
Art. 260 SchKG
zu verlangen (Erw. 3).
Fristsetzung an die Konkursgläubiger zur Stellung höherer Angebote (Erw. 4).
Beschwerde und Rekurs wegen Unangemessenheit der von der Konkursverwaltung im Bankenkonkurs getroffenen Verfügungen über die Verwertung der Aktiven (
Art. 36 Abs. 2 BankG
in Verbindung mit
Art. 17 Abs. 1 SchKG
; Art. 53 Abs. 2 der VV zum BankG) (Erw. 5).
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Sachverhalt
ab Seite 24
BGE 93 III 23 S. 24
A.-
Im Konkurs über die Kredit- und Verwaltungsbank Zug erliess die Schweiz. Treuhandgesellschaft als Konkursverwalterin am 25. November 1966 die folgende - im Schweiz. Handelsamtsblatt vom 26. November 1966 veröffentlichte - Verfügung:
"Die ausserordentliche Konkursverwaltung hat mit einer Firmengruppe in Deutschland, welche zu den noch verbleibenden Hauptschuldnern der Konkursmasse gehören, im Jahre 1960 eine langfristige Abzahlungsvereinbarung getroffen. Die Zahlungsraten gingen in den ersten Jahren regelmässig ein, blieben jedoch in letzter Zeit
BGE 93 III 23 S. 25
infolge der angespannten finanziellen Lage der Schuldnerfirmen aus. Gemäss Vereinbarung wäre die Konkursverwaltung der Kredit- und Verwaltungsbank Zug berechtigt, die gesamte Restforderung geltend zu machen, was zum Konkurs der Schuldnerfirmen in Deutschland führen würde.
Von dritter Seite erhielt die Schweiz. Treuhandgesellschaft als ausserordentliche Konkursverwaltung ein Angebot, wonach die Forderung gegen Bezahlung eines Betrages von DM 85 000.-- erworben werden soll. Sie hat dieses Angebot angenommen in der Überzeugung, dass damit den Gläubigern der Kredit- und Verwaltungsbank Zug gedient wäre.
Die Annahme dieses Angebotes gilt jedoch unter dem Vorbehalt, dass bis Montag, den 5. Dezember 1966, kein Gläubiger gegen Hinterlegung der Summe von DM 85 000.-- bzw. des Gegenwertes in Schweizerfranken gemäss
Art. 260 SchKG
die Abtretung der Gläubigerrechte verlangt. Die Unterlagen können bis zu diesem Termin bei der Schweiz. Treuhandgesellschaft, Talstrasse 80, Zürich, eingesehen werden."
Die in dieser Verfügung erwähnte Forderung beläuft sich auf rund DM 450 000.--. Sie richtet sich gegen die Firmen Karl Heinz Urgatz und Kicker-Tischfussballspiele GmbH in Nieder bardenberg bei Aachen als Solidarschuldner.
B.-
Gegen die Verfügung vom 25. November 1966 führte der Konkursgläubiger Max Kaufmann am 5. Dezember 1966 Beschwerde mit dem Antrag, sie aufzuheben.
Das Kantonsgericht des Kantons Zug, das die Beschwerde als einzige kantonale Instanz im Sinne von Art. 36 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (BankG) zu beurteilen hatte, hat mit Entscheid vom 22. Februar 1967 die angefochtene Verfügung aufgehoben und die Konkursverwaltung angewiesen, "die Restforderung der Konkursmasse gegen Kicker/Urgatz einzuziehen, nötigenfalls auf dem Betreibungswege". Das Kantonsgericht ist der Auffassung, der freihändige Verkauf der in Frage stehenden - unbestrittenen - Forderung verstosse gegen
Art. 243 Abs. 1 SchKG
.
C.-
Die Konkursverwalterin hat den Entscheid des Kantonsgerichtes an das Bundesgericht weitergezogen mit dem Antrag, er sei aufzuheben und ihre Verfügung vom 25. November 1966 sei "als rechtens zu bestätigen".
Erwägungen
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.
Im Konkurs über eine Bank übt nach
Art. 36 Abs. 2
BGE 93 III 23 S. 26
BankG
die Konkursverwaltung "sämtliche Rechte auch der Gläubigerversammlung aus". Sie ist also insbesondere berechtigt, im Sinne von
Art. 253 Abs. 2 SchKG
"alles Weitere für die Durchführung des Konkurses" anzuordnen und im Sinne von
Art. 256 Abs. 1 SchKG
den freihändigen Verkauf von Vermögensgegenständen der Masse zu beschliessen. Im übrigen sind im Konkurs über eine Bank die allgemeinen Regeln des Konkursverfahrens anwendbar. Das gilt auch für die Verwertung der Aktiven, da das Bundesgericht von der ihm durch
Art. 36 Abs. 3 BankG
eingeräumten Befugnis, hierüber (sowie über den Schuldenruf und die Kollokation der Gläubiger) vom SchKG abweichende Vorschriften aufzustellen, bisher nicht Gebrauch gemacht hat. Die Gläubiger können die ihnen nach dem allgemeinen Konkursrecht zustehenden Rechte auch im Bankenkonkurs voll ausüben (
BGE 86 III 119
Erw. 3).
2.
Gemäss
Art. 243 Abs. 1 SchKG
werden unbestrittene fällige Guthaben der Masse von der Konkursverwaltung eingezogen, nötigenfalls auf dem Betreibungswege. Darnach hat die Konkursverwaltung fällige Guthaben, die der Drittschuldner auf eine Zahlungsaufforderung hin weder bezahlt noch ausdrücklich bestreitet, in Betreibung zu setzen und, wenn kein Rechtsvorschlag erfolgt, die Betreibung weiterzuführen (JAEGER N. 1 zu
Art. 243 SchKG
; BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 762; zur Frage, ob der Konkursverwaltung auch die Stellung von Rechtsöffnungsbegehren obliegt, vgl. ausser den eben genannten Autoren
BGE 86 III 128
/129 mit Hinweis auf A. ZIEGLER, BlSchK 4 S. 71, sowie FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung, II S. 136). Solche Guthaben durch Versteigerung oder Freihandverkauf zu verwerten, ist grundsätzlich nicht zulässig (
BGE 50 III 68
Erw. 3). Der Verwertung unterliegt erst ein allfälliger Verlustschein (
BGE 26 II 485
= Sep. ausg. 3 S. 143; vgl.
BGE 50 III 69
Erw. 5).
Diese Regelung beruht auf der Erwägung, dass die Einziehung von Guthaben der Masse durch die Konkursverwaltung, falls ohne grosse Kosten und Umtriebe möglich, den Interessen der Gesamtheit der Konkursgläubiger in der Regel am besten dient und dass das SchKG für die Eintreibung von unbestrittenen fälligen Guthaben ein Verfahren zur Verfügung stellt, das sich normalerweise mit verhältnismässig wenig Kosten und Umtrieben durchführen lässt. Dementsprechend können die erwähnten Grundsätze nicht uneingeschränkt gelten, wenn die Eintreibung,
BGE 93 III 23 S. 27
obwohl das Guthaben unbestritten und fällig ist, ausnahmsweise besondern Schwierigkeiten begegnet, insbesondere wenn sie nicht in der Schweiz nach Massgabe des SchKG erfolgen kann, sondern wenn es dazu eines Zwangsvollstreckungsverfahrens im Ausland bedarf. In solchen Fällen muss es zulässig sein, ein dem Bestand nach anerkanntes und fälliges Guthaben wie ein bestrittenes Guthaben zu behandeln. In
BGE 50 III 68
/69 Erw. 4 werden denn auch die sogenannten dubiosen Forderungen, wozu neben den ihrem Bestande nach zweifelhaften auch die schwierig einzubringenden Forderungen gehören, zu den bestrittenen Forderungen gerechnet. Auf der gleichen Auffassung beruht ferner Art. 37 der bundesgerichtlichen Verordnung vom 11. April 1935 betreffend das Nachlassverfahren von Banken und Sparkassen (VNB), wo die schwer einbringlichen Ansprüche hinsichtlich des Verzichts auf die Geltendmachung für Rechnung der Masse den bestrittenen Ansprüchen gleichgestellt werden.
Im vorliegenden Falle können die Drittschuldner nicht in der Schweiz betrieben werden. Vielmehr müsste ein Zwangsvollstreckungsverfahren in Deutschland nach den dort geltenden Vorschriften durchgeführt werden. Damit wären ohne Zweifel bedeutende Kosten und Umtriebe verbunden, und der Erfolg eines solchen Vorgehens wäre überdies nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz "höchst ungewiss", da die Schuldnerfirmen überschuldet sind. Die Konkursverwaltung hat deshalb
Art. 243 Abs. 1 SchKG
nicht verletzt, indem sie davon absah, die fragliche Forderung auf dem Wege der Zwangsvollstreckung einzuziehen.
3.
Streitige Ansprüche der Masse dürfen nach Art. 79 Abs. 2 KV, der gemäss Art. 96 lit. b KV auch für das summarische Verfahren gilt (vgl. z.B.
BGE 58 III 112
,
BGE 64 III 37
,
BGE 79 III 12
Erw. 3), erst versteigert werden, nachdem die Mehrheit der Gläubiger auf ihre Geltendmachung verzichtet hat und die für die Stellung von Abtretungsbegehren nach
Art. 260 SchKG
angesetzte Frist unbenützt verstrichen ist.
BGE 58 III 112
und,
BGE 78 III 169
stellen in dieser Hinsicht den Freihandverkauf der Versteigerung gleich. Vorkehren, die gegen Art. 79 KV verstossen, sind nichtig (
BGE 58 III 112
,
BGE 79 III 12
Erw. 3).
Die normalerweise der Mehrheit der Gläubiger zustehende Befugnis, auf die Geltendmachung eines Anspruchs für Rechnung der Masse zu verzichten, wird im Konkurs einer Bank
BGE 93 III 23 S. 28
gemäss
Art. 36 Abs. 2 BankG
von der Konkursverwaltung ausgeübt. Im übrigen gelten im Bankenkonkurs für die Behandlung streitiger Ansprüche die allgemeinen Regeln (vgl. Erw. 1 hievor). Darnach hätte die Konkursverwaltung im vorliegenden Falle nach dem Verzicht auf die Geltendmachung des Guthabens für Rechnung der Masse zunächst den Konkursgläubigern durch Ansetzung einer Frist freie Gelegenheit zur Stellung von Abtretungsbegehren im Sinne von
Art. 260 SchKG
bieten sollen und erst nach unbenütztem Ablauf dieser Frist zur Verwertung des Guthabens auf dem Wege der Versteigerung oder des Freihandverkaufes schreiten dürfen.
Zwischen der Versteigerung und dem Freihandverkauf bestehen jedoch Unterschiede, die bei der Anwendung von Art. 79 Abs. 2 KV berücksichtigt zu werden verdienen.
Das Ergebnis einer Versteigerung ist stets ungewiss. Die Versteigerung streitiger Rechtsansprüche zeitigt erfahrungsgemäss in den allermeisten Fällen nur einen geringen Erlös. Sie darf daher in keinem Falle angeordnet werden, ohne dass die Konkursgläubiger vorher Gelegenheit erhalten haben, die Abtretung nach
Art. 260 SchKG
zu verlangen.
Bei Freihandverkäufen können die Verhältnisse ähnlich liegen (vgl. den Fall
BGE 58 III 108
ff., wo nur sehr bescheidene Angebote vorlagen). Es ist aber auch möglich, dass die Konkursverwaltung Kaufsangebote erhält, die anzunehmen sich im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger jedenfalls dann aufdrängt, wenn kein Gläubiger seinerseits ein noch besseres Angebot macht. Gegenüber dem Interesse der Gläubigergesamtheit an der Wahrnehmung einer solchen Verwertungsgelegenheit muss das Interesse der einzelnen Gläubiger an einer Abtretung im Sinne von
Art. 260 SchKG
zurücktreten, m.a.W. den Gläubigern ist in einem solchen Falle nicht oder jedenfalls nicht bedingungslos zu erlauben, Abtretungsbegehren zu stellen.
Durfte die Konkursverwaltung annehmen, die Annahme des ihr zugegangenen Angebotes liege im Interesse der Masse, so war sie folglich nicht gehalten, den Konkursgläubigern freie Gelegenheit zur Stellung von Abtretungsbegehren zu bieten.
4.
Um der Masse das finanzielle Ergebnis, das von der Annahme des eingegangenen Kaufsangebotes zu erwarten war, auf alle Fälle zu sichern, der Vorschrift von Art. 79 Abs. 2 KV aber doch in einem gewissen Masse Rechnung zu tragen, hat die Konkursverwaltung das Angebot unter der Bedingung angenommen,
BGE 93 III 23 S. 29
dass innert einer von ihr angesetzten Frist kein Gläubiger gegen Hinterlegung der ihr angebotenen Kaufpreissumme die Abtretung nach
Art. 260 SchKG
verlangen sollte. Sie lehnte sich dabei an die Rechtsprechung an, wonach die Abtretung eines streitigen Anspruchs von der Einzahlung des Betrages abhängig gemacht werden darf, welcher der Masse nach dem bisherigen Ergebnis eines von ihr geführten Prozesses bzw. auf Grund eines unter Vorbehalt der Abtretung nach
Art. 260 SchKG
geschlossenen Vergleiches zukommen würde (
BGE 52 III 67
/68,
BGE 67 III 102
,
BGE 78 III 138
und 170,
BGE 86 III 129
/130).
Dieses Vorgehen kann nicht gutgeheissen werden. Wenn für den freihändigen Erwerb eines Masserechtsanspruches ein Angebot vorliegt, dessen Ausnützung mit Rücksicht auf die Interessen der Gläubigergesamtheit nicht durch eine unbeschränkte Anwendung von Art. 79 Abs. 2 KV gefährdet werden darf (vgl. Erw. 3 hievor), sind nämlich die Interessen der einzelnen Gläubiger überhaupt nicht nach dieser Bestimmung, sondern auf andere Weise zu wahren.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes darf die Konkursverwaltung im ordentlichen Verfahren den Gläubigern einen Freihandverkauf von Vermögensstücken der Masse nicht zur Genehmigung unterbreiten, ohne ihnen Gelegenheit zu geben, höhere Angebote zu machen (
BGE 82 III 61
ff., bes. 63; vgl. auch
BGE 50 III 67
Erw. 1,
BGE 88 III 39
Erw. 6; im Falle
BGE 86 III 102
ff., wo diese Gelegenheit anscheinend nicht allen Gläubigern ausdrücklich geboten wurde, lagen besondere Verhältnisse vor). Für das summarische Verfahren wurde in
BGE 63 III 87
entschieden, die Konkursverwaltung dürfe einen Freihandverkauf nicht abschliessen, ohne allen Gläubigern Gelegenheit zu geben, Angebote zu stellen. In
BGE 76 III 102
ff. wurde dann aber dem Ermessen der Konkursverwaltung anheimgestellt, ob sie vor dem Abschluss eines Freihandverkaufs sämtlichen Gläubigern diese Gelegenheit einräumen wolle.
b) Im Konkurs einer Bank kann sich die Konkursverwaltung wie im summarischen Konkursverfahren (Art. 231 Abs. 3 Sch KG) unter Vorbehalt des
Art. 256 Abs. 2 SchKG
und der Art. 75-79 KV von sich aus für einen Freihandverkauf entscheiden (
Art. 36 Abs. 2 BankG
in Verbindung mit
Art. 256 Abs. 1 SchKG
). Ob im Bankenkonkurs die Fristansetzung zur Stellung höherer Angebote wie im ordentlichen Konkursverfahren obligatorisch sei oder wie im summarischen Konkursverfahren im
BGE 93 III 23 S. 30
Ermessen der Konkursverwaltung liege, braucht im vorliegenden Fall nicht allgemein entschieden zu werden. Vielmehr genügt die Feststellung, dass den Gläubigern im Bankenkonkurs auf jeden Fall dann eine solche Frist zu setzen ist, wenn wie hier eine schwer einbringliche hohe Forderung der Masse freihändig verkauft werden soll, ohne dass die Gläubiger Gelegenheit erhalten, bedingungslos (ohne Gegenleistung) die Abtretung nach
Art. 260 SchKG
zu verlangen. Die Fristsetzung zur Stellung höherer Angebote dient den Interessen der einzelnen Gläubiger besser als die von der Konkursverwaltung im vorliegenden Fall erlassene Fristsetzung zur Stellung von Abtretungsbegehren im Sinne von
Art. 260 SchKG
gegen Hinterlegung der vom Drittinteressenten als Kaufpreis angebotenen Summe, da der Gläubiger, der das höchste Angebot macht, die Masseforderung ohne die Verpflichtung, einen allfälligen Überschuss des Prozessergebnisses über die Kosten, die eigene Forderung und den hinterlegten Betrag an die Masse abzuliefern (vgl.
Art. 260 Abs. 2 SchKG
), abgetreten erhält. Auf der andern Seite rechtfertigt es sich, dass die Masse auf einen solchen (wenig wahrscheinlichen) Überschuss verzichtet, wenn im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger eine Masseforderung freihändig verkauft wird, ohne dass den einzelnen Gläubigern bedingungslos die Stellung von Abtretungsbegehren nach
Art. 260 SchKG
erlaubt wird.
Die Konkursverwaltung hat daher im vorliegenden Falle ihren Entschluss, die fragliche Forderung zu DM 85 000.-- freihändig zu verkaufen, den Gläubigern unter Angabe des Nennwertes der Forderung durch eine neue Ausschreibung mitzuteilen und den Gläubigern rechtzeitig eine angemessene (mindestens zehn volle Tage umfassende) Frist zur Stellung höherer Angebote und zur Sicherstellung des angebotenen Betrages zu setzen.
5.
Während im ordentlichen Konkursverfahren Entscheide der Gläubigermehrheit über die Art der Verwertung nur wegen Gesetzwidrigkeit angefochten werden können (
BGE 86 III 103
mit Hinweisen,
BGE 87 III 113
) und fraglich ist, wieweit im summarischen Verfahren derartige Entscheide der Konkursverwaltung der Beschwerde unterliegen (
BGE 76 III 106
Erw. 3), sind im Bankenkonkurs die Entscheide der Konkursverwaltung allgemein auch wegen Unangemessenheit weiterziehbar (
Art. 36 Abs. 2 BankG
in Verbindung mit
Art. 17 Abs. 1 SchKG
;
BGE 85 III 156
; REIMANN, Kommentar zum BankG, 3. Aufl. 1963, N. 4 zu
Art. 36 BankG
). Überdies können im Konkurs einer Bank
BGE 93 III 23 S. 31
die Entscheide des Konkursgerichtes als Beschwerdeinstanz in Abweichung von
Art. 19 SchKG
auch wegen Unangemessenheit an das Bundesgericht weitergezogen werden (Art. 53 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung vom 30. August 1961 zum BankG;
BGE 85 III 155
/156). Diese Regelung bedeutet, wie REIMANN (a.a.O. N. 5) ausführt, einen gewissen Ausgleich für die Abschaffung der Gläubigerversammlung.
Ob die Interessen der Gläubigergesamtheit der Konkursverwaltung bei der gegebenen Sachlage geboten, das ihr unterbreitete Kaufsangebot unter Vorbehalt des Rechts der Konkursgläubiger zur Stellung höherer Angebote anzunehmen, ist eine Frage der Angemessenheit (vgl.
BGE 87 III 115
). Das Kantonsgericht hat diese Frage nicht geprüft, weil es die angefochtene Verfügung als gesetzwidrig betrachtete. Seine tatsächlichen Feststellungen erlauben jedoch der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer, die Frage zu beurteilen. Da festgestellt ist, dass die Geltendmachung der gesamten Restforderung aus der Abzahlungsvereinbarung vom Jahre 1960 zum Konkurs der Schuldnerfirmen führen würde und dass "höchst ungewiss ist, welcher Teilbetrag der Forderung wegen der Überschuldung der Schuldnerfirmen überhaupt eingebracht werden kann", lässt sich nicht als unangemessen bezeichnen, dass die Konkursverwaltung das ihr gemachte Angebot nach einer sorgfältigen Prüfung unter Vorbehalt der Rechte der einzelnen Konkursgläubiger annahm.
Dispositiv
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben.
| null |
nan
|
de
| 1,967 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f5030f2e-4d3b-4463-8b9b-3060d0e2ef83
|
Urteilskopf
95 II 547
74. Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. November 1969 i.S. Klara Gurtner gegen Lony und Lisbeth Gurtner.
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Regeste
Kollektiv- bzw. Kommanditgesellschaft.
Kollektivgesellschaftsvertrag, wonach beim Tod eines von zwei Gesellschaftern die Gesellschaft mit dessen Erben als Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft fortgesetzt werden soll.
Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 1).
Umwandlung der Kollektiv- in eine Kommanditgesellschaft, Zulässigkeit, Form (Erw. 2).
Wirksamkeit der Bestimmung betreffend die Fortsetzung der Gesellschaft auch nach dem Tod des zweiten Gründers? (Erw. 3).
Vorliegen eines "übereinstimmenden besonderen Parteiwillens"? (Erw. 4a).
Hinfall des Vertrags wegen Unmöglichkeit? (Erw. 4b).
Verletzung der Beweisvorschriften von
Art. 8 ZGB
? (Erw. 4c).
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Sachverhalt
ab Seite 547
BGE 95 II 547 S. 547
A.-
Die Brüder Fritz Gurtner-Flückiger, Drogist, und Dr. Hans Gurtner-Witschi, Apotheker, schlossen am 20. Oktober 1954 einen Gesellschaftsvertrag, wonach sie gemeinsam als
BGE 95 II 547 S. 548
Kollektivgesellschafter die bis dahin von ihrem Vater geführte Apotheke und Drogerie in Bümpliz auf unbestimmte Zeit weiterzuführen erklärten.
Unter dem Titel "Auflösung, Ausscheiden und Liquidation" wurde in Art. 20 des Vertrages bestimmt:
"Kein Auflösungsgrund ist der Tod eines Gesellschafters. In diesem Falle wird die Gesellschaft mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters als Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft fortgesetzt, wenn sie nicht durch die Erben des verstorbenen Gesellschafters oder den andern Gesellschafter gekündigt wird.
Der überlebende Gesellschafter verzichtet aber ausdrücklich auf sein Kündigungsrecht gegenüber der Ehefrau des verstorbenen Gesellschafters bis zum Zeitpunkt ihrer Wiederverheiratung. Dieser Verzicht gilt im Falle des Ablebens eines Gesellschafters und seiner Ehefrau auch gegenüber deren Kinder bis zu dem Zeitpunkt, wo sie selbsterwerbend sind. Der überlebende Gesellschafter verpflichtet sich ausserdem, das sich für das Geschäft interessierende Kind des verstorbenen Gesellschafters als mitarbeitenden Gesellschafter, sei es als Drogist oder Apotheker, aufzunehmen..."
Am 23. Juni 1956 starb Fritz Gurtner. An seine Stelle trat, wie in Art. 20 des Vertrags von 1954 vorgesehen, seine Witwe Frau Klara Gurtner-Flückiger als unbeschränkt haftende Gesellschafterin; gleichzeitig wurde die Ehefrau des Gesellschafters Dr. Hans Gurtner, Frau Lony Gurtner-Witschi, als Kommanditärin in die Gesellschaft aufgenommen. Ein besonderer Gesellschaftsvertrag wurde nicht abgeschlossen. Dagegen wurde, jedoch erst am 20. März 1958, im Handelsregister eingetragen, Fritz Gurtner-Flückiger sei infolge Todes aus der Gesellschaft ausgeschieden; diese habe sich am 1. Juli 1956 in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt mit Dr. Hans Gurtner-Witschi und Frau Klara Gurtner-Flückiger als unbeschränkt haftenden Gesellschaftern und Frau Lony Gurtner-Witschi als Kommanditärin mit einer Barkommandite von Fr. 15'000.--. Die Firma laute jetzt: "Bümpliz-Apotheke und Drogerie, Dr. H. und K. Gurtner & Co.".
Am 5. April 1963 starb auch Dr. Hans Gurtner-Witschi. Seine Erben sind seine Ehefrau Lony Gurtner-Witschi und deren Tochter Lisbeth, geb. 1949.
Die Frauen Klara und Lony Gurtner verhandelten bis im Herbst 1965 darüber, ob und in welcher Form sie das Unternehmen gemeinsam weiterführen wollten oder wer es übernehmen solle. Sie konnten sich jedoch nicht einigen. Inzwischen
BGE 95 II 547 S. 549
wurde das Geschäft vorläufig auf der bisherigen Grundlage weitergeführt.
B.-
Im November 1965 klagte Frau Klara Gurtner-Flückiger gegen Frau Lony Gurtner-Witschi und deren Tochter Lisbeth. Ihre endgültigen Rechtsbegehren lauteten:
"1. Es sei gerichtlich festzustellen, dass die im Handelsregister von Bern am 20.3.1958 unter der Firma Bümpliz-Apotheke und Drogerie Dr. H. und K. Gurtner & Co. eingetragene Kommanditgesellschaft seit 5. April 1963 aufgelöst ist.
2. Es sei die Liquidation der Gesellschaft gerichtlich anzuordnen."
Die Beklagten beantragten, die Klage abzuweisen.
C.-
Der Appellationshof des Kantons Bern wies die Klage am 10. Dezember 1968 ab.
D.-
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht erklärt, mit der sie an ihren im kantonalen Verfahren gestellten Begehren festhält; eventuell beantragt sie, die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Vorinstanz hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, Art. 20 des Kollektivgesellschaftsvertrages von 1954 habe auch für das nachfolgende Kommanditgesellschaftsverhältnis gegolten; nach der erwähnten Bestimmung sei daher nach dem Tode des Gesellschafters Dr. Hans Gurtner dessen Ehefrau unbeschränkt haftende Gesellschafterin geworden, so dass die Gesellschaft auch heute noch bestehe.
Diese Auffassung beruht, wie auch die Klägerin anerkennt, auf der blossen Auslegung des Vertragswortlautes, d.h. auf der Ermittlung des Sinnes, der den von den Parteien im Vertragstext niedergelegten Willensäusserungen unter den gegebenen Umständen nach der allgemeinen Lebenserfahrung und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben beigelegt werden muss. Eine auf diesem Wege gewonnene Vertragsauslegung kann als Rechtsfrage vom Bundesgericht frei überprüft werden (
BGE 90 II 455
,
BGE 89 II 130
,
BGE 87 II 237
,
BGE 83 II 307
sowie insbesondere
BGE 69 II 322
).
2.
Die Kollektiv- und die Kommanditgesellschaft sind Personengesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit. Sie beruhen
BGE 95 II 547 S. 550
auf einem Vertrag, der nicht der Schriftform bedarf, ja sogar stillschweigend, durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden kann (HARTMANN, OR Art. 552 N. 9, Art. 594 N. 24). Beim Fehlen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages unterstehen die Beziehungen der Gesellschafter zueinander der gesetzlichen Regelung. Dabei gelten für die Kommanditgesellschaft gemäss
Art. 598 Abs. 2 OR
im wesentlichen die Bestimmungen über die Kollektivgesellschaft, für die ihrerseits
Art. 557 Abs. 2 OR
auf die Vorschriften über die einfache Gesellschaft verweist.
Auch die Umwandlung einer Kollektivgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft kann formlos erfolgen, ohne dass die bisherige Gesellschaft in aller Form aufgelöst und eine neue Gesellschaft gegründet werden muss. Tritt in eine Kollektivgesellschaft ein nur beschränkt haftender Gesellschafter ein, so wird sie damit zur Kommanditgesellschaft. Das ist aus
Art. 612 OR
ersichtlich, der die Haftungsverhältnisse beim Beitritt eines Kommanditärs zu einer bestehenden Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft regelt, die Zulässigkeit einer solchen Umwandlung also stillschweigend voraussetzt. Auch der Austritt eines Kollektiv- oder Kommanditgesellschafters ist auf den Bestand der Gesellschaft ohne Einfluss. Tritt ein Kollektivgesellschafter aus, so bleibt die Kollektivgesellschaft bestehen, wenn noch mindestens zwei unbeschränkt haftende Gesellschafter vorhanden sind. Tritt bei einer mindestens aus zwei Komplementären und einem Kommanditär bestehenden Kommanditgesellschaft der Kommanditär aus, so besteht die Gesellschaft als Kollektivgesellschaft weiter. Solche Umwandlungen können schon im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vorgesehen werden, sind aber auch ohne ausdrückliche vertragliche Bestimmung hierüber zulässig (vgl. hiezu HARTMANN,
Art. 594 OR
N. 11; SIEGWART,
Art. 598 OR
N. 7; GUHL, SJK Nr. 761 I).
Im vorliegenden Falle wurde die im Jahre 1954 gegründete Gesellschaft nach dem Tode des Gesellschafters Fritz Gurtner in der Form einer Kommanditgesellschaft weitergeführt, und zwar, wie in der Eintragung vom 20. März 1958 im Handelsregister festgehalten wurde, mit Wirkung ab 1. Juli 1956. An Stelle des verstorbenen Fritz Gurtner trat dessen Ehefrau als unbeschränkt haftende Gesellschafterin ein, und als Kommanditärin wurde die Ehefrau des Gesellschafters Dr. Hans Gurtner aufgenommen. Andere als diese aus dem Handelsregistereintrag
BGE 95 II 547 S. 551
vom 20. März 1958 ersichtlichen Änderungen wurden gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz nicht vereinbart. Es fehlt somit jeder Anhaltspunkt für die Behauptung der Klägerin, der Gesellschaftsvertrag von 1954 sei in wesentlichen Teilen schon mit der Umwandlung der Kollektivgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft ausser Kraft gesetzt worden, so dass auf die Kommanditgesellschaft die subsidiären gesetzlichen Vorschriften anzuwenden seien. Art. 20 Abs. 1 des ursprünglichen Vertrages sah im Gegenteil bereits vor, dass beim Tod eines Gesellschafters die Gesellschaft mit dessen Erben als Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft fortgesetzt werden solle. Es steht somit ausser Zweifel, dass der Gesellschaftsvertrag von 1954 als solcher auch nach der Umwandlung der Kollektivgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft in Kraft blieb.
3.
Als Personengesellschaft wird die Kommanditgesellschaft gleich wie die einfache Gesellschaft und die Kollektivgesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst. Es kann jedoch vereinbart werden, dass sie mit den Erben fortgesetzt werden soll. Zur Fortsetzung können die Erben je nach den Umständen verpflichtet oder bloss berechtigt sein (vgl. hierüber SIEGWART, Art. 545/47 OR N. 5; HARTMANN,
Art. 574 OR
N. 12 ff.).
Von der Möglichkeit, die Erben eines Kollektivgesellschafters in die Gesellschaft eintreten zu lassen, wurde im vorliegenden Fall durch Art. 20 des Gesellschaftsvertrages Gebrauch gemacht.
Die Klägerin macht geltend, diese Bestimmung regle nur die Beziehungen zwischen der Witwe des zuerst gestorbenen und dem überlebenden Gesellschafter. Dieser Fall sei mit dem Tode des Gesellschafters Fritz Gurtner im Jahre 1956 eingetreten und habe zum Eintritt der Klägerin in die Gesellschaft als unbeschränkt haftende Teilhaberin und zur Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft geführt. Damit sei Art. 20 des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages gegenstandlos geworden. Auf das Rechtsverhältnis der beiden Witwen nach dem Tod auch des zweiten Gesellschaftsgründers sei die Bestimmung nicht anwendbar, sondern es greife die gesetzliche Regelung Platz, wonach die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst werde.
Diese Auffassung hält nicht stand.
BGE 95 II 547 S. 552
Art. 20 des Vertrages spricht zwar vom Tod eines Gesellschafters und den daraus sich ergebenden Pflichten des überlebenden Gesellschafters. Dieser Wortlaut schliesst jedoch nicht aus, dass die Bestimmung auch bei einem Wechsel in der Zusammensetzung der Gesellschaft weiter gelten solle. Vor allem aber ist bei der Ermittlung der Tragweite der Bestimmung zu berücksichtigen, dass die Gesellschaft der Brüder Gurtner, wie der Vertrag von 1954 als Ganzes deutlich zeigt, ein Familienunternehmen war, das bei der Übertragung des Geschäftes von Vater Gurtner auf seine Söhne gegründet wurde. Dabei waren die Vertragsparteien in erster Linie darauf bedacht, den Ehefrauen und den Nachkommen beider Gesellschafter durch die Möglichkeit der Beteiligung am Familienunternehmen eine Lebensgrundlage zu sichern. Wäre Art. 20 des Gesellschaftsvertrages in dem Sinne zu verstehen, den ihm die Klägerin beilegen will, so hätte dies zur Folge, dass die angestrebte Existenzsicherung nur der Familie des zuerst versterbenden Teilhabers zuteil würde. Nur dessen Witwe könnte verlangen, dass die Gesellschaft fortgesetzt und sie in irgendeiner Form als Teilhaberin in diese aufgenommen werde, während die Witwe des später verstorbenen zweiten Teilhabers keinen solchen Anspruch mehr geltend machen könnte. Es leuchtet jedoch ein, dass für sie auch in diesem Falle das Bedürfnis nach der angestrebten Existenzsicherung in gleicher Weise besteht, wie wenn ihr Ehemann vor seinem Bruder gestorben wäre.
Dasselbe gilt für die Bestimmung, wonach beim Tod der Witwe des vorverstorbenen Teilhabers ihre Nachkommen Anspruch darauf haben sollten, als Teilhaber in das Geschäft eintreten zu können, wenn sie die erforderlichen persönlichen Voraussetzungen (Ausbildung als Apotheker oder Drogist) erfüllten. Auch diese Sicherung käme nur den Nachkommen des zuerst versterbenden Teilhabers zugute, während diejenigen des später versterbenden Teilhabers dies nach der Auslegung der Klägerin nicht beanspruchen könnten. Die Folge davon wäre im vorliegenden Falle, dass die Tochter des zweitverstorbenen Gesellschafters, die Beklagte Lisbeth Gurtner, die vor dem Abschluss der Ausbildung als Drogistin steht, nicht verlangen könnte, als Gesellschafterin in das Familienunternehmen aufgenommen zu werden, wie ihr dies durch Art. 20 des Vertrages ermöglicht werden sollte.
Da ungewiss war, welcher der beiden Teilhaber zuerst sterben
BGE 95 II 547 S. 553
werde, wäre es dem Zufall überlassen gewesen, welche der beiden Familien in den Genuss der Existenzsicherung gelangen werde, die doch für beide in gleicher Weise gedacht war. Es ist unvorstellbar, dass die ursprünglichen Gesellschafter eine Regelung treffen wollten, die notwendigerweise zu einer derart schwerwiegenden ungleichen Behandlung der beiden Familien führen musste und zur Folge hätte, dass die Ehefrau und die Nachkommen des zweitverstorbenen Gesellschafters alle Sicherungen verlören, die ihnen zugekommen wären, wenn ihr Gatte bzw. Vater vor seinem Bruder gestorben wäre.
Die Unhaltbarkeit der von der Klägerin verfochtenen Auslegung ergibt sich schliesslich auch noch auf Grund folgender Überlegung: Wären beide Gesellschaftsgründer z.B. bei einem Verkehrsunfall gleichzeitig tödlich verunglückt, so hätte dies nach der Vertragsauslegung der Klägerin die Auflösung der Gesellschaft nach sich gezogen, während doch der angestrebte Fürsorgezweck gerade in diesem Falle die Weiterführung des Familienunternehmens durch die Erben erheischen würde.
Es ist daher der Vorinstanz beizupflichten, dass Art. 20 des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages auch für die spätere Kommanditgesellschaft galt und dass daher nach dem Tod des zweiten Gesellschaftsgründers dessen Erben sich in gleicher Weise auf die Bestimmung berufen können wie seinerzeit die Klägerin beim Tod ihres Ehemannes.
4.
Was die Klägerin in der Berufung vorbringt, vermag das dargelegte Ergebnis nicht zu erschüttern.
a) Die Klägerin wirft der Vorinstanz vor, sie habe
Art. 18 OR
dadurch verletzt, dass sie es unterlassen habe, nach dem übereinstimmenden wirklichen Willen der vertragschliessenden Parteien zu forschen.
Ergibt sich auf Grund besonderer Umstände, dass beide Vertragsparteien übereinstimmend dem Wortlaut ihrer Vereinbarung einen Sinn beigelegt haben, der von dem durch die allgemeine Lebenserfahrung eingegebenen abweicht, so kommt allerdings diesem übereinstimmenden wirklichen Willen der Vorrang zu, und die Feststellung des Sachrichters, dass die Parteien tatsächlich einen Willen dieses Inhalts hatten, ist, weil tatsächlicher Natur, für das Bundesgericht verbindlich (
BGE 69 II 322
f.,
BGE 76 II 144
,
BGE 84 II 584
Erw. 3,
BGE 88 II 34
f., 78 f.,
BGE 90 II 498
Erw. 5).
Im vorliegenden Falle liess sich jedoch, da die ursprünglichen
BGE 95 II 547 S. 554
Vertragsparteien und ihr beim Vertragsabschluss mitwirkender Vater inzwischen verstorben sind, nach der eigenen Darstellung der Klägerin der seinerzeitige Parteiwille nur noch auf dem Wege der generellen Vertragsauslegung, d.h. nach der allgemeinen Lebenserfahrung ermitteln. Bei dieser Sachlage kann der Vorinstanz kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie bei der Ermittlung des Sinnes von Art. 20 des Gesellschaftsvertrages auf die in Erw. 2 dargelegten Grundsätze abstellte und damit zum Ausdruck brachte, dass sich eine übereinstimmende Willensmeinung des von der Klägerin behaupteten Inhalts nicht feststellen lasse. Der Versuch der Klägerin, unter Hinweis auf gewisse Umstände (seit jeher bestehende Unverträglichkeit der beiden Schwägerinnen) eine besondere übereinstimmende Willensmeinung der Vertragsparteien zu "rekonstruieren", läuft auf eine unzulässige Ergänzung des von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalts hinaus und ist daher nicht zu hören (
Art. 55 Abs. 1 lit. c OG
).
b) Die Klägerin macht weiter geltend, der Gesellschaftsvertrag sei spätestens mit dem Tod des Dr. Hans Gurtner infolge Unmöglichkeit seiner Anwendung gemäss
Art. 20 OR
nichtig geworden.
Dieser Einwand scheitert jedoch schon daran, dass die Unmöglichkeit im Sinne von
Art. 20 OR
von Anfang an bestanden haben muss; die versprochene Leistung muss aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen überhaupt nicht erbringbar sein (OSER/SCHÖNENBERGER,
Art. 20 OR
N. 3; VON TUHR/SIEGWART, OR I S. 244 f.). Davon kann hier nicht die Rede sein. Die in Art. 20 des Vertrages vorgesehene Pflicht zur Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben eines verstorbenen Gesellschafters hatte einen möglichen Inhalt, und zwar sowohl beim Tod des ersten wie des zweiten Gründers. Dass die Bestimmung das unentziehbare Recht der Gesellschafter auf Kündigung des Verhältnisses in übermässiger Weise beschränke, wie die Vorinstanz beiläufig bemerkt hat, macht die Klägerin nicht geltend. Ob die von der Vorinstanz hierüber geäusserte Meinung zutreffe und daher der Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit gemäss
Art. 20 Abs. 2 OR
auf das zulässige Mass beschränkt werden müsste, kann offen gelassen werden. Denn dieser Punkt ist ohne Bedeutung für die heute allein zu entscheidende Frage, ob Art. 20 des Gesellschaftsvertrages auch beim Tod des zweiten Gesellschaftsgründers anwendbar sei.
BGE 95 II 547 S. 555
c) Unbegründet ist endlich auch die Rüge der Klägerin, die Vorinstanz habe
Art. 8 ZGB
verletzt, weil sie den Beklagten nicht den Beweis für die von ihnen behauptete Tragweite der streitigen Vertragsbestimmung auferlegt habe.
Art. 8 ZGB
verpflichtet jede Partei, die Tatsachen zu beweisen, aus denen sie Rechte ableitet. Behauptete Tatsache ist im vorliegenden Fall der Wortlaut des Gesellschaftsvertrages, der übrigens unbestritten ist. Wie die streitige Vertragsbestimmung auszulegen sei, ist dagegen Rechtsfrage, die des Beweises nicht bedarf, sondern vom Richter von Amtes wegen zu entscheiden ist.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationshofes des Kantons Bern, II. Zivilkammer, vom 10. Dezember 1968 bestätigt.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,969 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f51963cc-851d-48d1-81a6-8a478a4b42bb
|
Urteilskopf
102 IV 40
11. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Februar 1976 i.S. X gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
|
Regeste
Vereitelung der Blutprobe (
Art. 91 Abs. 3 SVG
).
1. Wer nach einem Selbstunfall sein schwer beschädigtes Fahrzeug stehen lässt, muss mit einer polizeilichen Untersuchung rechnen, bei der auch eine Blutprobe durchgeführt wird. (Erw. 2a).
2. Abs. 1 und 3 von
Art. 91 SVG
können realiter konkurrieren (Erw. 2b).
|
Sachverhalt
ab Seite 40
BGE 102 IV 40 S. 40
A.-
Am 23. Oktober 1974 ging X. dem Viehhandel in Allenwil nach. Um 12.30 Uhr nahm er die letzte Mahlzeit zu sich und trank dazu ein Glas sauren Most. Am Abend hielt er sich zwischen 20 und 21 Uhr geschäftlich im Restaurant Bären Schüpberg auf, wo er zwei Kaffee mit Schnaps konsumierte.
Auf dem Heimweg gelangte X. mit seinem Personenwagen um ca. 21.10 Uhr beim Kreuzen einer stehenden Militärkolonne in der letzten Linkskurve vor dem Ende des Schüpbergerwaldes zu weit nach rechts und über den rechten Fahrbahnrand hinaus, worauf das Auto kippte und gegen zwei Tannen prallte. Die anwesenden Soldaten bargen den Verunfallten. Dieser entfernte sich nach Angabe von Name und Adresse
BGE 102 IV 40 S. 41
und trank zu Hause ein Glas Cognac. Als der herbeigerufene Motorfahrer-Offizier an der Unfallstelle eintraf, befand sich X. nicht mehr dort.
B.-
Der Gerichtspräsident von Aarberg sprach X. mit Urteil vom 25. Juni 1975 u.a. der Vereitelung der Blutprobe schuldig und verurteilte ihn zu fünf Tagen Gefängnis.
Auf Appellation beider Parteien hin sprach am 12. Dezember 1975 das Obergericht des Kantons Bern X. des Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand, der Vereitelung einer Blutprobe sowie der Verletzung von Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 20 Tagen.
C.-
X. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, ihn freizusprechen hinsichtlich Führens eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand und der Vereitelung einer Blutprobe; das Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
2.
Gemäss ständiger Rechtsprechung des Kassationshofes bezieht sich
Art. 91 Abs. 3 SVG
auf alle Fälle, in denen eine Blutprobe vereitelt wird, selbst wenn eine amtliche Anordnung derselben nicht erfolgt ist. Es genügt, dass der Täter nach den Umständen des Falles mit einer Blutprobe rechnete oder rechnen musste (
BGE 100 IV 262
mit Hinweisen).
a) Es trifft zwar zu, dass der Beschwerdeführer keine Drittperson geschädigt hat und es sich um einen Selbstunfall handelte. Trotzdem musste X. die Möglichkeit einer Blutprobe voraussehen. Denn wer nach einem Unfall sein Fahrzeug, das Totalschaden erlitten hat, stehen lässt, muss damit rechnen, dass von der Polizei Untersuchungen über die Unfallursachen und die Fahrfähigkeit des Fahrzeugführers vorgenommen werden. Da nun der Beschwerdeführer sich vom Unfallort entfernt und zu Hause Alkohol konsumiert hatte, bevor die Polizei eintraf, ist der Tatbestand von
Art. 91 Abs. 3 SVG
erfüllt.
b) Der Beschwerdeführer kritisiert ferner, dass er sowohl wegen Führens eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand als auch wegen Vereitelung der Blutprobe verurteilt worden sei. Könne nämlich die Blutalkoholkonzentration zur
BGE 102 IV 40 S. 42
Zeit des Unfalles beweiskräftig ermittelt werden, so habe der Täter die Blutprobe im Sinne des Gesetzes nicht vereitelt. Diese Argumentation ist jedoch verfehlt. Da Abs. 1 und 3 des
Art. 91 SVG
unterschiedliche Rechtsgüter schützen, nämlich die Sicherheit des Verkehrs einerseits und den geordneten Gang der Rechtspflege andererseits, können die beiden Bestimmungen miteinander realiter konkurrieren (H. SCHULTZ, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über den Strassenverkehr vom 19. Dezember 1958, Bern 1964, S. 207; SJZ 61/1975, S. 43). Die Verurteilung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustande aufgrund der Durchführung einer Blutprobe schliesst somit eine Bestrafung wegen (vollendeter) Vereitelung der Blutprobe nicht aus.
| null |
nan
|
de
| 1,976 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f51b4670-d942-4706-8a96-d6bfb0d334bc
|
Urteilskopf
111 Ib 6
2. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. März 1985 i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen Gemeinde Schwerzenbach (verwaltungsrechtliche Klage)
|
Regeste
Steuerbefreiung des Bundes nach der Revision von
Art. 10 Abs. 1 GarG
.
Wie schon unter dem alten Recht ist der Bund von der Grundstückgewinnsteuer befreit. Neu ist die Befreiung von der Handänderungssteuer..
|
Sachverhalt
ab Seite 6
BGE 111 Ib 6 S. 6
Im Jahre 1968 kaufte die schweizerische Eidgenossenschaft in der Gemeinde Schwerzenbach zwecks Erstellung eines neuen Postgebäudes die Liegenschaft Kat. Nr. 933, überbaute diese jedoch in der Folge nicht. Mit Tauschvertrag vom 10. November 1983 trat die Eidgenossenschaft das Grundstück an den Kanton Zürich ab; gegen eine "Tauschaufzahlung" erhielt sie dafür 279/1000 Mieteigentum an der Liegenschaft Kat. Nr. 1444 in Schwerzenbach mit Sonderrecht an den auf der Liegenschaft befindlichen Postlokalitäten.
Mit Verfügungen vom 26. März 1984 erhob der Gemeinderat Schwerzenbach von der Schweizerischen Eidgenossenschaft für die von ihr veräusserte Liegenschaft Kat. Nr. 933 Grundstückgewinn- und Handänderungssteuern.
Mit Eingabe vom 4. April 1984 hat die Schweizerische Eidgenossenschaft gegen die Gemeinde Schwerzenbach verwaltungsrechtliche Klage beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragt, es sei
BGE 111 Ib 6 S. 7
festzustellen, dass sie für die Veräusserung der Liegenschaft Kat. Nr. 993 in Schwerzenbach weder Grundstückgewinn- noch Handänderungssteuern zu entrichten habe. Zur Begründung beruft sie sich auf den Steuerbefreiungstatbestand gemäss
Art. 10 GarG
(SR 170.21).
Das Bundesgericht heisst die Klage gut, aus folgenden
Erwägungen
Erwägungen:
1.
Art. 10 GarG
hat folgenden Wortlaut:
"Die Eidgenossenschaft sowie ihre Anstalten, Betriebe und
unselbständigen Stiftungen sind von jeder Besteuerung durch die
Kantone und Gemeinden befreit; ausgenommen sind Liegenschaften,
die nicht unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen."
Diese Fassung geht auf eine Revision aus dem Jahre 1977 zurück (Bundesgesetz vom 5. Mai 1977 über Massnahmen zum Ausgleich des Bundeshaushaltes). Zuvor lautete die Bestimmung wie folgt:
"Die Bundeskasse und alle unter der Verwaltung des Bundes stehenden
Fonds sowie diejenigen Liegenschaften, Anstalten und Materialien, die
unmittelbar für Bundeszwecke bestimmt sind, dürfen von den Kantonen nicht
mit einer direkten Steuer belegt werden."
2.
Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Streitigkeiten über Steuerbefreiungen nach
Art. 10 GarG
im direkten verwaltungsrechtlichen Prozess nach
Art. 116 ff. OG
auszutragen (
Art. 116 lit. f OG
, 15 Abs. 1 GarG;
BGE 103 Ib 258
). Hieran hat sich durch die Revision des
Art. 10 GarG
vom 5. Mai 1977 nichts geändert.
3.
Die Klägerin macht geltend, die Besteuerung entfalle schon deshalb, weil die in Frage stehende Liegenschaft öffentlichen Zwecken gedient habe. Die Beklagte bestreitet dies. Sie hält fest, das Grundstück sei einem Landwirt verpachtet gewesen, es habe der Klägerin lediglich als Zahlungsmittel und mithin nicht unmittelbar zu öffentlichen Zwecken gedient.
Über die Zweckbestimmung der von der Klägerin abgetauschten Liegenschaft braucht nicht entschieden zu werden, falls sich ergibt, dass die Steuerbefreiung auch für den Fall zu bejahen ist, dass die Liegenschaft nie unmittelbar öffentlichen Zwecken gedient hat.
4.
a) Nach der alten Fassung von
Art. 10 Abs. 1 GarG
waren indirekte Steuern unbeschränkt zulässig, direkte Steuern hingegen nur auf Liegenschaften, Anstalten und Materialien, die nicht unmittelbar für
BGE 111 Ib 6 S. 8
Bundeszwecke bestimmt waren. Und auch bei Vorliegen dieser Voraussetzung waren nach der Praxis nicht beliebige direkte Steuern zulässig, sondern nur besondere Objektsteuern, insbesondere sogenannte Liegenschafts- oder Grundsteuern, mit denen ein Grundstück als solches oder ein Recht daran besteuert wird (
BGE 103 Ib 260
E. 3).
Die Erhebung von Handänderungssteuern, die zu den indirekten Steuern zählen (so schon die Botschaft des Bundesrates zum ursprünglichen Garantiegesetz, BBl 1851 III, S. 252), war demnach erlaubt. Unzulässige direkte Steuern waren demgegenüber die Einkommens- und Ertragssteuern sowie die Vermögens- und Eigenkapitalsteuern auf Grundeigentum, die unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuersubjektes erhoben werden (
BGE 103 Ib 259
/60), ferner die Grundstückgewinnsteuern, mit denen der durch die Veräusserung des Grundstücks erzielte Gewinn besteuert wird (
BGE 100 Ib 235
).
b) Der revidierte Gesetzeswortlaut könnte den Eindruck erwecken, auf Liegenschaften des Bundes, die nicht unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen, dürften jedwelche Steuern erhoben werden, also auch die von der Praxis bisher ausgenommenen Einkommens- und Vermögenssteuern sowie insbesondere die Grundstückgewinnsteuern. Diese von der Beklagten vertretene Auffassung trifft indes den Gesetzessinn nicht.
Den Materialien lässt sich nicht entnehmen, dass durch die Revision von
Art. 10 Abs. 1 GarG
die Besteuerung des Bundes ausgedehnt werden sollte. Hingegen sollte nach dem sowohl in der Botschaft des Bundesrats als auch in den Räten ausgedrückten Willen die unklare Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Steuern fallengelassen werden. Dies im Interesse einer Vereinfachung der Rechtslage (vgl. Botschaft, BBl 1977 I, S. 803; Amtl.Bulletin des Ständerats 1977, S. 168), dann aber auch zwecks finanzieller Entlastung des Bundes (die Revision von
Art. 10 Abs. 1 GarG
war eine der 1977 beschlossenen Massnahmen zum Ausgleich des Bundeshaushalts, vgl. das diesbezügliche Gesetz vom 5. Mai 1977, SR 611.04). Die bisherige Praxis, wonach die Steuerbefreitung bei allen - direkten - Steuern eintritt, die nicht streng auf das Objekt (die Liegenschaft) bezogen sind, hat daher auch unter der neuen Rechtslage Geltung - nun aber sowohl für die direkten wie die indirekten Steuern. Diese restriktive Interpretation von Art. 10 (in der alten und neuen Fassung) rechtfertigt sich umso mehr, als die gegenseitige Besteuerung der verschiedenen
BGE 111 Ib 6 S. 9
Hoheitsträger ein wenig taugliches Mittel zur Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs ist (vgl. BBl 1977 I, S. 803). Auch staatsrechtliche Gründe sprechen grundsätzlich für die Steuerbefreiung des Bundes, weshalb im Zweifel die Vermutung für die Steuerfreiheit besteht. Eine ausnahmsweise Besteuerung lässt sich immerhin aus der Überlegung rechtfertigen, dass Liegenschaften des Bundes, die nicht unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen, wie alle andern Liegenschaften zur Deckung der darauf bezüglichen öffentlichen Lasten beitragen sollen; gerade diesen Zweck aber verfolgen die von der bisherigen Praxis als Objektsteuern bezeichneten Liegenschafts- und Grundsteuern.
c) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Bund wie nach der Praxis zum alten Recht auch unter neuem Recht von der Grundstückgewinnsteuer befreit ist, da diese nicht die Liegenschaft als solche, sondern den durch den Bund erzielten Gewinn erfasst. Dasselbe gilt für die Handänderungssteuer, nachdem die Steuerbefreiung nun grundsätzlich auch auf die indirekten Steuern ausgedehnt wurde. Sie ist eine Rechtsverkehrssteuer, mit der nicht ein Recht an der Liegenschaft oder diese selbst besteuert wird, sondern ein Verkehrsvorgang. Die Handänderungssteuer dient - im Unterschied zu den periodisch fliessenden Liegenschafts- und Grundsteuern - auch nicht zur Abgeltung der unmittelbar durch die Liegenschaft verursachten öffentlichen Lasten; sie ist vielmehr eine allgemeine Einnahmequelle des kantonalen oder kommunalen Haushalts, die der Bund nicht zu speisen hat.
Der Bund ist mithin generell sowohl von der Grundstückgewinn- wie auch von der Handänderungssteuer befreit.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,985 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
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Federation
|
f51d2e95-eb33-433b-9c13-982c8242517f
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Urteilskopf
87 I 87
13. Extrait de l'arrêt du 26 avril 1961 dans la cause Gross contre Commission fédérale d'estimation du Ier arrondissement.
|
Regeste
Enteignung.
1)
Art. 19 lit. a EntG
, 684 ZGB. Enteignungsentschädigung für den Eigentümer eines Herrschaftshauses, in dessen Nähe ein Schiessstand angelegt worden ist. Übermässige Einwirkungen durch Schiesslärm. Ist das öffentliche Interesse am Schiessstand zu berücksichtigen bei der Bemessung der für die übermässigen Einwirkungen. geschuldeten Entschädigung? (Erw. 2).
2)
Art. 82 Abs. 1 EntG
. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts inbezug auf das Gutachten der Sachverständigen (Erw. 3).
3) Art. 76 Abs. 2, 88 Abs. 1 EntG. Begriff des "üblichen Zinsfusses"; Beginn des Zinsenlaufes (Erw. 5).
|
Sachverhalt
ab Seite 87
BGE 87 I 87 S. 87
A.-
Le 19 décembre 1955, le Département militaire fédéral autorisa la commune de Lausanne à exproprier, en vertu de la loi fédérale du 20 juin 1930, les immeubles nécessaires à l'installation d'un stand de tir à VernandDessus. La procédure s'ouvrit le 20 mars 1956 et la commune de Lausanne prit possession des fonds expropriés
BGE 87 I 87 S. 88
le 20 février 1957. Le stand, qui compte 70 cibles à 300 mètres et 14 cibles à 50 mètres, fut mis en service en avril 1959. Du 1er juillet 1959 au 30 juin 1960, il fut occupé pendant 90 jours entiers et 115 demi-journées. Les cibles ne furent toutefois que partiellement utilisées.
B.-
Louis Gross est proprietaire du Château de Vernand. Ce bâtiment, éloigné du stand de quelques centaines de mètres seulement, est une maison de maître ancienne, entourée d'un jardin et de terrains d'une superficie de 6000 m2 environ. Il est situé en pleine campagne, à proximité immédiate de deux exploitations agricoles. Du jardin, la vue s'étend sur le Plateau jusqu'au pied du Jura. Le château, qui abrita une pension, est actuellement loué 5400 fr. par an. Quoique habitable, il aurait besoin d'être remis en état.
Allégant que sa propriété valait 240 000 fr. et qu'elle était dépréciée de moitié en raison de l'aménagement du stand, Gross réclama une indemnité de 120 000 fr. dans la procédure d'expropriation. Le 30 novembre 1959, la Commission d'estimation du Ier arrondissement lui alloua 15 000 fr., avec intérêt à 5% dès la prise de possession. Elle fonda ses calculs sur une perte de loyer de 50 fr. par mois.
C.-
Gross a recouru au Tribunal fédéral contre cette décision. En cours d'instance, il a réduit sa prétention à 104 000 fr.
La commune de Lausanne s'est jointe au recours, en contestant devoir quelque indemnité à Gross. Subsidiairement, elle a demandé que l'intérêt soit fixé à 4% dès l'ouverture du stand.
Les experts commis par la délégation du Tribunal fédéral ont arrêté la dévaluation de la propriété du recourant principal à 30 000 fr., tout en estimant à 200 000 fr. la valeur du château.
Erwägungen
Considérant en droit:
2.
L'art. 684 CC protège les voisins d'un immeuble contre les excès de son propriétaire. La commune de
BGE 87 I 87 S. 89
Lausanne soutient qu'en l'espèce, la notion d'excès au sens de cette disposition doit être interprétée en fonction du caractère d'intérêt public que revêt le stand de Vernand. La Commission d'estimation semble s'être placée au même point de vue, en relevant que l'intérêt privé cède le pas à l'intérêt public. Cependant, ce n'est pas de cette conception que s'est inspiré le législateur. L'art. 19 litt. a LEx. attribue à tous les expropriés, y compris donc les titulaires de droits de voisinage, une indemnité égale à la pleine valeur vénale des droits expropriés. Or cette valeur est indépendante de la nature de l'entreprise de l'expropriante. Autrement dit, pour déterminer si la commune de Lausanne a excédé ses droits, il n'y a pas lieu de tenir compte du but qu'elle a visé en installant un stand, ni de la rentabilité des dépenses qu'elle a engagées à cette fin (OFTINGER, Lärmbekämpfung als Aufgabe des Rechts, 1956, p. 61 et 66).
La manière d'interpréter l'art. 684 CC étant ainsi précisée, il n'est pas douteux que l'atteinte portée aux droits de Gross est excessive dans l'acception légale. Le stand de Vernand n'est pas ouvert quelques dimanches par année comme celui d'un village, mais il sert de place d'exercices aux tireurs d'une ville importante et à la troupe qui y est cantonnée. Le bruit qui s'en dégage persiste une grande partie de la journée, durant plusieurs mois par an. Particulièrement violent, même si le stand n'est qu'à demi occupé, il met à l'épreuve les nerfs des habitants d'alentour. Il est en effet plus difficile de s'habituer au crépitement saccadé des balles qu'à un bruit continu, par exemple au grondement d'un torrent. Or, sise à quelques centaines de mètres du stand, la propriété du recourant principal est directement exposée au bruit des tirs. Ainsi que le constate justement la Commission d'estimation, dès qu'il atteint un certain degré, l'emploi du stand empêche les habitants du Château de Vernand de séjourner dans leur jardin et les oblige à fermer les fenêtres de la maison s'ils entendent y rester. C'est dire que le recourant principal est bien victime d'un excès.
BGE 87 I 87 S. 90
3.
Il s'agit dès lors de déterminer les conséquences de cet excès, c'est-à-dire la dépréciation que subit la propriété du recourant principal par suite de l'installation du stand. Les experts ont fixé cette dévaluation à 30 000 fr. Selon une jurisprudence constante, le Tribunal fédéral ne s'écarte pas de leur appréciation, à moins qu'elle ne repose sur une erreur de droit ou ne soit viciée par une contradiction, une lacune ou une erreur de fait manifestes (arrêts non publiés du 19 mai 1949 dans la cause Hefefabriken AG, consid. 1, du 3 juin 1953 dans la cause Hasliberg, consid. 5 a et du 9 juillet 1958 dans la cause Wettstein, consid. 4). Il y a lieu de s'en tenir à cette jurisprudence qui, si elle n'est fondée sur aucune disposition légale, est dictée cependant par des nécessités pratiques. En effet, conformément aux art. 80 al. 1 et 82 al. 2 LEx., les experts, que le Tribunal fédéral est tenu de s'adjoindre dans les affaires d'expropriation, sont appelés à se prononcer sur des questions exigeant des connaissances particulières. Ainsi, en l'espèce, ils devaient avoir une vaste expérience du marché immobilier et de la valeur des propriétés de plaisance sises à proximité d'un centre urbain déterminé. Comme les membres du Tribunal fédéral ne possèdent pas eux-mêmes ces connaissances techniques - raison pour laquelle la loi les oblige à s'adjoindre des experts -, force leur est de s'en remettre en principe à l'avis de ces derniers sur les problèmes qui nécessitent ces connaissances spéciales. Cette règle doit toutefois subir des exceptions dans les cas précités. Il pourrait en aller de même dans d'autres hypothèses, par exemple si les experts émettaient une opinion manifestement insoutenable, ou s'il s'avérait après leur désignation qu'ils ne possédaient pas les connaissances spéciales nécessaires.
4.
(Dans ce considérant, le Tribunal fédéral expose les raisons pour lesquelles il estime ne pas devoir s'écarter in casu de l'avis des experts.)
5.
Il reste à se prononcer sur le taux et le point de départ de l'intérêt afférent à l'indemnité accordée. Alors que la Commission d'estimation a fixé un taux de
BGE 87 I 87 S. 91
5% dès la prise de possession, la commune de Lausanne n'entend payer que 4% à compter de la mise en activité du stand.
L'art. 76 al. 2 LEx. par le de taux usuel, sans autre précision. Jadis, le Tribunal fédéral a admis celui de 5%, en invoquant l'art. 83 CO ancien, auquel correspond l'art. 73 al. 1 actuel (RO 20 p. 367; HESS, note 14 ad art. 76 LEx.). Toutefois, la jurisprudence se fonde régulièrement aujourd'hui sur 4% (arrêt Hefefabriken AG du 19 mai 1949 consid. 9 et nombre de projets d'arrêts). C'est à juste titre. Le litige en cause ne relevant pas du droit privé, il ne s'impose nullement d'appliquer les règles du code des obligations. Mieux vaut adopter, conformément à la tendance récente, un taux qui soit véritablement usuel (cf. RO 78 I 90
;
85 I 185
). Or 4% paraît plus proche de la réalité que 5%, surtout si l'on tient compte qu'il ne s'agit pas d'un intérêt moratoire. Il convient donc de s'en tenir au chiffre proposé par la commune de Lausanne, son recours joint étant bien fondé sur ce point. La question de savoir ce qu'il faut entendre par "taux usuel" au sens de l'art. 88 al. 1 LEx. demeure réservée.
En revanche, il ne se justifie pas de déroger à l'art. 76 al. 2 LEx., qui fait courir l'intérêt depuis la prise de possession. Avant cette époque déjà, les acheteurs éventuels du Château de Vernand se seraient sans doute prévalus de l'installation future du stand pour tenter d'obtenir une réduction de prix. Autrement dit, c'est au plus tard à la prise de possession, soit le 20 février 1957, que la propriété du recourant principal a été dévaluée.
|
public_law
|
nan
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fr
| 1,961 |
CH_BGE
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CH_BGE_001
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CH
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Federation
|
f51dc48f-5b3b-4c79-ae2c-10ca6c51654c
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Urteilskopf
104 IV 28
9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. Januar 1978 i.S. Jungo gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Freiburg
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Regeste
Art. 26 SVG
.
Geltungsbereich des Vertrauensprinzips, speziell gegenüber Kindern.
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Sachverhalt
ab Seite 28
BGE 104 IV 28 S. 28
A.-
Am 24. Mai 1977, um ca. 16.10 Uhr fuhr Alfons Jungo mit seinem Personenwagen von Gurmels nach Liebisdorf/FR. Mit einem Tempo von etwa 60 km/h passierte er die Geschwindigkeitsbeschränkungstafel eingangs Liebisdorf und bremste dann auf ungefähr 40 bis 50 km/h ab, als er am rechten Strassenrand vor der Einfahrt zum Schulhausplatz etwa zwanzig Schulkinder sah. Er wich diesen Kindern ein wenig nach links aus, gegen den dort wartenden Schulbus zu, der nachher auf den Schulhausplatz einschwenkte.
Während oder unmittelbar nach dem Kreuzen mit dem Schulbus erblickte Jungo ungefähr 20 m vor sich am linken Strassenrand drei Kinder, die korrekt in seiner Fahrrichtung marschierten. Nach seinen Aussagen lief dann plötzlich der Knabe Anton Spicher gegen die Strassenmitte, machte drei bis vier Sprünge und wurde dann von der linken vorderen Ecke des Personenwagens erfasst und weggeschleudert. Der Knabe blieb schwer verletzt liegen und starb später während des Transportes in das Spital.
B.-
Das Zuchtgericht des Seebezirks sprach mit Urteil vom 16. September 1977 Alfons Jungo der fahrlässigen Tötung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 10 Tagen sowie zu einer Busse von Fr. 800.-.
BGE 104 IV 28 S. 29
Auf Strafkassationsbeschwerde des Verurteilten hin bestätigte das Kantonsgericht des Staates Freiburg (Strafkassationshof) am 28. November 1977 das erstinstanzliche Urteil.
C.-
Jungo führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag das angefochtene Urteil aufzuheben und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die Vorinstanz wirft Jungo fahrlässige Tötung, begangen durch Verletzung von Verkehrsregeln, vor. Zur Begründung wird vor allem ausgeführt, der Beschwerdeführer hätte in der Nähe der Kindergruppe seine Geschwindigkeit stark herabsetzen und ein Hupsignal geben müssen. Nach dem Kreuzen des Schulbusses hätte er, als er der drei dorfwärts gehenden Kinder ansichtig geworden sei, ebenfalls hupen und wesentlich langsamer fahren müssen. Sein Fehler sei die adäquate Ursache für den Tod des Knaben Spicher gewesen.
Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, es habe für ihn kein Anlass bestanden, langsamer zu fahren und zu hupen. Nach dem Vertrauensprinzip habe er davon ausgehen dürfen, die verkehrserzogenen Kinder würden sich korrekt verhalten. Es habe kein Anzeichen für die verkehrswidrigen Sprünge des Knaben gegen die Strassenmitte vorgelegen. Die Ansicht der Vorinstanz bedeute eine Überforderung des Automobilisten. Schliesslich rügt er eventualiter einen Verstoss gegen
Art. 63 StGB
.
2.
Mit dem Hinweis auf eine angebliche Überforderung des Fahrzeugführers nimmt die Beschwerde offenbar Bezug auf Entscheide des Kassationshofes, in denen ein strafrechtliches Verschulden verneint wurde, weil ein korrektes Verhalten unter den gegebenen Verhältnissen vom Fahrzeugführer nicht verlangt werden konnte. Es handelte sich hierbei um aussergewöhnliche Situationen, wo die Anforderungen an die menschliche Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit überspannt worden wäre (vgl. etwa
BGE 103 IV 103
ff.,
BGE 89 IV 105
f. und
BGE 83 IV 84
f.). Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht um die Frage einer Überforderung der menschlichen Fähigkeiten, sondern allgemein um die Verhaltenspflichten eines Verkehrsteilnehmers im normalen Verkehrsablauf.
BGE 104 IV 28 S. 30
3.
Nach dem in
Art. 26 SVG
niedergelegten Vertrauensprinzip darf ein Verkehrsteilnehmer, der sich verkehrsgemäss verhält, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen, damit rechnen, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer den Verkehr nicht durch pflichtwidriges Verhalten gefährdet (
BGE 99 IV 175
mit Verweisungen; ferner
BGE 101 IV 241
f.). Der Beschwerdeführer bestreitet solche besonderen Umstände. Er habe sich nämlich darauf verlassen dürfen, dass sich die Kinder richtig verhalten würden, da heute Kinder schon im vorschulpflichtigen Alter Verkehrsunterricht genössen.
a) In tatbeständlicher Hinsicht ist zunächst festzustellen, dass die Strasse im Bereich des Unfallorts 6,1 m breit ist und keine Trottoirs aufweist. Als sich der Beschwerdeführer der Stelle näherte, kamen rechts aus einer Wegeinmündung etwa zwanzig Kinder, welche teils auf der Böschung Platz nahmen, teils als Gruppe auf der rechten Strassenseite stehen blieben und teils in die Strasse hinaustraten. Gleichzeitig nahte aus der Gegenrichtung der VW-Bus, der dann den linken Blinker betätigte und bei der Einmündung anhielt.
Nach den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz achteten die Kinder nicht auf den Wagen des Beschwerdeführers; die gegenteilige Behauptung in der Nichtigkeitsbeschwerde ist unzulässig (
Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP
). Falsch ist ferner das Argument, die Kinder hätten den Beschwerdeführer gesehen, weil sie dem Schulbus entgegenblickten. Der Bus kam nämlich aus der Gegenrichtung, und gerade wenn die Kinder seine Fahrt bis zum Anhalten beobachteten, konnten sie den von links herannahenden Jungo nicht sehen. Auf dessen Personenwagen wurden die Kinder erst aufmerksam, als er bereits auf ihrer Höhe war.
b) Selbst wenn es sich nicht um Kinder, sondern um erwachsene Personen gehandelt hätte, könnte sich der Beschwerdeführer nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen. Denn die Fussgänger kamen völlig ungeordnet aus dem Weg auf die Strasse. Sie waren miteinander im Gespräch und bewegten sich in verschiedene Richtungen, teils die Strasse überquerend, ohne dem herannahenden Personenwagen des Beschwerdeführers Beachtung zu schenken. Zudem war ein Ausweichen nur sehr beschränkt möglich, wurde doch die freie Fahrbahn durch den wartenden Bus auf 4 bis 4 1/2 m eingeengt. Jungo musste demnach jederzeit damit rechnen,
BGE 104 IV 28 S. 31
dass einer der Fussgänger direkt vor sein Auto gelangen könnte.
c) Im übrigen schreibt
Art. 26 Abs. 2 SVG
vor, dass gegenüber Kindern besondere Vorsicht geboten ist. Dies hat zur Folge, dass hier eine Berufung auf das Vertrauensprinzip grundsätzlich selbst dann versagt, wenn keine konkreten Anzeichen vorliegen, dass sich die Kinder unkorrekt verhalten würden (R. VON WERRA, Du principe de la confiance dans le droit de la circulation routière..., ZWR 4/1970, S. 200).
Nun ist allerdings richtig, dass heute der Verkehrserziehung der Kinder in den Schulen grösseres Gewicht beigelegt wird als früher. Man kann sich deshalb fragen, ob bei Schülern, die mehr als 12 Jahre alt sind, das Vertrauensprinzip in einem gewissen Umfange zur Anwendung gelangen darf (Vgl. VON WERRA, a.a.O., S. 202 f.). Diese Frage braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden; denn an der Unfallstelle waren zum Teil wesentlich jüngere Kinder anwesend. So erwähnte etwa die Polizei zwei Knaben im Alter von 8 und 9 Jahren; das Unfallopfer war 8jährig. Kinder im Alter von weniger als 9 Jahren folgen oft momentanen Regungen und neigen zu spontanen, unüberlegten Handlungen. Demzufolge muss ein Fahrzeugführer bei Kindern dieses Alters stets auf Verkehrswidrigkeiten gefasst sein und seine Fahrweise darauf einrichten.
d) Berücksichtigt man die in lit. b und c dargelegten Erwägungen, so erscheint die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Verstössen gegen das SVG für die erste Phase des Geschehens - nämlich für die Fahrt bis zum Kreuzen mit dem VW-Bus - als voll gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer hätte unter den gegebenen Umständen seine Geschwindigkeit auf unter 45 km/h herabsetzen und die Kinder durch ein Hupsignal warnen müssen.
e) Während oder unmittelbar nach dem Kreuzen des Schulbusses erblickte der Beschwerdeführer in ungefähr 20 m Abstand zwei grosse Mädchen und dahinter einen kleinen Knaben. Die drei Kinder gingen am linken Strassenrand in die gleiche Richtung. Weder schauten sie zurück, noch konnte Jungo - wegen des mit laufendem Motor wartenden VW-Busses - darauf bauen, dass sie seinen Personenwagen gehört hatten. Insbesondere musste er auch damit rechnen, dass eines der Kinder, vor allem der 8jährige Knabe, vom
BGE 104 IV 28 S. 32
Rand her gegen die Strassenmitte laufen könnte. Ein sofortiges Hupsignal hätte die Kinder gewarnt, und sofortiges Bremsen hätte zwar bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h die Gefahr eines Zusammenstosses nicht ganz behoben, aber aller Wahrscheinlichkeit nach doch gemildert. Wäre der Beschwerdeführer schon in der ersten Phase mit einer angemessenen Geschwindigkeit gefahren, so hätte er nötigenfalls auch rechtzeitig anhalten können.
f) Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich Jungo in beiden Phasen der Fahrt pflichtwidrig verhalten und gegen die Vorschriften des SVG verstossen hat. Dass zwischen diesem pflichtwidrigen Verhalten und dem Tod des Knaben ein adäquater Kausalzusammenhang besteht, ist unbestritten. Infolgedessen hat die Vorinstanz den Beschwerdeführer zu Recht der fahrlässigen Tötung schuldig erklärt.
| null |
nan
|
de
| 1,978 |
CH_BGE
|
CH_BGE_006
|
CH
|
Federation
|
f524525a-bce3-4aa6-9b42-6efa298be963
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Urteilskopf
108 Ib 97
17. Arrêt de la Ire Cour civile du 17 mai 1982 dans la cause X. et Y. contre Confédération suisse (action de droit administratif)
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Regeste
Haftung des Bundes, Verjährung (
Art. 20 VG
).
Mit dem Begehren, welches gemäss
Art. 20 Abs. 1 VG
innerhalb eines Jahres eingereicht werden muss, ist jenes Begehren gemeint, das nach
Art. 20 Abs. 2 VG
dem Eidgenössischen Finanz- und Zolldepartement vorzulegen ist; wird kein solches Gesuch eingereicht, so ist darunter die gerichtliche Klage zu verstehen (E. 1a).
Begriff der Kenntnis des Schadens im Sinne von
Art. 60 Abs. 1 OR
und
Art. 20 Abs. 1 VG
: im allgemeinen (E. 1b); wenn die Schadenshöhe von einem Sachverhalt abhängt, der noch nicht abgeschlossen ist (E. 1c); wenn der Geschädigte durch einen Konkurs oder Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung Verlust erleidet (E. 1c).
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Sachverhalt
ab Seite 97
BGE 108 Ib 97 S. 97
Le 19 mars 1976, la Cour de justice du canton de Genève a homologué un concordat par abandon d'actifs accepté par les
BGE 108 Ib 97 S. 98
créanciers de la Banque de crédit international (BCI), à Genève. L'état de collocation a été déposé le 15 mai 1976.
Tenant la Commission fédérale des banques pour responsable du dommage subi par la banque ou ses créanciers, la BCI en liquidation concordataire a adressé le 19 avril 1977 une demande d'indemnité à la Confédération suisse. Elle a introduit le 4 janvier 1978 une action de droit administratif que le Tribunal fédéral a rejetée par arrêt du 11 juillet 1980 (
ATF 106 Ib 357
ss).
Le 6 janvier 1981, X. et Y. ont soumis au Département fédéral des finances et des douanes une demande tendant à ce que la Confédération suisse leur paie 111'239 fr. 41. En tant que créanciers de la BCI, ils invoquaient la responsabilité de la Confédération suisse en raison d'une activité illicite attribuée à la Commission fédérale des banques dans la surveillance de la BCI.
Cette demande ayant été contestée, ils ont introduit contre la Confédération suisse une action de droit administratif concluant au paiement du même montant.
La défenderesse conclut au rejet de la demande, en invoquant notamment la prescription ou péremption au sens de l'
art. 20 al. 1 LRCF
.
Le Tribunal fédéral admet ce moyen et rejette la demande.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Selon l'
art. 20 al. 1 LRCF
, la responsabilité de la Confédération s'éteint si le lésé n'introduit pas sa demande de dommages-intérêts ou d'indemnité à titre de réparation morale dans l'année à compter du jour où il a eu connaissance du dommage et en tout cas dans les dix ans à compter de l'acte dommageable du fonctionnaire.
a) La demande qui sauvegarde ce délai est celle qui est présentée au Département fédéral des finances et des douanes selon l'
art. 20 al. 2 LRCF
(
ATF 86 I 66
s.) - ou, si le demandeur omet cet acte préalable, l'action en justice (
ATF 103 Ib 65
) - soit en l'espèce la demande du 6 janvier 1981 audit Département.
La demande est donc tardive si la partie demanderesse a eu connaissance du dommage plus d'une année avant cette date.
b) Par "connaissance du dommage", point de départ du délai annal prévu par l'
art. 20 al. 1 LRCF
, il faut raisonnablement entendre une connaissance telle que le demandeur puisse agir utilement, ce qui suppose qu'il connaisse non pas seulement le dommage au sens strict
BGE 108 Ib 97 S. 99
mais aussi les autres conditions lui permettant de mettre en cause la responsabilité de la Confédération, sans quoi le demandeur ne serait pas en mesure d'agir pour sauvegarder son droit (cf. SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, § 86 n. 3 à propos d'autres dispositions légales équivalentes).
En l'espèce, la Confédération affirme dans sa réponse que la partie demanderesse a eu connaissance des faits qu'elle lui reproche - sous réserve de la quotité du dommage examinée séparément - et sur lesquels elle fonde son action en recevant des liquidateurs un rapport sur les responsabilités du 12 avril 1977, évoquant les faits et les moyens de droit à l'appui de la demande de dommages-intérêts. Cette connaissance a été renforcée, selon la défenderesse, par la communication du rapport d'activité des liquidateurs pour l'année 1977, du 9 février 1978, informant les créanciers de la base sur laquelle s'étaient fondés les liquidateurs pour agir en responsabilité contre la Confédération.
La partie demanderesse n'a pas contesté ces affirmations, se bornant à nier dans sa réplique avoir eu une connaissance suffisante du dommage proprement dit. Il n'y a pas de raisons de douter de l'exactitude de ces allégations non contestées, qui doivent dès lors être admises (
art. 12 et 36 PCF
). En effet, le rapport sur les responsabilités, daté du 12 avril 1977, est adressé à la Cour de justice ainsi qu'à la commission des créanciers et il n'est nullement exclu que les créanciers individuels en aient aussi eu connaissance. Au surplus, le dépôt des rapports annuels d'activité des liquidateurs a chaque fois fait l'objet d'une publication dans la Feuille officielle suisse du commerce, informant les créanciers qu'ils avaient la faculté d'en prendre connaissance (
art. 43 OCB
). Faute de dénégation, on peut admettre que la partie demanderesse était suffisamment informée à ce sujet.
Elle avait donc, plus d'une année avant le 6 janvier 1981, une connaissance suffisante des faits motivant son action pour lui permettre d'agir, sous réserve de la quotité du dommage examinée ci-dessous.
c) Pour déterminer quand le demandeur a du dommage proprement dit une connaissance suffisante, au sens de l'
art. 20 al. 1 LRCF
, il s'impose d'appliquer les mêmes critères qu'à propos de la prescription des actions de droit privé, puisque la ratio legis est la même dans les deux domaines du droit. Selon la jurisprudence, le créancier connaît suffisamment
BGE 108 Ib 97 S. 100
le dommage lorsqu'il apprend, touchant son existence, sa nature et ses éléments, les circonstances propres à fonder et à motiver une demande en justice (
ATF 100 II 342
). Si l'ampleur du préjudice résulte d'une situation qui évolue, la prescription ne court pas avant le terme de cette évolution (
ATF 93 II 503
). La jurisprudence relative à cette notion de dommage résultant d'une situation qui évolue vise essentiellement des cas de préjudice consécutif à une atteinte à la santé de la victime dont il n'est pas possible de mesurer d'emblée l'évolution avec suffisamment de sécurité (
ATF 96 II 41
,
ATF 93 II 502
s.,
ATF 92 II 4
s.,
ATF 89 II 404
, 417,
ATF 74 II 35
); la formule utilisée permet cependant d'inclure d'autres cas où un acte illicite exerce sur le patrimoine un effet médiat dans une mesure qu'il n'est pas possible de prévoir avec assez de sécurité, sous réserve de l'hypothèse où le lésé subit "un préjudice d'emblée déterminable dans son élément essentiel" (
ATF 92 II 8
lettre a). La jurisprudence n'autorise pas le créancier à différer sa demande jusqu'au moment où il connaît le montant absolument exact de son préjudice; en effet, il arrive que cette détermination ne soit pas possible et que le dommage doive être estimé selon l'
art. 42 al. 2 CO
; par ailleurs, le dommage est suffisamment défini, lorsque le créancier détient assez d'éléments pour lui permettre de l'apprécier (
ATF 89 II 417
s.,
ATF 78 II 15
,
ATF 74 II 34
,
ATF 62 II 149
,
ATF 42 II 46
). La doctrine se prononce de manière générale dans le même sens (cf. entre autres SPIRO, op.cit., p. 185 ss, spéc. 187 n. 15; W. SCHWANDER, Die Verjährung ausservertraglicher und vertraglicher Schadenersatzforderungen, thèse Fribourg 1963 p. 12 ss, spéc. 13 et 14; VON TUHR/PETER, p. 438 s.; VON BÜREN, Allg. Teil, p. 430 s.; OSER/SCHÖNENBERGER n. 12 ad art. 60; GUHL/MERZ/KUMMER, 7e éd., p. 177 s.; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, p. 195 s.).
En application de ces principes généraux, la jurisprudence considère notamment que le créancier qui entend demander la réparation d'une perte qu'il subit dans une faillite ou un concordat par abandon d'actifs connaît suffisamment son préjudice lorsqu'il est informé de sa collocation dans la liquidation (
ATF 97 II 410
,
ATF 87 II 300
,
ATF 43 II 64
). En effet, il connaît ou peut connaître à ce moment-là le montant de l'inventaire, sa propre collocation dans la liquidation, ainsi que le dividende prévisible. Ces indications suffisent aussi pour fixer la valeur litigieuse dans les actions en contestation de l'état de collocation (
ATF 93 II 85
,
ATF 82 III 95
,
ATF 81 III 76
et les arrêts cités). Cette solution tient équitablement compte des intérêts en présence; en effet, le créancier doit également des
BGE 108 Ib 97 S. 101
égards au débiteur et on peut raisonnablement exiger de lui qu'il agisse en justice dans le délai légal dès le moment où il possède suffisamment d'éléments lui permettant de fixer le cadre de sa demande. Cette exigence se justifie aussi pleinement lorsque le créancier subit une perte dans une faillite ou un concordat par abandon d'actifs car, si l'on plaçait la "connaissance du dommage" au moment où le créancier connaît la répartition finale ou reçoit un acte de défaut de biens, on différerait sans intérêt majeur le début de la prescription, ce qui serait particulièrement sensible en cas de liquidation prenant beaucoup de temps.
En l'espèce, l'état de collocation est entré en force le 25 mai 1976 (
art. 249, 250 LP
). Les créanciers ont en outre été informés encore ultérieurement de la gestion par les publications relatives au dépôt des rapports d'activité pour les exercices 1976, 1977 et 1978. Ils avaient donc une connaissance suffisante de leur dommage plus d'un an avant le 6 janvier 1981, et le délai de l'
art. 20 al. 1 LRCF
était dès lors expiré à ce moment-là.
Au demeurant, le fait que la BCI en liquidation concordataire a été en mesure, déjà en 1977 et 1978, d'agir contre la Confédération suisse en réparation du même préjudice, apparemment sans difficulté majeure pour chiffrer ce préjudice, confirme que l'on pouvait raisonnablement exiger des créanciers qu'ils présentent leur demande dans le délai prévu par l'
art. 20 al. 1 LRCF
.
d) La partie demanderesse n'allègue pas en fait avoir tardé à agir sous l'effet d'une erreur de droit. Il n'y a dès lors pas lieu d'examiner si une telle erreur pourrait avoir une incidence sur le début de la prescription (cf.
ATF 92 II 3
,
ATF 82 II 44
s.; SPIRO, op.cit. § 85, p. 186).
2.
La demande apparaissant évidemment mal fondée, au regard de l'
art. 20 al. 1 LRCF
, elle peut être rejetée sans délibération publique (cf.
ATF 103 II 224
, 320,
ATF 101 II 303
,
ATF 100 Ia 206
).
|
public_law
|
nan
|
fr
| 1,982 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
|
Federation
|
f525b3e9-a4b1-4870-9a2d-ea1c960b2df6
|
Urteilskopf
113 III 139
32. Estratto della sentenza 17 dicembre 1987 della Camera delle esecuzioni e dei fallimenti nella causa Eggler e A 1 Tele-Video ed Elettronica S.A. contro Telecom Electronic S.A. e Ufficio esecuzione e fallimenti di Lugano (ricorso)
|
Regeste
Arrestvollzug (
Art. 274 ff. SchKG
).
1. Rekurslegitimation des Dritten, der das Eigentum an den arrestierten Vermögenswerten beansprucht, und des Arrestschuldners, der geltend macht, diese stünden im Eigentum des Dritten (Erw. 3).
2. Werden nicht die im Arrestbefehl vermerkten, sondern andere Vermögenswerte mit Beschlag belegt, ist der Arrest nichtig, und zwar auch dann, wenn der Arrestgläubiger damit einverstanden war, dass vom Schuldner und vom Dritteigentümer bezeichnete Ersatzgegenstände arrestiert wurden (Erw. 4).
3. Will der Schuldner die Arrestgegenstände zur freien Verfügung behalten, so hat das Betreibungsamt den Arrest - soll dieser nicht nichtig sein - gleichwohl zu vollziehen und alsdann den Schuldner aufzufordern, gemäss
Art. 277 SchKG
Sicherheit zu leisten (Erw. 5).
4. Beruht der Arrestbefehl auf einem Verlustschein, besteht die Gefahr einer verspäteten Vollstreckung selbst dann nicht, wenn er erst einige Monate nach seiner Ausstellung vollzogen wird (Erw. 6).
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Sachverhalt
ab Seite 140
BGE 113 III 139 S. 140
A.-
Il 28 agosto 1987 la ditta Telecom Electronic S.A. ha ottenuto dalla Pretura di Lugano, Sezione 4, un decreto di sequestro contro Alois Eggler riguardante "l'apparecchio BBC Natelport che si trova sulla vettura targata TI 126'122 di proprietà del debitore", così come "apparecchi radio-TV che si trovano nel negozio denominato A 3000 Radio-TV in Via Guisan 2 a Paradiso", il tutto fino a concorrenza di Fr. 11'000.-- più interessi al 5% dal 3 dicembre 1980. Causa del sequestro era l'
art. 271 cpv. 1 n. 5 LEF
(attestato di carenza beni). Il provvedimento non è stato eseguito sugli oggetti in questione. Dal verbale di sequestro, redatto il 1o settembre 1987 e spedito il 9 successivo, risulta che la società anonima A 1 Tele-Video ed Elettronica, titolare del
BGE 113 III 139 S. 141
negozio in Via Guisan 2 a Paradiso, ha depositato "a nome e per conto del debitore" Fr. 13'000.-- presso l'Ufficio esecuzione e fallimenti di Lugano, Circondario 1, "in vece e luogo dei mobili da sequestrare".
B.-
Contro l'esecuzione del sequestro sono insorti alla Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del Cantone Ticino, autorità di vigilanza, tanto Alois Eggler quanto la società anonima A 1 Tele-Video ed Elettronica S.A., che tuttavia si sono visti respingere i reclami con sentenza del 15 ottobre 1987.
C.-
Alois Eggler ha esperito il 29 ottobre 1987 un ricorso alla Camera delle esecuzioni e dei fallimenti del Tribunale federale in cui conclude per la revoca, subordinatamente la dichiarazione di caducità del sequestro. Il 30 ottobre 1987 la A 1 Tele-Video ed Elettronica S.A. ha presentato essa pure un ricorso tendente alla revoca del sequestro. Invitata a esprimersi, la sequestrante Telecom Electronic S.A. propone di respingere entrambi i gravami. L'Ufficio esecuzione e fallimenti di Lugano, Circondario 1, si è limitato a contestare le tesi di Alois Eggler.
Erwägungen
Dai considerandi:
3.
a) Il ricorso della società anonima titolare del negozio è, per principio, ricevibile. Al terzo che si ritiene proprietario di beni sequestrati sono offerti due rimedi giuridici alternativi: qualora sia evidente che i beni indicati nel decreto gli appartengono, egli deve introdurre reclamo contro l'esecuzione del sequestro a cui l'Ufficio non avrebbe dovuto procedere; qualora, per contro, sia soltanto inverosimile che i beni in questione appartengano al debitore, egli deve far capo al ricorso di diritto pubblico e impugnare il decreto stesso dimostrando che l'autorità del sequestro ha ammesso in modo insostenibile la proprietà del debitore sui beni ivi elencati (
DTF 109 III 124
consid. 6). In concreto si versa nella prima ipotesi: non è contestato, infatti, che la somma di Fr. 13'000.-- appartiene alla società ricorrente; per di più l'importo non figura nemmeno nel decreto di sequestro. Il ricorso a norma dell'
art. 19 LEF
è dunque proponibile.
b) Il debitore colpito da sequestro ha le identiche facoltà del terzo proprietario (v. GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Losanna 1985, pag. 356 seg.). Anche nel caso in cui i beni sequestrati risultino già formalmente appartenere a estranei (essendo iscritti come tali, per esempio, nel registro fondiario), egli
BGE 113 III 139 S. 142
ha interesse a contestare la creazione di un foro esecutivo diverso da quello del proprio domicilio (art. 52 prima frase e 279 cpv. 2 in relazione con l'art. 46 segg. LEF). In linea di massima il ricorso di Alois Eggler è perciò ammissibile. Se non che, questi dichiara in maniera esplicita, nel gravame, di essere indifferente all'esito del giudizio; la sua legittimazione appare così dubbia. Essa può rimanere indecisa ove l'esecuzione del sequestro dovesse rivelarsi nulla: in tal caso la nullità del provvedimento andrebbe rilevata d'ufficio senza riguardo all'ammissibilità del ricorso (cfr.
DTF 105 III 70
consid. 2 con rinvii).
4.
È pacifico che il sequestro è stato eseguito, nella fattispecie, non sugli oggetti cui si riferisce il decreto del Pretore, ma su una somma di Fr. 13'000.-- depositata "in luogo e vece dei mobili da sequestrare". Per la corte cantonale ciò risponde nondimeno alla volontà unanime del debitore e della sequestrante, che ha ratificato simile procedura difendendo l'opera dell'Ufficio; ne deriverebbe "l'irrilevanza delle argomentazioni delle parti reclamanti". Quest'ultimo assunto non può essere condiviso.
a) Un sequestro può vertere soltanto sui beni indicati nel decreto dell'autorità (
DTF 106 III 134
consid. 2). L'Ufficio di esecuzione che sequestra beni estranei al decreto commette un atto nullo siccome lesivo di norme sulla competenza per materia (
DTF 92 III 24
consid. 1). Tale nullità è riscontrabile in ogni tempo (
DTF 90 III 51
). L'ipotesi che il debitore o il sequestrante accettino o addirittura propongano il sequestro di beni sostitutivi non abilita l'Ufficio a scostarsi dal decreto poiché ciò raffigurerebbe un abuso di potere (
DTF 90 III 52
consid. 2 i.f.). Certo, v'è da domandarsi se la persona che promuove il sequestro di beni diversi da quelli indicati nel decreto non sia in malafede nel censurare poi l'operato dell'Ufficio. Ma il problema non dev'essere risolto, dal momento che in concreto la sanzione di nullità discende già dall'interesse pubblico a un chiaro riparto di competenze tra autorità del sequestro e Uffici di esecuzione. Un'eventuale malafede dei ricorrenti assumerebbe importanza solo ove questi intendessero rivalersi sull'Ufficio delle conseguenze legate alla nullità dell'operazione. Nel caso attuale già l'ordine pubblico impedisce che si operi un sequestro su oggetti la cui designazione non sia stata sottoposta prima all'autorità competente (cfr.
DTF 90 III 51
infra).
b) Gli apparecchi elencati nel decreto del Pretore erano senza dubbio sequestrabili. Che il telefono BBC Natelport sia stato
BGE 113 III 139 S. 143
trasferito da una vettura a un'altra non ha rilievo. Il pignoramento ottenuto contro Alois Eggler dalla ditta Novelectric AG di Buchs (ZH) sugli oggetti del citato negozio non ostava al sequestro e a torto la società ricorrente crede il contrario: il sequestro di beni già pignorati è lecito e permette al sequestrante di pignorare la possibile eccedenza che consegua al ricavo della realizzazione forzata di tali beni (GILLIÉRON, op.cit., pag. 357).
Quanto al fatto che la società anonima titolare del negozio invocasse la proprietà degli apparecchi, ciò non bastava sicuramente a rendere la situazione del tutto chiara e a esonerare l'Ufficio dal procedere (v.
DTF 112 III 55
consid. 2 con richiami). Del resto né la sentenza impugnata né il fascicolo processuale contengono un solo elemento che possa far apparire la società come proprietaria indiscussa dei beni da sequestrare; l'estratto del registro di commercio che la ditta afferma di aver esibito al funzionario dell'Ufficio non rappresenta la minima prova al riguardo e non è per nulla idoneo a escludere che il debitore celi abusivamente un'unità economica dietro una dualità di soggetti giuridici (
DTF 102 III 169
consid. 2). Ove appena si consideri, anzi, che gli apparecchi da sequestrare - salvo il telefono BBC Natelport - erano già stati pignorati nell'ambito di un'esecuzione contro il debitore e che la società asserisce di aver acquistato tali beni dal debitore medesimo, i rapporti di proprietà risultano tutt'altro che chiari. Soltanto una procedura di rivendicazione conforme agli art. 106 segg. LEF potrà far luce in proposito (
DTF 109 III 126
).
5.
L'autorità di vigilanza reputa subordinatamente che il deposito sostitutivo di Fr. 13'000.-- sia atto a configurare una valida garanzia nel senso dell'
art. 277 LEF
. Dato che, come si è visto, l'esecuzione del sequestro è nulla, non si ravvisano nemmeno le premesse per una garanzia. Giovi soggiungere in ogni modo che, di fronte a una richiesta del debitore intesa a conservare la disponibilità dei beni sequestrati, l'Ufficio doveva prima eseguire il sequestro compilandone il verbale e quindi invitare il debitore a fornire garanzia giusta l'
art. 277 LEF
. Nel caso in esame si sono omesse entrambe le operazioni.
6.
Rimane da verificare se, oggi, sia ancora possibile dar seguito al decreto del Pretore. Secondo giurisprudenza il sequestro esige un'attuazione immediata; la tardività rende il sequestro caduco, tant'è che il debitore può chiederne l'annullamento (
DTF 98 III 78
consid. 3b). Ora, gli estremi della tardività devono valutarsi in base alle
BGE 113 III 139 S. 144
circostanze concrete, il requisito dell'immediatezza giustificandosi per la ragione che nel frattempo la causa di sequestro può venir meno (
DTF 54 III 145
). Nel caso specifico il provvedimento si fonda su un attestato di carenza beni (
art. 271 cpv. 1 n. 5 LEF
): non vi è pertanto alcun rischio che la causa di sequestro si sia estinta nell'intervallo.
Non si deve dimenticare inoltre che il sequestro, praticato il 1o settembre 1987, grava una somma pecuniaria e vige tuttora formalmente dato che ai ricorsi non è stato conferito effetto sospensivo (
art. 36 LEF
). La nullità è, di fatto, imputabile agli stessi ricorrenti, che per evitare il sequestro hanno proposto una somma di denaro "in vece e luogo" degli oggetti indicati nel decreto. Al momento in cui l'Ufficio eseguirà il sequestro sui noti apparecchi il debitore (o un terzo per lui) potrà ancora prestare cauzione giusta l'
art. 277 LEF
. Ciò premesso, non può dirsi che una corretta esecuzione del sequestro risulterà tardiva.
| null |
nan
|
it
| 1,987 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f52abaf3-2e45-4761-a49b-934fe6a3d633
|
Urteilskopf
92 I 55
11. Arrêt du 26 mars 1966 dans la cause X. contre Commission vaudoise de recours en matière d'impôt.
|
Regeste
Wehrsteuer. Art. 42 WStB.
1. Zwingender Charakter des Art. 105 WStB, wonach die Veranlagungsbehörde über die Einsprache des Steuerpflichtigen zu entscheiden hat (Erw.1).
2. Aufnahme der Erwerbstätigkeit. Fall einer verheirateten Frau, die im Betriebe einer öffentlichen Verwaltung zuerst teilweise, dann voll und schliesslich als Beamtin arbeitet (Erw. 2 und 3).
3. Weder die Wahl einer Angestellten zur Beamtin noch der Übergang von der teilweisen zur vollen Beschäftigung stellt einen Berufswechsel dar (Erw.4).
|
Sachverhalt
ab Seite 55
BGE 92 I 55 S. 55
A.-
Dame X, épouse du recourant, a travaillé dès mars 1959 comme auxiliaire au service d'une administration publique. Au début, son engagement était temporaire et elle était payée à l'heure. Son occupation augmenta progressivement et, dès 1962, dame X. était occupée à plein temps. Au 1er janvier 1963, elle a été nommée fonctionnaire avec traitement mensuel.
Le temps d'occupation et le gain de dame X. se sont développés comme il suit au cours des années 1958 à 1963:
BGE 92 I 55 S. 56
1958 705 heures fr. 1727.--
1959 997 " " 2641.--
1960 1638 " " 4796.--
1961 1835 " " 6164.70*
1962 plein temps (env. 2100) " 8352.30
1963 plein temps (fonctionnaire) " 8684.--
* y compris l'indemnité de vacances versée en 1962.
B.-
Pour la 11e période (1961-62) de l'impôt de défense nationale, la Commission d'impôt du district taxa le recourant sur la base du revenu moyen de la période de calcul (1959-1960). En revanche, l'Administration cantonale des impôts établit une taxation intermédiaire à partir du 1er janvier 1962, en prenant pour base de calcul le revenu de l'année 1962. Elle motivait cette taxation comme il suit:
"Modification durable du revenu de votre épouse ensuite du passage, le 1er janvier 1962, d'une activité accessoire à celui d'une activité régulière principale."
Le contribuable adressa une réclamation, mais au lieu de prendre une décision sur la réclamation, conformément à l'art. 105 AIN, l'Administration cantonale envoya le dossier à la Commission cantonale de recours.
Celle-ci entra en matière sur la réclamation comme s'il s'agissait d'un recours; elle annula la taxation et renvoya la cause à l'autorité de première instance pour nouvelle taxation, estimant que c'était dès le 1er janvier 1963 qu'une taxation intermédiaire se justifiait. "La situation de l'intéressée, dit-elle, toujours rétribuée à l'heure avec certaines améliorations, n'est devenue stable, voire définitive que dès le 1er janvier 1963, date de sa nomination comme employée, dans le cadre des fonctions publiques cantonales, à la suite d'une extension de ses responsabilités. Bien qu'une circonstance de cette nature n'ait pas une valeur absolument définitive en soi, elle se révèle cependant ici déterminante."
C.-
X. a déposé un recours de droit administratif contre cette décision. Il demande que la Cour de céans annule celle-ci et principalement qu'elle dise qu'il n'y a pas lieu à taxation intermédiaire, subsidiairement qu'elle renvoie la cause à la Commission cantonale de recours pour nouvelle décision.
L'Administration cantonale des impôts a recouru de son côté en concluant à l'annulation de la décision de la Commission cantonale de recours et au rétablissement de la taxation fixée
BGE 92 I 55 S. 57
par elle-même. Ce recours a été laissé en suspens jusqu'à la solution de la présente cause.
La Commission cantonale de recours et l'Administration fédérale des contributions concluent au rejet du recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
1.
Le recourant reproche à juste titre à l'autorité de taxation de ne s'être pas prononcée sur sa réclamation. Cette autorité aurait en effet dû observer la procédure prévue à l'art. 105 AIN, quand bien même dame X. travaillait à son service. On peut toutefois se dispenser d'examiner si cette informalité doit entraîner l'annulation de la décision attaquée, car le recours doit de toute façon être admis pour la raison de fond indiquée ci-après.
2.
Lorsque le revenu s'est modifié de façon durable au cours de la période de calcul, l'art. 42 AIN prescrit que, dans certains cas qu'il précise, la taxation du contribuable se fera non pas d'après le revenu annuel moyen de la période de calcul (art. 41 al. 1 et 2 AIN), mais conformément à la règle exceptionnelle de l'art. 41 al. 4, appliquée par analogie. La modification durable du revenu qui est ainsi visée peut, selon le texte clair de la loi, consister soit dans une augmentation, soit dans une diminution. Il s'agit là d'un tempérament apporté au principe que le revenu de la période de calcul est assimilé au revenu de la période fiscale. Ce tempérament doit permettre, dans certains cas où l'application du principe conduit à des résultats particulièrement peu satisfaisants, de mieux adapter la taxation à la capacité contributive, soit en plus, soit en moins (RO 79 I 357).
Pour que le mode spécial de taxation de l'art. 41 al. 4 AIN soit applicable en vertu de l'art. 42, deux conditions sont donc nécessaires cumulativement; il faut que le revenu se soit modifié de façon durable et, en outre, que cette modification soit due à l'un ou à l'autre de ces cas particuliers prévus: début ou cessation d'une activité à but lucratif, changement de profession, dévolution pour cause de mort, divorce ou séparation prononcée par le juge. Les seuls cas qui peuvent entrer en considération en la présente espèce sont le début d'une activité à but lucratif et le changement de profession.
3.
Les deux juridictions inférieures estiment que X. doit être imposé en vertu de l'art. 42 AIN, en raison du "début d'une activité à but lucratif" de son épouse. L'Administration
BGE 92 I 55 S. 58
cantonale fixe ce début au 1er janvier 1962, lorsque dame X. a commencé à travailler à plein temps, tandis que la Commission cantonale de recours le voit au 1er janvier 1963, date de la nomination de l'employée en qualité de fonctionnaire. Toutes deux estiment que c'est à partir du moment où l'occupation a été définitive que l'on peut parler d'une activité à but lucratif. C'est donner à cette notion de "début", une interprétation qu'elle n'a ni dans la langue courante, ni dans la jurisprudence.
Exercer une activité à but lucratif, c'est retirer un revenu d'une occupation. Or, dame X., qui est restée sans occupation hors de chez elle au début de son mariage, a recommencé à travailler pour des tiers en 1958. Au cours de ladite année, elle a gagné fr. 1727.-- que la Recette du district lui a versés pour 705 heures de travail, soit à peu près un tiers d'une occupation normale (qui est de 2100 heures environ). Selon la jurisprudence (RO 81 I 233), on se trouve en présence d'une activité à but lucratif, dès que la prestation financière versée par l'employeur ne consiste pas simplement en argent de poche, mais revêt le caractère d'une rétribution pour le travail fourni. Le début de l'activité à but lucratif de dame X. se situe donc bien en 1958. Ce n'est pas ici le lieu d'examiner si cette modification du revenu du recourant avait en 1958 un caractère durable, deuxième condition nécessaire pour l'application de l'art. 42 AIN. Il suffit de constater que ni le 1er janvier 1962, ni le 1er janvier 1963, ne coïncidaient avec le "début de l'activité lucrative" de dame X.
4.
Il reste à examiner si la modification de revenu causée par le passage de dame X. au travail à plein temps (1.1.62) ou par sa nomination en qualité de fonctionnaire (1.1.63) peut être considérée comme due à un "changement de profession".
Le Tribunal fédéral a examiné déjà ce qu'il faut entendre par cette expression, dans le cadre de l'art. 42 AIN (RO 79 I 354
;
81 I 233
). Il ne se justifie pas de donner au terme profession (Beruf, professione) son sens le plus large et d'admettre comme changement de profession toute modification de l'emploi occupé par le contribuable, c'est-à-dire déjà la simple augmentation ou diminution de traitement ou même le changement de place. Mais il ne faut pas non plus limiter le sens de l'expression "changement de profession" au cas où le contribuable, abandonnant l'état qui était d'abord le sien, en a pris un autre, par exemple au cas où un cultivateur devient gendarme, où un
BGE 92 I 55 S. 59
cheminot devient représentant de commerce. On admettra donc qu'il y a changement de profession lorsque le genre ou le mode d'activité qu'exerce le contribuable se sera profondément modifié, soit que le contribuable ait embrassé un autre état, soit qu'à l'intérieur d'un même état sa condition ait fondamentalement changé. Le Tribunal fédéral a admis que tel était le cas, notamment lorsque, sans avoir pris un autre état, un travailleur passe d'une condition dépendante à une condition indépendante (RO 79 I 354) ou lorsque, d'exploitant individuel, il devient membre du conseil d'administration et directeur de l'entreprise transformée en société anonyme (RO 79 I 69). Il a en revanche refusé de voir un changement de profession dans le fait qu'un apprenti était devenu employé (RO 81 I 233).
En l'espèce, la question se pose de savoir si l'épouse du recourant a changé de profession le 1er janvier 1963, lorsqu'elle a été nommée fonctionnaire au lieu d'être employée auxiliaire. On relèvera qu'elle n'a pas changé d'état à ce moment; au contraire, elle a continué à exercer exactement la même activité qu'auparavant. C'est son statut par rapport à son employeur qui a été modifié, dans ce sens que son engagement a été plus stable et qu'elle a été retribuée au mois au lieu de l'être à l'heure. Il ne s'agit pas là d'un changement fondamental dans le mode d'activité de dame X. Compte tenu de la jurisprudence exposée plus haut, on doit admettre que ces deux facteurs ne suffisent pas pour que l'on puisse admettre qu'il y a eu changement de profession.
A plus forte raison, ne doit-on pas considérer que la modification intervenue le 1er janvier 1962 par le passage de l'occupation partielle au travail à plein temps, a été due à un changement de profession.
5.
On doit dès lors considérer que, si le revenu du recourant s'est modifié de façon durable pendant la période de calcul, ce n'est pas en raison du début d'une activité lucrative ni en raison d'un changement de profession de son époux. Il suit de Ià que l'art. 42 AIN n'est pas applicable en l'espèce, et que la taxation pour la 11e période de l'impôt de défense nationale doit se faire sur le revenu de la période de calcul, et non selon la règle de l'art. 41 al. 4 AIN.
Dispositiv
Par ces motifs, le Tribunal fédéral:
Admet le recours et annule la décision attaquée.
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public_law
|
nan
|
fr
| 1,966 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
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CH
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Federation
|
f52b2a63-b488-4f99-9b72-aab51e72f6ee
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Urteilskopf
138 III 265
41. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Betreibungsamt A. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_776/2011 vom 15. März 2012
|
Regeste
Art. 5, 17 und 66 Abs. 4 SchKG
; öffentliche Bekanntmachung des Zahlungsbefehls.
Anfechtung der öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls mit betreibungsrechtlicher Beschwerde und Abgrenzung zur Staatshaftung (E. 3).
|
Sachverhalt
ab Seite 266
BGE 138 III 265 S. 266
A.
Mit Betreibungsbegehren vom 13. Mai 2011 ersuchte die Z. AG das Betreibungsamt A., gegen X. die Betreibung für die Forderungssumme von Fr. 3'876.- nebst Zinsen einzuleiten. Die Betreibungsgläubigerin fügte im Betreibungsbegehren an, dass der Schuldner im November 2011 seine Wohnadresse in B. aufgegeben habe und seither unauffindbar sei, weshalb die Publikation des Zahlungsbefehls gewünscht werde. In der Folge machte das Betreibungsamt den Zahlungsbefehl Nr. 1 durch Publikation im Amtsblatt Basel-Landschaft (...) und im Schweizerischen Handelsamtsblatt (...) bekannt.
B.
Am 24. Juni 2011 gelangte X. an die Aufsichtsbehörde Schuldbetreibung und Konkurs Basel-Landschaft. Er verlangte die Aufhebung des Zahlungsbefehls Nr. 1, eine Genugtuung von Fr. 1'000.- sowie die Veröffentlichung einer Meldung über die irrtümliche öffentliche Bekanntmachung des Zahlungsbefehls. Das Betreibungsamt teilte in der Vernehmlassung zur Beschwerde mit, dass die Gläubigerin die Betreibung inzwischen zurückgezogen habe und im Übrigen die öffentliche Bekanntmachung des Zahlungsbefehls rechtens gewesen sei. Mit Entscheid vom 23. August 2011 trat die kantonale Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde nicht ein.
C.
Mit Eingabe vom 4. November 2011 (Postaufgabe) hat X. Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt (wie im kantonalen Verfahren), der Zahlungsbefehl Nr. 1 sei aufzuheben, eventualiter sei die Unzulässigkeit der Publikation festzustellen; weiter beantragt er die Zusprechung von Fr. 1'000.- als Genugtuung und die Veröffentlichung eines Korrekturvermerks. (...)
Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Zivilsachen ab.
(Auszug)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
3.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt die Anfechtung der öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls in einer Betreibung, welche die Gläubigerin während des kantonalen Verfahrens zurückgezogen hat.
3.1
Gegen die öffentliche Bekanntmachung eines Zahlungsbefehls, ohne dass die Voraussetzungen nach
Art. 66 Abs. 4 SchKG
erfüllt sind, kann der Betriebene Beschwerde nach
Art. 17 SchKG
führen. Zu Recht hat die Aufsichtsbehörde die Anfechtbarkeit innert zehn Tagen nach Kenntnisnahme der öffentlichen Bekanntmachung angenommen (vgl.
BGE 64 III 40
E. 1 S. 42;
136 III 571
E. 6.1 S. 573).
BGE 138 III 265 S. 267
3.2
Nach der Rechtsprechung kann der Betriebene mit Beschwerde nach
Art. 17 SchKG
die Aufhebung der öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls wegen Verletzung von
Art. 66 Abs. 4 SchKG
verlangen, selbst wenn er rechtzeitig Rechtsvorschlag erhoben hat, da mit der Ediktalzustellung der Betreibungsort in Frage stehen kann (
BGE 34 I 590
E. 4 S. 593) oder Gebühren verbunden sowie moralische Interessen beeinträchtigt sein können (
BGE 36 I 782
E. 1 S. 784;
BGE 128 III 465
E. 1 S. 466). Hingegen ist die betreibungsrechtliche Beschwerde unzulässig, wenn damit bezweckt wird, lediglich die Rechtswidrigkeit der öffentlichen Bekanntmachung eines Zahlungsbefehls festzustellen (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. I, 1999, N. 58 zu
Art. 66 SchKG
). Im Allgemeinen muss mit der Beschwerde nach
Art. 17 SchKG
eine verfahrensrechtliche Korrektur bewirkt werden können, und darf es nie bloss darum gehen, eine Grundlage für die Geltendmachung von Schadenersatz- oder Genugtuungsansprüchen zu schaffen (
BGE 99 III 58
E. 2 S. 60;
BGE 118 III 1
E. 2b S. 3;
BGE 120 III 107
E. 2 S. 108).
3.3
Streitpunkt ist, ob die Voraussetzungen zur Anfechtung der öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls mit Beschwerde nach
Art. 17 SchKG
gegeben sind.
3.3.1
Es steht fest, dass die Gläubigerin am 28. Juni 2011 - während des kantonalen Beschwerdeverfahrens - unter Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer allen seinen Verpflichtungen nachgekommen sei, gegenüber dem Betreibungsamt den Rückzug der Betreibung erklärt hat. Der Rückzug der Betreibung erfasst deren Grundlage: das Betreibungsbegehren (
BGE 69 III 4
S. 5; GILLIÉRON, a.a.O., N. 120 zu
Art. 67 SchKG
). Mit dessen Rückzug durch die Gläubigerin ist die Betreibung aufgehoben (vgl.
BGE 32 I 717
S. 721 oben). Anders als in den Fällen, in welchen eine Betreibung besteht und die Rechtsprechung (E. 3.2) die Anfechtung der öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls erlaubt, liegt hier eine aufgehobene Betreibung vor, wobei der Abschluss noch während des kantonalen Verfahrens erfolgte. Der Abschluss des Betreibungsverfahrens schliesst jedoch die Beachtung und die Berichtigung von Verfahrensfehlern grundsätzlich aus, zumal hier keine Amtshandlungen zum Schluss des Verfahrens (wie z.B. die Behandlung des Rückzugs im Betreibungsregister) zur Rede steht (vgl.
BGE 99 III 58
E. 2 S. 60; LORANDI, Betreibungsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeit, 2000, N. 13 und 14 zu
Art. 17 SchKG
, mit Hinweisen). Insoweit ist nicht
BGE 138 III 265 S. 268
ersichtlich, dass der beantragte kantonale Beschwerdeentscheid (mit dem Rechtsbegehren um Aufhebung der Ediktalzustellung) im konkreten Vollstreckungsverfahren eine praktische Wirkung entfalten soll.
3.3.2
Der Beschwerdeführer wirft die Frage der Gebühren für die angeblich zu Unrecht erfolgte öffentliche Bekanntmachung des Zahlungsbefehls auf. Es trifft zu, dass nach der Rechtsprechung (E. 3.2) die Anfechtung der Publikation mit Blick auf die allfälligen Gebühren zulasten des Betriebenen möglich ist. Diese Frage stellt sich vorliegend jedoch nicht. Die Kosten für die öffentliche Bekanntmachung (
Art. 11 und 13 Abs. 1 GebV SchKG
[SR 281.35]) sind vom Betreibungsgläubiger vorzuschiessen (
Art. 68 Abs. 1 SchKG
). Dass dies geschehen ist, bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Zieht jedoch - wie hier - die Gläubigerin die Betreibung zurück, tritt die Überwälzung der Kosten vorgenommener Betreibungshandlungen nicht ein, und sie hat den von ihr geleisteten Vorschuss selber zu tragen (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 1984, § 15 Rz. 11 S. 184). Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers steht hier keine Entscheidung des Betreibungsamtes über die Gebühren der Publikation aus. Daran ändert nichts, wenn er vorbringt, er habe der Gläubigerin (auch) die Gebühr für die öffentliche Bekanntmachung zurückerstattet, bevor diese die Betreibung zurückgezogen habe, und "diese Kosten von der Gläubigerin noch nicht zurückerstattet worden seien". Abgesehen davon, dass die erwähnte Zahlung als tatsächliches Vorbringen im angefochtenen Entscheid keine Stütze findet (
Art. 105 Abs. 1 BGG
), wäre dies nicht entscheiderheblich: Zahlungen des Schuldners an den Gläubiger stellen keine Akte der Betreibungsorgane dar, über welche die Aufsichtsbehörden zu urteilen haben (vgl.
BGE 73 III 69
S. 1 S. 70).
3.3.3
Nach dem Gesagten sind mit der umstrittenen öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls keine weiteren amtlichen Kosten verbunden. Es können demnach einzig moralische Interessen des Beschwerdeführers beeinträchtigt sein. Dies genügt nicht zur Anfechtung der Publikation (vgl.
BGE 34 I 590
E. 4 S. 593: Betreibungsort;
BGE 128 III 465
E. 1 S. 466: Gebühren und moralische Interessen). Andernfalls läuft - wie hier - die betreibungsrechtliche Beschwerde darauf hinaus, lediglich die allfällige Rechtswidrigkeit der öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls festzustellen. Dies ist unzulässig, weil keine verfahrensrechtliche Korrekur erwirkt werden kann, zumal der Beschwerdeführer die Feststellung der
BGE 138 III 265 S. 269
angeblich rechtswidrigen öffentlichen Bekanntmachung des Zahlungsbefehls gerade verlangt, damit ihm eine Genugtuung zugesprochen werde. Die mit
BGE 128 III 465
ff. bestätigte Rechtsprechung hat (wie in E. 3.2 erwähnt) nichts an der Abgrenzung zwischen der Beschwerde (
Art. 17 SchKG
) und der Haftung (
Art. 5 SchKG
) geändert.
3.3.4
Seit der Gesetzesrevision von 1997 hält
Art. 5 Abs. 4 SchKG
ausdrücklich fest, dass im Fall, in welchem ein Zwangsvollstreckungsorgan in Erfüllung seiner Aufgaben widerrechtlich einen Schaden verursacht, ein Anspruch auf Genugtuung bestehen kann, wenn die Schwere der Verletzung dies rechtfertigt (Abs. 4). Die öffentliche Bekanntmachung einer Betreibungsurkunde, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, kann Anspruch auf Genugtuung geben (DALLÈVES, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 7 zu
Art. 5 SchKG
). Ob die Voraussetzungen nach
Art. 5 SchKG
erfüllt sind, wird jedoch nicht von der Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen (
Art. 17 SchKG
), sondern vom Gericht nach
Art. 5 SchKG
entschieden. Auch die ("im Sinne einer Gegendarstellung nach
Art. 28 ff. ZGB
") anbegehrte Publikation eines "Korrekturvermerks" fällt - wie allgemein die Publikation des Urteils über eine rechtswidrige öffentliche Bekanntmachung des Zahlungsbefehls - nicht in die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden (
BGE 29 I 565
E. 5 S. 571;
36 I 782
E. 3 S. 785/786; GILLIÉRON, a.a.O., N. 58 zu
Art. 66 SchKG
).
3.4
Nach dem Dargelegten vermag der Beschwerdeführer keine Rechtsverletzung darzutun, wenn die Aufsichtsbehörde auf seine Beschwerde nicht eingetreten ist. Daran ändert nichts, dass die Aufsichtsbehörde dem Betreibungsamt (gestützt auf die Aufsichtsbefugnis nach
Art. 13 SchKG
) Anweisungen zum Vorgehen in zukünftigen Fällen gegeben hat und in diesem Zusammenhang das konkrete Vorgehen des Betreibungsamtes als "unzulässig" bezeichnet hat. Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vergeblich vor, die Aufsichtsbehörde hätte sein Begehren, wenn sie es schon als Klage auf Schadenersatz bzw. Genugtuung betrachte, an die zuständige Instanz weiterleiten müssen. In der Beschwerdeschrift wird nicht dargelegt, inwiefern die bundesrechtlichen Vorgaben für das Verfahren vor den kantonalen Aufsichtsbehörden (
Art. 20 Abs. 2 SchKG
) oder kantonale Verfahrensvorschriften (
Art. 20 Abs. 3 SchKG
) verletzt seien, wenn die Aufsichtsbehörde angenommen hat, dass die Eingabe des Beschwerdeführers keine Überweisungspflicht ausgelöst habe.
| null |
nan
|
de
| 2,012 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
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CH
|
Federation
|
f52baef4-8a11-4b6c-88b4-8676cbacb18b
|
Urteilskopf
99 Ib 343
42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. November 1973 i.S. Schweizerischer Landesverband für Leibesübungen gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum.
|
Regeste
Musterschutz, Hinterlegung einer Zeichnung.
1.
Art. 17 Abs. 2 und 3 MMG
. Befugnis des Amtes, ein unzulässiges Muster auch dann zurückzuweisen, wenn der Gesuchsteller es verschlossen hinterlegen will (Erw. 1).
2.
Art. 2 MMG
. Eine Zeichnung erfüllt den gesetzlichen Begriff des Musters nicht, wenn sie weder geeignet noch dazu bestimmt ist, bei der gewerblichen Herstellung eines Gegenstandes als Vorbild zu dienen (Erw. 2).
|
Sachverhalt
ab Seite 344
BGE 99 Ib 343 S. 344
A.-
Der Schweizerische Landesverband für Leibesübungen ersuchte das Eidg. Amt für geistiges Eigentum am 16. April 1973 um offene Hinterlegung eines Modells, das aus einer graphischen Zeichnung besteht und vom Verband als "Sport für alle - Figur" ausgegeben wurde. Das Amt antwortete am 24. April, die hinterlegte Zeichnung könne nicht als Vorlage für die gewerbliche Herstellung eines bestimmten Gegenstandes im Sinne des MMG betrachtet werden; sie sei vielmehr als Motiv auf irgendeinem Gegenstand gedacht, dessen Gestaltung noch offen sei. Das Gesuch müsse daher gemäss
Art. 14 Abs. 2 MMV
zurückgewiesen werden, wenn es nicht innert 30 Tagen zurückgezogen oder geändert werde.
Am 16. Mai 1973 stellte der Verband ein neues Gesuch. Er verlangte die verschlossene Hinterlegung eines Musters, das in einem versiegelten Umschlag beigelegt und als "Symbolfigur Sport für alle" bezeichnet wurde. Das Amt wies das Gesuch mit Verfügung vom 26. Juni 1973 zurück, weil die hinterlegte Symbolfigur den Schutz des MMG nicht geniessen könne.
B.-
Gegen diese Verfügung führt der Verband Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, sie aufzuheben und das Amt anzuweisen, das mit Gesuch vom 16. Mai hinterlegte Muster, das ein Vorbild für die Herstellung von Symbolfiguren "Sport für alle" enthalte, im Register einzutragen.
Das Eidg. Amt für geistiges Eigentum beantragt, die Beschwerde abzuweisen.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Die grundsätzliche Frage, ob das Amt überhaupt befugt sei, einem verschlossen hinterlegten Gegenstand den Musterschutz zu verweigern, weil der Gegenstand kein gewerbliches Muster im Sinne des Gesetzes sei, wird in der Beschwerde nicht aufgeworfen, in der Beschwerdeantwort aber einlässlich erörtert. Sie ist vom Bundesgericht von Amtes wegen zu prüfen.
Das Amt führt zu dieser Frage insbesondere aus, gemäss
Art. 17 Abs. 2 MMG
habe es offen hinterlegte Gegenstände, die als Muster oder Modelle im Sinne des Gesetzes ausser Betracht fielen, zurückzuweisen. Dazu sei es auch verpflichtet, wenn eine Hinterlegung unter versiegeltem Umschlag spätestens nach Ablauf der ersten Schutzdauer von fünf Jahren in eine offene umgewandelt werde (
Art. 9 Abs. 1,
Art. 17 Abs. 3 MMG
) und das angebliche Muster oder Modell sich dann als unzulässig
BGE 99 Ib 343 S. 345
erweise. Dies könne das Amt in der Regel erst bei Öffnung der versiegelten Hinterlegung feststellen. Davon gehe auch das Gesetz aus, das aber einem Hinterleger sicher nicht während fünf Jahren ein Scheinrecht für einen Gegenstand einräumen wolle, der seiner Natur nach vom Gesetz überhaupt nicht erfasst werde. Darauf liefe aber das zweite Gesuch des Beschwerdeführers hinaus, wenn er auf Weigerung des Amtes hin die offene Hinterlegung in eine verschlossene umwandeln dürfte, um der Rückweisung des ersten Gesuches zu entgehen. Ein solches Vorgehen sei missbräuchlich und verdiene wegen seiner Folgen keinen Rechtsschutz. Der Beschwerdeführer wolle das von ihm beanspruchte Scheinrecht in Lizenz benützen lassen; eine Pflicht des Amtes, dies während fünf Jahren zu dulden, würde sich aber zum Nachteil der Lizenznehmer auswirken, könne folglich vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Nach dem Gegenstand des zweiten Gesuches und dem Begleitschreiben des Beschwerdeführers vom 16. Mai 1973 habe das Amt annehmen müssen, dass die verschlossen hinterlegte Figur mit der vordem offen eingereichten Zeichnung identisch sei, was der Beschwerdeführer übrigens zugebe.
Art. 17 MMG
regle Fälle wie den vorliegenden, wo das Amt vom unzulässigen Inhalt einer versiegelten Hinterlegung ausnahmsweise schon zur Zeit des Gesuches Kenntnis erhalten habe, freilich nicht, weise insofern also eine Lücke auf.
Von einer echten Lücke des Gesetzes kann indes nicht die Rede sein. Die Möglichkeit, ein Muster oder Modell verschlossen zu hinterlegen, sah das MMG schon in der Fassung von 1888 vor. Nach der Entstehungsgeschichte dachte man dabei vor allem an Textilmuster, an deren Geheimhaltung Fabrikanten und Modeschöpfer interessiert sind, um ihre vorzeitige Bekanntmachung zu verhindern und sie vor Nachahmung zu schützen. Von der versiegelten Hinterlegung sollten aber auch andere Interessenten Gebrauch machen können (vgl. Botschaft des Bundesrates in BBl 1888 I S. 653 ff. insbes. S. 658/9); sie wird im Gesetz denn auch bloss der Grösse und dem Gewicht, nicht aber der Sache nach beschränkt (
Art. 7 Abs. 2 und
Art. 9 MMG
). Indem der Gesetzgeber die verschlossene Hinterlegung frei zuliess, fand er sich mit der Gefahr ab, dass diese Art der Hinterlegung unter Umständen missbraucht wird und der Hinterleger auch Scheinrechte mit Schutzwirkung erlangen kann. Eine Folge davon ist, dass das Gesetz die Befugnis des
BGE 99 Ib 343 S. 346
Amtes, unzulässige Muster oder Modelle gemäss Art. 17 Abs. 2 und 3 zurückzuweisen, auf solche Gegenstände beschränkt, die offen eingereicht werden oder erst bei Öffnung einer versiegelten Hinterlegung auf ihre Zulässigkeit geprüft werden können.
Wenn das Amt einem verdeckten Rechtsmissbrauch nicht begegnen kann, heisst das jedoch nicht, dass es auch einen offenbaren hinnehmen müsse. Ein solcher liegt vor, wenn ein Gesuchsteller einen zunächst offen eingereichten, aber vom Amt als unzulässig zurückgewiesenen Gegenstand nachträglich verschlossen hinterlegen will. Der Gesuchsteller könnte den Zweck der Rückweisung nach Belieben vereiteln, wenn das Amt sich diesfalls mit der verschlossenen Hinterlegung abfinden müsste; es hält ein solches Vorgehen mit Recht für missbräuchlich im Sinne von
Art. 2 Abs. 2 ZGB
.
Im vorliegenden Fall kann sich somit bloss fragen, ob die vom Beschwerderdeführer verschlossen hinterlegte "Symbolfigur Sport für alle" mit der zuvor offen eingereichten "Sport für alle - Figur" übereinstimmte. Dies musste das Amt nach den Unterlagen ernsthaft vermuten. Die Vermutung wird bestätigt durch die vom Beschwerdeführer unterbreiteten Belege, insbesondere durch den Vergleich zwischen der als "Sportli" bezeichneten neuen Symbolfigur und der zuerst eingereichten Figur. Der Beschwerdeführer versucht die vom Amt unverkennbar vorausgesetzte Übereinstimmung denn auch nicht zu widerlegen.
2.
Nach
Art. 2 MMG
ist unter einem Muster oder Modell im Sinne des Gesetzes eine äussere Formgebung zu verstehen, die bei der gewerblichen Herstellung eines Gegenstandes als Vorbild dienen soll. Das Bundesgericht führte dazu im Entscheid 95 II 472, auf den der Beschwerdeführer sich beruft, insbesondere aus, die Formgebung müsse ein Mindestmass an geistigem Aufwand erkennen lassen und dem Gegenstand gegeben werden, um den Geschmack, den Sinn für das Schöne anzusprechen. Ob die vom Beschwerdeführer hinterlegte Symbolfigur diesen Anforderungen entspricht, kann offen bleiben, wenn anzunehmen ist, dass sie nicht als Vorbild für die gewerbliche Herstellung eines Gegenstandes dient und dienen kann.
Die hinterlegte Symbolfigur ist eine Zeichnung. Der Beschwerdeführer will nach eigenen Angaben Handels- und Gewerbebetrieben die Lizenz erteilen, die Figur "für die Herstellung verschiedenartigster Gegenstände" (z.B. Schlüsselanhänger,
BGE 99 Ib 343 S. 347
Schreibtischfiguren, Puppen und Münzen) oder als "Aufdruck auf Leibchen usw." zu benützen. Er möchte die Figur zudem, wie aus den Akten erhellt, in Abwandlungen zur Illustration von Texten verwenden lassen, die sich mit Sport befassen. Damit gibt er zu, dass das Muster entgegen dem Beschwerdeantrag nicht als Vorbild für die Herstellung von Symbolfiguren "Sport für alle" gedacht ist. Aus seinen Ausführungen ergibt sich vielmehr, dass die gewerblich herzustellenden Gegenstände entweder in ihrer vom Muster völlig unabhängigen Eigengestalt lediglich mit der hinterlegten Figur zu versehen sind oder im flächigen Muster überhaupt kein Vorbild finden. Beides widerspricht der gesetzlichen Umschreibung des Musters in
Art. 2 MMG
; es verträgt sich zudem weder mit
Art. 15 Abs. 2 Ziff. 1 und 19 MMG
noch mit
Art. 6 MMV
. Von der hinterlegten Figur lässt sich auch nicht sagen, dass die Form erst an dem nach dem Muster geschaffenen Gegenstand zur Geltung komme, wie der Beschwerdeführer unter Berufung auf TROLLER (Immaterialgüterrecht Bd. I 2. Aufl. S. 516) anzunehmen scheint.
Dass das Muster oder Modell eine geistige, "nicht an eine einmalige Materialisation" gebundene Sache ist, wie der Beschwerdeführer unter Hinweis auf TROLLER (a.a.O. S. 517) einwendet, hilft ihm nicht. TROLLER sieht das Geistige in der zum Wesensmerkmal erhobenen Zweckbestimmung: Das Muster oder Modell soll bei der Herstellung eines Gegenstandes als Vorbild dienen, darf seine wesentlichen Züge aber nicht der physischen Bearbeitung des Materials, in dem es geformt wurde, verdanken. Er verkennt deswegen jedoch nicht, dass das Muster oder Modell "zur sinnlich wahrnehmbaren Existenz gebracht werden", "als fertige Form erkennbar sein" muss. Damit stimmt überein, dass er an anderer Stelle (a.a.O. S. 516), die vom Beschwerdeführer unvollständig zitiert wird, die äussere Formgebung im Sinne von
Art. 2 MMG
nicht bloss abstrakt als "visuell wahrnehmbare Form" auffasst, sondern zugleich konkret als "durch die Verwendung von mindestens zwei Linien oder Flächen entstandenes graphisches Gebilde im weitesten Sinne" oder als "dreidimensionale Form, Raumform" versteht. Auch nach der deutschen Lehre gehört die Körperlichkeit zum Wesen des Musters, gleichviel ob es plastisch oder flächig ist (FURLER, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl. S. 82).
BGE 99 Ib 343 S. 348
Aus der französischen Fassung des
Art. 2 MMG
kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Der dort verwendete Ausdruck "dessin" hat, gleich wie im Titel des Gesetzes, den Sinn von "Muster", nicht die viel engere Bedeutung von "Zeichnung". Sonst würde der sachliche Geltungsbereich des Gesetzes erheblich eingeschränkt, was seinem Sinn und Zweck widerspräche. Freilich kann ein Muster auch in Form einer Zeichnung hinterlegt werden (
Art. 15 Abs. 2 Ziff. 1 MMG
und
Art. 3 Abs. 1 MMV
). Aber auch diesfalls muss das Muster den gesetzlichen Erfordernissen genügen; es muss aus der Zeichnung also insbesondere hervorgehen, welchem Gegenstand sie bei der Herstellung als Vorbild dienen soll. Das ist bei der umstrittenen Symbolfigur des Beschwerdeführers nicht der Fall. Sie wurde geschaffen, um für eine Sparte der vom Beschwerdeführer entfalteten Vereinstätigkeit zu werben. Die ideellen Ziele, die mit ihrer Hinterlegung verfolgt werden, decken sich mit dem Zweck der Werbung. Als äussere Formgebung ist die Figur weder geeignet noch dazu bestimmt, Vorbild eines Gegenstandes zu sein, der gewerblich hergestellt wird.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
|
public_law
|
nan
|
de
| 1,973 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
|
Federation
|
f52f8ee5-7e5e-48e1-bd23-67ad18447c2c
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Urteilskopf
117 Ib 53
10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. Februar 1991 i.S. Bundesamt für Polizeiwesen gegen S. und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen.
Im Rahmen des dem Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen (EÜR) unterstellten Rechtshilfeverkehrs ist die Frage des Verjährungseintritts nicht zu prüfen. Wenn es aber um Rechtshilfemassnahmen geht, die nicht im EÜR, sondern im IRSG selber vorgesehen sind, so ist die Rechtshilfe nach diesem Gesetz abzuwickeln und dabei auch die Verjährungsregelung gemäss
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
zu berücksichtigen.
|
Sachverhalt
ab Seite 54
BGE 117 Ib 53 S. 54
Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg/BRD führt gegen S. und eine grosse Zahl weiterer Beschuldigter ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der (teilweise) gemeinschaftlichen sowie tateinheitlichen und fortgesetzten Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall gemäss § 370 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 der deutschen Abgabeordnung (AO) in Verbindung mit § 25 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 78 Abs. 3 Nr. 4 des deutschen Strafgesetzbuches (dStGB).
Im Rahmen des die Anschuldigungen betreffenden Ermittlungsverfahrens ersuchte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg am 19. Juli 1990 die schweizerischen Behörden um rechtshilfeweise Durchsuchungen und Vernehmungen in der Schweiz. Mit Stellungnahme vom 13. August 1990 erklärte die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) zuhanden des Bundesamtes für Polizeiwesen (BAP), die objektiven Tatbestandsmerkmale des Abgabebetruges (
Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG
) als erfüllt zu erachten. Mit Schreiben vom 16. August 1990 übermittelte das BAP das Begehren zum Entscheid und Vollzug an die Behörden des Kantons Zürich (
Art. 79 IRSG
). Im selben Schreiben beauftragte das BAP die Zürcher Behörden mit der Leitung des Vollzugs im Sinne von
Art. 80 IRSG
, was den weiteren durch das deutsche Ersuchen betroffenen Kantonen mitgeteilt wurde. Mit Verfügung vom 20. August 1990 überwies die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich das Begehren
BGE 117 Ib 53 S. 55
an die Bezirksanwaltschaft Zürich zur Prüfung und weiteren Veranlassung.
Mit Verfügung vom 24. August 1990 entsprach die Bezirksanwaltschaft Zürich dem Rechtshilfeersuchen und ordnete die erforderlichen Vollzugshandlungen an.
Dagegen erhob S. am 5. November 1990 Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, mit dem er - soweit hier wesentlich - beantragte, die Verfügung sei aufzuheben; dem deutschen Rechtshilfeersuchen sei nicht zu entsprechen, und die bereits durchgeführten Rechtshilfehandlungen (Beschlagnahmen, Zeugeneinvernahmen) seien als nichtig bzw. ungültig zu erklären.
Am 12. Dezember 1990 entschied die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich soweit hier wesentlich, die Rechtshilfe sei für die weiter als 7 1/2 Jahre zurückliegenden Taten wegen absoluter Verjährung zu verweigern (Dispositiv Ziff. 1a/aa).
Gegen diesen Entscheid erhob das Bundesamt für Polizeiwesen am 16. Januar 1991 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit folgenden Anträgen:
"1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei gutzuheissen.
2. Punkt 1.a)aa) des angefochtenen Entscheides der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 12. Dezember 1990 sei aufzuheben, soweit er die Rechtshilfe für Taten, die weiter als 7 1/2 Jahre zurückliegen, verweigert.
3. Die Rechtshilfe sei für den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 1982 bis 31. Dezember 1988 im Sinne der Verfügung vom 24. August 1990 des Bezirksanwaltes von Zürich und in Aufhebung von Punkt 1.a)aa) des Rekursentscheides der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 12. Dezember 1990 zu bewilligen."
Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut und hebt den angefochtenen Entscheid antragsgemäss auf.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
a) Für die Rechtshilfe zwischen der BRD und der Schweiz sind in erster Linie die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EÜR, SR 0.351.1), dem die beiden Staaten beigetreten sind, und der zwischen ihnen hiezu abgeschlossene ergänzende Vertrag vom 13. November 1969 (Zusatzvertrag, SR 0.351.913.61) massgebend. Soweit diese Verträge bestimmte Fragen nicht regeln, gelangt das
BGE 117 Ib 53 S. 56
Landesrecht, d.h. das Bundesgesetz über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG, SR 351.1) und die dazugehörende Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV, SR 351.11), zur Anwendung (vgl.
Art. 1 Abs. 1 IRSG
). Dies gilt auch, soweit die Rechtshilfevoraussetzungen im Landesrecht günstiger geregelt sind als im Vertragsrecht (s.
BGE 106 Ib 341
ff., nicht publ. E. 1c von
BGE 115 Ib 68
ff. und nicht publ. E. 2 von
BGE 115 Ib 193
ff., nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom 7. Februar 1989 i.S. D.).
b) Beim angefochtenen Entscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich handelt es sich um einen solchen der letzten kantonalen Instanz (
§ 402 ff. StPO
/ZH). Gemäss
Art. 25 Abs. 3 IRSG
ist das BAP zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen solchen Entscheid legitimiert. Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen sind erfüllt, so dass auf die Beschwerde einzutreten ist.
c) Das Bundesgericht ist aufgrund von
Art. 25 Abs. 6 IRSG
, der als Spezialbestimmung der allgemeinen Vorschrift von
Art. 114 Abs. 1 OG
vorgeht, nicht an die Begehren der Parteien gebunden (
BGE 113 Ib 266
E. 3d). Es hat daher die Möglichkeit, den angefochtenen Entscheid gegebenenfalls zugunsten oder auch zuungunsten des Beschwerdeführers zu ändern (
BGE 112 Ib 585
f. E. 3). Als Rechtsmittelinstanz überprüft es die bei ihm im Verwaltungsgerichtsverfahren erhobenen Rügen grundsätzlich mit freier Kognition (s. etwa
BGE 113 Ib 181
E. 7a,
BGE 109 Ib 167
E. 4). Da es aber in Rechtshilfesachen nicht Aufsichtsbehörde ist, darf die Prüfung des angefochtenen Entscheides den Rahmen des Streitgegenstandes nicht sprengen (
BGE 112 Ib 585
f. E. 3, nicht publ. E. 1a von
BGE 115 Ib 517
ff.).
2.
a) Die vom BAP erhobene Beschwerde richtet sich einzig gegen Ziff. 1a/aa des Entscheides der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, wonach die Rechtshilfeleistung für Taten, die weiter als 7 1/2 Jahre zurückliegen, wegen Eintritts der absoluten Verfolgungsverjährung in Anwendung von
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
verweigert wird. Die übrigen Punkte, die Gegenstand des zürcherischen Rekursverfahrens bildeten, sind daher hier nicht nochmals zu prüfen. Festzustellen ist einzig, dass sich nach Durchsicht der Akten ergibt, dass die Staatsanwaltschaft gestützt auf das deutsche Ersuchen hinreichende Verdachtsmomente für das Vorliegen eines Abgabebetruges im Sinne von
Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG
und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hiezu (s.
BGE 116 Ib 103
,
BGE 115 Ib 71
ff., insb. 74 ff., mit Hinweisen) zu Recht bejaht hat und
BGE 117 Ib 53 S. 57
entsprechend die anbegehrte Rechtshilfeleistung grundsätzlich zu Recht bewilligt worden ist.
b) Die Staatsanwaltschaft erwog soweit hier wesentlich, es sei zu berücksichtigen, dass gemäss
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
einem Ersuchen nicht entsprochen werde, soweit die Strafverfolgung nach schweizerischem Recht wegen absoluter Verjährung ausgeschlossen wäre, wogegen die schweizerischen Rechtshilfebehörden die Frage der relativen Verjährung nach schweizerischem Recht oder der Verjährung nach dem Recht des ersuchenden Staates nicht zu prüfen hätten. Für die Verfolgung von Abgabebetrug der in Frage stehenden Art betrage die absolute Verjährungsfrist nach schweizerischem Recht 7 1/2 Jahre. Bei den im vorliegenden Fall gegebenen Verhältnissen sei somit Rechtshilfe für weiter als 7 1/2 Jahre zurückliegende Taten ausgeschlossen. Insoweit die Zulässigkeit der Rechtshilfe gemäss Verfügung der Bezirksanwaltschaft nicht auf Taten innert der letzten 7 1/2 Jahre beschränkt werde, sei daher der Rekurs gutzuheissen.
Das BAP weist zur Hauptsache darauf hin, das im vorliegenden Fall anwendbare EÜR enthalte keine Bestimmung, welche die Unzulässigkeit der Rechtshilfe für den Fall der Verjährung vorsehe. Ebenso sei eine solche Bestimmung auch im Zusatzvertrag nicht enthalten. Es frage sich daher, ob hier eine Lücke vorliege, die gemäss bisheriger Rechtsprechung und allgemeinen Auslegungsprinzipien durch das dem Völkerrecht untergeordnete Landesrecht zu füllen sei, oder ob es sich gar nicht um eine Lücke handle. Bei der Abklärung dieser Frage sei zu berücksichtigen, dass das Völkervertragsrecht vorgehe und die Anwendung des IRSG nicht zu Ergebnissen führen dürfe, die dem Sinn und Zweck des EÜR zuwiderliefen (
BGE 112 Ib 584
E. 2,
BGE 108 Ib 530
E. 2a). Demgemäss dürfe die Anwendung des IRSG nicht zu einer weiteren Einschränkung der Rechtshilfeleistung führen, so dass die Anwendbarkeit von
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
mehr als fraglich sei, denn beim Fehlen einer Bestimmung zur Verjährung im EÜR handle es sich eher um ein qualifiziertes Schweigen als um eine ausfüllungsbedürftige Lücke. Zudem gehe das Völkerrecht dem in
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
formulierten Verjährungsvorbehalt vor, selbst wenn dieser, was allerdings nicht eindeutig feststehe, zum schweizerischen Ordre public gehören würde. Die Frage der Verjährung nach schweizerischem Recht sei daher in einem wie hier nach dem EÜR abzuwickelnden Rechtshilfeverfahren gar nicht zu prüfen. Und selbst wenn die Frage der Verjährung bei der
BGE 117 Ib 53 S. 58
Prüfung der beidseitigen Strafbarkeit miteinbezogen werden müsste, was allerdings abzulehnen sei, so dürfte sie, als blosse Prozessvoraussetzung, nicht zur Verweigerung der Rechtshilfe führen, da für die Zulässigkeit der Rechtshilfeleistung nur die objektiven Tatbestandselemente zu prüfen seien, während die subjektiven (Schuldfragen) und die Prozessvoraussetzungen vom Sachrichter im ersuchenden Staat zu prüfen seien.
Die Bezirksanwaltschaft Zürich hat sich den die Verjährungsfrage betreffenden Ausführungen des BAP grundsätzlich angeschlossen. Sie hält dafür, für diese Frage sollten im Geltungsbereich des EÜR einzig das Recht und der Richter des ersuchenden Staates massgebend sein. Allerdings sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass es im vorliegenden Fall um Abgabebetrug gehe. Bei Fiskaldelikten könne gemäss
Art. 2 lit. a EÜR
die Rechtshilfe verweigert werden. In welchen Fällen die Schweiz dennoch Rechtshilfe leiste, bestimme sich nach dem IRSG. Es stelle sich deshalb die Frage, ob hier nicht eben doch
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
gelte.
In ihrer im bundesgerichtlichen Verfahren erstatteten Vernehmlassung weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, die Anwendung von
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
stütze sich auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung gemäss
BGE 112 Ib 602
E. 13b. Abschliessend bestätigt sie die Erwägungen des angefochtenen Entscheides.
3.
Die Frage, welche Bedeutung der Verjährung in einem dem EÜR unterstellten Rechtshilfeverfahren zukomme, bildete schon wiederholt Gegenstand bundesgerichtlicher Verfahren, doch konnte sie bis anhin offenbleiben (s. nicht publ. Urteile vom 15. Februar 1990 i.S. B., vom 8. Februar 1990 i.S. K., vom 17. Januar 1990 i.S. S., vom 10. Januar 1989 i.S. T.D., vom 4. Januar 1988 i.S. A. und vom 9. Juli 1987 i.S. H., zudem nicht publ. E. 7 von
BGE 115 Ib 68
ff. und nicht publ. E. 6 von
BGE 114 Ib 357
ff.).
Im Hinblick auf die Beurteilung dieser Frage ist zunächst auf den Stand der Argumentation gemäss der bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu verweisen. Wie bereits etwa im erwähnten Urteil vom 17. Januar 1990 (E. 7a) ist von folgendem auszugehen: Das EÜR sieht in Art. 5 vor, dass die Vertragsparteien die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung oder Beschlagnahme von Gegenständen einer oder mehreren der drei in Ziff. 1 lit. a-c der genannten Bestimmung vorgesehenen Bedingungen unterwerfen können. Die Schweiz hat bei der Unterzeichnung des Abkommens die Erklärung abgegeben, die Vollziehung
BGE 117 Ib 53 S. 59
eines Rechtshilfeersuchens, das die Anwendung von Zwangsmassnahmen erfordere, von der in
Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR
erwähnten Bedingung abhängig zu machen. Die Vollziehung eines derartigen Ersuchens setzt gemäss dieser Erklärung voraus, dass die ihm zugrundeliegende strafbare Handlung sowohl nach dem Recht des ersuchenden Staates als auch nach dem des ersuchten Staates strafbar ist (vgl. hiezu
BGE 112 Ib 591
f. E. 11a;
BGE 99 Ia 88
f. E. 5a). In Verbindung mit der Annahme, dass auch die Verjährung als Strafhinderungs- oder Strafaufhebungsgrund ein Institut des materiellen Strafrechts sei (so HANS SCHULTZ, Das Schweizerische Auslieferungsrecht, Basel 1953, S. 341 f., und Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, Band I, 4. Aufl. Bern 1982, S. 24 f. und 251; offengelassen in
BGE 105 IV 9
E. 1a), würde dieses in
Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR
aufgestellte Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit auch die Prüfung der Verjährung mitumfassen. Einem Rechtshilfeersuchen, dessen Vollzug die Anwendung von Zwangsmassnahmen bedingt, könnte demnach insoweit nicht entsprochen werden, als für die in Frage stehenden Delikte nach schweizerischem Recht oder auch nach dem Recht des ersuchenden Staates die Verjährung eingetreten wäre. Ob eine solch weitgehende Berücksichtigung der Verjährung auch im Bereich der "kleinen" Rechtshilfe angezeigt ist, erscheint aber insbesondere mit Blick auf die von der Schweiz im Rahmen von
Art. 5 Ziff. 1 EÜR
getroffene Wahl (lit. a anstatt lit. b oder c) sowie auf die Regelung im Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (SR 0.353.1) - Regelung der Verjährung unabhängig von der Regelung der beidseitigen Strafbarkeit - zweifelhaft, wie das Bundesgericht im genannten Urteil vom 10. Januar 1989 erwogen hat (E. 2b; zur Überprüfung des ausländischen Rechts im allgemeinen vgl. auch
BGE 112 Ib 593
f. E. 11b/ba). Übrigens ist - wie regelmässig in den bilateralen Auslieferungsübereinkommen - auch in dem zwischen den USA und der Schweiz abgeschlossenen neuen, am 14. November 1990 unterzeichneten Auslieferungsvertrag die Verjährungsfrage (Art. 5 des Vertrages) unabhängig von der Frage der beidseitigen Strafbarkeit (Art. 2 des Vertrages) geregelt worden (BBl 1991 I 84ff., insb. 94 und 96).
Wie
Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR
, so enthält auch die für Zwangsmassnahmen die beidseitige Strafbarkeit voraussetzende Bestimmung von Art. 4 Ziff. 2 des zwischen der Schweiz und den USA über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen abgeschlossenen Übereinkommens vom 25. Mai 1973 (RVUS, SR 0.351.933.6)
BGE 117 Ib 53 S. 60
keinen Hinweis auf die Verjährung, während das IRSG - wie erwähnt - Zwangsmassnahmen ausschliesst, wenn nach schweizerischem Recht die absolute Verjährung der Strafverfolgung oder -vollstreckung eingetreten ist (
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
). CURT MARKEES (Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, SJK 423, S. 22) hält - allerdings ganz allgemein, ohne ausdrückliche Erwähnung der Verjährungsregelung gemäss
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
- dafür, dass die Verbote des IRSG "im Hinblick auf ihre zwingende Natur" auch gegenüber amerikanischen Rechtshilfebegehren gelten sollen. Entsprechend vertritt LIONEL FREI (Der Rechtshilfevertrag mit den USA und die Aufhebung geschützter Geheimnisse, SJK 67, S. 32) die Auffassung, die Verjährung könne "in der Tat" als Teil des schweizerischen Ordre public angesehen werden (s. auch Botschaft des Bundesrates zum IRSG, BBl 1976 II 475, allerdings nicht in bezug auf die "kleine" Rechtshilfe, sondern im Zusammenhang mit der die Vollstreckung fremder Strafentscheide betreffenden Regelung (
Art. 94 ff. IRSG
)), weshalb die Rechtshilfe mit Zwangsmassnahmen gestützt auf
Art. 3 Ziff. 1 RVUS
verweigert werden dürfe, wenn nach schweizerischem Recht die absolute Verjährung erfolgt sei; das Rechtshilfegesetz diene hier der Konkretisierung des Rechtshilfevertrages. Gleiches liesse sich somit in Anbetracht von
Art. 2 lit. b EÜR
auch in bezug auf die von der Schweiz für den Fall der Anwendung von Zwangsmassnahmen gewählte Regelung des
Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR
sagen. Denn jedenfalls gemäss
Art. 2 lit. b EÜR
kann der ersuchte Staat die Rechtshilfe verweigern, wenn er der Ansicht ist, die Erledigung des Ersuchens sei geeignet, "die öffentliche Ordnung (Ordre public) oder andere wesentliche Interessen seines Landes zu beeinträchtigen", womit - mangels Unterscheidung - nebst dem internationalen wohl auch der nationale Ordre public gemeint ist (s. VOGLER/WALTER/WILKITZKI, Kommentar zum IRG, 2. Aufl. Heidelberg 1989, Teil III 2 (EÜR), S. 25 N. 8). Ob die Verjährung aber tatsächlich dem (internationalen oder nationalen) Ordre public zuzurechnen ist, ist zweifelhaft, wie auch das BAP festhält. Einerseits ist der schweizerischen Rechtsordnung selber in verschiedenen Bereichen Unverjährbarkeit nicht fremd, so zum Beispiel im Gebiete des Strafrechts (
Art. 75bis StGB
) oder auch andernorts (s.
Art. 149 Abs. 5 SchKG
). Anderseits ist mit Blick auf die Rechtsprechung und den Grossteil der Literatur festzustellen, dass diese die elementaren verfassungs- und völkerrechtlichen Gebote des Grundrechts- und Menschenrechtsschutzes
BGE 117 Ib 53 S. 61
bzw. die wesentlichen Grundlagen der innerstaatlichen Rechts- und Gemeinschaftsordnung zum internationalen bzw. nationalen Ordre public zählt, dabei aber die Verjährung nirgends erwähnt wird (s. etwa
BGE 115 Ib 87
, 113 Ib 273,
BGE 112 Ib 346
,
BGE 76 I 129
; SCHULTZ, a.a.O. (Auslieferungsrecht), S. 239, und SCHULTZ, Das neue Schweizer Recht der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen, in ZStW 96/1984, S. 600; THEO VOGLER, Auslieferungsrecht und Grundgesetz, Berlin 1970, S. 202 ff.; VOGLER/WALTER/WILKITZKI, a.a.O., Teil I A 2, § 73, S. 1 ff., und Teil III 2, S. 25). Das EAÜ seinerseits und auch der zwischen der Schweiz und der BRD hiezu abgeschlossene Zusatzvertrag vom 13. November 1969 (SR 0.353.913.61) enthalten keinen Vorbehalt des inländischen Ordre public, so dass dieser einer Auslieferung nicht entgegenstehen könnte (
BGE 112 Ib 346
); wie erwähnt, steht aber gemäss der ausdrücklichen Regelung des
Art. 10 EAÜ
die Verjährung nach dem Recht sowohl des ersuchenden als auch des ersuchten Staates einer Auslieferung entgegen, wobei Art. IV Abs. 1 des Zusatzvertrages ergänzend bestimmt, dass für die Unterbrechung der Verjährung allein die Vorschriften des ersuchenden Staates massgebend sind.
In Anbetracht all dieser Aspekte gewinnt das Argument an Gewicht, im Umstand, dass im EÜR anders als im EAÜ eine Bestimmung zur Verjährung fehlt, sei eher ein qualifiziertes Schweigen als eine auslegungsbedürftige Lücke zu erblicken. So finden sich auch in der Botschaft u.a. zum EAÜ und EÜR bei den Ausführungen zum letztgenannten Übereinkommen nirgends Hinweise, dass das in
Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR
aufgestellte Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit auch die Prüfung der Verjährung mitumfasse, während bei den Ausführungen zum EAÜ klar zwischen den beiden je separat geregelten Fragen der Verjährung und der beidseitigen Strafbarkeit unterschieden wird (s. BBl 1966 I 457 ff., insb. 460, 473 ff., 478 ff.). Die das IRSG betreffende Botschaft ihrerseits fügt bei den Ausführungen zu Art. 2-4 des Entwurfs zu dessen Art. 2 (= Art. 2 des Gesetzes) lediglich bei, es erscheine als selbstverständlich, "dass diese Beschränkungen nicht allein für die Auslieferung, sondern für alle Arten von Zusammenarbeit in Strafsachen von Bedeutung sind" (BBl 1976 II 478 f.); jedoch enthalten diese Erläuterungen keinen Hinweis dafür, dass die genannte Gemeinsamkeit auch die Verjährungsregelung selber, Art. 4 lit. c des Entwurfs (= Art. 5 Abs. 1 lit. c des Gesetzes), betreffen soll. Ebenfalls daraus lässt sich somit nicht der Schluss
BGE 117 Ib 53 S. 62
ziehen, die Verjährungsfrage sei ganz allgemein im Rahmen der "kleinen" Rechtshilfe und damit auch nach dem dem EÜR unterstellten Rechtshilfeverkehr zu berücksichtigen.
Enthält das EÜR aber keine explizite Regelung der Verjährungsfrage und ist eine solche Regelung nach dem Gesagten ganz allgemein im Lichte der Zielsetzungen des EÜR auch auslegungsweise nicht naheliegend, so darf das landesinterne Recht die Rechtshilfevoraussetzungen gegenüber vorrangigem Vertragsrecht nicht erschweren, wohl aber erleichtern (s.
BGE 106 Ib 341
ff. und hiezu HANS SCHULTZ in ZBJV 118/1982 S. 52 f.; HANS SCHULTZ, a.a.O., ZStW 96/1984, S. 598; zudem nicht publ. E. 1c von
BGE 115 Ib 68
ff. und nicht publ. E. 2 von
BGE 115 Ib 193
ff., nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom 7. Februar 1989 i.S. D.). Da das EÜR als Völkervertragsrecht dem IRSG vorgeht (vgl.
Art. 1 Abs. 1 IRSG
), darf die Anwendung des Gesetzes somit nicht zu Ergebnissen führen, die dem Sinn und Zweck des EÜR widersprechen (
BGE 112 Ib 584
E. 2,
BGE 108 Ib 530
E. 2a).
Die Verjährungsfrage bei der "kleinen" Rechtshilfe jedenfalls gemäss EÜR nicht bereits im Rechtshilfeverfahren selber zu berücksichtigen, sondern erst durch den ausländischen Sachrichter nach dem Recht des ersuchenden Staates prüfen zu lassen, ist im übrigen insbesondere deswegen ohne weiteres vertretbar, weil die "kleine" Rechtshilfe - selbst eine in deren Rahmen zu treffende Zwangsmassnahme - für die Betroffenen regelmässig einen erheblich weniger schwer wiegenden Eingriff bedeutet als die Auslieferung. Vor allem darf auch der Umstand nicht übersehen werden, dass die Rechtshilfeleistung namentlich in komplexen Angelegenheiten, wie sie häufig Gegenstand der "kleinen" Rechtshilfe bilden, vielfach selbst der Entlastung der Betroffenen dienen und daher letztlich auch in deren Interesse liegen kann.
Hinzu kommt, dass in einem wie vorliegend sehr komplexen Fall mit mehreren Teilnehmern bzw. Mittätern und einer über Jahre hinweg erfolgten Delinquenz nur sehr schwierig festgestellt werden kann, welchem Teilnehmer bzw. Mittäter welche Tathandlungen zuzuschreiben sind. Dies gilt um so mehr, wenn sich die betreffenden Ermittlungshandlungen (häufig) erst in einem frühen Stadium befinden. Entsprechend ist es in einem derartigen Fall für den Rechtshilferichter auch nur sehr schwierig festzustellen, für welchen Teilnehmer bzw. Mittäter für welchen Deliktsteil ab welchem Zeitpunkt Verjährung bereits eingetreten ist. Demgegenüber ist bei der Auslieferung regelmässig nur eine Person mit einer bereits
BGE 117 Ib 53 S. 63
detailliert umschriebenen strafbaren Handlung zu beurteilen, so dass sich zumindest dem Rechtshilferichter in einem solchen Fall die Prüfung der Verjährungsfrage wesentlich einfacher darstellt als in den (immer häufiger werdenden) komplexen Fällen von "kleiner" Rechtshilfe.
In solchen Fällen von "kleiner" Rechtshilfe, die immer wieder irgendwelche Teilnahme- oder Mittäterschaftsformen zum Gegenstand haben und die sich oftmals in einem noch frühen Ermittlungsstadium befinden, hängt die Beantwortung der Verjährungsfrage regelmässig von der Beantwortung konkreter Tat- und Schuldfragen ab. Die Beurteilung dieser Fragen obliegt aber nach bisheriger Rechtsprechung nicht dem Rechtshilferichter, sondern dem ausländischen Sachrichter (s. etwa
BGE 115 Ib 81
E. 3b/cc; FREI, a.a.O., S. 15). Auch aus dieser Sicht drängt es sich daher auf, bei der Prüfung der beidseitigen Strafbarkeit jedenfalls im Rahmen des nach dem EÜR abzuwickelnden Rechtshilfeverkehrs wie bei der Prüfung der Strafbarkeit gemäss Landesrecht (
Art. 64 IRSG
) einzig die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einzubeziehen (
BGE 112 Ib 593
E. 11b/ba), ohne dabei die besonderen Schuldformen und Strafbarkeitsbedingungen oder eben die Strafhinderungs- und Strafaufhebungsgründe zu prüfen. Dies entspricht übrigens auch der Regelung gemäss dem deutschen Rechtshilfegesetz (s. VOGLER/WALTER/WILKITZKI, a.a.O., Teil I A 2, § 66, S. 9).
Was schliesslich den Standpunkt der Bezirksanwaltschaft Zürich in ihrer im bundesgerichtlichen Verfahren an die Staatsanwaltschaft gerichteten Vernehmlassung anbelangt, ist festzustellen, dass zwar der Hinweis auf
Art. 2 lit. a EÜR
zutrifft und ein Vertragsstaat die Rechtshilfe u.a. bei Fiskaldelikten verweigern kann. In welchen Fällen die Schweiz insoweit dennoch Rechtshilfe leistet, bestimmt sich nach dem IRSG. Deswegen stellt sich für die Bezirksanwaltschaft die Frage, ob in solchen Fällen nicht eben doch
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
gilt, wonach die Gewährung von Rechtshilfe für absolut verjährte Taten ausgeschlossen ist, sofern Zwangsmassnahmen anbegehrt werden.
Art. 2 lit. a EÜR
entsprechend verweigert die Schweiz grundsätzlich Rechtshilfe für Fiskaldelikte (
Art. 3 Abs. 3 Satz 1 IRSG
). Jedoch kann einem Ersuchen um Rechtshilfe nach dem dritten Teil des Gesetzes entsprochen werden, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Abgabebetrug ist (
Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG
). Liegen die durch die Rechtsprechung aufgezeigten Voraussetzungen eines
BGE 117 Ib 53 S. 64
Abgabebetruges vor (s.
BGE 115 Ib 68
ff. mit Hinweisen), so kann es nicht mehr dem Ermessen der schweizerischen Behörden überlassen sein, ob Rechtshilfe zu gewähren sei oder nicht; der in
Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG
enthaltene Ausdruck "kann" bedeutet somit die Pflicht zur Rechtshilfeleistung im Falle von Abgabebetrug, falls die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind (
BGE 111 Ib 248
E. 4c). Als Abgabebetrug ist nur zu verstehen, was nach schweizerischer Auffassung als solcher gilt (
BGE 116 Ib 103
,
BGE 115 Ib 77
ff. E. 3b und c). Liegt gemäss schweizerischem Recht Abgabebetrug vor, so sind dann aber gegenüber einem Vertragsstaat für die Beurteilung der übrigen Rechtshilfevoraussetzungen wiederum in erster Linie die vertraglichen Bestimmungen massgebend. Dabei
Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG
einzig bei Abgabebetrug zum Tragen kommen zu lassen, erscheint im Lichte der vorstehenden Ausführungen als nicht gerechtfertigt. Würde im übrigen die Überlegung der Bezirksanwaltschaft konsequent weitergeführt, so wären die von den an das EÜR gebundenen Staaten an die Schweiz gerichteten Gesuche um Rechtshilfe wegen Abgabebetruges durchwegs nur noch nach dem internen Recht und nicht mehr nach dem Vertragsrecht abzuwickeln. Dies würde aber dem Sinn und Zweck des Vertragsrechts widersprechen.
Demnach ergibt sich zusammenfassend, dass dem Verjährungseintritt im Rahmen des dem EÜR unterstellten Rechtshilfeverkehrs (Übermittlung von Beweismitteln) nicht Rechnung zu tragen ist. Diese Lösung gelangt aber dann nicht zur Anwendung, wenn es um Rechtshilfemassnahmen geht, die im EÜR nicht vorgesehen sind (z.B. Herausgabe von Gegenständen,
Art. 74 IRSG
) und für die daher das IRSG selber massgebend ist (s. oben E. 1a).
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public_law
|
nan
|
de
| 1,991 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
|
Federation
|
f53165d8-4f7f-4885-a239-6d559660f637
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Urteilskopf
95 I 144
21. Urteil vom 2. April 1969 i.S. Züst gegen Regierungsrat des Kantons Appenzell-Ausserrhoden und Gemeinderat Walzenhausen.
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Regeste
Monopol für das Ausführen elektrischer Hausinstallationen
1. Die Verwaltungsjustizbehörde, die in ihrem Entscheid auf ein sog. Parteigutachten abstellt, ohne der andern Partei Gelegenheit zur Vernehmlassung zu diesem Gutachten gegeben zu haben, verletzt dadurch
Art. 4 BV
(Erw. 2).
2. Das Monopol eines Gemeindewerks betreffend Ausführen elektrischer Hausinstallationen ist unzulässig,
a) wenn es mit fiskalischen Interessen begründet wird (Begriff des fiskalischen Interesses);
b) wenn es mit sicherheitspolizeilichen Überlegungen begründet wird (Änderung der Rechtsprechung).
Dagegen kann sich das Monopol aus andern Gründen des öffentlichen Wohls rechtfertigen (Erw. 4).
Dem öffentlichen Interesse der Strombezüger an rascher Behebung von Störungen am Freileitungsnetz und andern Werkanlagen kann u.U. durch geeignete Bedingungen und Auflagen an die zugelassenen privaten Installateure genügt werden. (Erw. 7).
|
Sachverhalt
ab Seite 145
BGE 95 I 144 S. 145
A.-
Die Einwohnergemeinde Walzenhausen/AR erliess mit Beschluss vom 6. Mai 1962 ein Reglement über die Abgabe elektrischer Energie (Reglement). Nach dessen Art. 1 ist die Elektrizitäts-Versorgung Walzenhausen (EVW) ein Verwaltungszweig der Einwohnergemeinde Walzenhausen. Sie gibt "an die einzelnen Bezüger der Gemeinde Walzenhausen, sowie des Weilers Büriswilen bis Hüsli des Bezirks Oberegg/AI
BGE 95 I 144 S. 146
Energie ab, soweit sich diese im Bereich des Verteilnetzes befinden und es die Leistungsfähigkeit des Netzes erlaubt" (Art. 2 des Reglements). Die EVW unterhält auch eine eigene Installationsabteilung. Nach Art. 16 Abs. 1 des Reglements dürfen Hausinstallationen nur durch die EVW erstellt, unterhalten, verändert und erweitert werden.
Eugen Züst hat die Meisterprüfung als eidg. dipl. Elektro-Installateur bestanden und betreibt in Heiden/AR ein Fachgeschäft. Am 11. Dezember 1967 ersuchte er die EVW, ihm in ihrem Verteilgebiet die Vornahme elektrischer Hausinstallationen zu bewilligen. Die EVW wies das Gesuch ab. Der Gemeinderat von Walzenhausen bestätigte diesen Entscheid im wesentlichen mit der Begründung, die EVW sei auf den heutigen Personalbestand angewiesen, um den Unterhalt des weit verzweigten Stromversorgungsnetzes sicherzustellen. Dieser Bestand sei aber nur aufrecht zu erhalten, wenn die EVW auch die Hausinstallationen besorgen könne.
Eugen Züst zog den gemeinderätlichen Entscheid an den Regierungsrat des Kantons Appenzell-Ausserrhoden weiter. Dieser wies den Rekurs am 30. Juli 1968 ab. Zur Begründung führte er aus, nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts sei zwar das Hausinstallationsmonopol von Gemeindewerken mit
Art. 31 BV
vereinbar. Doch sei diese Praxis angefochten; sie könne jedenfalls mit wirtschaftspolitischen und fiskalischen Argumenten nicht mehr aufrecht erhalten werden. Anders sei es nur dann, wenn die Preisgabe des Installationsmonopols den Bestand eines öffentlichen Elektrizitätswerks gefährdete oder einen genügenden Reparaturdienst in Frage stellte. Gerade das treffe nach einem vom Gemeinderat eingereichten Gutachten in Walzenhausen zu.
B.-
Gegen den Beschluss des Regierungsrates führt Eugen Züst staatsrechtliche Beschwerde. Er rügt Verletzungen der
Art. 4 und 31 BV
. Züst beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Regierungsrat bzw. den Gemeinderat von Walzenhausen anzuweisen, ihm "die Bewilligung (Konzession) zum Erstellen, Ändern und Ausbessern elektrischer Hausinstallationen im Verteilungsgebiet des Elektrizitätswerks Walzenhausen zu erteilen". Der Beschwerdeführer macht einmal geltend, das Gutachten, auf das sich der Regierungsrat stütze, sei ihm vorenthalten worden. Er, der Beschwerdeführer, wisse nicht einmal, wer es erstattet habe. Das verletze
Art. 4 BV
.
BGE 95 I 144 S. 147
Die Berufung auf den angeblich nötigen minimalen Personalbestand sei bloss ein Vorwand, um fiskalische und wirtschaftliche Interessen zu verteidigen.
Der Entscheid sei indessen auch unter den vom Regierungsrat angeführten Voraussetzungen unhaltbar. Wenn die Gemeinde Monopolbetriebe zur Verteilung elektrischer Energie schaffe, so habe sie eben auch die Folgen davon zu tragen, gleichgültig, ob ein solcher Betrieb einen genügenden Ertrag abwerfe oder nicht. Es gehe nicht an, die Kosten mit dem Betrieb eines gemeindeeigenen Installationsgeschäfts unter Ausschluss der Konkurrenz decken zu wollen. Mit dem Ausführen von Hausinstallationen werde keine öffentliche Aufgabe erfüllt, sondern eine privatwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt. Es sei auch widersprüchlich, aufgrund des Berufsbildungsgesetzes Installateure auszubilden und sie dann daran zu hindern, den erlernten Beruf auszuüben.
C.-
Der Regierungsrat des Kantons Appenzell A.Rh. und der Gemeinderat von Walzenhausen schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Zur Rüge des Beschwerdeführers, es sei ihm in das vom Regierungsrat erwähnte Gutachten keine Einsicht gewährt worden, bemerkt die Regierung, sie habe die ihr wichtig scheinenden Ausführungen des Gutachtens in den angefochtenen Entscheid aufgenommen und damit die Gründe des Gutachters zu ihren eigenen gemacht. Dem Beschwerdeführer seien somit alle Gründe bekannt gegeben worden, die den Regierungsrat zur Abweisung des Rekurses bewogen hätten. Der Gemeinderat beruft sich auf die Praxis des Bundesgerichts und auf die örtlichen Verhältnisse.
Erwägungen
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Weder behauptet der Beschwerdeführer, das Reglement über die Abgabe elektrischer Energie sei von der Gemeinde Walzenhausen unzuständigerweise erlassen worden, noch wird geltend gemacht, es verstosse inhaltlich gegen kantonales Recht oder entfalte aus irgendeinem anderen Grunde überhaupt keine Rechtswirkungen. Umstritten ist lediglich Art. 16 Abs. 1 des Reglementes, wonach Hausinstallationen nur durch das Werk (d.h. die EVW) erstellt, unterhalten, verändert oder erweitert werden dürfen. Wenn sich diese Bestimmung als verfassungswidrig erweisen sollte, könnte sie allerdings heute nicht mehr
BGE 95 I 144 S. 148
aufgehoben werden, da die dreissigtägige Anfechtungsfrist (vgl.
Art. 89 OG
) längst abgelaufen ist. Vorfrageweise ist aber die Rüge der Verfassungswidrigkeit noch im Anschluss an einen aufgrund der betreffenden Bestimmung ergangenen Anwendungsakt zulässig (vgl.
BGE 92 I 364
E. 1 mit Hinweisen). Auf die vorliegende Beschwerde ist daher einzutreten.
2.
Die Beschwerde rügt einmal eine Verletzung von
Art. 4 BV
. Sie sieht diese darin, dass der Regierungsrat auf ein von der Gemeinde Walzenhausen eingelegtes Privatgutachten abgestellt habe, ohne dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Rüge ist begründet. Im Verfahren, das zum angefochtenen Entscheid führte, kam dem Regierungsrat verwaltungsgerichtliche Funktion zu. Das von der Gemeinde eingereichte Gutachten von Ing. Frei bildete in jenem Stadium des Verfahrens ein neues Beweismittel. Wenn der Regierungsrat auf dieses abstellen wollte, dann war er nach
Art. 4 BV
verpflichtet, dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gutachten zu geben. Das hat die kantonale Instanz nicht getan und damit den Grundsatz des rechtlichen Gehörs missachtet (vgl.
BGE 91 I 92
/3 E. 2).
Vergeblich weist der Regierungsrat darauf hin, er habe die ihm wesentlich scheinenden Gründe des Gutachters in den angefochtenen Entscheid aufgenommen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs fordert in einem solchen Fall, dass der Rechtsuchende angehört werde, bevor die urteilende Instanz ihren Entscheid trifft (vgl. TINNER, Das rechtliche Gehör, ZSR 83 II S. 331). Der angefochtene Entscheid ist mithin schon wegen Verletzung von
Art. 4 BV
aufzuheben.
3.
Wenn eine Gemeinde die Verteilung von Wasser, Gas oder Elektrizität im Gemeindegebiet in der Form eines öffentlichen Dienstes besorgt, besitzt sie hiefür ein faktisches Monopol, da sie nicht verhalten werden kann, einem Konkurrenzunternehmen die für diese Verteilung unumgängliche Benützung ihres öffentlichen Eigentums zu gestatten. Dieses tatsächliche Monopol, das nicht gegen
Art. 31 BV
verstösst (
BGE 58 I 240
f. und 298 f.), da es sich auf die Herrschaft über den öffentlichen Boden stützt, geht an sich nur soweit, als solcher Boden für die Wasser-, Gas- und Elektrizitätsleitungen beansprucht wird. Das Bundesgericht hat jedoch wiederholt entschieden, dass die Gemeinde dieses Monopol ohne Verletzung des
Art. 31 BV
auf die sog. Hausinstallationen, d.h. die Erstellung und den Unterhalt
BGE 95 I 144 S. 149
der an ihr Verteilernetz angeschlossenen Leitungen und Anlagen im Innern der Gebäude der Bezüger ausdehnen darf. Dabei durfte die Gemeinde bisher zulässigerweise die Ausführung der Hausinstallationen entweder unter Ausschluss jeder Konkurrenz sich selber vorbehalten oder aber sich in diese Tätigkeit teilen mit einigen Privaten, denen sie Konzessionen einräumte (sog. gemischtes System), wobei die Verweigerung solcher Konzessionen nur wegen Verletzung des
Art. 4 BV
anfechtbar war (
BGE 88 I 64
/5 mit Hinweisen). Die Ausführung von Hausinstallationen geniesst dagegen den Schutz des
Art. 31 BV
, wenn die Gemeinde auf ein Monopol verzichtet hat, wobei private Firmen allein die genannte Tätigkeit ausüben oder aber ein Gemeindebetrieb sich mit ihnen im freien Wettbewerb misst (
BGE 94 I 23
E. 3).
Im Schrifttum wird die Ausdehnung des Belieferungsmonopols auf die Erstellung und den Unterhalt von Hausinstallationen seit langem als mit
Art. 31 BV
unvereinbar bezeichnet (vgl. die in
BGE 88 I 75
enthaltenen Literaturhinweise und neuerdings AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Nr. 1956 - 1958). Ob und gegebenenfalls inwieweit angesichts der Kritik an der bisherigen Rechtsprechung festzuhalten sei, konnte in neuern Urteilen (
BGE 88 I 65
,
BGE 93 I 406
f. und
BGE 94 I 23
E. 2) dahingestellt bleiben. Die Frage ist jetzt - jedenfalls hinsichtlich der elektrischen Hausinstallationen - zu entscheiden, da die EVW für solche unbestrittenermassen ein Monopol beansprucht und der Beschwerdeführer dieses als verfassungswidrig anficht.
4.
Die bisherige Praxis begründete die Zulässigkeit des Hausinstallationsmonopols damit, dass hinsichtlich solcher Installationen lediglich der Umfang der gemeinwirtschaftlichen Tätigkeit um etwas über die Zuleitung und Abgabe elektrischer Energie erweitert werde und dass besondere Gründe vorlägen, die diese mit dem allgemeinen Zweck des Unternehmens eng zusammenhängende Ausdehnung als im öffentlichen Interesse liegend erscheinen liessen (
BGE 82 I 229
,
BGE 47 I 252
f.,
BGE 38 I 64
/5). Wie aus dieser Umschreibung erhellt, ist das Installationsmonopol auch nach der bisherigen Rechtsprechung mit
Art. 31 BV
nur vereinbar, wenn sich "besondere Gründe des öffentlichen Wohls" dafür anführen lassen.
a) Ursprünglich stützte sich das Bundesgericht vor allem auf einen sicherheitspolizeilichen Grund. Es erklärte, für eine
BGE 95 I 144 S. 150
technisch richtige Anlage biete die Ausführung der Installationen durch das Werk wohl die beste Gewähr. Zwar könne das Interesse der Sicherheit und Ordnung auch mit einem Konzessionssystem (d.h. dem gemischten System) oder einer blossen Polizeibewilligung gewahrt werden. Doch erfülle das System des ausschliesslichen Monopols des Gemeindebetriebes diesen Zweck vollkommener, und es erscheine daher als durch jenes Interesse genügend gedeckt. Zulässig sei nicht bloss das Mindestmass der Beschränkung; denn dieses könne eben deshalb nicht angemessen sein, weil sich mit einer weitergehenden Beschränkung der Zweck besser erreichen lasse (vgl.
BGE 47 I 253
).
Diese Argumentation hatte seinerzeit erhebliches Gewicht. Indessen fügte ein Bundesratsbeschluss vom 24. Oktober 1949 in die Verordnung über die Erstellung, den Betrieb und den Unterhalt von elektrischen Starkstromanlagen (StarkstromV) einen Art. 120ter ein. Nach diesem dürfen Hausinstallationen nur noch erstellt, geändert oder ausgebessert werden durch Personen, die in den berufskundlichen Fächern die Meisterprüfung für Elektroinstallateure bestanden haben, oder durch solche, die einen Ausweis einer schweizerischen Hochschule oder eines kantonalen Technikums über abgeschlossene elektrotechnische Studien und über eine genügende praktische Tätigkeit im Hausinstallationsfach erbringen. Das ausführende Personal muss nach Art. 120quater der StarkstromV die Lehrabschlussprüfung für Elektromonteure oder für Starkstrommonteure bestanden haben; Hilfskräfte dürfen nur unter der Aufsicht solcher Personen arbeiten.
Angesichts dieser sehr hohen Anforderungen haben die in der früheren Rechtsprechung angeführten sicherheitspolizeilichen Überlegungen ihre Geltung verloren. Das Installationsmonopol kann mit dieser Begründung nicht mehr aufrecht erhalten werden.
b) Schon in
BGE 58 I 299
hatte die Praxis erkannt, dass fiskalische Interessen allein das Installationsmonopol nicht zu rechtfertigen vermöchten. Gleichwohl warf ihr die Literatur auch seither wieder vor, sie stelle entscheidend auf fiskalische Zwecke ab. Diese Kritik mag insofern verständlich erscheinen, als die Rechtsprechung den Begriff des fiskalischen Interesses bisher nie umschrieben hat. Ein solches ist dann anzunehmen, wenn Ausgestaltung oder Handhabung des Monopols es dem Gemeindewerk gestatten, nach Deckung sämtlicher Unkosten
BGE 95 I 144 S. 151
(insbesondere der Vornahme angemessener Abschreibungen und Rückstellungen sowie nach Abzug des üblichen Zinsaufwandes für Eigen- und Fremdkapital) dem Gemeinwesen in irgendeiner Form geldwerte Leistungen zu erbringen, die andernfalls mit Steuergeldern zu bezahlen wären. Geht man von dieser Umschreibung aus, dann erweist sich der genannte Vorwurf als unbegründet. Zwar hat der Staatsgerichtshof in Fällen des sog. gemischten Systems wiederholt erklärt, die Sorge um einen angemessenen Ertrag des Gemeindewerks stelle unter dem Gesichtspunkt von
Art. 4 BV
einen sachlichen Grund für die Verweigerung der Hausinstallationskonzession dar (so in den Urteilen vom 27. Januar 1940 i.S. Schweizer c. Zofingen, vom 17. Dezember 1952 i.S. Wild c. Lyss und vom 16. Dezember 1953 i.S. Elektroinstallations-AG c. Interlaken). Ging es hingegen darum, zu entscheiden, ob das Installationsmonopol als solches mit
Art. 31 BV
vereinbar sei - eine Frage, die das Bundesgericht schon bisher stets frei und nicht nur auf Willkür hin prüfte -, wurde jedenfalls seit
BGE 58 I 299
nie auf fiskalische Interessen im umschriebenen Sinne abgestellt.
c) Selbst in der Kritik an der bisherigen Rechtsprechung wird eingeräumt, dass sich das Installationsmonopol aus andern Gründen des öffentlichen Wohls rechtfertigen könne (vgl. z.B. MARTI, Handels- und Gewerbefreiheit, S. 229 ff.; AUBERT, a.a.O. Nr. 1958 a.E.).
Es liegt einmal zweifellos im öffentlichen Interesse, den elektrischen Strom, auf den heute jedermann angewiesen ist und der sich seiner Beschaffenheit nach nur monopolartig verteilen lässt, möglichst wirtschaftlich und wohlfeil abzugeben. Kann nun ein Verteilwerk ohne eigene Installationsabteilung nicht bestehen und muss diese neben dem Bau und dem normalen Unterhalt der werkeigenen Anlagen auch den Pikettdienst und die rasche Hilfe bei Naturkatastrophen, Brandfällen, Drahtbrüchen und sonstigen Betriebsstörungen gewährleisten, dann hat jeder Stromkonsument, also die Allgemeinheit, ein Interesse daran, dass das Personal der Installationsabteilung möglichst durchgehend beschäftigt ist; jede nur teilweise ausgenützte Arbeitskraft würde nämlich den Strompreis verteuern. Überlegungen solcher Art dürfen nicht einfach als "fiskalisch" bezeichnet werden. Dies umso weniger, als die Strombezüger auch daran interessiert sind, dass Betriebsstörungen an den Anlagen innert nützlicher Frist behoben werden, das Werk
BGE 95 I 144 S. 152
diesem Erfordernis aber unter Umständen nicht mehr genügen kann, wenn es infolge der Zulassung privater Installateure den Personalbestand der Installationsabteilung vermindern muss. Sind derartige Gründe gegeben, dann lässt sich das Installationsmonopol auch weiterhin mit
Art. 31 BV
vereinbaren.
5.
a) Zu Recht begründet der Regierungsrat die Zulässigkeit des Installationsmonopols der EVW nicht damit, das Personal des Gemeindewerks biete bessere Gewähr für die fachgemässe Ausführung von Hausinstallationen als der Beschwerdeführer. Wie sich aus den Akten ergibt und nicht bestritten ist, umfasst das Personal der EVW 9 Personen, nämlich einen Betriebsleiter (mit Meisterdiplom), einen Chefmonteur (mit Lehrabschlussprüfung), vier Monteure (wovon zwei für Freileitungen besonders ausgebildet sind), einen Hilfsarbeiter und zwei Lehrlinge. Kommt der Beschwerdeführer als Inhaber eines Meisterdiploms dazu, so können sich unter dem sicherheitspolizeilichen Gesichtspunkt die Verhältnisse nur verbessern. Über Zahl und Qualifikation der Arbeitskräfte des Beschwerdeführers liegen zwar keine Angaben vor, doch haben die Behörden es in der Hand, alle Arbeitskräfte auszuschliessen, die dem Art. 120quater der StarkstromV nicht genügen sollten.
b) Der Regierungsrat hat im angefochtenen Entscheid vielmehr angenommen, eine Preisgabe des Installationsmonopols müsste die korrekte Behebung von Schäden am Verteilnetz wesentlich beeinträchtigen. Diese Annahme beruht auf der Voraussage, dass die EVW ihren Personalbestand vermindern müsste, wenn sie private Installateure zuzulassen hätte. Allein das ergibt sich selbst aus dem Gutachten nicht zwingend. Zwar wird darin erklärt, das Netz der EVW sei wegen des hügeligen Geländes (540-900 m über Meer) in höherem Masse von Störungen bedroht als Netze im Flachland. Ein Vergleich mit den Werken von St. Moritz, Arosa, Davos und Lenzerheide sei ebenfalls ausgeschlossen, weil dort wesentlich höhere Personalbestände vorhanden seien. Nach dem Befund des Gutachters hätte eine Verminderung des Personalbestandes auf 3 bis 4 Mann zur Folge, dass bei Störungen mit längeren Betriebsunterbrüchen als bisher zu rechnen wäre, was grosse Schäden bei den Abonnenten bewirken könnte. Nirgends aber wird im Gutachten erklärt, die Zulassung des Beschwerdeführers (und allfällliger weiterer Bewerber) zu Hausinstallationen werde
BGE 95 I 144 S. 153
tatsächlich eine Personalverminderung auf weniger als 50% des bisherigen Bestandes bewirken.
Weder der Gemeinderat noch der Regierungsrat machen glaubhaft, dass infolge der Zulassung privater Firmen sämtliche Installationsaufträge oder auch nur ein bedeutender Teil davon der EVW entgehen müssten. Das wird sicher dann nicht geschehen, wenn die EVW der Konkurrenz qualitativ und preislich gewachsen ist. Wäre sie es nicht, dann läge die Zulassung von Privaten auch aus diesem Grund im öffentlichen Interesse, um die EVW zu rationellerer Betriebsweise zu veranlassen (so auch der Regierungsrat des Kantons St. Gallen in ZBl 54/1953 S. 21/2). Nimmt man hinzu, dass nach dem Zeugnis des Gutachters auch im Kanton Appenzell A.Rh., trotz verhältnismässig bescheidener Bautätigkeit, ständig mehr Energie beansprucht wird, so ist auch von daher gesehen ein Rückgang - und erst recht ein erheblicher Rückgang - des Personals der EVW im Falle freier Konkurrenz der Installationsabteilung mit privaten Firmen wenig wahrscheinlich.
6.
Wie die Gemeinderechnungen zeigen, arbeitete die EVW bisher auch im Dienste des Gemeindefiskus. Sie lieferte der Gemeinde bis 1967 einen jährlichen Reingewinn von Fr. 20'000.-- ab. Im Jahr 1968 stieg dieser Betrag auf Fr. 30'000.--, und für 1969 sind Fr. 40'000.-- veranschlagt. Sollte die Konkurrenz privater Installateure bewirken, dass der Betriebsgewinn der EVW kleiner würde oder sogar ganz verschwände, so wäre das kein hinreichender Grund, um dem Beschwerdeführer die Installationserlaubnis zu verweigern. Denn um des Fiskalertrages willen lässt sich nach dem Gesagten das Installationsmonopol nicht halten.
7.
Sollte sich - entgegen aller Wahrscheinlichkeit - ein Personalabbau auf lange Sicht nicht verhindern lassen, so kann dem öffentlichen Interesse der Strombezüger an rascher Behebung von Störungen durch geeignete Bedingungen und Auflagen an die privaten Firmen genügt werden. Der Gutachter hält das zwar für unmöglich, weil das Personal der privaten Installateure im Bedarfsfalle zumeist nicht erreichbar sei und ihm ohnehin die Fachkenntnisse, insbesondere für Reparaturen an Freileitungen, fehlten. Der Gefahr, das Personal der zugelassenen Installateure bei Notfällen nicht rechtzeitig zu erreichen, lässt sich durch die Auflage eines Pikettdienstes begegnen.
BGE 95 I 144 S. 154
Auch der zweite Einwand des Gutachters überzeugt nicht. Wie erwähnt, beschäftigt die EVW zur Zeit nur zwei Monteure, die auf Freileitungsbau spezialisiert sind. Daraus ist zu schliessen, dass das übrige Personal, insbesondere dasjenige, das normalerweise im Hausinstallationsfach tätig ist, bei der Störungsbehebung an Freileitungen nur Hilfsfunktionen ausübt. Dieses Personal wäre es, das im Falle von Auftragsrückgängen in der Installationsabteilung ganz oder teilweise entlassen werden müsste. Aus welchem Grunde Monteure privater Installationsfirmen jene Hilfstätigkeit nicht ebenfalls ausüben könnten, ist nicht einzusehen. Es bleibt den Behörden unbenommen, bei Erteilung der Installationsbewilligung dem Beschwerdeführer (und allfälligen weitern Bewerbern) sowie deren Personal den Besuch entsprechender Kurse vorzuschreiben. Dass sich die besondern Fachkenntnisse, die zur Behebung von Störungen an Freileitungen erforderlich sind, auf diese Weise vermitteln lassen, erscheint umso glaubhafter, als nach einer Auskunft des BIGA der Beruf des Freileitungsmonteurs kein Lehrberuf im Sinne des Berufsbildungsgesetzes ist; vielmehr werden jene Spezialisten bloss angelernt.
8.
Der Regierungsrat hat mithin nicht nur den
Art. 4 BV
verletzt. Sein Entscheid ist vielmehr auch aufzuheben, weil er dem
Art. 31 BV
widerspricht. In der Beschwerde wird ausserdem verlangt, das Bundesgericht habe den Regierungsrat anzuweisen, dem Beschwerdeführer die Installationsbewilligung zu erteilen. Dieses Begehren ist zulässig (
BGE 94 I 22
E. 1,
BGE 91 I 412
E. 1 mit Hinweisen). Seine Gutheissung hindert jedoch die kantonale Instanz nicht, in die Bewilligung geeignete Bedingungen und Auflagen aufzunehmen, wie das in Erw. 7 hievor angedeutet wurde.
Dispositiv
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und der Beschluss des Regierungsrates von Appenzell A.Rh. vom 30. Juli 1968 aufgehoben.
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public_law
|
nan
|
de
| 1,969 |
CH_BGE
|
CH_BGE_001
|
CH
|
Federation
|
f531e827-9f71-4df3-ac18-d6d6770eb049
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Urteilskopf
141 III 294
43. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A.X. et B.X. contre Z. (recours en matière civile)
4A_703/2014 du 25 juin 2015
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Regeste
Art. 60 und 59 Abs. 2 lit. b ZPO
; Zivilprozess; Prüfung der örtlichen Zuständigkeit von Amtes wegen durch den Richter mit Blick auf die Theorie der doppelrelevanten Tatsachen.
Das Recht am Ort des angerufenen Gerichts (lex fori) bestimmt, ob der Richter verpflichtet ist, die für den Entscheid über die Zuständigkeit wesentlichen Tatsachen von Amtes wegen selbst zu erforschen, oder ob er von den Parteien verlangen kann oder muss, ihm die notwendigen Beweise zu liefern (E. 4).
Rechtsprechungsgrundsätze, die bei der Anwendung der Theorie der doppelrelevanten Tatsachen massgebend sind (E. 5.1 und 5.2). Ausnahmen von der Theorie der doppelrelevanten Tatsachen (E. 5.3).
Anforderungen, die der Kläger beim Vorbringen seiner Behauptungen und Ausführungen zur Begründung der Klage bezüglich der doppelrelevanten Tatsachen erfüllen muss, damit das angerufene Gericht sich für örtlich zuständig erklären kann (E. 6).
|
Sachverhalt
ab Seite 295
BGE 141 III 294 S. 295
A.
Le 17 août 2007, C.X., née le 14 février 1944 et domiciliée à P. (VD), a signé, en Italie, sur le papier à en-tête de l'hôtel où elle séjournait, une reconnaissance de dette manuscrite, dont la teneur est la suivante:
"RECONNAISSANCE DE DETTE
Madame C.X. domiciliée à P., reconnaît devoir par la présente à Monsieur Z. domicilié à R. la somme de CHF 1'850'000 (un million huit cent cinquante mille francs suisses), montant payable d'ici au 30 septembre 2007 au plus tard.
Ce montant est dû en raison de l'aide et de l'assistance qu'il m'a apportées au cours de ces cinq dernières années".
En 2009, Z. a ouvert une action contre C.X. devant la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois, concluant au paiement de 1'850'000 fr. avec intérêts à 5 % l'an dès le 19 novembre 2008.
C.X. est décédée le 4 septembre 2009.
Pour mettre fin au litige pendant devant la Cour civile, Z. et les héritiers de C.X., soit ses frères A.X. et B.X., ont passé une convention extrajudiciaire le 19 mai 2010, convenant d'un montant transactionnel de 300'000 fr. à verser par la succession à Z., sans reconnaissance d'une quelconque obligation de part et d'autre, les parties se
BGE 141 III 294 S. 296
donnant quittance pour solde de tous comptes et de toutes prétentions.
Z. a, par la suite, contesté la validité de cette transaction.
B.
Le 12 décembre 2011, Z. a ouvert une action en paiement contre l'hoirie de feue C.X. devant la Chambre patrimoniale du canton de Vaud, concluant à ce qu'elle soit condamnée à lui payer les sommes de 1'550'000 fr. avec intérêts à 5 % l'an dès le 19 novembre 2008 et de 8'450 fr. avec intérêts à 5 % l'an dès le 27 août 2009.
Le juge délégué de la Chambre patrimoniale a admis, le 6 février 2012, que les héritiers, soit A.X. et B.X., tous deux domiciliés en Suède, sont défendeurs à la procédure.
Le 6 septembre 2012, les défendeurs ont formé une "requête incidente" tendant à faire prononcer l'irrecevabilité de l'action pour cause d'incompétence ratione loci.
Invité à se prononcer sur cette exception, le demandeur a répondu, dans la partie "en droit" de sa détermination du 16 novembre 2012, que la reconnaissance de dette se fonde sur une convention orale, qui est un contrat de mandat, le montant étant dû en raison de l'aide et de l'assistance apportées à la défunte au cours des cinq dernières années, comme le texte de la reconnaissance de dette le précise, et que l'aide a été apportée par lui, domicilié en Suisse, à la défunte à son domicile de P., de sorte que la Chambre patrimoniale est compétente localement sur la base du lieu de l'exécution de ce contrat (
art. 31 CPC
).
Par jugement incident du 13 juin 2013, la Chambre patrimoniale a déclaré recevable la demande de Z., admettant la compétence des juridictions suisses sur la base de l'art. 5 par. 1 let. b, 2
e
tiret, de la Convention de Lugano révisée du 30 octobre 2007 (Convention de Lugano, CL; RS 0.275.12).
Statuant par arrêt du 24 octobre 2014, la Cour d'appel civile du Tribunal cantonal vaudois a rejeté l'appel des défendeurs et confirmé le jugement de première instance.
C.
Les défendeurs exercent un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre cet arrêt. Ils concluent à l'admission de leur recours et à la réforme de l'arrêt attaqué en ce sens que la demande est déclarée irrecevable. Subsidiairement, ils concluent à l'annulation de l'arrêt et au renvoi de la cause à la cour cantonale pour nouvelle décision dans le sens des considérants. Ils invoquent la violation de l'
art. 55
BGE 141 III 294 S. 297
al. 1 CPC
dans l'établissement des faits et l'absence d'allégation des faits déterminants, ce qui, selon eux, aurait dû conduire la cour cantonale à déclarer la demande irrecevable.
Le Tribunal fédéral a rejeté le recours.
(résumé)
Erwägungen
Extrait des considérants:
4.
La cause est de nature internationale, puisque les défendeurs sont domiciliés en Suède (
art. 1 al. 1 LDIP
[RS 291] et
art. 2 CPC
). En effet, selon la jurisprudence, une cause est de nature internationale lorsqu'elle a une connexité suffisante avec l'étranger, ce qui est toujours le cas lorsque l'une des parties possède son domicile ou son siège à l'étranger, peu importe que ce soit le demandeur ou le défendeur, et indépendamment de la nature de la cause (arrêt 4A_443/2014 du 2 février 2015 consid. 3.1; à propos de l'aLFors, cf.
ATF 131 III 76
consid. 2.3; en matière d'arbitrage international, cf. l'
art. 176 al. 1 LDIP
).
Il n'est plus contesté que la Convention de Lugano révisée du 30 octobre 2007, entrée en vigueur pour la Suisse le 1
er
janvier 2011 et pour la Suède le 1
er
janvier 2010, est applicable en l'espèce. Et seul le for contractuel demeure litigieux.
C'est la loi du for (lex fori) qui détermine si le juge doit établir d'office les faits pertinents pour l'appréciation de sa compétence ou s'il peut ou doit demander aux parties de lui fournir les preuves requises, les
art. 25 et 26 CL
ne contenant que quelques précisions quant à l'examen (d'office) de sa compétence par le juge (
ATF 139 III 278
consid. 4.2 et les références).
5.
Avant d'examiner quelles sont les exigences d'allégation qui pèsent sur le demandeur, il s'impose de rappeler les principes jurisprudentiels développés sous le nom de "théorie de la double pertinence".
5.1
Les faits déterminants pour l'examen de la compétence sont soit des faits "simples", soit des faits "doublement pertinents" (arrêt 4A_28/2014 du 10 décembre 2014 consid. 4.2).
Les faits sont simples (
einfachrelevante Tatsachen
) lorsqu'ils ne sont déterminants que pour la compétence. Ils doivent être prouvés au stade de l'examen de la compétence, lorsque la partie défenderesse soulève l'exception de déclinatoire en contestant les allégués du demandeur (arrêts 4A_28/2014 déjà cité, consid. 4.2.1; 4A_113/2014 du 15 juillet 2014 consid. 2.3, non publié in
ATF 140 III 418
;
BGE 141 III 294 S. 298
ATF 137 III 32
consid. 2.3 p. 34 s.;
ATF 134 III 27
consid. 6.2.1 p. 34 s.;
ATF 133 III 295
consid. 6.2 p. 298 s.;
ATF 122 III 249
consid. 3b/bb p. 252).
Les faits sont doublement pertinents ou de double pertinence (
doppelrelevante Tatsachen
) lorsque les faits déterminants pour la compétence du tribunal sont également ceux qui sont déterminants pour le bien-fondé de l'action. C'est à ces faits que s'applique la théorie de la double pertinence.
5.2
Selon cette théorie, le juge saisi examine sa compétence sur la base des allégués, moyens et conclusions de la demande (der eingeklagte Anspruch und dessen Begründung), sans tenir compte des objections de la partie défenderesse (
ATF 136 III 486
consid. 4 p. 487; arrêt 4A_630/2011 du 7 mars 2012 consid. 2.2, non publié in
ATF 138 III 166
).
L'administration des preuves sur les faits doublement pertinents est renvoyée à la phase du procès au cours de laquelle est examiné le bien-fondé de la prétention au fond. Tel est notamment le cas lorsque la compétence dépend de la nature de la prétention alléguée, par exemple lorsque le for a pour condition l'existence d'un acte illicite ou d'un contrat (arrêts 4A_28/2014 déjà cité, consid. 4.2.2; 4A_113/2014 déjà cité, consid. 2.3;
ATF 137 III 32
consid. 2.3 p. 34;
ATF 133 III 295
consid. 6.2 p. 298 s.;
ATF 122 III 249
consid. 3b/bb p. 252).
Autrement dit, au stade de l'examen et de la décision sur la compétence, phase qui a lieu d'entrée de cause (cf.
art. 60 CPC
), les faits doublement pertinents n'ont pas à être prouvés; ils sont censés établis sur la base des allégués, moyens et conclusions du demandeur.
Ainsi, le tribunal doit décider, en fonction des écritures du demandeur, si, par exemple, un acte illicite a été commis.
- Si tel n'est pas le cas, les conditions permettant de fonder la compétence du tribunal saisi ne sont pas remplies et la demande doit être déclarée irrecevable.
- Si tel est le cas, le tribunal saisi admet sa compétence. L'administration des moyens de preuve sur les faits doublement pertinents, soit sur l'acte illicite, aura lieu ultérieurement dans la phase du procès au fond, soit au cours des débats principaux.
- S'il se révèle alors que le fait doublement pertinent n'est pas prouvé, par exemple qu'il n'y a pas eu d'acte illicite, le tribunal rejette la demande, par un jugement revêtu de l'autorité de la chose jugée.
BGE 141 III 294 S. 299
- S'il se révèle que le fait doublement pertinent est prouvé, par exemple que l'acte illicite a eu lieu, le tribunal examine alors les autres conditions de la prétention au fond.
En revanche, la localisation de l'acte illicite allégué, soit la question de savoir s'il a eu lieu en Suisse, est un fait simple, qui doit être prouvé au stade de l'examen de la compétence (cf. consid. 5.1. ci-dessus). En effet, la constatation portant sur le lieu où l'acte illicite a été commis est sans pertinence pour le bien-fondé de la prétention au fond (arrêt 4C.329/2005 du 5 mai 2006 consid. 2.2, non publié in
ATF 132 III 579
).
Dans l'arrêt 4A_28/2014 du 10 décembre 2014, le Tribunal fédéral n'a pas entendu modifier ces principes qui sous-tendent la jurisprudence publiée, un changement de jurisprudence étant d'ailleurs soumis à des exigences strictes dont la réalisation n'y a pas été discutée (cf.
ATF 136 III 6
consid. 3;
ATF 140 II 334
consid. 6; arrêts 4A_546/2013 du 13 mars 2014 consid. 3; 5A_39/2014 du 12 mai 2014 consid. 3.2, non publié in
ATF 140 III 167
). Il y a lieu de corriger l'erreur (cf.
ATF 134 III 354
consid. 1.4 et 1.5) qui s'est glissée dans cet arrêt lorsqu'il y est dit que le "renvoi de l'administration des preuves au fond ne signifie évidemment pas qu'un rejet pour défaut de compétence ne puisse plus être prononcé" et "que le juge statuera sur la compétence..." (cf. ANDREAS BUCHER, Vers l'implosion de la théorie des faits doublement pertinents, SJ 2015 II p. 67 ss). Certes, après l'administration des preuves sur les faits doublement pertinents, le tribunal peut se rendre compte que, contrairement à ce qu'il avait décidé d'entrée de cause dans sa décision admettant sa compétence, celle-ci n'est en réalité pas donnée. Toutefois, il ne peut et ne doit pas alors rendre un nouveau jugement sur sa compétence, puisqu'il ne saurait revenir sur la décision qu'il a prise d'entrée de cause à ce sujet; lorsque, par exemple, l'existence d'un acte illicite n'est pas établie, il doit rejeter la demande par un jugement au fond, lequel est revêtu de l'autorité de la chose jugée. Comme le relève BUCHER (op. cit., p. 72), "le défaut de la théorie... consiste en effet à autoriser le juge à constater sa compétence sans en vérifier toutes les conditions, et à renvoyer l'examen des faits doublement pertinents à la procédure au fond, sans tenir compte de l'incidence des mêmes faits sur l'application des règles de compétence". Cette théorie est néanmoins justifiée dans son résultat, dès lors que le demandeur qui choisit d'introduire son action à un for spécial n'a pas un intérêt à pouvoir, en cas d'échec, la porter ensuite au for ordinaire ou à un autre for
BGE 141 III 294 S. 300
spécial (cf. en particulier ALEXANDER R. MARKUS, Internationales Zivilprozessrecht, 2014, ch. 597 p. 157).
L'application de la théorie de la double pertinence n'est pas régie par la Convention de Lugano, mais par la loi du for (
ATF 134 III 27
consid. 6.2 et la référence). L'arrêt de la Cour de justice de l'Union européenne du 28 janvier 2015 dans l'affaire C-375/13
Harald Kolassa contre Barclays Bank plc
(cité par BUCHER, op. cit., p. 76) ne dit pas autre chose. Selon cet arrêt (point 65), "il n'y a pas lieu de procéder à une administration détaillée de la preuve en ce qui concerne les éléments de fait litigieux qui sont pertinents à la fois pour la question de la compétence et pour l'existence du droit invoqué; il est toutefois loisible à la juridiction saisie d'examiner sa compétence internationale à la lumière de toutes les informations dont elle dispose, y compris, le cas échéant, les contestations émises par le défendeur". En d'autres termes, le juge national peut se baser sur les seuls allégués du demandeur, mais la Cour de justice n'interdit pas non plus au juge national de prendre en compte toutes les circonstances. En l'état, il n'y a pas lieu d'examiner plus avant les critiques de BUCHER à cet égard (op. cit., p. 75 et 76).
5.3
Il est fait exception à l'application de la théorie de la double pertinence en cas d'abus de droit de la part du demandeur, par exemple lorsque la demande est présentée sous une forme destinée à en déguiser la nature véritable ou lorsque les allégués sont manifestement faux. Dans ces situations d'abus, la partie adverse doit être protégée contre la tentative du demandeur de l'attraire au for de son choix (
ATF 137 III 32
consid. 2.3;
ATF 136 III 486
consid. 4 p. 488 et les références; arrêts 4A_28/2014 déjà cité, consid. 4.2.2; 4A_31/2011 du 11 mars 2011 consid. 2; 4A_630/2011 déjà cité, consid. 2.2).
La théorie de la double pertinence n'entre par ailleurs pas en ligne de compte lorsque la compétence d'un tribunal arbitral est contestée, car il est exclu de contraindre une partie à souffrir qu'un tel tribunal se prononce sur des droits et obligations litigieux s'ils ne sont pas couverts par une convention d'arbitrage valable. Ladite théorie n'est pas non plus applicable lorsque la question de l'immunité de juridiction est invoquée par un Etat (arrêt 4A_28/2014 consid. 4.2.2;
ATF 131 III 153
consid. 5.1 p. 158;
ATF 124 III 382
consid. 3b p. 387).
6.
Il y a lieu d'examiner désormais quelles sont les exigences auxquelles le demandeur doit satisfaire dans la présentation de ses allégués et de ses moyens sur les faits doublement pertinents afin que,
BGE 141 III 294 S. 301
dans sa décision rendue d'entrée de cause sur la compétence, le tribunal puisse admettre qu'il est compétent ratione loci.
6.1
En vertu de l'
art. 60 CPC
, le tribunal examine d'office si les conditions de recevabilité - dont fait partie la compétence à raison du lieu (
art. 59 al. 2 let. b CPC
) - sont remplies.
On ne peut pas déduire de l'obligation imposée au tribunal par cette disposition qu'il doive rechercher lui-même les faits justifiant la recevabilité de la demande. L'examen d'office ne dispense pas les parties de collaborer à l'établissement des faits, en alléguant ceux qui sont pertinents et en indiquant les moyens de preuve propres à les établir (cf.
ATF 139 III 278
consid. 4.3 p. 281 s.).
Lorsque le demandeur choisit d'introduire son action à un for spécial, dont les conditions sont des faits doublement pertinents, le tribunal doit examiner d'office sa compétence d'entrée de cause, mais il le fait sur la base des seuls allégués et moyens du demandeur, sans tenir compte des contestations du défendeur et sans procéder à aucune administration de preuves. Il s'ensuit qu'il faut et qu'il suffit que le demandeur allègue correctement les faits doublement pertinents, c'est-à-dire de telle façon que leur contenu permette au tribunal d'apprécier sa compétence. Le tribunal doit en effet examiner si ces faits allégués (censés établis) sont concluants (schlüssig), c'est-à-dire s'ils permettent juridiquement d'en déduire le for invoqué par le demandeur (
ATF 137 III 32
consid. 2.2; MARKUS, op. cit., ch. 598 p. 157; URS H. HOFFMANN-NOWOTNY, Doppelrelevante Tatsachen in Zivilprozess und Schiedsverfahren, 2010, ch.100 ss).
6.2
Comme le relèvent les défendeurs recourants, il est vrai que le demandeur s'est contenté d'alléguer l'existence d'une reconnaissance de dette et de la produire, sans préciser la cause de sa créance. Il n'a pas formellement allégué ni dans la partie "en fait" de sa demande, ni dans la partie "en fait" de sa détermination du 16 novembre 2012, ni dans des allégués aux débats principaux du 23 mai 2013, les faits relatifs à la cause de l'obligation et au lieu d'exécution de l'obligation. Toutefois, dès lors que ces éléments ressortent de la partie "en droit" de sa détermination du 16 novembre 2012, c'est-à-dire de ses moyens au sens de la jurisprudence (cf. consid. 5.2 in initio ci-dessus), le tribunal pouvait en tenir compte en vertu de son devoir d'examen d'office.
En conséquence, dès lors que la débitrice défunte était domiciliée à P. - ce qui n'est pas contesté - et qu'il ressort des allégués et des
BGE 141 III 294 S. 302
moyens du demandeur que les soins ont été prodigués à celle-ci à son domicile, la Chambre patrimoniale pouvait considérer que ces derniers faits étaient censés établis et, partant, admettre sa compétence.
Il en découle que les griefs des recourants de violation de la maxime des débats (
art. 55 al. 1 CPC
), de violation de l'obligation incombant au demandeur de motiver ses allégués et de violation de la maxime éventuelle sont infondés.
| null |
nan
|
fr
| 2,015 |
CH_BGE
|
CH_BGE_005
|
CH
|
Federation
|
f538a307-73bc-4b90-8114-b1b14169c008
|
Urteilskopf
118 Ib 442
53. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14. September 1992 i.S. Bank X. gegen Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
|
Regeste
Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Legitimation der Bank im kantonalen Beschwerdeverfahren.
Im kantonalen Beschwerdeverfahren ist die Legitimation im Falle von Streitigkeiten, die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden können, mindestens in dem Umfang zu gewährleisten, als sie das Bundesrecht für die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht vorsieht. Entsprechend ist die Beschwerdelegitimation der Bank, die im ausländischen Strafverfahren zwar nicht beschuldigt, aber vom Rechtshilfeersuchen betroffen wird, nach
Art. 103 lit. a OG
zu beurteilen. Im Lichte dieser Bestimmung ist die Bank, über deren Finanzoperationen und Kontenbewegungen Auskünfte in Gestalt herauszugebender Dokumente oder durch Befragung von Angestellten bzw. Organen verlangt werden, beschwerdelegitimiert (E. 2).
|
Sachverhalt
ab Seite 443
BGE 118 Ib 442 S. 443
Die Staatsanwaltschaft Mailand führt eine Strafuntersuchung gegen die Verwalter bzw. Organe der Firma S. in Mailand. Diesen wird zur Last gelegt, in der Zeit ab 1981 falsche Bilanzen und falsche Jahresrechnungen erstellt, vorgelegt und veröffentlicht sowie falsche Angaben über Handelsgesellschaften gemacht zu haben. Sodann wird ihnen Betrug bzw. Veruntreuung in der Höhe von einigen dutzend Millionen US-$ zum Nachteil der Anzeigeerstatterin P. vorgeworfen, welche mit der Firma S. vertraglich verbunden war. Diese soeben genannten Straftaten sollen die Beschuldigten vor allem in den letzten rund 10 Jahren begangen haben.
Mit Rechtshilfegesuch vom 14. Dezember 1991 gelangte die Staatsanwaltschaft Mailand über das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) an die Bezirksanwaltschaft Zürich mit dem Antrag, bei der Bank X., Zürich, die im Ersuchen ausführlich beschriebenen Bankermittlungen durchzuführen.
Mit Verfügung vom 9. Dezember 1991 entsprach die Bezirksanwaltschaft Zürich dem Ersuchen und forderte die Bank X. auf, verschiedene Auskünfte zu erteilen und Unterlagen herauszugeben.
Gegen diese Verfügung rekurrierte die Bank X. an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Mit Entscheid vom 16. April 1991 verneinte diese die Rekurslegitimation der Bank und trat im Sinne der Erwägungen nicht auf den Rekurs ein.
Mit Eingabe vom 20. Mai 1992 erhob die Bank X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragte, der Rekursentscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 16. April 1992 und die Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 9. Dezember 1991 seien aufzuheben; das Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Mailand sei abzuweisen, da die Voraussetzungen zur Rechtshilfeleistung nicht erfüllt seien. Eventualiter sei das Verfahren zum Entscheid in der Sache selbst an die Vorinstanz
BGE 118 Ib 442 S. 444
zurückzuweisen, welche der Rekurrentin zu Unrecht die Rekurslegitimation abgesprochen habe.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
a) Die Staatsanwaltschaft erwog im angefochtenen Entscheid, die Bank X. als gemäss der Verfügung der Bezirksanwaltschaft editions- und auskunftspflichtige juristische Person sei zwar grundsätzlich zum Rekurs befugt. Nicht rekurslegitimiert sei sie aber, soweit sie sich nicht nur für sich selber, sondern auch für andere durch das Ersuchen betroffene Personen wehren wolle; denn ihr Rechtsschutzinteresse reiche nur soweit, als sie selber durch den angefochtenen Entscheid beschwert sei (
BGE 105 Ib 429
E. 7a, nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom 14. Januar 1992 i.S. C. und Mitb.). Die Beschwerdeführerin begründe ihre Legitimation damit, als Bank des Finanzplatzes Zürich habe sie aus grundsätzlichen Erwägungen ein Interesse daran, die Zulässigkeit der Gewährung der Rechtshilfe an die Staatsanwaltschaft Mailand klären zu lassen, denn es könne nicht angehen, dass sie gezwungen werde, Akten über Tatsachen, die vom Bankgeheimnis gedeckt seien, herauszugeben, wenn die Voraussetzungen dafür offensichtlich nicht gegeben seien. Sie verhindere dadurch die Verletzung von Schutzinteressen Dritter und vermeide unzumutbaren Aufwand im Zusammenhang mit der Herausgabe von Akten über solche Dritte. Mit dieser Begründung, so die Vorinstanz weiter, berufe sich die Bank nicht auf ein eigenes Rechtsschutzinteresse, sondern einzig auf das Schutzinteresse Dritter; eine eigene rechtlich relevante Beschwer mache sie damit nicht geltend. Unter diesen Umständen sei auf den Rekurs nicht einzutreten.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz verkenne, dass sie durchaus selber beschwert sei und ein eigenes Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Verfügung der Bezirksanwaltschaft vom 9. Dezember 1991 habe. Mit dieser Verfügung werde sie aufgefordert, Auskunft über ihren Kundenkreis und die mit diesem getätigten Geschäfte zu erteilen. Diese Tatsachen seien Bestandteil des Geschäftsgeheimnisses der Beschwerdeführerin. Sie sei an der Geheimhaltung der Teil ihres Geschäftsgeheimnisses bildenden Tatsachen nicht nur interessiert, sondern bezüglich ihres Kundenkreises nach Art. 47 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934 (BankG, SR 952.0) verpflichtet.
BGE 118 Ib 442 S. 445
Die Herausgabeverfügung berühre die Beschwerdeführerin somit unmittelbar in ihren eigenen Rechten und Pflichten, weshalb sie ohne weiteres rekurslegitimiert sei. Sodann betreffe die verlangte Edition Informationen und Unterlagen, die gemäss
Art. 47 BankG
vom Bankgeheimnis geschützt seien. Die Pflicht zur Geheimhaltung von dem Bankgeheimnis unterliegenden Informationen und Unterlagen sei Bestandteil jeder vertraglichen Beziehung der Beschwerdeführerin mit ihren Kunden; diese hätten ein Recht darauf, dass die Bank der genannten Pflicht nachkomme. Werde die Edition von Informationen und Unterlagen verfügt, die vom Bankgeheimnis geschützt seien, so sei die Beschwerdeführerin somit ebenfalls in ihren eigenen Rechten und Pflichten berührt und in ihren eigenen Interessen betroffen. Bei diesen Verhältnissen habe die Vorinstanz zu Unrecht erkannt, die Beschwerdeführerin sei nicht rekurslegitimiert. Daran vermöge nichts zu ändern, dass die Beschwerdeführerin durch die Wahrung ihrer eigenen Interessen gleichzeitig die Verletzung von Schutzinteressen Dritter verhindere. Der Umstand, dass das Bankgeheimnis ein Recht des Bankkontoinhabers sei, dürfe nicht dazu missbraucht werden, der Beschwerdeführerin die Rekurslegitimation überhaupt abzuerkennen, denn dies hätte zur Konsequenz, dass eine Bank trotz Eingriffs in ihre eigenen Interessen niemals rekurslegitimiert wäre, es sei denn, dass sie in der Rechtshilfesache selber Beschuldigte wäre. Im übrigen habe die Beschwerdeführerin in ihrem Rekurs an die Staatsanwaltschaft nur deshalb auch auf ihr grundsätzliches Interesse daran verwiesen, die Zulässigkeit des Rechtshilfeersuchens abklären zu lassen, um klarzustellen, dass sie nicht aus trölerischen Gründen, sondern aus berechtigten geschäftlichen Interessen zum Schutz ihrer eigenen bankvertraglichen Beziehungen rekurriere.
b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist im kantonalen Verfahren die Legitimation im Falle von Streitigkeiten, die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden können, mindestens in dem Umfang zu gewährleisten, als sie das Bundesrecht für die Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht vorsieht. Dieser Grundsatz, der übrigens ausdrücklich in das Bundesgesetz über die Raumplanung aufgenommen worden ist (
Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG
), gilt für alle an das Bundesgericht weiterziehbaren Verwaltungsrechtsstreitigkeiten (s.
BGE 112 Ib 415
E. 2d mit Hinweisen, ferner
BGE 103 Ib 147
E. 3a), also auch für eine Angelegenheit im Bereiche der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (
BGE 115 Ib 371
E. 2), wie sie Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet.
BGE 118 Ib 442 S. 446
Massgebend ist somit hier
Art. 103 lit. a OG
(die die Beschwerdelegitimation strenger als diese Bestimmung regelnde Vorschrift des
Art. 21 Abs. 3 IRSG
betrifft nur Personen, gegen die sich das ausländische Strafverfahren richtet, so dass sie im vorliegenden Fall, in dem eine nicht selber angeschuldigte Bank Beschwerde erhoben hat, nicht zum Tragen kommt (s.
BGE 115 Ib 371
E. 2, 111 Ib 58 f. E. 2a,
BGE 110 Ib 400
E. 1b,
BGE 108 Ib 250
E. 2d mit Hinweisen). Entsprechend ist berechtigt, einen erstinstanzlichen Vollzugsentscheid an die kantonale Rekursinstanz weiterzuziehen (
Art. 23 IRSG
), wer darzulegen vermag, durch den angefochtenen Entscheid berührt bzw. beschwert zu sein sowie ein schutzwürdiges - aktuelles und praktisches - Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung zu haben (
BGE 115 Ib 371
E. 2 mit Hinweisen). Die Praxis präzisiert, dass schutzwürdig auch ein bloss tatsächliches Interesse sein könne und dieses Interesse nicht mit den Interessen in Beziehung zu stehen brauche, welche die angeblich verletzte Norm zu schützen bestimmt ist (
BGE 108 Ib 250
E. 2d mit Hinweisen). Ein derartiges schutzwürdiges Interesse liegt indes nicht schon dann vor, wenn jemand irgendeine Beziehung zum Streitobjekt zu haben behauptet. Vielmehr ist zur Bejahung der Legitimation erforderlich, dass der angefochtene Entscheid den Beschwerdeführer in stärkerem Masse berührt als die Allgemeinheit der Bürger, bzw. - mit anderen Worten - es ist eine vom einschlägigen Bundesrecht erfasste spezifische Beziehungsnähe vorausgesetzt (s.
BGE 109 Ib 199
ff. E. 4).
c) Im Lichte dieser Grundsätze halten die zürcherischen Vollzugsinstanzen wie auch das BAP zwar zutreffend dafür, die Beschwerdeführerin sei insoweit nicht rekurslegitimiert, als sie als Bank lediglich aus grundsätzlichen Erwägungen ein Interesse daran habe, die Zulässigkeit der Gewährung der verlangten Rechtshilfe abklären zu lassen, oder als sie sich lediglich für die im ausländischen Strafverfahren Beschuldigten wehren wolle, denn insoweit habe sie kein Rechtsschutzinteresse (
BGE 105 Ib 429
E. 7a, nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom 14. Januar 1992 i.S. C. und Mitb.). Dabei verkennen sie aber, dass die Rekurrentin ihre Legitimation bereits im kantonalen Verfahren nicht nur auf diese Weise, sondern ebenfalls mit dem Hinweis darauf begründete, sie sei durch die fraglichen Rechtshilfemassnahmen auch in ihren eigenen Interessen betroffen und deshalb ohne weiteres rekurslegitimiert. Diese Ausführungen waren zwar knapp gehalten, was die Beschwerdeführerin veranlasst hat, die diesbezüglichen Gründe im bundesgerichtlichen Verfahren noch einlässlicher darzulegen (vorstehende lit. a). Doch ändert dies
BGE 118 Ib 442 S. 447
nichts daran, dass sie bereits im kantonalen Verfahren ihre eigene Beschwer geltend machte und ihre Rekurslegitimation unter Hinweis auf die einschlägige, die bundesgerichtliche Rechtsprechung wiedergebende Literatur (PAOLO BERNASCONI, Der Schutz der betroffenen Person durch die kantonalen Rechtsmittel in der internationalen Rechtshilfe für Strafsachen, SAV Band 1, S. 26, und HANS SCHULTZ, Bankgeheimnis und internationale Rechtshilfe in Strafsachen, SBV Heft Nr. 22, S. 30) begründete.
Das Bundesgericht hat insbesondere auch die Frage der Legitimation mit freier Kognition zu prüfen. Was die Beschwerdeführerin zur Begründung ihrer Rekurslegitimation vorträgt (vorstehende lit. a), ist plausibel und lässt sich nicht von der Hand weisen. Gemäss konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung und auch nach der Literatur ist eine Bank, über deren Finanzoperationen und Kontenbewegungen Auskünfte in Gestalt herauszugebender Dokumente oder durch Befragung von Angestellten bzw. Organen verlangt werden, durch diese Rechtshilfemassnahmen selber berührt bzw. beschwert, und sie hat ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von
Art. 103 lit. a OG
, Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben (
BGE 105 Ib 422
E. 1, zudem nicht publ. E. 1b von
BGE 113 Ib 157
ff. und nicht publ. E. 2 von
BGE 110 Ib 82
ff., sodann etwa nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 16. Juli 1992 i.S. R., vom 17. Januar 1990 i.S. SBG, vom 8. Juni 1988 i.S. SKA, vom 4. Januar 1988 i.S. A., vom 6. Mai 1988 i.S. Kantonalbank S., vom 12. Mai 1987 i.S. C. Bank, vom 20. November 1985 i.S. SBV etc., vom 1. März 1985 i.S. B., vom 8. Februar 1984 i.S. Banque S., vom 26. Januar 1983 i.S. C. Bank und i.S. U., s. auch PAOLO BERNASCONI, Droits et devoirs de la banque et de ses clients dans la procédure d'entraide judiciaire internationale en matière pénale, in: Beiträge zum schweizerischen Bankrecht, Bern 1987, S. 372, sowie LIONEL FREI, Der Rechtshilfevertrag mit den USA und die Aufhebung geschützter Geheimnisse, SJK 67a, S. 73, und BEAT KLEINER, Bankgeheimnis, in: Bodmer/Kleiner/Lutz, Kommentar zum Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen, N. 58 ff. und 80 ff. zu
Art. 47 BankG
, nebst der bereits zitierten Literatur). Dasselbe gilt, wenn die Bank gegen die sie selber treffende Vollzugsverfügung Beschwerde führt, um das Bankgeheimnis ihrer Kunden und die zwischen ihr und den Kunden bestehenden vertraglichen Beziehungen zu schützen (s. insbesondere auch nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom 6. Juli 1988 i.S. A. und Mitb.). Was für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gilt, hat nach
BGE 118 Ib 442 S. 448
dem Gesagten auch für den Rekurs im kantonalen Verfahren Geltung (vorstehende lit. b).
Verhält es sich so, so ist die Rekurslegitimation der Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren zu bejahen. Im Sinne der vorstehenden Erwägungen ist die Beschwerde somit gutzuheissen und der angefochtene Entscheid der Staatsanwaltschaft aufzuheben. Bei den gegebenen Verhältnissen ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, welche die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen materiellen Rügen zu behandeln und dabei namentlich auch die von ihr mit der Eingabe vom 3. September 1992 geltend gemachten Noven zu prüfen hat (vgl. diesbezüglich
BGE 100 Ib 355
mit Hinweisen).
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public_law
|
nan
|
de
| 1,992 |
CH_BGE
|
CH_BGE_003
|
CH
|
Federation
|
f53bd59a-c93f-481d-9428-12c1914cf07f
|
Urteilskopf
102 II 376
54. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. Dezember 1976 i.S. Truaisch gegen Truaisch und Bürgi
|
Regeste
Ausübung des bäuerlichen Vorkaufsrechtes durch einen Entmündigten (
Art. 12 Abs. 1 und
Art. 14 Abs. 1 EGG
;
Art. 421 Ziff. 1 ZGB
).
1. Nachträgliche Zustimmung durch die Vormundschaftsbehörde:
a) Form (E. 3);
b) Zulässigkeit (E. 4).
2. Geltendmachung des Vorkaufsrechtes gegenüber dem Dritterwerber (E. 5 am Ende).
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Sachverhalt
ab Seite 376
BGE 102 II 376 S. 376
A.-
Am 19. Dezember 1973 verkaufte Paulin Truaisch sein landwirtschaftliches Gewerbe (fünf Parzellen mit Wohnhaus, Scheune, Stall und Schopf) zum Preise von Fr. 230'000.-- an Franz Bürgi. Unter Beilage des öffentlich beurkundeten Vertrages wurde am 8. Mai 1974 beim Grundbuchamt Laufenburg die Handänderung zur Eintragung angemeldet. Noch am gleichen Tag zeigte das Amt den sechs Nachkommen des Verkäufers den Abschluss des Kaufvertrages an, mit dem Hinweis, dass sie innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat erklären könnten, ob sie vom Vorkaufsrecht im Sinne
BGE 102 II 376 S. 377
des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG) Gebrauch machen wollten.
B.-
Mit Schreiben vom 22. Mai 1974 teilte der Vormund des Sohnes Bruno, Karl Birri, dem Grundbuchamt im Namen und auf ausdrückliches Ersuchen seines Mündels mit, das Vorkaufsrecht werde ausgeübt. Indessen wies die Vormundschaftsbehörde Zeihen (Gemeinderat) das Gesuch um Zustimmung zur Geltendmachung des Vorkaufsrechtes am 27. Mai 1974 ab.
In der Folge wandte sich der Vormund an das Bezirksamt Laufenburg. Ohne nähere Prüfung des Sachverhaltes empfahl ihm der Bezirksamtmann-Stellvertreter, zur Wahrung der Frist das Vorkaufsrecht beim Grundbuchamt sofort geltend zu machen und gegen den Entscheid der Vormundschaftsbehörde Beschwerde zu erheben. Mit Schreiben vom 29. Mai 1974 wiederholte Karl Birri die Erklärung, das Vorkaufsrecht werde ausgeübt. Er fügte bei, dass dies "im Einvernehmen mit dem Bezirksamt Laufenburg, jedoch vorbehältlich der Genehmigung durch dasselbe als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde" geschehe. Mit Eingabe vom 1. Juni 1974 erhob er alsdann beim Bezirksamt Beschwerde gegen den gemeinderätlichen Entscheid vom 27. Mai 1974.
Am 21. Juni 1974 verfügte das Grundbuchamt Laufenburg die Eintragung des von Bürgi erworbenen Eigentumsrechtes am streitigen landwirtschaftlichen Gewerbe mit dem Bemerken, dass der Grundbucheintrag nur noch durch gerichtliche Klage, nicht aber durch Beschwerde angefochten werden könne. Zur Begründung führte es unter anderem aus, das Vorkaufsrecht sei zwar von Bruno Truaisch fristgerecht geltend gemacht, jedoch an den Vorbehalt der Genehmigung durch das Bezirksamt geknüpft worden. Da der Verkäufer einen Vorkaufsanspruch bestreite, könne die grundbuchliche Behandlung der Handänderung nicht aufgeschoben werden.
Das Bezirksamt Laufenburg wies am 3. Juli 1974 die Beschwerde gegen den Beschluss des Gemeinderates Zeihen ab mit der Begründung, Bruno Truaisch könne angesichts der grundbuchamtlichen Eintragungsverfügung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens "keine Hilfe angeboten werden". Für die Durchsetzung des Vorkaufsrechtes bleibe nur noch die gerichtliche Anfechtung des Grundbucheintrages, wozu es einer Prozessvollmacht im Sinne von
Art. 421 ZGB
bedürfe.
BGE 102 II 376 S. 378
Da eine Klage nicht von vornherein als aussichtslos betrachtet werden könne, sei die Vormundschaftsbehörde zur Erteilung einer entsprechenden Prozessvollmacht zu verpflichten.
Gestützt auf diesen Entscheid bevollmächtigte der Gemeinderat von Zeihen am 31. Juli 1974 den Vormund zur Prozessführung.
C.-
Mit Eingabe vom 6. August 1974 erhob Bruno Truaisch beim Bezirksgericht Laufenburg Klage gegen seinen Vater und den Käufer der streitigen Grundstücke, Franz Bürgi. Er verlangte im wesentlichen,
- es sei gerichtlich festzustellen, dass ihm an den fraglichen Grundstücken ein Vorkaufsrecht im Sinne von
Art. 12 Abs. 1 EGG
zustehe,
- die Grundstücke seien ihm zum Ertragswert von Fr. 23'700.-- zu Eigentum zuzusprechen,
- das Grundbuchamt Laufenburg sei anzuweisen und zu ermächtigen, den Beklagten Bürgi als Eigentümer der Grundstücke im Interimsregister der Gemeinde Zeihen zu löschen und an dessen Stelle ihn einzutragen,
- er sei zu verpflichten, seinem Vater den Ertragswert von Fr. 23'700.-- zu bezahlen, und
- sein Vater sei zu verpflichten, die aus der ungerechtfertigten Eintragung Bürgis entstandenen Mehrauslagen zu decken.
Das Bezirksgericht wies die Klage mit Urteil vom 27. November 1975 ab. In der Begründung hielt es fest, der Kläger habe auf sein Vorkaufsrecht verzichtet, indem er den Bericht des Schätzungsamtes des Schweizerischen Bauernverbandes vom 10. April 1974 über seinen Lohnanspruch aus der Mitarbeit auf dem väterlichen Betrieb, der von dessen Veräusserung zum Verkehrswert ausgegangen sei, durch seine Unterzeichnung genehmigt habe. Zudem sei "höchst fragwürdig", ob der Kläger im Sinne von
Art. 12 Abs. 1 EGG
zur Selbstbewirtschaftung als geeignet erscheine.
D.-
Gegen diesen Entscheid erhob Bruno Truaisch Beschwerde, welche vom Obergericht des Kantons Aargau (2. Zivilabteilung) indessen am 3. Juni 1976 abgewiesen wurde. Das Urteil wurde damit begründet, dass innert der Monatsfrist des
Art. 14 Abs. 1 EGG
eine gültige Erklärung für die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht abgegeben worden sei, da die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde gefehlt habe; der Kläger habe sein Vorkaufsrecht mithin verwirkt.
BGE 102 II 376 S. 379
Es erübrige sich unter diesen Umständen zu prüfen, ob er darauf verzichtet habe bzw. ob er zur Übernahme des väterlichen Landwirtschaftsbetriebes überhaupt geeignet sei.
E.-
Diesen Entscheid hat der Kläger mit Berufung an das Bundesgericht weitergezogen. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die kantonale Instanz zurückzuweisen. Hilfsweise wiederholt er die in der Klageschrift gestellten Rechtsbegehren.
Die Beklagten schliessen auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2.
Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe verkauft, so steht unter anderem den Nachkommen des Verkäufers ein Vorkaufsrecht zu (
Art. 6 Abs. 1 EGG
). Sofern ein Nachkomme die Liegenschaft zur Selbstbewirtschaftung beansprucht und hiefür geeignet erscheint, kann er das Vorkaufsrecht zum Ertragswert ausüben (
Art. 12 Abs. 1 EGG
). Dies hat binnen einem Monat, seitdem ihm die grundbuchamtliche Mitteilung vom Abschluss des Kaufvertrages zugegangen ist, durch Erklärung gegenüber dem Grundbuchverwalter zu geschehen (
Art. 14 Abs. 1 EGG
). Es handelt sich dabei - wie beim rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrecht (vgl. MEIER-HAYOZ, N. 215 zu
Art. 681 ZGB
) - um eine Verwirkungsfrist (JOST, N. 2 zu
Art. 14 EGG
).
Bevormundete bedürfen zur Ausübung des Vorkaufsrechtes, da diese zu einem Grundstückkauf führt, der Zustimmung durch die Vormundschaftsbehörde (
Art. 421 Ziff. 1 ZGB
; JOST, N. 4b zu
Art. 14 EGG
).
3.
Unangefochten ist die vorinstanzliche Feststellung, die von Paulin Truaisch verkauften Grundstücke bildeten ein landwirtschaftliches Gewerbe im Sinne von
Art. 6 Abs. 1 EGG
und der Kläger gehöre als Sohn des Verkäufers zu den vorkaufsberechtigten Personen. Dagegen ist zunächst streitig, ob das Vorkaufsrecht innert Frist gültig ausgeübt worden sei.
a) Nach den verbindlichen Ausführungen der Vorinstanz ging die einmonatige Frist des
Art. 14 Abs. 1 EGG
am 10., 11. oder 12. Juni 1974 zu Ende. Wohl hat der bevormundete Kläger durch seinen gesetzlichen Vertreter mit Schreiben vom 22. und 29. Mai 1974, mithin vor Ablauf der Frist, das Vorkaufsrecht geltend machen lassen, doch ist fraglich, ob das angesichts der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Zustimmung
BGE 102 II 376 S. 380
der Vormundschaftsbehörde genügte bzw. ob die klägerische Erklärung nachträglich genehmigt wurde und dadurch Gültigkeit erlangen konnte.
Ob die Aufforderung des stellvertretenden Bezirksamtmannes, das Vorkaufsrecht sofort geltend zu machen, bereits eine vormundschaftsbehördliche Zustimmung darstelle, wie der Kläger behauptet, kann offen bleiben, weil dies für den Entscheid, wie sich im folgenden zeigen wird, nicht ausschlaggebend ist.
b) Mit Entscheid vom 3. Juli 1974 wies das Bezirksamt Laufenburg die vom gesetzlichen Vertreter des Klägers gegen den Beschluss des Gemeinderates Zeihen am 31. Mai 1974 erhobene Beschwerde ab, "weil sie wegen grundbuchrechtlichen Bestimmungen nicht geeignet" sei, "dem Mündel das Vorkaufsrecht einzugestehen" (Ziff. 1 des Dispositivs). Indessen verpflichtete es die Vormundschaftsbehörde, "dem Vormund bzw. Bevormundeten gemäss
Art. 421 ZGB
Prozessvollmacht zu erteilen, damit das legitimste Recht gewahrt" bleibe, "d.h. dass allenfalls eine gerichtliche Klage auf Gewährung des Vorkaufsrechts angebracht bzw. die Eintragung des Verkaufs im Grundbuch angefochten werden" könne (Ziff. 2 des Dispositivs).
Das Obergericht ist der Ansicht, es sei dadurch der abweisende Entscheid des Gemeinderates Zeihen nicht aufgehoben und mithin auch keine vormundschaftsbehördliche Zustimmung zur Ausübung des Vorkaufsrechtes erteilt worden. In seiner Eventualbegründung hält der Kläger diese rechtliche Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten für unrichtig.
Es trifft zwar zu, dass das Bezirksamt durch seinen Entscheid vom 3. Juli 1974 den Beschluss der Vormundschaftsbehörde vom 27. Mai 1974 dem Wortlaut nach nicht aufgehoben hat. Darauf allein darf indes nicht abgestellt werden. Es ist vielmehr zu untersuchen, welcher Sinn dem Entscheid der Aufsichtsbehörde beizumessen ist. Den Erwägungen des Bezirksamtes ist zu entnehmen, dass es die Gutheissung der Beschwerde für zwecklos hielt, nachdem das Grundbuchamt am 21. Juni 1974 mitgeteilt hatte, nunmehr sei Bürgi im Grundbuch als Eigentümer eingetragen und die Eintragung könne nur noch durch gerichtliche Klage angefochten werden. So wurde denn ausgeführt, nach Prüfung der Rechtslage und Rücksprache mit der kantonalen Justizabteilung bleibe nur
BGE 102 II 376 S. 381
festzustellen, "dass mit dem hängigen Beschwerdeverfahren dem Mündel keine Hilfe angeboten werden" könne; zur Durchsetzung der Ansprüche Bruno Truaischs bleibe nur noch die gerichtliche Anfechtung der Grundbucheintragung, wozu es einer Prozessvollmacht der Vormundschaftsbehörde bedürfe. Da das Bezirksamt eine Klage nicht von vornherein als aussichtslos, namentlich die Bevormundung allein nicht als ausreichenden Grund, die Eignung zur Selbstbewirtschaftung des streitigen Gewerbes zu verneinen, betrachtete, verpflichtete es die Vormundschaftsbehörde zur Erteilung der erforderlichen Vollmacht.
Aus dem Gesagten erhellt deutlich, dass das Bezirksamt die Beschwerde nur deshalb abwies, weil es glaubte, deren Gutheissung, d.h. die Erteilung der Genehmigung im Sinne von
Art. 421 ZGB
, nütze dem Kläger ohnehin nichts mehr. Denn die an die Vormundschaftsbehörde gerichtete Weisung, eine Prozessvollmacht im Hinblick auf eine Anfechtung des Grundbucheintrages auszustellen, kann vernünftigerweise nur dahin verstanden werden, dass die Aufsichtsbehörde dem Kläger unter allen Umständen ermöglichen wollte, sein "legitimstes Recht" zu wahren, d.h. sein Vorkaufsrecht auszuüben. Wäre das Bezirksamt zur Erkenntnis gelangt, seine Zustimmung vermöge der innert Frist abgegebenen Erklärung des Klägers, vom Vorkaufsrecht Gebrauch machen zu wollen, auch noch nachträglich Rechtswirksamkeit zu verleihen, so hätte es - nach seinen Erwägungen zu schliessen - die Beschwerde gutgeheissen.
c) Gewiss sind die Zustimmung zur Prozessführung und jene zur Ausübung des Vorkaufsrechtes rechtlich zwei verschiedene Dinge. Sie sind jedoch hier insofern miteinander verbunden, als der bezirksamtlichen Weisung an die Vormundschaftsbehörde - gleichgültig, ob sie zulässig war - die Grundlage von vornherein entzogen gewesen wäre, wenn die Aufsichtsbehörde mit der Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht einverstanden gewesen wäre. Dies kann das Bezirksamt, das dem Kläger die Übernahme des väterlichen Landwirtschaftsbetriebes jedenfalls nicht verunmöglichen wollte, nicht beabsichtigt haben. Trotz des Wortlautes des Beschwerdeentscheides ist es daher aufgrund der gesamten Umstände so zu halten, wie wenn damit der Ausübung des Vorkaufsrechtes zugestimmt worden wäre.
BGE 102 II 376 S. 382
4.
Zu prüfen bleibt nun allerdings, ob eine nachträgliche Genehmigung der fristgemäss geäusserten Vorkaufserklärung rückwirkend Gültigkeit verleihen könne.
a) Will sich ein Entmündigter rechtsgeschäftlich verpflichten, so bedarf er der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters (Art. 19 Abs. 1 und 410 Abs. 1 ZGB), bei Geschäften mit besonderer Tragweite auch jener der Vormundschaftsbehörde (
Art. 421 ZGB
) oder gar der Aufsichtsbehörde (
Art. 422 ZGB
). Eine nachträgliche Genehmigung, wie sie für den Fall der Zustimmung durch den gesetzlichen Vertreter ausdrücklich vorgesehen ist (
Art. 410 Abs. 1 ZGB
; dazu BUCHER, N. 133 zu
Art. 19 ZGB
), wird grundsätzlich auch dort für zulässig gehalten, wo die vormundschaftlichen Behörden dem Geschäft zuzustimmen haben (BUCHER, N. 35 zu
Art. 19 ZGB
;, EGGER, N. 16-18 zu
Art. 421 ZGB
; dazu auch JOST, N. 4b zu
Art. 14 EGG
). Solange die Genehmigung fehlt, bleibt dieses in der Schwebe. Wieweit die nachträgliche Zustimmung aus der Sicht des von der Willensäusserung des Mündels Betroffenen zulässig ist, beurteilt sich nach den konkreten Verhältnissen des einzelnen Falles (vgl. BUCHER, N. 135 zu
Art. 19 ZGB
).
b) Das Vorkaufsrecht ist ein sogenanntes Gestaltungsrecht, das dem Berechtigten ermöglicht, durch einseitige Willensäusserung in das bestehende Vertragsverhältnis einzugreifen. Für die Frage der Zulässigkeit einer nachträglichen Genehmigung der Vorkaufserklärung durch die zuständige Behörde ist von Bedeutung, dass Gestaltungsgeschäfte naturgemäss in besonderem Masse bedingungsfeindlich sind (vgl. BUCHER, N. 139 zu
Art. 19 ZGB
). Es ist nämlich dem Empfänger der rechtsgestaltenden Äusserung im allgemeinen nicht zuzumuten, dass das Geschäft noch eine gewisse Zeit in der Schwebe bleibt (vgl. VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., I. Bd., S. 146 sub Ziff. 2; dazu auch
BGE 101 II 242
E. 2b;
BGE 81 II 245
).
Nun ist freilich das Interesse an der Vermeidung einer Rechtsunsicherheit je nach Gestaltungsrecht und Lage des einzelnen Falles unterschiedlich. Beispielsweise ist ein Mieter, dem das Mietverhältnis vom entmündigten Vermieter gekündigt wird, - im Hinblick auf die Suche eines Ersatzobjektes - darauf angewiesen, sofort um die Wirksamkeit der Kündigung zu wissen, weshalb dort eine erst nachträgliche Zustimmung (des gesetzlichen Vertreters) auszuschliessen sein dürfte.
BGE 102 II 376 S. 383
Demgegenüber ist bei einem bäuerlichen Vorkaufsrecht das Interesse des Erklärungsempfängers, sogleich eine eindeutige Rechtslage zu haben, in der Regel nicht so gewichtig und daher die nachträgliche Genehmigung durch die Vormundschaftsbehörde eher zuzulassen. Es ist andererseits auch zu beachten, dass die Folgen eines Ausschlusses nachträglicher Zustimmung für einen Vorkaufsberechtigten viel einschneidender sind als für den Vermieter, der das Mietverhältnis auch noch auf den nächsten Termin auflösen kann.
c) Wird bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes die vormundschaftsbehördliche Genehmigung noch innert der Frist des
Art. 14 Abs. 1 EGG
nachgereicht, ergeben sich von vornherein keine Schwierigkeiten, da hier eine Rückbeziehung der Wirksamkeit gar nicht notwendig ist. Vielfach aber kann die behördliche Zustimmung in so kurzer Zeit nicht beigebracht werden, zumal dann, wenn der Berechtigte einerseits erst durch die Mitteilung des Grundbuchamtes vom Vorkaufsfall Kenntnis erhält und andererseits die Genehmigung erst im Rechtsmittelverfahren zu erwirken vermag. Würde eine nachträgliche Zustimmung nicht zugelassen, bliebe das bäuerliche Vorkaufsrecht in solchen Fällen nicht nur für bevormundete volljährige Nachkommen wie hier, sondern auch für die minderjährigen Kinder des Verkäufers wirkungslos. Zwar dürfte es eher selten sein, dass ein Minderjähriger, dessen (als Verkäufer in Frage kommende) Eltern noch leben, unter Vormundschaft gestellt werden muss. Indessen ist zu bedenken, dass sich bei minderjährigen Vorkaufsberechtigten eine Mitwirkung der Vormundschaftsbehörde auch in den anderen Fällen aufdrängt. Ist nämlich der Verkäufer eines landwirtschaftlichen Gewerbes - als Vater oder Mutter - zugleich gesetzlicher Vertreter desjenigen, für den er das Vorkaufsrecht geltend zu machen hätte, so liegt eine Interessenkollision vor. Dem Vorkaufsberechtigten ist unter diesen Umständen ein Beistand zu bestellen (
Art. 392 Ziff. 2 ZGB
), der nach den Anweisungen der Vormundschaftsbehörde zu handeln (
Art. 418 ZGB
) und von dieser vor allem auch die Zustimmung im Sinne von
Art. 421 ZGB
einzuholen hat (EGGER, N. 3 zu
Art. 418 ZGB
; KAUFMANN, N. 4 a zu
Art. 418 ZGB
; JOST, N. 4 b zu
Art. 14 EGG
). Eine Mitwirkung der Vormundschaftsbehörde erweist sich bei Unmündigen übrigens auch in Anbetracht von
Art. 282 ZGB
als notwendig, führt doch die
BGE 102 II 376 S. 384
Ausübung des Vorkaufsrechtes zwangsläufig zu einem Rechtsgeschäft zwischen Vater oder Mutter und Kind.
d) Das minderjährige und bevormundete volljährige Nachkommen überall dort, wo die vormundschaftsbehördliche Genehmigung nicht innert der Frist des
Art. 14 Abs. 1 EGG
beizubringen ist, vom Vorkaufsrecht ausgeschlossen sein sollten, wäre untragbar, würde doch die Erfüllung des vom Gesetzgeber mit dem bäuerlichen Vorkaufsrecht angestrebten Zweckes in zahlreichen Fällen verunmöglicht. Gewiss dürfen auch die Interessen von Verkäufer und Käufer der fraglichen Grundstücke nicht ausser acht gelassen werden. Zumindest in einem Fall wie hier jedoch, wo der Vorkaufsberechtigte innert Frist sowohl erklärte, von seinem Recht Gebrauch machen zu wollen, als auch alles in seiner Macht Stehende unternahm, um die Zustimmung der Vormundschaftsbehörde herbeizuführen (vgl. dazu
BGE 101 II 243
), ist dem Belasteten das Abwarten des Entscheides der vormundschaftlichen Organe zuzumuten.
5.
Zusammengefasst ergibt sich, dass im Entscheid des Bezirksamtes Laufenburg vom 3. Juli 1974 dem Sinne nach eine vormundschaftsbehördliche Genehmigung gemäss
Art. 421 ZGB
lag und dass die fristgerechten klägerischen Erklärungen vom 22. und 29. Mai 1974, das Vorkaufsrecht ausüben zu wollen, nachträglich volle Wirksamkeit erlangten. Da die Ausübung des Vorkaufsrechtes durch den Kläger somit als rechtzeitig zu betrachten ist, ist die Berufung gutzuheissen. Die Akten sind an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie, falls sie zum Schluss kommt, der Kläger habe auf sein Vorkaufsrecht nicht verzichtet, dessen Eignung zur Übernahme des väterlichen Betriebes prüfe.
Dass die Liegenschaften inzwischen im Grundbuch auf den Käufer übertragen wurden, ist insofern unerheblich, als das Vorkaufsrecht eine Realobligation darstellt und als solche nicht nur dem Veräusserer, sondern - nach der Übertragung des Objektes - auch dem Dritterwerber Bürgi gegenüber geltend gemacht werden kann (
BGE 101 II 240
E. b mit Hinweisen). Letzterer ist bereits ins Recht gefasst, und die gestellten Klagebegehren erlauben, auch ihn zu verpflichten, falls die Klage gutzuheissen sein sollte.
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public_law
|
nan
|
de
| 1,976 |
CH_BGE
|
CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f53e6464-4317-4e5a-9ef1-6619a293b2aa
|
Urteilskopf
111 II 86
20. Arrêt de la Ire Cour civile du 6 mars 1985 dans la cause Art Center College of Design contre Office fédéral du registre du commerce (recours de droit administratif)
|
Regeste
Art. 944 OR
, 38 HRegV.
Weigerung, "ART CENTER COLLEGE OF DESIGN/EUROPE" zur Bezeichnung einer von einem amerikanischen Unternehmen gegründeten schweizerischen Stiftung einzutragen: Der Schrägstrich anstelle von EUROPE in Klammern läuft den Gebräuchen der Firmenbildung und der üblichen Zeichensetzung in der französischen Sprache zuwider.
|
Sachverhalt
ab Seite 87
BGE 111 II 86 S. 87
A.-
Par acte authentique du 3 août 1984, Art Center College of Design, à Pasadena (Californie, USA), a créé une fondation suisse sous le nom de "ART CENTER COLLEGE OF DESIGN/EUROPE". Cette fondation, dont le siège est à Vevey, a pour but la création et l'exploitation d'un centre et d'une école pour encourager et promouvoir l'étude et l'enseignement du dessin, de l'art et de toutes les branches apparentées.
L'inscription de la raison "ART CENTER COLLEGE OF DESIGN/EUROPE" a été requise au registre du commerce de Vevey.
B.-
Le 19 octobre 1984, l'Office fédéral du registre du commerce (ci-après: l'Office) a autorisé l'inscription de la raison, avec la désignation EUROPE entre parenthèses "(EUROPE)".
Le mandataire de la fondation a vainement demandé l'inscription telle quelle de la raison proposée.
L'Office a confirmé son point de vue par décision formelle du 15 novembre 1984.
C.-
La fondation forme un recours de droit administratif concluant à l'annulation de cette décision et à l'admission de la désignation "ART CENTER COLLEGE OF DESIGN/EUROPE".
Le Tribunal fédéral rejette le recours.
Erwägungen
Considérant en droit:
L'Office considère que la présentation proposée par la recourante serait de nature à induire le public en erreur et violerait partant le principe de la véracité du registre du commerce consacré par l'
art. 38 ORC
. Selon lui, les parenthèses placées de part et d'autre d'une désignation territoriale lui confèrent une signification strictement explicative, alors que la barre de fraction, qui ne correspond d'ailleurs pas à un signe de ponctuation de la langue française, paraît plutôt désigner le siège ou l'importance de l'entreprise.
Les raisons de commerce doivent être conformes à la vérité et ne pas être de nature à induire en erreur (
art. 944 CO
). Il est incontesté que la désignation (SUISSE) ou (EUROPE) est devenue usuelle, dans les raisons de commerce, pour désigner la filiale suisse ou européenne d'un groupe international de personnes morales ou sociétés
BGE 111 II 86 S. 88
(cf. FORSTMOSER, Schweizerisches Aktienrecht, vol. I, p. 83 n. 88, p. 86 s.). Une telle désignation n'est pas propre à induire en erreur le public moyen de la Suisse, lui prêtant une attention normale (cf.
ATF 100 Ib 243
,
ATF 91 I 215
). Compte tenu de cette pratique usuelle, la présentation proposée par la recourante serait à tout le moins propre à créer l'incertitude quant à sa signification. En outre, comme les raisons de commerce ont un caractère purement littéral, elles ne sauraient comporter d'élément figuratif et elles doivent trouver leur expression dans les lettres et la ponctuation utilisées dans la langue de l'inscription, sans que les signes de ponctuation puissent servir d'accessoires figuratifs (
ATF 64 I 56
s.). Or, comme l'indique l'Office, la barre oblique n'est pas usuelle dans la ponctuation française (cf. par ex. GREVISSE, Le bon usage, 11e éd., 1980, No 106, p. 61). Ces motifs s'opposent à la demande de la recourante. Ils ne sont nullement infirmés par les arguments du recours. Peu importe la présentation graphique de la raison, qui ne fait pas partie de celle-ci. Le point de vue d'experts de Pasadena est également dénué de pertinence, puisqu'il convient de décider de l'admissibilité de la raison rédigée en langue française selon l'usage de cette langue, et de juger du risque de confusion selon l'appréciation du public moyen suisse.
|
public_law
|
nan
|
fr
| 1,985 |
CH_BGE
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CH_BGE_004
|
CH
|
Federation
|
f53efe74-be3a-4ae0-8a37-f7e458e4f0f7
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Urteilskopf
117 IV 309
56. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. August 1991 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen gegen B. (Nichtigkeitsbeschwerde)
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Regeste
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
; Begriff des Anstaltentreffens.
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
erfasst Vorbereitungshandlungen qualifizierter Art zu den in Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG genannten Taten. Ein Anstaltentreffen ist nur anzunehmen in Fällen, in denen das Verhalten des Täters nicht ebensogut einem gesetzmässigen Zweck dienen könnte, sondern seinem äusseren Erscheinungsbild nach seine deliktische Bestimmung klar erkennen lässt (E. 1a und d; Präzisierung der Rechtsprechung).
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Sachverhalt
ab Seite 309
BGE 117 IV 309 S. 309
A.-
Am 22. Oktober 1990 verurteilte die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen B. wegen wiederholter und fortgesetzter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und wegen Hehlerei zu 18 Monaten Gefängnis bedingt, unter Auferlegung einer Probezeit von zwei Jahren. Von der Anklage, Anstalten zur Einfuhr von Heroin aus der Türkei in die Schweiz getroffen zu
BGE 117 IV 309 S. 310
haben, sprach es ihn frei. Dieser Anklage lag folgender Sachverhalt zugrunde: B. begab sich auf Anraten von C. in die Türkei, traf sich dort mit dessen Vater und erkundete die Möglichkeit, eine grössere Menge Heroin zu kaufen. C.'s Vater sah sich in der Folge nach einer Bezugsmöglichkeit um und nannte B. konkret einen Preis. In diesem Zeitpunkt brach B. seine Bemühungen ab, da ihm das Risiko zu hoch erschien und er auch die Mittel zum Barankauf einer entsprechenden Menge Heroin nicht aufbringen konnte.
B.-
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichtes aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung - Schuldigsprechung auch wegen Anstaltentreffens zum unbefugten Ankauf und zur unbefugten Einfuhr von Betäubungsmitteln im Sinne von
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
- an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
a) Gemäss
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
ist strafbar, wer zu den in Absatz 1 bis 5 genannten Taten Anstalten trifft (
BGE 115 IV 261
).
Das Gesetz stellt damit Vorbereitungshandlungen qualifizierter Art unter Strafe, die gegeben sind, bevor die Tat die Stufe des Versuchs erreicht hat (
BGE 106 IV 74
E. 3;
BGE 112 IV 109
E. 3b). Anstalten im Sinne von
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
können folglich nur angenommen werden, solange der Täter mit der Ausführung der strafbaren Handlung nach Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG noch nicht begonnen (vgl.
Art. 21 Abs. 1 StGB
) und damit jene Tätigkeit noch nicht ausgeführt hat, die nach seinem Plan auf dem Weg zum Erfolg den letzten entscheidenden Schritt darstellt, von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt (
BGE 71 IV 211
).
Das Anstaltentreffen gemäss
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
ist abzugrenzen auch vom noch straflosen Verhalten. Ausser Frage steht, dass der blosse Entschluss, eine Tat nach Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG zu begehen, nicht strafbar ist; denn Sache des Strafrechts ist allein die Reaktion auf den geschehenen Rechtsbruch (STRATENWERTH, Allg. Teil I,
§ 12 N 3
; SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 1. Band, 4. Aufl., S. 270). Dementsprechend erfüllen blosse Absichten und Pläne den
BGE 117 IV 309 S. 311
Tatbestand des Anstaltentreffens noch nicht. Nicht nach
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
strafbar ist daher beispielsweise, wer zunächst für den Eigenkonsum Betäubungsmittel erwirbt und sich später überlegt, ob und wie er einen Teil davon verkaufen kann; ebensowenig reicht aus, dass jemand, der in den Rauschgifthandel einsteigen will, nur in Gedanken die Möglichkeit prüft, Drogen zu erwerben und Abnehmer zu finden (
BGE 104 IV 41
;
BGE 106 IV 74
E. 3). Anstalten im Sinne von
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
können nur gegeben sein, wenn sich der Entschluss des Täters in bestimmten Handlungen äussert. Die entscheidende Frage ist, wie diese Handlungen beschaffen sein müssen, um nach
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
strafbar zu sein.
b) Das Bundesgericht hat ein Anstaltentreffen gemäss
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
bejaht:
- bei einer Täterin, die sich mit der Absicht des späteren Drogenverkaufs nach London begab, dort 1000 LSD-Tabletten erwarb und die Ware anschliessend in die Schweiz schmuggelte, wo sie sie plangemäss portionenweise verkaufen wollte (
BGE 104 IV 40
ff.);
- bei einem Täter, der eine ganze Reihe von Vorkehren traf, um das von ihm geplante Heroingeschäft durchzuführen; er fuhr von der Schweiz nach Deutschland, um die Adresse von Lieferanten ausfindig zu machen; er reiste nach Italien, um mit Abnehmern zu verhandeln; er investierte erheblich viel Zeit und Geld in wiederholten Reisen nach Deutschland, Griechenland, Italien und der Türkei für Unterhandlungen über die Liefer- und Abnahmebedingungen; er nahm bedeutende Geldmittel entgegen und offerierte den türkischen Partnern entsprechende Anzahlungen; schliesslich besichtigte er die in Plastiksäcken verpackte Ware (
BGE 106 IV 74
f.);
- bei einem Täter, der, um seine Schulden abzutragen, mit dem Gläubiger vereinbarte, Haschischhandel zu treiben, die dazu nötigen erheblichen Geldbeträge bereitstellen liess und eine weite Reise an einen ihm vertrauten Platz für Schwarzhandel mit Drogen unternahm (
BGE 106 IV 431
ff.);
- bei einem Täter, der zum Zweck der Abwicklung eines Rauschgiftgeschäfts ein Darlehen aufnahm (
BGE 112 IV 47
f.);
- bei einem Täter, der eine Handlung beging, die unmittelbar dazu bestimmt war, reine Betäubungsmittel zu "strecken" oder schon verschnittene Betäubungsmittel weiter zu verdünnen, um sie so in den Handel zu bringen (
BGE 112 IV 106
ff.);
BGE 117 IV 309 S. 312
- bei einem Täter, der in der Absicht, in Amsterdam Heroin zu erwerben, in der Schweiz mehrere tausend Franken in holländische Gulden umtauschte und in der Schweiz einen Zug nach Amsterdam bestieg; das Bundesgericht liess offen, ob der Umtausch einer grösseren Summe Schweizer Franken in holländische Gulden zum Zweck des Betäubungsmittelerwerbs in Amsterdam für sich allein entsprechend der Aufnahme eines Darlehens zwecks Abwicklung eines Drogengeschäfts bereits als Anstaltentreffen anzusehen gewesen wäre (
BGE 113 IV 91
ff.).
c) Die Vorbereitung einer Straftat ist im schweizerischen Recht grundsätzlich straflos. In verschiedenen Fällen erfasst das Gesetz jedoch Verhaltensweisen, die der Sache nach Vorbereitungshandlungen sind, in einem besonderen Tatbestand. So stellt es etwa unter Strafe das Sichverschaffen von Geräten zum Fälschen von Geld, um sie unrechtmässig zu gebrauchen (
Art. 247 StGB
), das Herstellen von Sprengstoffen, die zum verbrecherischen Gebrauch bestimmt sind (
Art. 226 StGB
), oder die Einfuhr usw. von technischen Geräten, die der Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs dienen (
Art. 179sexies StGB
). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber bei einer Reihe von Straftaten die Grenze der Strafbarkeit allgemein vor die Schwelle des Versuchs vorverlegt, ohne das strafbare Verhalten dabei zu typisieren, so insbesondere mit dem Erlass des
Art. 260bis StGB
, der bei bestimmten Verbrechen die Strafbarkeit auf Vorbereitungshandlungen ausdehnt. Hierher gehört auch
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
, der vor dem Versuch liegende Tätigkeiten strafrechtlich erfasst, die auf die Begehung einer der in Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG erwähnten Widerhandlungen ausgerichtet sind.
d) Die Handhabung von
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
bereitet Schwierigkeiten, weil der darin verwendete Begriff der Anstalten weit ist und eine Vielzahl von im einzelnen nicht näher umschriebenen Vorbereitungshandlungen umfasst. Bei einer wörtlichen Auslegung des Begriffs des Anstaltentreffens würden darunter Verhaltensweisen fallen, die mit der gesellschaftlichen Ordnung völlig in Einklang stehen und nicht darauf schliessen lassen, dass der Täter auf die Begehung einer strafbaren Handlung gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1 bis 5 BetmG hinarbeitet. So könnte bereits als Vorbereitungshandlung betrachtet werden, dass jemand in der Absicht, sich zu einem Drogenumschlagsplatz zu begeben und dort Betäubungsmittel zu erwerben, eine Tramfahrkarte löst oder mit
BGE 117 IV 309 S. 313
dem Vorhaben, damit Drogen zu befördern, eine Tasche kauft. Wäre ein derartiges Verhalten strafbar, bestünde die Gefahr, dass allein die Gesinnung zum Gegenstand der Strafverfolgung erhoben würde und sich in diesem Bereich das Tat- zum Täterstrafrecht entwickeln würde. Der Tatbestand des Anstaltentreffens nach
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
bedarf deshalb der Eingrenzung. Sein Anwendungsbereich ist zu beschränken auf Fälle, in denen das Verhalten des Täters nicht ebensogut einem gesetzmässigen Zweck dienen könnte, sondern seinem äusseren Erscheinungsbild nach seine deliktische Bestimmung klar erkennen lässt (vgl.
BGE 112 IV 47
E. 4). Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich der Täter mit der Absicht des Erwerbs von Betäubungsmitteln nach Bezugsquellen erkundigt, nicht aber, wenn er im Hinblick auf den späteren Kauf von Betäubungsmitteln ein Sparkonto äufnet. Dabei darf allein aus dem Sicherkundigen nicht auf die Absicht geschlossen werden; diese muss auf Grund weiterer beweismässig gesicherter Umstände festgestellt werden.
e) Die Verurteilung gemäss
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Täter Anstalten zu einer der in
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1-5 BetmG
genannten Straftaten vorsätzlich getroffen hat. Der Entschluss zur Begehung einer Tat nach
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 1-5 BetmG
braucht allerdings entgegen der Ansicht der Vorinstanz kein endgültiger zu sein. Auch wer sich vorbehält, beim Auftreten entsprechender Hindernisse von seinem deliktischen Vorhaben Abstand zu nehmen, kann gemäss
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
Anstalten treffen.
f) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid (
Art. 277bis Abs. 1 BStP
) begab sich der Beschwerdegegner auf Anraten des C. in die Türkei, traf sich dort mit dessen Vater und erkundete die Möglichkeit, eine grössere Menge Heroin zu kaufen. Vater C. sah sich nach einer Bezugsmöglichkeit um und nannte ihm konkret einen Preis.
Das Verhalten des Beschwerdegegners erfüllt den Tatbestand des Anstaltentreffens gemäss
Art. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG
. Er suchte gezielt Verbindung zum Drogenmilieu, um sich eine Bezugsquelle für Betäubungsmittel zu erschliessen, und er nahm ein bestimmtes Verkaufsangebot entgegen. Damit führte er Handlungen aus, die nicht ebensogut einem gesetzmässigen Zweck dienen konnten, sondern die Absicht des Kaufs und der Einfuhr von Drogen klar erkennen liessen. Zwar ist einzuräumen, dass er sich um die Finanzierung des Drogenkaufs und um den Transport
BGE 117 IV 309 S. 314
des Stoffs im einzelnen noch hätte kümmern müssen. Strafbare Anstalten sind, wie dargelegt, jedoch schon gegeben, bevor die Stufe des Versuchs erreicht ist.
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